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Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit bei Ver盲u脽erung von mit Absonderungsrechten belasteten Wirtschaftsg眉tern des Betriebsverm枚gens durch den Insolvenzverwalter
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Leitsatz (amtlich)
1. Die Einkommensteuerschuld, die aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse (und zum Betriebsverm枚gen) geh枚renden Wirtschaftsg眉ter resultiert, ist als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren.
2. Diese Einkommensteuerschuld ist auch dann in voller H枚he Masseverbindlichkeit, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und --nach Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gl盲ubiger aus dem Verwertungserl枚s-- der (tats盲chlich) zur Masse gelangte Erl枚s nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuerforderung zu befriedigen (Aufgabe der anderslautenden Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 29. M盲rz 1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 3.).
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Normenkette
InsO 搂听1 S. 2, 搂搂听53, 55 Abs. 1 Nr. 1, 搂听80 Abs. 1, 搂听290 Abs. 1 Nr. 3; EStG 搂听4a Abs. 2 Nr. 1 S. 2, 搂搂听14, 16
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) ist Insolvenzverwalter 眉ber das Verm枚gen des A (Insolvenzschuldner). Das Regelinsolvenzverfahren wurde am 16. M盲rz 2006 er枚ffnet.
Rz. 2
Zur Insolvenzmasse geh枚rt u.a. das Grundst眉ck X, auf dem der Insolvenzschuldner ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieben hatte.
Rz. 3
Dieses zum Betriebsverm枚gen geh枚rende Grundst眉ck X war mit Grundpfandrechten zugunsten von Kreditinstituten belastet.
Rz. 4
Im Einverst盲ndnis mit den Grundpfandgl盲ubigern ver盲u脽erte der Kl盲ger das Grundst眉ck X --w盲hrend des Insolvenzverfahrens-- freih盲ndig durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8. September 2006. Der Ver盲u脽erungserl枚s betrug 155.000 鈧. Nach Befriedigung der absonderungsberechtigten (Grundpfand-) Gl盲ubiger flossen der Insolvenzmasse aus diesem Verkauf am 15. Januar 2007 insgesamt 5.394 鈧 zu.
Rz. 5
Wegen Nichtabgabe der Steuererkl盲rung 2006 sch盲tzte der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen. Im Einzelnen ging er von einem Ver盲u脽erungsgewinn aus dem Verkauf des Grundst眉cks X (154.923 鈧) sowie aus dem Verkauf von beweglichen Wirtschaftsg眉tern (10.000 鈧) in H枚he von insgesamt 164.923 鈧 aus und setzte die Einkommensteuer 2006 (Streitjahr) mit Bescheid vom 7. September 2009 auf 19.020 鈧 fest. Dieser wurde dem Kl盲ger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter bekanntgegeben.
Rz. 6
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1920 ver枚ffentlichten Gr眉nden statt und hob den Einkommensteuerbescheid f眉r das Streitjahr sowie die Einspruchsentscheidung auf.
Rz. 7
Dabei st眉tzte es sich ma脽geblich auf das unter Geltung der Konkursordnung (KO) ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. M盲rz 1984 IV R 271/83 (BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602), wonach die aus der Ver盲u脽erung eines zur Konkursmasse geh枚renden und mit Grundpfandrechten belasteten Grundst眉cks resultierende Einkommensteuer nur insoweit zu Massekosten f眉hre, als der Ver盲u脽erungserl枚s zur Masse gelange. An dieser Rechtsprechung sei auch unter Geltung der Insolvenzordnung (InsO) festzuhalten. Da insgesamt nur 5.394 鈧 zur Insolvenzmasse gelangt seien, und dies auch erst im Veranlagungszeitraum 2007, sei der Einkommensteuerbescheid 2006 aufzuheben gewesen.
Rz. 8
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung materiellen Rechts (搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO).
Rz. 9
Es tr盲gt im Wesentlichen vor, dass es sich bei der aus der Ver盲u脽erungsma脽nahme resultierenden Einkommensteuerschuld um eine sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handle, weil die Verwertung des Grundst眉cks X nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erfolgt sei.
Rz. 10
Entgegen der dem FG-Urteil zu Grunde liegenden und zur KO ergangenen Rechtsprechung des BFH sei die gesamte aus der Verwertung des mit Absonderungsrechten belasteten Grundst眉cks X resultierende Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizieren und nicht nur insoweit, als der Ver盲u脽erungserl枚s zur Insolvenzmasse gelange. Eine solche einschr盲nkende Auslegung sei unzul盲ssig. Zudem komme es nach der j眉ngeren Rechtsprechung bei der Qualifizierung einer Forderung nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Masse bereichert sei (BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429).
Rz. 11
Auch stehe dieser Auffassung nicht entgegen, dass eine sachgerechte Verwertung des belasteten Wirtschaftsguts wegen der entstehenden Steuerbelastung scheitere. In einem solchen Fall d眉rfe der Insolvenzverwalter nicht verwerten, sondern m眉sse das belastete Wirtschaftsgut entweder freigeben oder durch die absonderungsberechtigten Gl盲ubiger verwerten lassen.
Rz. 12
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 13
Der Kl盲ger beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 14
Es handle sich bei der aus der Verwertungshandlung resultierenden Einkommensteuer --entgegen der bisherigen Spruchpraxis des BFH-- nicht um eine sonstige Masseverbindlichkeit, sondern um eine Insolvenzforderung. Sollte der Senat gleichwohl (weiterhin) von sonstigen Masseverbindlichkeiten ausgehen, sei aber an der bisherigen Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 3. der Gr眉nde) festzuhalten, wonach die Einkommensteuer nur insoweit als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei, als sie auf dem zur Masse gelangten Ver盲u脽erungsgewinn laste. Einerseits habe sich die Situation gegen眉ber der KO nicht ge盲ndert. Andererseits sei es aus rechtlichen wie auch aus sachlichen Gr眉nden folgerichtig, nur die Einkommensteuer auf den zur Masse gelangten Ver盲u脽erungserl枚s als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren. Andernfalls sei zu bef眉rchten, dass eine sachgerechte Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Verm枚gensgegenst盲nde wegen der damit verbundenen Steuerbelastung durch den Insolvenzverwalter nicht erfolgen k枚nnte. Eine Verwertung nach Freigabe des belasteten Wirtschaftsguts oder eine Verwertung durch die absonderungsberechtigten Gl盲ubiger nach dem Gesetz 眉ber die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung --wie vom FA vorgeschlagen-- w眉rde dazu f眉hren, dass eine daraus resultierende Einkommensteuerforderung als Forderung gegen das insolvenzfreie Verm枚gen einzuordnen w盲re. Eine solche Forderung n盲hme an einem eventuellen Restschuldbefreiungsverfahren (搂搂 286 ff. InsO) nicht teil, weshalb der Insolvenzschuldner hinsichtlich einer solchen Forderung allenfalls Restschuldbefreiung in einem weiteren (zweiten) Insolvenzverfahren erlangen k枚nne. Einer solchen ("zweiten") Restschuldbefreiung st眉nde dann aber der Versagungsgrund nach 搂 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen. Danach sei die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn sie in den letzten zehn Jahren bereits einmal erteilt oder versagt worden sei. Eine 脛nderung der Rechtsprechung des erkennenden Senats w眉rde dem in 搂 1 Satz 2 InsO niedergelegten Ziel der Restschuldbefreiung zuwiderlaufen.
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Rz. 15
II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Rz. 16
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einkommensteuerschuld, die aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse (und zum Betriebsverm枚gen) geh枚renden Wirtschaftsg眉ter resultiert, als sonstige Masseverbindlichkeit gem盲脽 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren ist, die gem盲脽 搂 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen ist (dazu unter 1.). Anders als das FG meint, durfte das FA diese Masseverbindlichkeit in voller H枚he durch Einkommensteuerbescheid gegen眉ber dem Kl盲ger als Bekanntgabeadressat geltend machen, und zwar auch insoweit, als die Steuerfestsetzung auf der Ver盲u脽erung des mit Grundpfandrechten belasteten Grundst眉cks X beruht (dazu unter 2.).
Rz. 17
1. Die im angefochtenen Einkommensteuerbescheid festgesetzte Steuer ist Masseverbindlichkeit gem盲脽 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Rz. 18
a) Sonstige Masseverbindlichkeiten i.S. des 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind u.a. Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begr眉ndet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu geh枚ren. Insbesondere wegen der Art und Weise ihrer Geltendmachung und ihrer Anspruchsbefriedigung sind diese von den Insolvenzforderungen (搂搂 35 Abs. 1, 38, 87, 174 ff., 187 ff. InsO) abzugrenzen. Insolvenzforderungen sind nach 搂 38 InsO solche Forderungen, die zur Zeit der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens begr眉ndet waren. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschlie脽lich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begr眉ndung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung (z.B. 搂 38 der Abgabenordnung i.V.m. 搂 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) und deren F盲lligkeit kommt es dagegen nicht an (st盲ndige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gr眉nde; in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.1.).
Rz. 19
Entscheidend ist, wann der Rechtsgrund f眉r den Anspruch gelegt wurde (BFH-Beschluss vom 1. April 2008 X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, unter II.2.c der Gr眉nde, m.w.N.). Der Rechtsgrund f眉r einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird (BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 2.b). Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und H枚he tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begr眉ndet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens ausschlie脽lich nach steuerrechtlichen Grunds盲tzen (st盲ndige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II.2. der Gr眉nde; vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III.2.b dd (1), m.w.N.; vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, unter II.1.). Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es f眉r die insolvenzrechtliche Begr眉ndung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbst盲ndige) Besteuerungstatbestand --insbesondere die Eink眉nfte nach 搂 2 Abs. 1 EStG-- vor oder nach Insolvenzer枚ffnung verwirklicht wurde (so auch Urteil des Th眉ringer FG vom 30. November 2011听 3 K 581/09, EFG 2013, 317, unter III.1.b, Revision anh盲ngig unter Az. X R 12/12).
Rz. 20
b) Nach Ma脽gabe dieser Grunds盲tze ist die aus der Ver盲u脽erung der beweglichen Wirtschaftsg眉ter des Betriebsverm枚gens resultierende Einkommensteuer vom FG zu Recht als Masseverbindlichkeit qualifiziert worden. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht weder dem Grund noch der H枚he nach streitig, weshalb der Senat insoweit von weiteren Ausf眉hrungen absieht.
Rz. 21
Dasselbe gilt f眉r die aus der Ver盲u脽erung des Grundst眉cks X resultierende Einkommensteuer. Auch diese wurde als Verm枚gensanspruch erst nach Insolvenzer枚ffnung begr眉ndet.
Rz. 22
aa) Die aus der Ver盲u脽erung des Grundst眉cks X resultierende Einkommensteuer beruht auf der freih盲ndigen Verwertungshandlung des Kl盲gers. Der Besteuerungstatbestand wurde durch diese Handlung nach Insolvenzer枚ffnung vollst盲ndig verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begr眉ndet, weshalb die aus der Gewinnrealisierung resultierende Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit i.S. des 搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren ist (st盲ndige Rechtsprechung; unter Geltung der KO wurde die daraus resultierende Einkommensteuer als Massekosten i.S. des 搂 58 Nr. 2 KO angesehen: Urteil des Reichsfinanzhofs vom 22. Juni 1938 VI 687/37, RFHE 44, 162, RStBl 1938, 669; BFH-Urteile vom 7. November 1963 IV 210/62 S, BFHE 78, 172, BStBl III 1964, 70, unter III.3. und III.4. der Gr眉nde; in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 2.b der Gr眉nde; vom 9. November 1994 I R 5/94, BFHE 176, 248, BStBl II 1995, 255, unter II.4.a der Gr眉nde; vom 11. November 1993 XI R 73/92, BFH/NV 1994, 477, unter II.3.c der Gr眉nde; vom 5. M盲rz 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, unter II.1. der Gr眉nde; unter Geltung der InsO wurde dies bereits best盲tigt: BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.3.c der Gr眉nde; Gerichtsbescheid des FG D眉sseldorf vom 19. August 2011听 11 K 4201/10 E, EFG 2012, 544, unter II.1.a, Revision anh盲ngig unter Az. IX R 17/12; Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 19. Januar 2012听 14 K 47/10, juris, unter 1.a, Revision anh盲ngig unter Az. III R 16/12). Der erkennende Senat sieht keinen Grund, von dieser st盲ndigen Rechtsprechung abzuweichen.
Rz. 23
Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Einkommensteuer aufgrund einer "Handlung" des Insolvenzverwalters (搂 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 InsO) oder aber "in anderer Weise" (搂 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO) begr眉ndet wurde. Es ist jedenfalls eine der beiden Alternativen erf眉llt, wenn man mit der vorgenannten Rechtsprechung f眉r das insolvenzrechtliche "Begr眉ndetsein" darauf abstellt, wann und durch wen der steuerausl枚sende (unselbst盲ndige) Besteuerungstatbestand i.S. des 搂 2 Abs. 1 EStG (vollst盲ndig) verwirklicht wurde. Dies ist der ma脽gebliche Zeitpunkt f眉r die Abgrenzung. Die Ankn眉pfung der Besteuerung an die "Realisationshandlung" gilt uneingeschr盲nkt auch dann, wenn sie nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwaltungsbefugnis nach 搂 80 Abs. 1 InsO vorgenommen hat.
Rz. 24
bb) Die vorgenannten Grunds盲tze sind auch dann anzuwenden, wenn durch die Ver盲u脽erung nach Insolvenzer枚ffnung stille Reserven aufgedeckt werden, die vor Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Im insolvenzrechtlichen Schrifttum wird demgegen眉ber 眉berwiegend vertreten, dass die aus der Aufdeckung stiller Reserven resultierende Einkommensteuer nur insoweit als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei, als die stillen Reserven nach Insolvenzer枚ffnung entstanden seien; im 脺brigen handle es sich um eine Insolvenzforderung (u.a. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 139 ff.; Gottwald/Frotscher, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl., 搂 121 Rz 26 ff., Rz 29 f.; Onusseit/Kunz, Steuern in der Insolvenz, 2. Aufl., Rz 521 ff., m.w.N.; Uhl盲nder in Waza/Uhl盲nder/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 9. Aufl., Rz 1466 ff., Rz 1472; Boochs/Dauernheim, Steuerrecht in der Insolvenz, 3. Aufl., Rz 139; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., 搂 38 Rz 73; M眉nchKommInsO/Ehricke, Bd. 1, 2. Aufl., 搂 38 Rz 81, m.w.N.; M眉nchKommInsO/Kling/Sch眉ppen/Ruh, Bd. 3, 2. Aufl., Insolvenzsteuerrecht, Rz 53 ff., m.w.N.; H盲semeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rz 23.49; Roth, Insolvenz Steuerrecht, S. 332 ff.; Onusseit, Zeitschrift f眉r das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2003, 677, 680 f.; S盲misch/Adam, ZInsO 2010, 934, 937; Roth, Finanz-Rundschau 2013, 441).
Rz. 25
Der Senat h盲lt auch nach erneuter W眉rdigung der von dem insolvenzrechtlichen Schrifttum vorgebrachten Argumente an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. u.a. BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602). Erg盲nzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass die vorgenannte, zun盲chst zu den Regelungen der KO vertretene Auffassung nicht mit 搂搂 38, 55 Abs. 1 InsO vereinbar ist. Diese Auffassung stellte f眉r die Beurteilung des insolvenzrechtlichen "Begr眉ndetseins" nicht darauf ab, wann der Besteuerungstatbestand und damit der Rechtsgrund verwirklicht wird, sondern ausschlie脽lich auf die f眉r die Steuerverwirklichung unma脽gebliche Entstehung des Wertzuwachses. Der Wertzuwachs unterliegt aber erst dann der Besteuerung, wenn es durch einen steuerausl枚senden Tatbestand zur Gewinnrealisation kommt. Letzteres steht im Einklang mit den allgemeinen Ma脽st盲ben zur Abgrenzung zwischen Insolvenzforderung und (sonstiger) Masseverbindlichkeit. Danach kommt es stets auf die Verwirklichung des anspruchsbegr眉ndenden Tatbestands an (z.B. Braun/B盲uerle, Insolvenzordnung, 5. Aufl., 搂 38 Rz 4; Uhlenbruck, a.a.O., 搂 38 Rz 26). Trennlinie zwischen sonstigen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen ist, ob der Rechtsgrund der Entstehung der Forderung im Augenblick vor Verfahrenser枚ffnung bereits gelegt war. Das ist dann der Fall, wenn der anspruchsbegr眉ndende Tatbestand vor der Verfahrenser枚ffnung materiell-rechtlich abgeschlossen war (M眉nchKommInsO/Ehricke, Bd. 1, 2. Aufl., 搂 38 Rz 16, m.w.N.). F眉r Zwecke der Besteuerung k枚nnen keine anderen Kriterien gelten.
Rz. 26
cc) Der hier vertretenen Auffassung steht auch nicht der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. Oktober 2010 IX ZB 224/08 (ZInsO 2010, 2188) entgegen. In dieser Entscheidung hat sich der BGH --entgegen der Ansicht des Kl盲gers-- nicht mit Abgrenzungskriterien zum insolvenzrechtlichen "Begr眉ndetsein" auseinandergesetzt. Vielmehr hat er sich mit der Befriedigungsreihenfolge bei angezeigter Masseunzul盲nglichkeit besch盲ftigt und betont, dass die Umsatzsteuer aus Verwertungserl枚sen nach Masseunzul盲nglichkeit nicht zu den erstrangig zu befriedigenden Verfahrenskosten (搂 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO), sondern zu den zweitrangigen Neumasseverbindlichkeiten geh枚rt.
Rz. 27
2. Anders als das FG meint, durfte das FA die sonstige Masseverbindlichkeit auch in voller H枚he durch Einkommensteuerbescheid gegen眉ber dem Kl盲ger als Bekanntgabeadressat geltend machen.
Rz. 28
a) Die als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizierende (Einkommensteuer-)Forderung hat das FA zu Recht durch (Einkommen-)Steuerbescheid festgesetzt und diesen dem Kl盲ger als Bekanntgabeadressat bekanntgegeben (BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, unter II.2. der Gr眉nde; unter Geltung der KO: BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, unter II.1. der Gr眉nde, m.w.N.).
Rz. 29
b) Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einkommensteuer auf den Ver盲u脽erungsgewinn in voller H枚he eine sonstige Masseverbindlichkeit darstellt. Die Einkommensteuer auf den Ver盲u脽erungsgewinn ist auch dann in voller H枚he Masseverbindlichkeit, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und --nach Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gl盲ubiger aus dem Verwertungserl枚s-- der (tats盲chlich) zur Masse gelangte Erl枚s nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuerforderung zu befriedigen. An der anderslautenden Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 3.), die noch zu den Regelungen der KO ergangen ist und auf die das FG im Rahmen seiner rechtlichen W眉rdigung abgestellt hat, h盲lt der erkennende Senat unter Geltung der InsO nicht mehr fest (so auch Gerichtsbescheid des FG D眉sseldorf in EFG 2012, 544, unter II.1.b; Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 19. Januar 2012听 14 K 47/10, juris, unter 1.b).
Rz. 30
aa) Ausgehend von dem BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602 m眉sste die Einkommensteuer, soweit sie den zur Masse gelangten Betrag 眉bersteigt (Restforderung), als Forderung gegen das insolvenzfreie Verm枚gen qualifiziert werden (so auch Gottwald/Frotscher, a.a.O., 搂 42 Rz 176). Die Rechtsmacht des Verwalters, mit Wirkung f眉r und gegen den Schuldner zu handeln, ist gegenst盲ndlich jedoch nach 搂 80 Abs. 1 InsO auf die Insolvenzmasse beschr盲nkt. Er kann ausschlie脽lich Masseverbindlichkeiten begr眉nden, nicht hingegen den Schuldner pers枚nlich mit seinem insolvenzfreien Verm枚gen verpflichten (so auch BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, ZInsO 2009, 2198, unter II.3.a aa, m.w.N.). Ist die Einkommensteuer daher bereits aus insolvenzrechtlichen Gr眉nden insgesamt als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizieren, kann es nicht darauf ankommen, in welchem Umfang der Ver盲u脽erungserl枚s zur Masse gelangt ist. Eine solche Einschr盲nkung der Masseverbindlichkeit ist auch dem Wortlaut des 搂 55 Abs. 1 InsO nicht zu entnehmen.
Rz. 31
bb) Weder die Interessenlage der Beteiligten noch systematische Erw盲gungen rechtfertigen es, dem Verwalter 眉ber den Wortlaut des 搂 80 Abs. 1 InsO hinaus die Befugnis einzur盲umen, den Schuldner pers枚nlich mit seinem insolvenzfreien Verm枚gen zu verpflichten und nur den (tats盲chlich) zur Masse gelangten Betrag der Besteuerung zu unterwerfen.
Rz. 32
(1) Das Argument, Steuerobjekt der Einkommensteuer sei das "Einkommen", weshalb die Einkommensteuer auch nur insoweit die Qualit盲t eines Masseanspruchs erlangen k枚nne, als das Steuerobjekt zur Masse gelange, negiert das Schicksal der Rest-Einkommensteuerforderung. Der gleiche Einwand m眉sste n盲mlich auch f眉r das insolvenzfreie Verm枚gen des Schuldners gelten, denn auch dieses wurde nach der Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gl盲ubiger nicht bereichert.
Rz. 33
(2) Auch greift der Hinweis des Kl盲gers nicht durch, dass die Aufgabe der Rechtsprechung dem Ziel der Restschuldbefreiung nach 搂 1 Satz 2 InsO zuwiderliefe. Unabh盲ngig davon, dass das BFH-Urteil in BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602 zur KO ergangen ist, die keine Restschuldbefreiung vorsah, stand allenfalls die bisherige Rechtsauffassung ab Geltung der InsO diesem Verfahrensziel der Restschuldbefreiung entgegen.
Rz. 34
Nach seiner bisherigen Rechtsprechung hatte der Senat die Masseverpflichtung auf den zur Konkursmasse gelangten Betrag reduziert. Die restliche Steuerforderung w盲re jedoch unter Geltung der InsO, wie unter II.2.b aa dargelegt, als Forderung gegen das insolvenzfreie Verm枚gen zu qualifizieren. Eine solche Forderung w眉rde aber am Restschuldbefreiungsverfahren (搂 286 ff. InsO) nicht teilnehmen k枚nnen, weil sie nicht gegen眉ber einem Insolvenzgl盲ubiger besteht (ebenso Uhlenbruck, a.a.O., 搂 286 Rz 20). Auch k枚nnte der Schuldner von dieser Forderung gegen das insolvenzfreie Verm枚gen nicht durch ein zweites Insolvenz- und anschlie脽endes Restschuldbefreiungsverfahren befreit werden. Zwar w盲re die Forderung in einem zweiten Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung zu qualifizieren, die zur Teilnahme am Restschuldbefreiungsverfahren grunds盲tzlich berechtigen k枚nnte. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist die Er枚ffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens jedoch unzul盲ssig, weil --ohne Freigabe von Verm枚gen-- wegen 搂搂 35 Abs. 1, 36 InsO kein weiteres insolvenzrechtlich verwertbares Verm枚gen vorhanden w盲re (BGH-Beschl眉sse vom 18. Mai 2004 IX ZB 189/03, ZInsO 2004, 739; vom 3. Juli 2008 IX ZB 182/07, ZInsO 2008, 924; vom 9. Juni 2011 IX ZB 175/10, ZInsO 2011, 1349, unter II.2.a). Folglich h盲tte der Insolvenzschuldner keine M枚glichkeit, sich von der durch den Verwalter (mit Hilfe der Rechtsprechung) begr眉ndeten Steuerforderung zu befreien, was dem Ziel der Restschuldbefreiung zuwiderl盲uft.
Rz. 35
Nach der nunmehr vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei der Steuerforderung insgesamt um sonstige Masseverbindlichkeiten, so dass insoweit ein Zielkonflikt mit der Restschuldbefreiung nicht auftreten kann.
Rz. 36
(3) Der Senat verkennt nicht, dass die Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Gegenst盲nde im allseitigen Interesse liegt und die 脛nderung der bisherigen Rechtsprechung die praktische Folge nach sich ziehen k枚nnte, dass der Verwalter k眉nftig von der M枚glichkeit der Freigabe des belasteten Gegenstands Gebrauch machen wird, um die Masse nicht mit aus Steueranspr眉chen resultierenden Masseverbindlichkeiten zu belasten. Die Richtigkeit einer solchen Annahme unterstellt, kann dieser rein tats盲chliche Gesichtspunkt gleichwohl nicht dar眉ber hinweg helfen, dass dem Verwalter die rechtliche Befugnis zur Belastung des insolvenzfreien Verm枚gens mit Verbindlichkeiten fehlt.
Rz. 37
Sollte es wegen der ge盲nderten Rechtsprechung vermehrt zur Freigabe der mit Absonderungsrechten belasteten Gegenst盲nde kommen und sollte die aus ihrer Verwertung durch die absonderungsberechtigten Gl盲ubiger resultierende Einkommensteuer als Forderung gegen das insolvenzfreie Verm枚gen einzuordnen sein, l盲ge der Grund f眉r einen daraus resultierenden Zielkonflikt mit der Restschuldbefreiung aber --anders als der Kl盲ger meint-- zumindest nicht in der ge盲nderten Rechtsprechung. Anders als unter der bisherigen Rechtsprechung (s. oben, II.2.b bb (2)) w盲re wegen der Freigabe des Gegenstands verwertbare Masse vorhanden, die grunds盲tzlich ein zweites Insolvenzverfahren rechtfertigen k枚nnte. Einer Restschuldbefreiung k枚nnte dann zwar der Versagungsgrund nach 搂 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegenstehen. Dar眉ber ist jedoch vorliegend nicht zu entscheiden.
Rz. 38
3. Die Sache ist spruchreif. Zwischen den Beteiligten ist weder die H枚he des Ver盲u脽erungsgewinns noch der Zeitpunkt der Gewinnrealisierung streitig. Auch der Senat geht unter Beachtung der einschl盲gigen Regelungen in 搂 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. 搂搂 14, 16 EStG davon aus, dass die hier streitigen Ver盲u脽erungsgewinne dem Gewinn des Streitjahres 2006 hinzuzurechnen und deshalb zutreffend im angefochtenen Einkommensteuerbescheid erfasst worden sind. Angesichts dessen sieht der Senat von weiteren Ausf眉hrungen ab.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 4828901 |
BFH/NV 2013, 1503 |
BFH/PR 2013, 381 |
BStBl II 2013, 759 |
BFHE 2014, 233 |
BFHE 241, 233 |
BB 2013, 1814 |
DB 2013, 6 |
DStR 2013, 1584 |
DStR 2013, 8 |
DStRE 2013, 1080 |
HFR 2013, 816 |