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Leitsatz (amtlich)
Hat ein Steuerpflichtiger eine Betriebst盲tte in einem Land, mit dem kein DBA bestand, so f眉hren der Abschlu脽 und die Anwendbarkeit eines DBA, das die Besteuerung der Gewinne aus dieser Betriebst盲tte dem ausl盲ndischen Staat zuweist, allein nicht zu einer Realisierung der in den Wirtschaftsg眉tern dieser Betriebst盲tte enthaltenen stillen Reserven.
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Normenkette
EStG 1967 搂听4 Abs. 1 S. 2, 搂听16 Abs. 3; DBA ESP Art.听6-7, 13, 29
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Tatbestand
Streitig ist, ob die stillen Reserven in einem Betrieb, den der verstorbene Ehemann der Kl盲gerin und Revisionsbeklagten (Kl盲gerin) in Spanien unterhalten hat, zum 31. Dezember 1967 nach Art eines Aufgabegewinns zu versteuern sind, weil nach dem Gesetz zum Abkommen vom 5. Dezember 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverk眉rzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen (DBA-Spanien) ab 1. Januar 1968 das Besteuerungsrecht dem spanischen Staat zugewiesen wurde.
Die Kl盲gerin ist Rechtsnachfolgerin ihres 1969 verstorbenen Ehemannes. Dieser hatte 1961 ein in Spanien gelegenes Grundst眉ck erworben, darauf eine Fremdenpension errichtet und diese in den Jahren 1963 und 1964 selbst bewirtschaftet. 1965 bis 1968 war der Pensionsbetrieb verpachtet, 1969 wieder selbst bewirtschaftet, ab 1970 erneut verpachtet und schlie脽lich im M盲rz 1972 ver盲u脽ert worden.
Nach einer Betriebspr眉fung kam der Beklagte und Revisionskl盲ger (FA) zu der Auffassung, da脽 nach dem Inkrafttreten des DBA-Spanien das Besteuerungsrecht f眉r den verpachteten Pensionsbetrieb des Ehemannes der Kl盲gerin mit Wirkung vom 1. Januar 1968 dem spanischen Staat zustehe und damit die stillen Reserven des Betriebs mit Ablauf des 31. Dezember 1967 der deutschen Besteuerung entzogen worden seien. In entsprechender Anwendung der sich aus den Urteilen des BFH vom 16. Juli 1969 I 266/65 (BFHE 97, 342, BStBl II 1970, 175) und vom 28. April 1971 I R 55/66 (BFHE 102, 374, BStBl II 1971, 630) ergebenden Grunds盲tze seien deshalb die in den Buchans盲tzen f眉r die Wirtschaftsg眉ter des spanischen Betriebs enthaltenen stillen Reserven auf den 31. Dezember 1967 zu ermitteln und der Einkommensteuer zu unterwerfen. Dementsprechend erlie脽 das FA einen Einkommensteuerbescheid f眉r 1967.
Der Sprungklage gab das FG mit seiner in EFG 1974, 102 ver枚ffentlichten Entscheidung statt.
Mit der Revision des FA wird unrichtige Anwendung des DBA-Spanien und des 搂 16 Abs. 3 EStG ger眉gt und dazu vorgebracht:
Entgegen der Auffassung des FG gehe es nicht um eine r眉ckwirkende Anwendung des DBA-Spanien. Die Besteuerung der stillen Reserven folge allein aus 搂 16 Abs. 3 EStG. Zweck dieser Vorschrift sei es ebenso wie bei der Entnahmevorschrift des 搂 4 Abs. 1 Satz 2 EStG, sicherzustellen, da脽 stille Reserven, die im Buchansatz eines der inl盲ndischen Besteuerung verhafteten Wirtschaftsgutes enthalten sind, tats盲chlich der Besteuerung zugef眉hrt werden. Beide Vorschriften seien auch ohne eine Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen anwendbar. Demzufolge m眉sse im Streitfall das Ausscheiden der stillen Reserven aus der deutschen Besteuerung zum 31. Dezember 1967 zu einer Gewinnerh枚hung und damit zu einer Erfassung bei der Einkommensteuer f眉hren.
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I. F眉r die Entscheidung 眉ber die Revision ist der VIII. Senat zust盲ndig.
Nach dem Gesch盲ftsverteilungsplan des BFH f眉r das Jahr 1975 - Abschn. A. I. Nr. 3 - ist der I. Senat u. a. zust盲ndig f眉r Einkommensteuer von nat眉rlichen Personen, soweit es sich um Fragen der Auslegung von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) handelt und wenn die sich daraus ergebenden Fragen allein oder 眉berwiegend zu beurteilen sind; stehen andere Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung im Vordergrund, so ist der sonst nach dem Gesch盲ftsverteilungsplan zust盲ndige Senat zust盲ndig. Im vorliegenden Fall geht es zwar auch um die Auslegung eines DBA, weil 眉ber dessen Anwendbarkeit ab einem bestimmten Zeitpunkt zu entscheiden ist. Im Vordergrund steht indessen die nach Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu entscheidende Rechtsfrage, ob ein unbeschr盲nkt Steuerpflichtiger die stillen Reserven einer Betriebst盲tte in einem Land, mit dem kein DBA bestand, nach Art eines Aufgabegewinns zu versteuern hat, wenn nach Abschlu脽 eines DBA die Besteuerung dieser stillen Reserven auf den anderen Staat 眉bergeht. F眉r die Entscheidung der Streitsache ist deshalb nach Abschn. A. VIII. Nr. 1 a) des Gesch盲ftsverteilungsplans des BFH der erkennende Senat zust盲ndig.
II. Die Revision ist unbegr眉ndet.
1. Rechtlich zutreffend ist das FG in 脺bereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, da脽 das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) hinsichtlich der gewerblichen Eink眉nfte des Ehemannes der Kl盲gerin aus dessen in Spanien gelegener Betriebst盲tte mit Ablauf des 31. Dezember 1967 erloschen ist und damit die in den Wirtschaftsg眉tern dieser Betriebst盲tte enthaltenen stillen Reserven aus der inl盲ndischen Besteuerung ausgeschieden sind.
F眉r die Frage der Besteuerung von Eink眉nften eines im Inland unbeschr盲nkt Steuerpflichtigen aus einer ausl盲ndischen Betriebst盲tte kommt es darauf an, ob ein DBA besteht oder nicht. Gibt es kein DBA, dann werden die Gewinne der ausl盲ndischen Betriebst盲tte wie inl盲ndische Eink眉nfte besteuert. Besteht mit dem Belegenheitsstaat der ausl盲ndischen Betriebst盲tte ein DBA, das das Besteuerungsrecht f眉r die Eink眉nfte aus der Betriebst盲tte dem Belegenheitsstaat zuweist, dann scheiden beim Fehlen eines entsprechenden Vorbehalts in dem DBA die in den Wirtschaftsg眉tern der Betriebst盲tte enthaltenen stillen Reserven aus der deutschen Besteuerung aus (vgl. z. B. BFH-Urteil I 266/65).
Im vorliegenden Fall gibt es ein seit Beginn des Kalenderjahres 1968 anwendbares DBA zwischen der Bundesrepublik und dem spanischen Staat, das die Gewinne aus einer Betriebst盲tte dem Belegenheitsstaat zuweist (Art. 6, 7, 13 und 29 DBA-Spanien vom 5. Dezember 1966, BGBl II 1968, 10, BStBl I 1968, 297; verk眉ndet mit Gesetz vom 16. Januar 1968, BGBl II 1968, 9, BStBl I 1968, 296; Austausch der Ratifikationsurkunden am 14. Februar 1968, BGBl II 1968, 140, BStBl I 1968, 544).
2. Dem FG ist im Ergebnis darin beizutreten, da脽 das Ausscheiden der Wirtschaftsg眉ter der ausl盲ndischen Betriebst盲tte des Ehemannes der Kl盲gerin aus der deutschen Besteuerung wegen der Anwendbarkeit des DBA-Spanien ab 1. Januar 1968 nicht als ein Vorgang beurteilt werden kann, der einen Gewinnrealisierungstatbestand im betrieblichen Bereich des Ehemannes der Kl盲gerin erf眉llt.
a) Der in Rede stehende Vorgang ist keine Betriebsaufgabe i. S. von 搂 16 Abs. 3 EStG.
Nach der Rechtsprechung des BFH, wie sie im Beschlu脽 des Gro脽en Senats vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73 (BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168) wiedergegeben und best盲tigt wurde, ist eine Betriebsaufgabe gem盲脽 搂 16 Abs. 3 EStG nicht nur bei der Aufl枚sung des Betriebs, sondern auch dann gegeben, wenn der Betrieb als wirtschaftlicher Organismus zwar bestehen bleibt, er aber durch eine Handlung des Steuerpflichtigen oder durch einen Rechtsvorgang in seiner ertragsteuerlichen Einordnung so ver盲ndert wird, da脽 die Erfassung der im Buchansatz f眉r die Wirtschaftsg眉ter des Betriebsverm枚gens enthaltenen stillen Reserven nicht mehr gew盲hrleistet ist. Voraussetzung f眉r die Annahme einer Betriebsaufgabe ist jedoch immer, da脽 die Wirtschaftsg眉ter, die die wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, durch eine (Entnahme-)Handlung oder durch einen Rechtsvorgang aus dem Betrieb, dem Teilbetrieb oder dem betrieblichen Bereich ausscheiden. Es mu脽 also entweder durch eine Handlung des Steuerpflichtigen auf die die wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellenden Wirtschaftsg眉ter eingewirkt werden oder es m眉ssen diese Wirtschaftsg眉ter durch einen Rechtsvorgang ihre Zugeh枚rigkeit zum Betriebsverm枚gen verlieren. Letzteres kann nur eintreten, wenn Wirtschaftsg眉ter ohne eine darauf gerichtete Handlung des Steuerpflichtigen notwendiges Privatverm枚gen werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist mit diesem Verst盲ndnis der Vorschrift des 搂 16 Abs. 3 EStG die Grenze der Gesetzesauslegung erreicht.
Bei Anwendung dieser Grunds盲tze l盲脽t sich im Streitfall eine Betriebsaufgabe nicht bejahen. Da脽 Entnahmehandlungen, durch die Wirtschaftsg眉ter der ausl盲ndischen Betriebst盲tte von einem Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen oder aus dem betrieblichen in den privaten Bereich 眉berf眉hrt wurden, nicht stattfinden, ist offenkundig; alle Wirtschaftsg眉ter sind beim Eingreifen des DBA-Spanien in der ausl盲ndischen Betriebst盲tte verblieben.
Es liegt aber auch kein Ausscheiden der Wirtschaftsg眉ter aus dem Betriebsverm枚gen infolge eines Rechtsvorgangs vor. Selbst wenn das Eingreifen eines DBA als Rechtsvorgang aufzufassen w盲re, h盲tte dies nicht zur Folge, da脽 die Wirtschaftsg眉ter der ausl盲ndischen Betriebst盲tte ihre Eigenschaft als Betriebsverm枚gen verlieren. Ein Rechtsvorgang der angenommenen Art l盲脽t in rechtlich zul盲ssiger Weise im Betriebsverm枚gen gehaltene Wirtschaftsg眉ter nicht zum Privatverm枚gen werden.
An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis des FA auf die Rechtsprechung des BFH zur Frage der Gewinnrealisierung bei 脺berf眉hrung von Wirtschaftsg眉tern eines inl盲ndischen Betriebs in einen ausl盲ndischen Betrieb oder bei der Betriebsverlegung in das Ausland nichts zu 盲ndern. Das FA 眉bersieht, da脽 es sich in den F盲llen, in denen der BFH eine Gewinnrealisierung angenommen hat, immer um 脺berf眉hrungen von Wirtschaftsg眉tern innerhalb des betrieblichen Bereichs oder vom Inland in das Ausland handelte, bei denen auch darauf gerichtete Handlungen der Steuerpflichtigen vorlagen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 30. Mai 1972 VIII R 111/69, BFHE 106, 198, BStBl II 1972, 760, mit Nachweisen).
b) Bei dem hier zu beurteilenden Vorgang sind stille Reserven auch nicht aus einem anderen Grund der inl盲ndischen Besteuerung zuzuf眉hren.
Nach dem BFH-Urteil vom 10. Februar 1972 I R 205/66 (BFHE 105, 15, BStBl II 1972, 455) kann die Aufdeckung stiller Reserven und ihre Besteuerung weder mit einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften des EStG 眉ber die Entnahme oder die Betriebsaufgabe noch mit der Begr眉ndung, es gebe einen allgemeinen Grundsatz des Einkommensteuerrechts 眉ber die Aufdeckung stiller Reserven, wenn das Wirtschaftsgut nicht mehr in die Gewinnermittlung einzubeziehen ist, gerechtfertigt werden. Damit wird die Auffassung abgelehnt, da脽 es im Einkommensteuerrecht m枚glich sei, einen Steuertatbestand im Wege der Gesetzes- oder der Rechtsanalogie zu schaffen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschlu脽 des Gro脽en Senats GrS 1/73. Dort war die Frage nach der Zul盲ssigkeit, neue Steuertatbest盲nde im Wege der Rechtsfortbildung durch Analogie zu bilden, mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu behandeln; im Vordergrund stand die Frage nach den Grenzen einer ausdehnenden Auslegung von gesetzlich geregelten Steuertatbest盲nden. In 脺bereinstimmung mit den Entscheidungen I R 205/66 und GrS 1/73 ist auch der erkennende Senat der Auffassung, da脽 im Einkommensteuerrecht zwar im Rahmen des m枚glichen Wortsinns einer Vorschrift deren weite Auslegung, nicht aber die Schaffung neuer Steuertatbest盲nde durch Analogie m枚glich ist.
Hiernach ist es auch im Streitfall nicht zu rechtfertigen, aus einem anderen als dem bereits unter Nr. 2 a) verneinten Grunde eine Gewinnrealisierung zu bejahen. Allein dadurch, da脽 ein DBA in Kraft tritt, das das Besteuerungsrecht f眉r die Eink眉nfte aus einer ausl盲ndischen Betriebst盲tte, in die zuvor keine betrieblichen Wirtschaftsguter aus dem Inland 眉berf眉hrt wurden, dem Belegenheitsstaat zuweist, wird kein gesetzlich geregelter und damit auslegungsf盲higer Steuertatbestand einer Gewinnrealisierung erf眉llt.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 71767 |
BStBl II 1976, 246 |
BFHE 1976, 563 |