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Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit eines Stipendiums einer gemeinn眉tzigen EU/EWR-Institution
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Leitsatz (amtlich)
Eine in der EU oder dem EWR ans盲ssige gemeinn眉tzige K枚rperschaft, Personenvereinigung oder Verm枚gensmasse i.S. des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG kann unabh盲ngig von einer inl盲ndischen Steuerpflicht Stipendien vergeben, die nach 搂 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind.
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Normenkette
EStG 搂 3 Nr. 44; AEUV Art. 63; EG Art. 56
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist 脛rztin. Im Jahr 2000 bewilligte ihr die E ein Stipendium 眉ber 35.000 $ pro Jahr f眉r ein Forschungsprojekt im Bereich der Thromboseforschung. Das Universit盲tsklinikum U, bei dem die Kl盲gerin angestellt war, gew盲hrte der Kl盲gerin daraufhin antragsgem盲脽 vom 15. November 2000 bis zum 14. November 2002 Sonderurlaub unter Wegfall der Verg眉tung.
Rz. 2
Die E zahlte am 1. Juli 2000 und am 1. Juli 2001, dem Streitjahr, jeweils 35.000 $ auf ein Drittmittelkonto der U ein, das die Kl盲gerin auf Anforderung der E durch U einrichten lie脽. Verf眉gungsberechtigt 眉ber das Drittmittelkonto war eine Sachbearbeiterin der U, der die Kl盲gerin Weisungen hinsichtlich der Mittelverwendung erteilen konnte. Die Kl盲gerin vereinbarte mit der Sachbearbeiterin der U, dass diese ihr monatlich jeweils 1/12 von 35.000 $ auszahlt.
Rz. 3
Die E ist ein Verein gem盲脽 dem Gesetz der Franz枚sischen Republik vom 1. Juli 1901 mit Sitz in B (Frankreich). Gem盲脽 Art. 2 der Statuten ist Zweck der E die Pr盲vention, die Erkennung und die Handhabung von Erkrankungen des Herzens und der Blutgef盲脽e voranzubringen und das Verst盲ndnis der Physiologie und Pathophysiologie des Herzens und des Vaskularsystems zu verbessern.
Rz. 4
In ihrer Einkommensteuererkl盲rung f眉r das Streitjahr erkl盲rte die Kl盲gerin die Zahlungen als sonstige Eink眉nfte. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) setzte die Einkommensteuer erkl盲rungsgem盲脽 fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Kl盲gerin mit Zustimmung des FA Sprungklage. Sie trug vor, das Stipendium der E sei gem盲脽 搂 3 Nr. 44 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr g眉ltigen Fassung steuerfrei. Eine Beschr盲nkung der Steuerfreiheit auf Stipendien von gemeinn眉tzigen Organisationen mit Sitz im Inland sei gemeinschaftsrechtlich unzul盲ssig. Sowohl die E als auch die Kl盲gerin w眉rden dadurch in der Aus眉bung ihrer gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, namentlich der Niederlassungsfreiheit, der Kapitalverkehrsfreiheit sowie der Freiz眉gigkeit behindert. Der Steuerfreiheit stehe auch nicht entgegen, dass die U das Stipendium ausbezahlt habe. Die Leistungsgew盲hrung im Streitfall sei als unmittelbar anzusehen, weil die Kl盲gerin durch eine Sachbearbeiterin der U 眉ber das Drittmittelkonto habe verf眉gen k枚nnen. Au脽erdem setze 搂 3 Nr. 44 Satz 2 EStG 鈥昦nders als dessen Satz 1鈥 eine Unmittelbarkeit nicht voraus.
Rz. 5
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 670 ver枚ffentlichten Urteil stattgegeben.
Rz. 6
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung des 搂 3 Nr. 44 EStG. Die Auffassung des FG sei zweifelhaft, wonach die Steuerbefreiung des 搂 3 Nr. 44 EStG unabh盲ngig von einer inl盲ndischen Steuerpflicht der E gew盲hrt werden m眉sse. Die Stiftung werde im Inland nicht benachteiligt, da es f眉r die franz枚sische Stiftung keinen Unterschied mache, ob sie das Stipendium einem deutschen oder einem franz枚sischen Stipendiaten auszahle. Auch sei zweifelhaft, ob die Kl盲gerin als Forscherin eine wirtschaftliche T盲tigkeit ausge眉bt habe, die zudem grenz眉berschreitend sein m眉sse. Beide Voraussetzungen l盲gen bei der Forschungst盲tigkeit der Kl盲gerin nicht vor, sie habe weder eine entgeltliche Leistung erbracht noch habe die E oder die Kl盲gerin, sondern lediglich das Stipendium die Grenze 眉berschritten. Es k枚nne damit allenfalls die Kapitalverkehrsfreiheit betroffen sein. Deren Schutzbereich er枚ffne sich der Kl盲gerin nicht, da das Stipendium nicht die Frucht einer wie auch immer gearteten wirtschaftlichen Bet盲tigung im europ盲ischen Ausland sei. Die vier Freiheiten sollten als reine Wirtschaftsgrundrechte lediglich das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sicherstellen, nicht aber jegliche differenzierende Behandlung verbieten.
Rz. 7
Der Feststellung des FG, f眉r die Ungleichbehandlung von aus dem europ盲ischen Ausland zuflie脽enden und inl盲ndischen Stipendien seien keine Rechtfertigungsgr眉nde ersichtlich, k枚nne man sich nicht anschlie脽en. Ein anerkannter Rechtfertigungsgrund von Ungleichbehandlungen sei die steuerliche Kontrolle. Im Veranlagungsverfahren bed眉rfe das Deklarationsverfahren aus verfassungsrechtlichen Gr眉nden der Erg盲nzung durch das Verifikationsprinzip. Diesen Grundsatz habe der Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) nicht ausdr眉cklich in Frage gestellt, er habe anerkannt, dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allgemeinwohls sei, der eine Einschr盲nkung der Grundfreiheiten rechtfertigen k枚nne. Der EuGH habe aber andererseits die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen und die M枚glichkeiten der Amtshilfe als ausreichende Ma脽nahmen f眉r die Durchf眉hrung der Steueraufsicht angesehen. Die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen k枚nnten jedoch die Verifikationspr眉fung nicht ersetzen. Eine Amtshilfe k枚nne allenfalls dann zu einer ausreichenden Verifikation f眉hren, wenn die Finanzbeh枚rden des ersuchten Mitgliedstaats verpflichtet w盲ren, auch solche Pr眉fungen vorzunehmen, die denen der deutschen Au脽enpr眉fung entspr盲chen. Eine derartige Verpflichtung sei jedoch zweifelhaft, da die Amtshilfe lediglich in erg盲nzenden Beitr盲gen zu einem fremden Verfahren bestehe.
Rz. 8
Im Unterschied zum Sachverhalt in der Rechtssache Centro di Musicologia Walter Stauffer (EuGH-Urteil vom 14. September 2006 Rs. C-386/04, Slg. 2006, I-8203) gebe es zwischen dem in Frankreich ans盲ssigen Stipendiengeber und Deutschland keine steuerlichen Beziehungen. Dehnte man die in diesem EuGH-Urteil entwickelten Grunds盲tze auf ausl盲ndische Stipendiengeber aus, m眉ssten die deutschen Finanzbeh枚rden die steuerlichen Verh盲ltnisse eines in Deutschland nicht steuerpflichtigen Rechtstr盲gers pr眉fen. Sie m眉ssten umf盲nglich ermitteln, ob eine ausl盲ndische Einrichtung, die in keiner Beziehung zu Deutschland st眉nde, die Voraussetzungen erf眉llt, um nach deutschem Recht als gemeinn眉tzig anerkannt zu werden.
Rz. 9
Zudem verlange auch 搂 3 Nr. 44 Satz 2 EStG die Unmittelbarkeit des Stipendiums.
Rz. 10
Das FA beantragt,unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegr眉ndet abzuweisen.
Rz. 11
Die Kl盲gerin beantragt,die Revision zur眉ckzuweisen.
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Rz. 12
II. Die Revision des FA ist unbegr眉ndet und deshalb zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥). Zutreffend hat das FG entschieden, dass das von der E gezahlte Stipendium bei der Kl盲gerin zu steuerfreien Einnahmen gem盲脽 搂 3 Nr. 44 EStG gef眉hrt hat.
Rz. 13
1. Deutschland steht nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Franz枚sischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und 眉ber gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Verm枚gen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 397) in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 (BGBl II 1970, 717) und des Zusatzabkommens vom 28. September 1989 (BGBl II 1990, 770) 鈥旸BA-Frankreich鈥 das Besteuerungsrecht f眉r die Bez眉ge aus dem Stipendium zu. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es sich um Eink眉nfte i.S. des Art. 12 (selbst盲ndige T盲tigkeit) oder um sonstige Eink眉nfte i.S. des Art. 18 DBA-Frankreich handelt; in beiden Vorschriften wird Deutschland das ausschlie脽liche Besteuerungsrecht f眉r die Eink眉nfte zugewiesen.
Rz. 14
2. Es kann ebenfalls dahinstehen, ob nach deutschem Recht in dem Bezug des Stipendiums Eink眉nfte aus wiederkehrenden Bez眉gen i.S. des 搂 22 Nr. 1 Satz 1 EStG oder Eink眉nfte aus selbst盲ndiger Arbeit i.S. des 搂 18 EStG zu sehen sind, da das Stipendium der Kl盲gerin, das von der E gezahlt wurde, gem盲脽 搂 3 Nr. 44 EStG nicht der Einkommensteuer unterliegt.
Rz. 15
3. Die E konnte trotz fehlender inl盲ndischer Steuerpflicht der Kl盲gerin ein Stipendium gew盲hren, das nach 搂 3 Nr. 44 EStG bei den Empf盲ngern steuerfrei ist.
Rz. 16
a) Nach dieser Vorschrift sind Stipendien steuerfrei, die unmittelbar aus 枚ffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder 眉berstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angeh枚rt, zur F枚rderung der Forschung oder zur F枚rderung der wissenschaftlichen oder k眉nstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gew盲hrt werden. Das gleiche gilt f眉r Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer K枚rperschaft, Personenvereinigung oder Verm枚gensmasse i.S. des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 des K枚rperschaftsteuergesetzes (KStG) gegeben werden.
Rz. 17
aa) Aufgrund des durch das Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) neu gefassten 搂 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG sind beschr盲nkt steuerpflichtige Gesellschaften aus Staaten der Europ盲ischen Union und des Europ盲ischen Wirtschaftsraums i.S. des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG n.F. den inl盲ndischen steuerbeg眉nstigten Institutionen gleichgestellt, soweit es sich um Gesellschafen i.S. des Art. 48 des Vertrags zur Gr眉ndung der Europ盲ischen Gemeinschaft 鈥旹G鈥 (jetzt Art. 54 des Vertrags 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union 鈥旳EUV鈥) handelt und soweit mit dem Ans盲ssigkeitsstaat ein Amtshilfeabkommen besteht. Die Neuregelung ist gem盲脽 搂 34 Abs. 5a KStG n.F. auch auf Veranlagungszeitr盲ume vor 2009 anzuwenden, um den Anforderungen des Urteils des EuGH 鈥旵entro di Musicologia Walter Stauffer鈥 in Slg. 2006, I-8203 nachzukommen, wonach es geboten ist, "ausl盲ndische steuerbeg眉nstigte K枚rperschaften, die in der EU oder in Teilen des EWR-Raums ans盲ssig sind, den inl盲ndischen K枚rperschaften gleichzustellen" (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines JStG 2009, BTDrucks 16/11108, 29).
Rz. 18
bb) Ob in den Veranlagungszeitr盲umen vor 2009 eine steuerbeg眉nstigte ausl盲ndische K枚rperschaft vorliegt, richtet sich nicht nach der ebenfalls durch das JStG 2009 erfolgten Neuregelung der Gemeinn眉tzigkeitsvorschriften der 搂搂 51 ff. der Abgabenordnung (AO n.F.), sondern nach den f眉r den betreffenden Veranlagungszeitraum 鈥昳m Streitfall 2001鈥 jeweils geltenden Vorschriften (vgl. BTDrucks 16/11108, 29).
Rz. 19
cc) Das FG hat 鈥昫en erkennenden Senat gem盲脽 搂 118 Abs. 2 FGO bindend鈥 festgestellt, dass die E als rechtsf盲higer gemeinn眉tziger Verein (Art. 6 und 10 des Gesetzes vom 1. Juli 1901, Art. 1 der Satzung der E) eine K枚rperschaft i.S. des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. 搂 51 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) in der vor dem JStG 2009 g眉ltigen Fassung ist, die mit der F枚rderung von Wissenschaft und Forschung und des 枚ffentlichen Gesundheitswesens im Inland und im Ausland selbstlos, ausschlie脽lich und unmittelbar gemeinn眉tzige Zwecke i.S. des 搂 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 AO verfolgt. Die E erf眉llt damit insoweit die Voraussetzungen, die an einen gemeinn眉tzigen Stipendiumsgeber gem盲脽 搂 3 Nr. 44 EStG gestellt werden.
Rz. 20
dd) Dadurch, dass in 搂 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG n.F. auf die beschr盲nkt Steuerpflichtigen i.S. des 搂 2 Nr. 1 KStG Bezug genommen wird, setzt die Neuregelung im JStG 2009 jedoch das Bestehen einer beschr盲nkten Steuerpflicht der EU/EWR-K枚rperschaft voraus (vgl. dazu kritisch N枚cker in Herrmann/Heuer/ Raupach, Jahreskommentierung 2009, 搂 5 KStG Rz J 08-5; Winheller/Klein, Deutsche Steuer-Zeitung 2009, 193, 195; siehe auch H眉ttemann, Internationales Steuerrecht 鈥旾StR鈥 2010, 118). Diese Voraussetzung erf眉llt die E nicht, da sie keine inl盲ndischen Eink眉nfte erzielt.
Rz. 21
b) Die Vorschrift des 搂 3 Nr. 44 EStG fordert jedoch nicht, dass eine K枚rperschaft, Personenvereinigung oder Verm枚gensmasse gem盲脽 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG tats盲chlich im konkreten Fall steuerbefreit sein muss. Es muss sich lediglich um eine K枚rperschaft im Sinne des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG handeln. Es reicht bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung aus, wenn eine K枚rperschaft, w眉rde sie inl盲ndische Eink眉nfte erzielen, von der K枚rperschaftsteuer befreit w盲re. Eine andere Auslegung, die die Steuerfreiheit eines Stipendiums bei dem Stipendiaten von dem 鈥晍uf盲lligen鈥 Vorhandensein inl盲ndischer Eink眉nfte des Stipendiumsgebers abh盲ngig machen w眉rde, verstie脽e gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV).
Rz. 22
aa) Der EuGH hat in den letzten Jahren verst盲rkt die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen herausgearbeitet, die an die steuerliche Behandlung grenz眉berschreitender Gemeinn眉tzigkeit zu stellen sind (vgl. z.B. Urteile 鈥旵entro di Musicologia Walter Stauffer鈥 in Slg. 2006, I-8203, und vom 18. Dezember 2007 Rs. C-281/06 鈥旿undt鈥, Slg. 2007, I-12231, jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere f眉r die nach der Revisionsbegr眉ndung und -erwiderung ergangene Entscheidung des EuGH vom 27. Januar 2009 Rs. C-318/07 鈥昉ersche鈥 (Slg. 2009, I-359).
Rz. 23
Der Rechtsstreit 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359 hatte zwar die Abzugsf盲higkeit von Sachspenden an eine nach dem jeweiligen Ans盲ssigkeitsstaat steuerbefreite Organisation zum Inhalt, w盲hrend es im Streitfall um die zweckentsprechenden Zahlungen von einer gemeinn眉tzigen Institution geht. Der Sachverhalt unterscheidet sich daher dadurch, dass die in dem anderen EU-Mitgliedstaat ans盲ssige gemeinn眉tzige Organisation einmal der Empf盲nger und einmal der Zuwendende eines grenz眉berschreitenden Kapitaltransfers ist. Dieser Unterschied ist jedoch f眉r die Pr眉fung der Kapitalverkehrsfreiheit unerheblich, da die Kapitalverkehrsfreiheit ein objekt- oder produktbezogener Tatbestand ist (Ress/Ukrow, in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europ盲ischen Union, Kommentar, Art. 56 Rz 137; so auch Streinz/Sedlaczek, EUV/EGV, Art. 56 Rz 16; Lissner, Das Gemeinn眉tzigkeits- und Spendenrecht unter dem Einfluss der Grundfreiheiten, 2009, 96 f.; siehe auch Sch枚n, Europ盲ische Kapitalverkehrsfreiheit und nationales Steuerrecht; Ged盲chtnisschrift Knobbe-Keuk, 1997, 743, 753).
Rz. 24
bb) In diesem Urteil 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359 hat der EuGH entschieden, dass der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit nicht nur dann betroffen sei, wenn Kapitalbewegungen in Aus眉bung einer wirtschaftlichen T盲tigkeit vorgenommen w眉rden, sondern auch bei einem Kapitaltransfer, der aus einer altruistischen Motivation heraus geleistet werde. Zwar werde die "Kapitalverkehrsfreiheit" nicht im EG (jetzt AEUV) definiert; der EuGH erkennt jedoch erneut der Nomenklatur im Anhang der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchf眉hrung von Art. 67 des Vertrages 鈥昫ieser Artikel wurde durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben鈥 (Amtsblatt der Europ盲ischen Gemeinschaften Nr. L 178/5) Hinweischarakter zu, wobei die in ihr enthaltene Aufz盲hlung gem盲脽 ihrer Einleitung nicht ersch枚pfend sei (EuGH-Urteil 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359, Rz 24; vgl. auch u.a. EuGH-Urteile vom 23. Februar 2006 Rs. C-513/03 鈥晇an Hilten-van der Heijden鈥, Slg. 2006, I-1957, Rz 39; 鈥旵entro di Musicologia Walter Stauffer鈥 in Slg. 2006, I-8203, Rz 22). Schenkungen und Stiftungen sind in der Rubrik XI Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG (Richtlinie 88/361/EWG) unter der 脺berschrift "Kapitalverkehr mit pers枚nlichem Charakter" aufgef眉hrt.
Rz. 25
Eine altruistische Verm枚gens眉bertragung liegt ebenfalls vor, wenn ein Stipendium zur F枚rderung eines gemeinn眉tzigen Zwecks 鈥晈ie im Streitfall der Wissenschaft und Forschung鈥 vergeben wird. Damit sind Stipendien, selbst wenn sie in der Rubrik XI Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG nicht genannt sind, durch die Kapitalverkehrsfreiheit gesch眉tzt.
Rz. 26
Da an der Grenz眉berschreitung der Stipendiumszahlungen der E von Frankreich nach Deutschland kein Zweifel besteht, ist der Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit i.S. des Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) im Streitfall betroffen.
Rz. 27
cc) Eine nationale Steuerregelung, die in 搂 3 Nr. 44 EStG zwischen Stipendien inl盲ndischer und in einem anderen Mitgliedstaat ans盲ssiger Einrichtungen unterscheidet und damit Stipendien, die von EU/EWR-Institutionen gezahlt werden, steuerlich schlechter behandelt, stellt eine Beschr盲nkung des freien Kapitalverkehrs dar. Diese ist gem盲脽 Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) grunds盲tzlich verboten. Sie kann nur dann als mit den Vertragsbestimmungen 眉ber den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn die Beschr盲nkung durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu gew盲hrleisten, gerechtfertigt ist (EuGH-Urteil 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359, Rz 41). Zudem ist die unterschiedliche Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht 眉ber das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. EuGH-Urteile 鈥旵entro di Musicologia Walter Stauffer鈥 in Slg. 2006, I-8203, Rz 32; vom 18. Dezember 2007 Rs. C-101/05 鈥昐katteverket鈥, Slg. 2007, I-11531, Rz 55 und 56, und 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359, Rz 52 sowie die dort angef眉hrte Rechtsprechung).
Rz. 28
Der Erhalt eines Stipendiums von einem EU-ans盲ssigen Stipendiumsgeber ohne inl盲ndische Eink眉nfte unterscheidet sich f眉r den Stipendiaten nicht von dem Erhalt eines Stipendiums, das ihm entweder eine inl盲ndische oder eine EU-ans盲ssige Organisation mit inl盲ndischen Eink眉nften gew盲hrt; es handelt sich um eine objektiv vergleichbare Situation. Von den vom EuGH genannten zwingenden Gr眉nden des Allgemeinwohls k枚nnte jedoch die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen eine unterschiedliche Behandlung der grenz眉berschreitenden Stipendiumszahlungen rechtfertigen.
Rz. 29
Es ist aber zu beachten, dass eine beschr盲nkende Ma脽nahme nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn sie dem Grundsatz der Verh盲ltnism盲脽igkeit gen眉gt, also geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gew盲hrleisten, und nicht 眉ber das dazu Erforderliche hinausgeht. Der EuGH hat in der Rechtssache 鈥昉ersche鈥 in Slg. 2009, I-359, Rz 60 in einer mit dem Streitfall vergleichbaren Konstellation, in der die ausl盲ndische Institution in Deutschland ebenfalls nicht steuerpflichtig war, ausdr眉cklich festgestellt, dass sich der Besteuerungsmitgliedstaat f眉r die Rechtfertigung einer nationalen Regelung auf das Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gew盲hrleisten, nicht berufen kann, wenn es dem Steuerpflichtigen v枚llig verwehrt ist, ausreichende Nachweise zu erbringen, anhand derer die Steuerbeh枚rden des Besteuerungsmitgliedstaats eindeutig und genau pr眉fen k枚nnen, ob die entsprechenden Voraussetzungen f眉r die nationale Steuerregelung, die der Steuerpflichtige beansprucht, 鈥昲ier das Vorliegen der Voraussetzungen der Gemeinn眉tzigkeit鈥 tats盲chlich vorliegen.
Rz. 30
Die Wirksamkeit der Steuerkontrolle kann damit dann eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, wenn die Finanzbeh枚rden des Besteuerungsmitgliedstaats nicht daran gehindert sind, von einem Steuerpflichtigen, der eine bestimmte steuerliche Behandlung fordert, die Vorlage stichhaltiger Belege zu verlangen, und es sich nicht von vornherein ausschlie脽en l盲sst, dass der Steuerpflichtige die notwendigen Belege vorlegen kann, um nachzuweisen, dass die Voraussetzungen f眉r die steuerliche Behandlung nach den einschl盲gigen Rechtsvorschriften erf眉llt sind und die steuerliche Behandlung dementsprechend gew盲hrt werden kann (vgl. auch EuGH-Urteile vom 8. Juli 1999 Rs. C-254/97 鈥昐oci茅t茅 Baxter u.a.鈥, Slg. 1999, I-4809, Rz 20, und vom 10. M盲rz 2005 Rs. C-39/04 鈥昄aboratoires Fournier SA鈥, Slg. 2005, I-2057, Rz 25; in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2002 Rs. C-136/00 鈥旸anner鈥, Slg. 2002, I-8147, Rz 50, und vom 26. Juni 2003 Rs. C-422/01 鈥昐kandia und Ramstedt鈥, Slg. 2003, I-6817, Rz 43).
Rz. 31
dd) Diese Grunds盲tze zugrunde gelegt, kann 搂 3 Nr. 44 Satz 2 EStG nur so ausgelegt werden, dass auch Stipendien von einer gemeinn眉tzigen EU/EWR-K枚rperschaft, Personenvereinigung oder Verm枚gensmasse i.S. des 搂 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ohne inl盲ndische Eink眉nfte steuerfrei sind, sofern nachgewiesen werden kann, dass die Gemeinn眉tzigkeitsanforderungen der 搂搂 51 ff. AO erf眉llt sind. Die grunds盲tzliche Verweigerung der Steuerfreiheit dieser Stipendien im Unterschied zu Stipendien gemeinn眉tziger inl盲ndischer Institutionen oder gemeinn眉tziger EU/EWR-ans盲ssiger Institutionen mit inl盲ndischen Eink眉nften ist nicht zu rechtfertigen (so auch Ross in Frotscher, EStG 搂 3 Nr. 44 Rz 2; v. Proff, IStR 2009, 371, 376; im Ergebnis wohl auch Steiner in Lademann, EStG, 搂 3 EStG Rz 324).
Rz. 32
Es ist im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig, dass die E mit der F枚rderung von Wissenschaft und Forschung und des 枚ffentlichen Gesundheitswesens im Inland und im Ausland selbstlos, ausschlie脽lich und unmittelbar gemeinn眉tzige Zwecke i.S. des 搂 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 AO verfolgt und auch die weiteren Voraussetzungen der 搂搂 51 ff. AO erf眉llt. Damit ist es dem FA verwehrt, die Steuerbefreiung der von der E gew盲hrten Stipendien mit der Begr眉ndung zu verweigern, die Gemeinn眉tzigkeit der E sei schwer 眉berpr眉fbar bzw. nicht nachgewiesen.
Rz. 33
4. Die Steuerfreiheit des Stipendiums scheitert nicht daran, dass die E der Kl盲gerin das Stipendium 眉ber die U ausgezahlt hat. Dabei kann im Streitfall dahinstehen, ob im Falle des 搂 3 Nr. 44 Satz 2 EStG ebenso wie bei Stipendien, die gem盲脽 搂 3 Nr. 44 Satz 1 EStG gew盲hrt werden, eine unmittelbare Gew盲hrung des Stipendiums erforderlich ist. Die im Streitfall gew盲hlte konkrete Abwicklung kann bereits als eine unmittelbare Stipendiumsgew盲hrung angesehen werden. Das Drittmittelkonto der U diente lediglich der Abwicklung der Auszahlung des der Kl盲gerin zustehenden Stipendiums. Die Modalit盲ten der Zahlungen waren im Einvernehmen mit ihr festgelegt worden und konnten nicht ohne ihre Zustimmung ge盲ndert werden. Die Kl盲gerin besa脽 damit bereits eine solche Verf眉gungsm枚glichkeit 眉ber die Mittel des Stipendiums, dass sie als "unmittelbar gew盲hrt" anzusehen sind.
Rz. 34
5. Auch die Voraussetzungen des 搂 3 Nr. 44 Satz 3 EStG liegen vor. In dem Er枚rterungstermin vor dem FG am 5. Dezember 2007 wurde 眉bereinstimmend festgestellt, die Vergabe des Stipendiums sei nach den Richtlinien der E erfolgt, die H枚he des Stipendiums habe im Streitfall nicht den f眉r die Erf眉llung der Forschungsaufgabe sowie f眉r die Bestreitung des Lebensunterhalts der Kl盲gerin erforderlichen Betrag 眉berschritten und die Kl盲gerin habe sich nicht zu einer bestimmten Gegenleistung verpflichtet.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 2583267 |
BFH/NV 2011, 342 |
BFH/PR 2011, 77 |
BStBl II 2011, 637 |
BFHE 2011, 108 |
BFHE 231, 108 |
BB 2011, 214 |
DB 2011, 565 |
DStR 2011, 62 |
DStRE 2011, 189 |
HFR 2011, 272 |