Erlass mit 脺bergangsregelung zur Anwendung dieser Entscheidung
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Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsteuerrechtliche Behandlung des Krankenversicherungsanteils in Reiseversicherungspaketen
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Leitsatz (amtlich)
1. Sind bei einer Mehrgefahrenversicherung ("Versicherungspaket") einzelne Versicherungen nach 搂 4 VersStG von der Besteuerung ausgenommen, kann eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden, wenn das auf die steuerfreie Versicherung entfallende Versicherungsentgelt im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist.
2. "Laufender Anmeldungszeitraum" i.S. des 搂 10 Abs. 4 VersStG ist jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Au脽enpr眉fung.
3. Mit einem Nachforderungsbescheid gem盲脽 搂 167 Abs. 1 Satz 1 AO gegen den Versicherer wegen Versicherungsteuer macht die Finanzbeh枚rde materiell-rechtlich einen Haftungsanspruch geltend. Wegen der Akzessoriet盲t des Haftungsanspruchs ist der Erlass eines Nachforderungsbescheids nur rechtm盲脽ig, wenn die Steuerschuld, f眉r die der Versicherer als Entrichtungsschuldner haftet, entstanden ist und noch besteht.
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Normenkette
VersStG 搂听1 Abs. 1, 搂听3 Abs. 1, 搂听4 Nr. 5, 搂听5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 搂听6 Abs. 1, 搂搂听7, 8 Abs. 1, 搂听10 Abs. 4; AO 搂听150 Abs. 1 S. 3, 搂搂听155, 167 Abs. 1, 搂听170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 搂听171 Abs. 4 S. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin), ein Versicherungsunternehmen, vertrieb in den Jahren 2000 bis 2004 unter verschiedenen Bezeichnungen Reiseversicherungspakete.
Rz. 2
Ein Versicherungspaket setzte sich aus einer bestimmten, durch den Versicherungsnehmer nicht individuell modifizierbaren Anzahl einzelner Versicherungen (z.B. Reiser眉cktrittskostenversicherung, Reiseabbruchversicherung, Umbuchungsgeb眉hrenschutz, Auslandsreisekrankenversicherung, Reisenotrufversicherung, Reiseservicehelpline und Reisegep盲ckversicherung) zusammen. Im Rahmen der Leistungsbeschreibung wurden die jeweiligen Versicherungen, die Bestandteil des Reiseversicherungspakets waren, einzeln erl盲utert. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen unterteilten sich in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil, der die spezifischen Bedingungen zu den einzelnen Versicherungen enthielt. F眉r ein Reiseversicherungspaket war jeweils eine Gesamtpr盲mie zu zahlen. Intern erfasste die Kl盲gerin die Pr盲mie buchhalterisch nach Versicherungsarten voneinander getrennt. Die Versicherungsnehmer erhielten pro Reiseversicherungspaket jeweils einen Versicherungsschein.
Rz. 3
Im Rahmen ihrer monatlichen Anmeldungen der Versicherungsteuer f眉r die Zeitr盲ume Januar 2000 bis Dezember 2004 ermittelte die Kl盲gerin die Versicherungsteuer f眉r Reiseversicherungspakete, in denen eine Auslandsreisekrankenversicherung enthalten war, ohne die auf die Auslandsreisekrankenversicherung kalkulatorisch entfallenden Entgeltanteile zu ber眉cksichtigen.
Rz. 4
Mit Verwaltungsakt vom 9. Dezember 2004 ordnete das damals zust盲ndige Finanzamt (FA) gegen眉ber der Kl盲gerin hinsichtlich der Versicherungsteuer f眉r Januar 2000 bis Dezember 2003 eine Au脽enpr眉fung an. Im Verlauf der Au脽enpr眉fung erweiterte das FA mit Verwaltungsakt vom 24. Oktober 2005 die Au脽enpr眉fung um die Besteuerungszeitr盲ume Januar 2004 bis Dezember 2004.
Rz. 5
Im Bericht 眉ber die Versicherungsteuerau脽enpr眉fung vom 20. Juni 2006 vertrat das FA die Auffassung, bei einem Reiseversicherungspaket handele es sich um ein einheitliches Versicherungsverh盲ltnis. Daher sei auch das in der Versicherungspr盲mie enthaltene Entgelt f眉r die Auslandsreisekrankenversicherung nicht als steuerfrei nach 搂 4 Nr. 5 des Versicherungsteuergesetzes in der hier ma脽gebenden Fassung (VersStG) zu beurteilen. Am 6. November 2006 erlie脽 das FA gegen眉ber der Kl盲gerin f眉r September 2006 einen Versicherungsteuerbescheid, in dem es in einem Gesamtbetrag neben der von der Kl盲gerin angemeldeten Versicherungsteuer f眉r September 2006 auch die Nachforderung von Versicherungsteuer f眉r den Pr眉fungszeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 festsetzte. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegr眉ndet zur眉ck.
Rz. 6
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, das in der Versicherungspr盲mie f眉r die Reiseversicherungspakete enthaltene Entgelt f眉r die Auslandsreisekrankenversicherung sei nach 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG steuerfrei. Die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift erfordere allein, dass die Zahlung des Versicherungsentgelts f眉r ein Versicherungsverh盲ltnis erfolge, das als Krankenversicherung gekennzeichnet sei. Diese Voraussetzung werde im Streitfall durch die als Bestandteil in den Reiseversicherungspaketen enthaltenen Auslandsreisekrankenversicherungen erf眉llt. Die Reiseversicherungspakete seien nicht als ein eigenst盲ndiger und neuartiger Versicherungstypus "Reiseversicherung" anzusehen. Es handele sich daher nicht um ein einziges Versicherungsverh盲ltnis. Ebenso wenig stehe die Einheitlichkeit der f眉r die Reiseversicherungspakete gezahlten Versicherungspr盲mien einer Steuerbefreiung entgegen. Der offene Ausweis des Versicherungsentgelts oder des Steuerbetrags werde durch das VersStG an keiner Stelle verlangt und sei demgem盲脽 auch keine tatbestandliche Voraussetzung f眉r die Steuerbefreiung der Zahlung eines Versicherungsentgelts. Nur eine --im Streitfall nicht vorliegende-- willk眉rliche, nachtr盲gliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken sei als rechtsmissbr盲uchlich und damit als unzul盲ssig anzusehen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1747 ver枚ffentlicht.
Rz. 7
Aufgrund der 脛nderung des 搂 7a VersStG durch Art. 10 Nr. 3 des Begleitgesetzes zur zweiten F枚deralismusreform vom 10. August 2009 (BGBl I 2009, 2702) ist der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Bundeszentralamt f眉r Steuern --BZSt--) f眉r die Versicherungsteuer zust盲ndig geworden und damit zum 1. Juli 2010 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten.
Rz. 8
Mit der Revision r眉gt das BZSt die Verletzung des 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG. Die versicherungsteuerrechtliche Auslegung des Begriffs "Versicherungsverh盲ltnis" habe nach zivilrechtlichen Grunds盲tzen zu erfolgen. Da ein Reiseversicherungspaket nur einen Versicherungsvertrag begr眉nde, k枚nne das dort vereinbarte und vom Versicherungsnehmer gezahlte Versicherungsentgelt auch nur einheitlich behandelt werden. Ob das Reiseversicherungspaket nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Kriterien eine "kombinierte Versicherung" sei, sei versicherungsteuerrechtlich irrelevant. Ebenso wenig sei entscheidend, ob sich nach der Verkehrsauffassung ein neuer einheitlicher Versicherungstypus herausgebildet habe.
Rz. 9
Das BZSt beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 10
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 11
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 18. November 2010 den Beitritt zum Verfahren nach 搂 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erkl盲rt.
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Rz. 12
II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Versicherungspr盲mien nach 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen sind, soweit sie anteilig auf die Auslandsreisekrankenversicherungen entfallen.
Rz. 13
1. Nach 搂 1 Abs. 1 VersStG unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverh盲ltnisses der Steuer. Versicherungsentgelt ist gem盲脽 搂 3 Abs. 1 VersStG jede Leistung, die f眉r die Begr眉ndung und zur Durchf眉hrung des Versicherungsverh盲ltnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Gem盲脽 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen die Zahlung des Versicherungsentgelts f眉r eine Versicherung, durch die Anspr眉che auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen im Falle der Krankheit begr眉ndet werden.
Rz. 14
a) Die Zahlung des Versicherungsentgelts f眉r eine Krankenversicherung ist nur von der Versicherungsteuer befreit, wenn das darauf entfallende Versicherungsentgelt im Vertrag gesondert ausgewiesen ist. Dies gilt --entgegen der Auffassung des BMF-- auch, wenn durch ein (Reise-)Versicherungspaket mehrere Risiken abgedeckt werden (Mehrgefahrenversicherung) und eine Krankenversicherung Bestandteil dieses Versicherungspaketes ist.
Rz. 15
aa) Sowohl der Steuergegenstand (搂 1 Abs. 1 VersStG) als auch die Ausnahmen von der Besteuerung (搂 4 VersStG) kn眉pfen an die Zahlung des Versicherungsentgelts an. Bei einem durch Vertrag entstandenen Versicherungsverh盲ltnis wird das zu zahlende Versicherungsentgelt regelm盲脽ig von den Vertragsbeteiligten im Vertrag vereinbart, wobei sich die Versicherungsteuer auf die H枚he des Versicherungsentgelts auswirkt. Wird ein Versicherungsvertrag abgeschlossen, der mehrere Risiken einschlie脽lich des Krankheitsrisikos absichert, greift eine Steuerbefreiung nach 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG nur ein, wenn sich aus dem Vertrag ergibt, dass die Voraussetzungen f眉r die Steuerbefreiung erf眉llt sind. Es muss also vertraglich geregelt sein, welcher Teil des Versicherungsentgelts f眉r die beg眉nstigte Krankenversicherung gezahlt wird.
Rz. 16
Die vertragliche Festlegung des auf die Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts als Voraussetzung der Steuerbefreiung bei einer Mehrgefahrenversicherung l盲sst sich zwar nicht unmittelbar dem Wortlaut des 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG entnehmen. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen aber daf眉r, die Steuerbefreiung nur zu gew盲hren, wenn aus dem Vertrag selbst zu erkennen ist, in welcher H枚he das Versicherungsentgelt f眉r eine Krankenversicherung gezahlt wird. Denn beg眉nstigt sind nur bestimmte im Einzelnen angef眉hrte Versicherungen. Vereinbaren Versicherer und Versicherungsnehmer in einem einzigen Vertrag ein Versicherungspaket zur Abdeckung mehrerer Gefahren, muss deshalb zur Erlangung der Steuerbefreiung das Versicherungsentgelt, das zum Teil auf eine beg眉nstigte Krankenversicherung und zum Teil auf nicht beg眉nstigte Versicherungen entf盲llt, im Vertrag entsprechend aufgeteilt werden.
Rz. 17
Die Frage, ob eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen ist, beant-wortet sich dabei ausschlie脽lich nach versicherungsteuerrechtlichen Kriterien. Versicherungsaufsichtsrechtliche Erw盲gungen sind ebenso wenig entscheidungserheblich wie die zivilrechtliche Qualifikation des Versicherungsvertrags.
Rz. 18
bb) Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf eine steuerfreie Krankenversicherung entfallenden Versicherungsentgelts ergibt sich schon aus der Rechtsnatur und der Systematik der Versicherungsteuer. Diese ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gl盲ubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFHE 228, 285, BStBl II 2010, 1097). Bei einer Mehrgefahrenversicherung unter Einschluss einer steuerbefreiten Versicherung muss daher schon aus Gr眉nden der Rechtsklarheit bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Versicherungsentgelts eindeutig festgelegt sein, ob und inwieweit dieses i.S. des 搂 4 Abs. 5 Satz 1 VersStG "f眉r" eine Krankenversicherung gezahlt wird.
Rz. 19
cc) Zudem muss f眉r den Versicherungsnehmer als Steuerschuldner (搂 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG) erkennbar sein, f眉r welches Versicherungsentgelt Versicherungsteuer zu zahlen ist. Das gilt unabh盲ngig davon, dass im Verh盲ltnis zwischen Versicherungsnehmer und dem Versicherer die Steuer nach 搂 7 Abs. 4 VersStG als Teil des Versicherungsentgelts gilt, der Versicherer nach 搂 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG f眉r die Steuer haftet und sie nach 搂 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG f眉r Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten hat. Das VersStG schlie脽t eine Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers f眉r die Versicherungsteuer nicht aus. Der Versicherungsnehmer muss deshalb auch aus Gr眉nden der Rechtssicherheit feststellen k枚nnen, ob und in welcher H枚he eine Steuerschuld besteht. Hierf眉r ist erforderlich, dass er den steuerfreien und den steuerpflichtigen Teil des Versicherungsentgelts dem Vertrag entnehmen kann.
Rz. 20
dd) Dementsprechend hat der BFH bereits mit Urteil vom 16. Dezember 1953 II 175/52 U (BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54) entschieden, dass ein im Versicherungsvertrag ungeteiltes Versicherungsentgelt, das sich auf mehrere Versicherungsarten bezieht, nicht nachtr盲glich f眉r die Zwecke der Besteuerung geteilt werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54). Diese Rechtsprechung ist entgegen der Ansicht des FG nicht in dem Sinne zu verstehen, dass lediglich eine willk眉rliche nachtr盲gliche Aufteilung des Versicherungsentgelts allein zu steuerrechtlichen Zwecken als rechtsmissbr盲uchlich und damit als unzul盲ssig anzusehen ist. Vielmehr wird in der Entscheidung deutlich herausgestellt, dass eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der steuerfreie Teil des Versicherungsentgelts von vornherein im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist. Eine interne Aufteilung und buchhalterische Erfassung des (steuerfreien) Versicherungsentgelts durch den Versicherer gen眉gt diesen Anforderungen nicht.
Rz. 21
b) Nach diesen Grunds盲tzen waren die Zahlungen der Entgelte f眉r Reiseversicherungspakete insoweit, als sie rechnerisch auf eine Auslandsreisekrankenversicherung entfielen, nicht nach 搂 4 Nr. 5 Satz 1 VersStG von der Besteuerung ausgenommen. Denn sie waren im jeweiligen Versicherungsvertrag nicht gesondert ausgewiesen.
Rz. 22
2. Da das FG von anderen Grunds盲tzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Sie stellt sich insbesondere auch nicht aus anderen Gr眉nden als richtig dar (搂 126 Abs. 4 FGO).
Rz. 23
a) Die Grunds盲tze von Treu und Glauben stehen der Festsetzung der Versicherungsteuer nicht entgegen. Dass das FA in der Vergangenheit insoweit keine Versicherungsteuer festgesetzt hat, als f眉r Reiseversicherungspakete gezahlte Versicherungsentgelte rechnerisch auf die Auslandsreisekrankenversicherung entfallen sind, begr眉ndet kein schutzw眉rdiges Vertrauen zu Gunsten der Kl盲gerin.
Rz. 24
aa) Die Verdr盲ngung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden F盲llen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgef眉hl in einem so hohen Ma脽 schutzw眉rdig ist, dass demgegen眉ber die Grunds盲tze der Gesetzm盲脽igkeit der Verwaltung zur眉cktreten m眉ssen. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat. Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt nach der Rechtsprechung des BFH regelm盲脽ig voraus, dass sich der Steuerpflichtige und die Verwaltungsbeh枚rde als Partner eines konkreten Rechtsverh盲ltnisses (搂搂 33 ff. der Abgabenordnung --AO--) gegen眉berstehen (BFH-Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, m.w.N.).
Rz. 25
Eine solche Vertrauenssituation kann der Steuerpflichtige selbst durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft des FA herbeif眉hren; daran fehlt es im Streitfall.
Rz. 26
bb) Dar眉ber hinaus wird Vertrauensschutz nach 搂 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO f眉r den Fall ber眉cksichtigt, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes, die bei der bisherigen Festsetzung durch die Finanzbeh枚rde angewandt worden ist, ge盲ndert hat, woran es im Streitfall aber hinsichtlich der versicherungsteuerrechtlichen Beurteilung von Reiseversicherungspaketen fehlt. Vielmehr konnte bereits dem BFH-Urteil in BFHE 58, 375, BStBl III 1954, 54 entnommen werden, dass ohne gesonderten Ausweis des Versicherungsentgelts im Versicherungsvertrag der auf die Krankenversicherung entfallende Teil des Versicherungsentgelts nicht steuerfrei ist.
Rz. 27
cc) Auch wenn, wof眉r tats盲chliche Feststellungen des FG fehlen, im Rahmen von Au脽enpr眉fungen die von der Kl盲gerin angenommene Steuerfreiheit nicht beanstandet worden sein sollte, w眉rde dies keinen nach Treu und Glauben zu beachtenden Vertrauenstatbestand begr眉nden. Denn nach den Grunds盲tzen der Abschnittsbesteuerung ergibt sich allein aus der fr眉heren, auch aufgrund von Au脽enpr眉fungen vorgenommenen Beurteilung keine Bindung des FA f眉r die Zukunft (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
Rz. 28
Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hatte das FA in jedem Besteuerungszeitraum die einschl盲gigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu pr眉fen und rechtlich zu w眉rdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung musste es zum fr眉hestm枚glichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (st盲ndige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 13. April 1967 V 235/64, BFHE 88, 443, BStBl III 1967, 442; in BFH/NV 2011, 865, jeweils m.w.N.). Dies ist sogar dann angenommen worden, wenn die --fehlerhafte-- Auffassung im Pr眉fungsbericht niedergelegt worden war (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 V 92/61 S, BFHE 80, 446, BStBl III 1964, 634) oder wenn die Finanzbeh枚rde 眉ber eine l盲ngere Zeitspanne eine rechtsirrige, f眉r den Steuerpflichtigen g眉nstige Auffassung vertreten hatte (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749). Aus der gesetzlichen Regelung der verbindlichen Zusage nach einer Au脽enpr眉fung (搂搂 204 ff. AO) ergibt sich, dass Au脽enpr眉fungen f眉r sich allein keine Grundlage f眉r einen Vertrauensschutz bilden k枚nnen (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).
Rz. 29
b) Das FA durfte die nachgeforderte Versicherungsteuer mit Steuerbescheid f眉r den Anmeldungszeitraum September 2006 festsetzen.
Rz. 30
aa) Nach 搂 10 Abs. 4 VersStG sind Steuerbetr盲ge, die aufgrund einer Au脽enpr眉fung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer f眉r den laufenden Anmeldungszeitraum festzusetzen.
Rz. 31
Der Gesetzgeber hat 搂 10 Abs. 4 VersStG durch Art. 20 Nr. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 (BGBl I 1984, 1493) in das VersStG eingef眉gt. Die Bundesregierung hat zur Begr眉ndung des Gesetzentwurfs ausgef眉hrt, die Regelung 眉ber die Festsetzung der Steuerbetr盲ge, die aufgrund einer Au脽enpr眉fung nachzuentrichten seien (Absatz 4), sei wegen des neuen Steueranmeldungsverfahrens erforderlich, damit die Nachforderung der Steuerbetr盲ge m枚glichst wenig Verwaltungsaufwand verursache (vgl. BTDrucks 10/1636, S. 77). Der Vereinfachungszweck des 搂 10 Abs. 4 VersStG besteht somit darin, dass die Finanzbeh枚rde nach einer Au脽enpr眉fung nicht f眉r jede einzelne zu korrigierende Versicherungsteueranmeldung einen 脛nderungsbescheid zu erlassen, sondern alle 脛nderungen in einem Bescheid zusammenzufassen hat.
Rz. 32
Entgegen der Auffassung des FG Niedersachsen (Urteil vom 18. Juli 2011听 3 K 360/09, nicht ver枚ffentlicht --n.v.--) ergibt sich aus dem Wortlaut des 搂 10 Abs. 4 VersStG nicht, dass die Verwaltung darauf beschr盲nkt ist, aufgrund einer Au脽enpr眉fung nachzufordernde Betr盲ge nur mit der Steuer des Anmeldungszeitraums festzusetzen, in dem die Au脽enpr眉fung endete. 搂 10 Abs. 4 VersStG legt keinen bestimmten Anmeldungszeitraum fest; es muss sich lediglich um einen laufenden Anmeldungszeitraum handeln. "Laufender Anmeldungszeitraum" i.S. des 搂 10 Abs. 4 VersStG ist deshalb jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Au脽enpr眉fung.
Rz. 33
Auch der Gesetzesbegr眉ndung l盲sst sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber den Anmeldungszeitraum, f眉r den die nachzufordernde Steuer festzusetzen ist, festlegen wollte. Ebenso wenig sind Gr眉nde ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber die Festsetzung der nachzufordernden Steuer auf den Monat, in dem die Au脽enpr眉fung beendet wurde, h盲tte beschr盲nken sollen. Die Frage, ob eine Festsetzung der nachzufordernden Steuer noch zul盲ssig ist, beantwortet sich nach den allgemeinen Regelungen 眉ber die Festsetzungsverj盲hrung (搂搂 169 ff. AO).
Rz. 34
bb) Eine Festsetzung der aufgrund der Au脽enpr眉fung nachgeforderten Versicherungsteuer zusammen mit der Versicherungsteuer f眉r September 2006 war danach grunds盲tzlich m枚glich. Die Au脽enpr眉fung war im Juni 2006 beendet.
Rz. 35
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels tats盲chlicher Feststellungen nicht entscheiden, in welcher H枚he das FA Versicherungsteuer zu Recht nachgefordert hat. Das FG wird hierzu festzustellen haben, inwieweit die nachgeforderte Versicherungsteuer auf den Zeitraum Dezember 2001 bisDezember 2004 entf盲llt. F眉r die Versicherungsteuer f眉r Januar 2000 bis November 2001 durfte das FA am 6. November 2006 keinen Nachforderungsbescheid mehr erlassen, weil insoweit die Steuerschuld der Versicherungsnehmer bereits festsetzungsverj盲hrt war.
Rz. 36
a) Ist eine Steuer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzumelden (搂 150 Abs. 1 Satz 3 AO), so ist gem盲脽 搂 167 Abs. 1 Satz 1 AO eine Festsetzung der Steuer nach 搂 155 AO nur erforderlich, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer f眉hrt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt.
Rz. 37
搂 167 Abs. 1 Satz 1 AO begr眉ndet in der Auslegung durch die Rechtsprechung ein Wahlrecht f眉r die Finanzbeh枚rde, den Haftungsschuldner entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid in Anspruch zu nehmen, wenn dieser seine Anmeldepflicht nicht erf眉llt hat (BFH-Beschluss vom 18. M盲rz 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.). Der Erlass eines Nachforderungsbescheids 盲ndert allerdings nichts daran, dass durch diesen materiell-rechtlich ein Haftungsanspruch geltend gemacht wird. Die Steuerfestsetzung nach 搂 167 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 搂 155 AO erfasst damit denjenigen, der die Steuer als Entrichtungssteuerschuldner nicht angemeldet hat, gerade in seiner Funktion als Haftungsschuldner (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1237, m.w.N.).
Rz. 38
Das hat zur Folge, dass die tatbestandlichen Erfordernisse der materiell-rechtlichen Haftungsnorm zu beachten sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 2000 I R 61/99, BFHE 193, 286, BStBl II 2001, 67, zu 搂 44 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes). Wegen der Akzessoriet盲t des Haftungsanspruchs ist hierf眉r im Regelfall weiter erforderlich, dass auch die Steuerschuld, f眉r die gehaftet werden soll, entstanden ist und noch besteht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BFHE 181, 392, BStBl II 1997, 171; vgl. auch Kempf/Schmidt, Deutsches Steuerrecht 2003, 190, 192). Ist der Steueranspruch durch Verj盲hrung erloschen (搂 47 AO), kann ein Haftungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267). Dementsprechend kann gegen眉ber dem Versicherer ein Nachforderungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn der Steueranspruch gegen眉ber dem Versicherungsnehmer festsetzungsverj盲hrt ist.
Rz. 39
b) Im Streitfall waren am 6. November 2006 die Voraussetzungen f眉r den Erlass eines Nachforderungsbescheids f眉r Besteuerungszeitr盲ume vor Dezember 2001 nicht erf眉llt, weil hinsichtlich der Versicherungsteuerschuld der Versicherungsnehmer f眉rJanuar 2000 bis einschlie脽lich November 2001 bereits Festsetzungsverj盲hrung eingetreten war.
Rz. 40
aa) Gem盲脽 搂 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Der Versicherer haftet f眉r die Steuer (搂 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG) und hat die Steuer f眉r Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten (搂 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG). Nach 搂 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VersStG hat der Versicherer innerhalb von f眉nfzehn Tagen nach Ablauf eines jeden Anmeldungszeitraums eine eigenh盲ndig unterschriebene Steuererkl盲rung abzugeben, in der er die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung), und die im Anmeldungszeitraum entstandene Steuer zu entrichten. Ist eine Steueranmeldung einzureichen, beginnt gem盲脽 搂 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist grunds盲tzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steueranmeldung eingereicht wird. Die Abgabe der Versicherungsteueranmeldung ist auch f眉r den Beginn der Festsetzungsfrist der Steuerschuld des Versicherungsnehmers das nach 搂 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ma脽gebliche Ereignis (vgl. BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 I R 10/02, BFHE 202, 1, BStBl II 2003, 687; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2009 I B 157/08, n.v., jeweils zur Kapitalertragsteuer).
Rz. 41
bb) Vorliegend hat die Kl盲gerin die Steueranmeldungen f眉r den Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2004 --mit Ausnahme f眉r die Monate Dezember-- beim FA im Kalenderjahr des jeweiligen Anmeldungszeitraums eingereicht. Die Steueranmeldungen f眉r die Dezembermonate hat die Kl盲gerin jeweils im Laufe des Monats Januar des auf den jeweiligen Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abgegeben. Die vierj盲hrige Festsetzungsfrist (搂 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) begann nach 搂 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO f眉r die Versicherungsteuer f眉r Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2000 und f眉r Dezember 2000 bisNovember 2001 mit Ablauf des Jahres 2001 zu laufen. Sie endete somit f眉r die Versicherungsteuer f眉r Januar bis November 2000 mit Ablauf des Jahres 2004 und f眉r Dezember 2000 bis November 2001 mit Ablauf des Jahres 2005. Die Versicherungsteuer f眉r Januar 2000 bis November 2001 war somit gegen眉ber den Versicherungsnehmern zum Zeitpunkt des Erlasses des Nachforderungsbescheids am 6. November 2006 festsetzungsverj盲hrt. Unerheblich ist, dass vor Ablauf der Festsetzungsfrist am 10. Mai 2005 bei der Kl盲gerin mit einer Au脽enpr眉fung begonnen worden ist. Denn der Ablauf der Festsetzungsfrist gegen眉ber dem Versicherungsnehmer wird durch eine Au脽enpr眉fung beim Versicherer nicht nach 搂 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1995 VI R 76/91, BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239, zur Lohnsteuer; vgl. allgemein hierzu Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 171 AO Rz 57, jeweils m.w.N.).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 2897978 |
BFH/NV 2012, 537 |
BFH/PR 2012, 141 |
BStBl II 2013, 596 |
BFHE 2012, 212 |
BFHE 236, 212 |
BB 2012, 414 |
DB 2012, 330 |
DStR 2012, 406 |
DStRE 2012, 319 |
HFR 2012, 435 |