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Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf AdV einer Pr眉fungsanordnung beinhaltet nicht gleichzeitig einen Antrag auf Verschiebung des Pr眉fungsbeginns, wenn dieser rechtswidrig festgesetzt wurde
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Leitsatz (amtlich)
Ist der Verwaltungsakt, mit dem der Beginn einer Au脽enpr眉fung festgesetzt wurde, rechtswidrig und hat der Steuerpflichtige ihn oder die Pr眉fungsanordnung angefochten, so beinhaltet ein Antrag auf AdV der Pr眉fungsanordnung nicht auch einen Antrag auf Verschiebung des Beginns der Pr眉fung i.S. des 搂 197 Abs. 2 AO 1977.
Der Lauf der Festsetzungsfrist wird in einem solchen Fall nicht gem盲脽 搂 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 gehemmt (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 18. Oktober 1988 VII R 123/85, BFHE 154, 446, BStBl II 1989, 76, und vom 25. Januar 1989 X R 158/87, BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483).
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Normenkette
AO 1977 搂听171 Abs. 4, 搂听197 Abs.听1-2; BpO (St) 搂 5 Abs. 4
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) betreibt als Land- und Forstwirt zwei Forstbetriebe, von denen einer als Gro脽betrieb eingestuft ist. Er gab im Jahr 1992 Einkommensteuererkl盲rungen f眉r 1989 und 1990 sowie die Verm枚gensteuererkl盲rung f眉r 1990 ab. Eine Umsatzsteuererkl盲rung f眉r 1989 wurde nicht abgegeben.
Unter dem 26. November 1996 erlie脽 der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) eine Betriebspr眉fungsanordnung gem盲脽 搂 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Danach sollten die Einkommensteuer und Umsatzsteuer f眉r die Veranlagungszeitr盲ume 1989 bis 1994 und die Verm枚gensteuer bez眉glich der Veranlagungszeitr盲ume 1986 bis 1995 gepr眉ft werden. Ausdr眉cklich wurden auch die Eink眉nfte aus Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich der Wirtschaftsjahre 1988/89 bis 1994/95 als Pr眉fungsgegenstand genannt. Als voraussichtlicher Pr眉fungsbeginn wurde der 17. Dezember 1996 benannt.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 1996 legte der Kl盲ger Einspruch gegen die Anordnung der Betriebspr眉fung hinsichtlich aller aufgef眉hrten Steuerarten und -jahre ein. Au脽erdem beantragte er die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begr眉ndung f眉hrte er u.a. aus, die Pr眉fungsanordnung sei nicht angemessene Zeit vor Beginn der Pr眉fung bekannt gegeben worden. Zwar sei gem盲脽 搂 5 Abs. 4 der Betriebspr眉fungsordnung (Steuer) 鈥BpO St鈥 bei Gro脽betrieben in der Regel eine vierw枚chige Vorbereitungsfrist angemessen, doch sei im Hinblick auf die Weihnachtsfeiertage zumindest eine zweimonatige Vorbereitungszeit erforderlich. Zudem habe die letzte Betriebspr眉fung zu au脽ergew枚hnlichen Anforderungen an das Unternehmen des Kl盲gers gef眉hrt.
Das FA sah den eingelegten Einspruch in Verbindung mit dem Antrag auf AdV als Antrag auf Verschiebung des Beginns der Au脽enpr眉fung an. Es erkl盲rte sich mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 zum einen bereit, den Pr眉fungsbeginn auf den 30. Dezember 1996 zu verschieben. Zum anderen ordnete es den Beginn der Betriebspr眉fung auf den 4. Februar 1997 an und gew盲hrte bis zu diesem Termin AdV.
Demgem盲脽 ist der Betriebspr眉fer im Jahr 1996 nicht mehr beim Kl盲ger erschienen. Zu Beginn des Jahres 1997 machte der Kl盲ger au脽erdem geltend, die Pr眉fungsanordnung sei am 1. Januar 1997 hinsichtlich der Veranlagungszeitr盲ume vor dem 1. Januar 1991 und der Bilanzstichtage vor dem 1. Juli 1991 wegen Eintritts der Festsetzungsverj盲hrung rechtswidrig geworden. Eine Pr眉fungsanordnung hinsichtlich verj盲hrter Zeitr盲ume sei ermessensfehlerhaft, sie versto脽e gegen das 脺berma脽verbot und den Verh盲ltnism盲脽igkeitsgrundsatz.
Das FA gab dem Einspruch gegen die Betriebspr眉fungsanordnung hinsichtlich der Verm枚gensteuer 1986 bis 1989 statt und wies ihn hinsichtlich der Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1989 und 1990 sowie der Verm枚gensteuer 1990 als unbegr眉ndet zur眉ck. Es f眉hrte u.a. aus, es habe mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 die urspr眉ngliche Pr眉fungsanordnung ge盲ndert und den Pr眉fungsbeginn auf den 30. Dezember 1996 festgelegt. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nach 搂 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 gehemmt, weil der Antrag des Kl盲gers auf AdV als Antrag auf Pr眉fungsaufschub (搂 197 Abs. 2 AO 1977) zu qualifizieren sei und der Beginn der Pr眉fung entsprechend auf den 4. Februar 1997 verschoben worden sei. Der Kl盲ger habe n盲mlich erreichen wollen, dass die Pr眉fung nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt stattfinde.
Mit der Klage verfolgte der Kl盲ger sein Begehren weiter. Er beantragte, die Pr眉fungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung insoweit aufzuheben, als die Einkommensteuer 1989 und 1990, die Umsatzsteuer 1989 sowie die Verm枚gensteuer zum 1. Januar 1990 betroffen sind, hilfsweise insoweit deren Rechtswidrigkeit festzustellen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 鈥旹FG鈥 2001, 946).
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung der 搂搂 196, 197 AO 1977.
Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist unbegr眉ndet.
Das FG hat die Pr眉fungsanordnung hinsichtlich der noch streitigen Steuerarten und Zeitr盲ume zu Recht aufgehoben. Das Rechtsschutzinteresse des Kl盲gers ist nicht durch Zeitablauf entfallen; denn die durch eine Pr眉fungsanordnung begr眉ndete Duldungspflicht endet erst mit dem Abschluss der Pr眉fung (Urteil des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 4. Februar 1988 V R 57/83, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413). Erledigt hat sich lediglich der Verwaltungsakt, mit dem das FA den Pr眉fungsbeginn festgelegt hat (BFH-Urteil vom 25. Januar 1989 X R 158/87, BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483, unter III.1.). Seine Aufhebung hat der Kl盲ger jedoch nicht beantragt.
1. Die Pr眉fungsanordnung ist insoweit mit Ablauf des Jahres 1996 rechtswidrig geworden, als sie sich auf Zeitr盲ume erstreckt, f眉r die die normale Festsetzungsfrist des 搂 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 mit diesem Zeitpunkt ablief.
Allerdings ist es nicht grunds盲tzlich ausgeschlossen, eine Pr眉fung f眉r solche Steuern anzuordnen, f眉r die Festsetzungsverj盲hrung eingetreten ist, weil sich die Frage der Verj盲hrung vielfach erst nach der Kl盲rung des Sachverhalts durch die Au脽enpr眉fung zuverl盲ssig beantworten l盲sst (BFH-Urteil vom 23. Juli 1985 VIII R 48/85, BFHE 145, 3, BStBl II 1986, 433). Anders verh盲lt es sich jedoch, wenn der Eintritt der Festsetzungsverj盲hrung auf der Hand liegt, weil es keine Anhaltspunkte daf眉r gibt, dass die Festsetzungsfrist ausnahmsweise noch nicht abgelaufen sein k枚nnte (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1986 IV R 258/84, BFH/NV 1987, 685). Zwar hat der VIII. Senat in seinem Beschluss vom 29. Mai 2001 VIII B 1/01 (BFH/NV 2001, 1569) die Offenkundigkeit des Eintritts der Festsetzungsverj盲hrung mit der Begr眉ndung verneint, dass m枚glicherweise der als Antrag auf Verlegung des Pr眉fungsbeginns zu wertende Antrag auf AdV der Pr眉fungsanordnung den Fristablauf nach 搂 171 Abs. 4 AO 1977 gehemmt habe. Diese Aussage betrifft jedoch nur den damals entschiedenen Einzelfall und kann nicht verallgemeinert werden. Ma脽geblich muss sein, ob die Au脽enpr眉fung etwas zur Kl盲rung des Verj盲hrungseintritts beitragen k枚nnte. Das ist hier zu verneinen.
Dem Ablauf der Festsetzungsfrist stand im Streitfall nicht die Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 4 AO 1977 entgegen. Bis zum Ablauf des Jahres 1996 hatte das FA noch nicht mit einer Au脽enpr眉fung begonnen. Der Pr眉fer ist nicht beim Kl盲ger erschienen. Die vom FA im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Vorbereitungsarbeiten des Pr眉fers hat das FG ohne Versto脽 gegen die Denkgesetze nicht als Pr眉fungsbeginn gewertet. Entgegen der Auffassung des FA war der Beginn der Au脽enpr眉fung auch nicht auf Antrag des Kl盲gers hinausgeschoben worden.
2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass weder der Einspruch des Kl盲gers gegen die Pr眉fungsanordnung noch sein Antrag auf AdV als Antrag auf Hinausschieben des Pr眉fungsbeginns i.S. von 搂 171 Abs. 4 und 搂 197 Abs. 2 AO 1977 zu verstehen sind.
a) Allerdings hat der BFH mehrfach entschieden, ein Antrag auf AdV einer Pr眉fungsanordnung schlie脽e das Begehren ein, den Beginn der Pr眉fung hinauszuschieben und sei daher einem Antrag i.S. von 搂 197 Abs. 2 AO 1977 (搂 171 Abs. 4 AO 1977) gleichzustellen (s. insbesondere BFH-Urteil in BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483, unter III.1.). Voraussetzung hierf眉r ist jedoch, dass 鈥昻icht notwendigerweise die Pr眉fungsanordnung鈥 wohl aber der Verwaltungsakt, mit dem der Pr眉fungsbeginn festgesetzt wurde, rechtm盲脽ig war. Ist ein solcher Verwaltungsakt 鈥昬twa wegen der K眉rze der zwischen dem Pr眉fungsbeginn und seiner Bekanntgabe liegenden Zeit鈥 rechtswidrig, so muss der Steuerpflichtige die M枚glichkeit haben, ihn oder die Pr眉fungsanordnung anzufechten und AdV zu erreichen, ohne dass hierin zugleich ein Antrag auf Terminsverschiebung zu sehen w盲re. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass andernfalls das FA den Eintritt der Festsetzungsverj盲hrung verhindern k枚nnte, indem es wenige Tage vor Jahresende eine Pr眉fungsanordnung erl盲sst und diese mit einer rechtswidrigen Terminsbestimmung verbindet. Mit seiner Auffassung weicht der Senat nicht vom BFH-Urteil vom 18. Oktober 1988 VII R 123/85 (BFHE 154, 446, BStBl II 1989, 76) ab. In jenem Fall hatte der Steuerpflichtige ausdr眉cklich einen Antrag auf Verschiebung des Pr眉fungsbeginns gestellt. Es ging nur darum, ob die Ablaufhemmung des 搂 171 Abs. 4 AO 1977 m枚glicherweise deshalb nicht eintrat, weil die 鈥昦llerdings nicht angefochtene鈥 Festsetzung des Pr眉fungsbeginns rechtswidrig war. Diese Frage hat der VII. Senat 鈥晆nter Hinweis auf die Tatbestandswirkung der Festsetzung des Pr眉fungsbeginns鈥 verneint. Davon ist jedoch die hier ma脽gebliche Frage zu unterscheiden, ob ein Antrag auf AdV einer Pr眉fungsanordnung bei rechtswidriger Festlegung des Pr眉fungstermins als Antrag auf Verschiebung des Pr眉fungsbeginns zu werten ist.
b) Im Streitfall war die Festsetzung des Pr眉fungsbeginns auf den 17. Dezember 1996 durch den Verwaltungsakt vom 26. November 1996 rechtswidrig. Nach 搂 197 Abs. 1 AO 1977 ist dem Steuerpflichtigen der voraussichtliche Beginn der Pr眉fung angemessene Zeit vor deren Beginn bekannt zu geben. Die Angemessenheit h盲ngt von den Umst盲nden des Einzelfalls ab. Nach 搂 5 Abs. 4 BpO St ist bei Gro脽betrieben in der Regel eine vierw枚chige Vorbereitungsfrist angemessen. Diese Frist muss auch f眉r die Pr眉fung der Steuern des Kl盲gers gelten, da zu seinem Unternehmen jedenfalls auch ein Gro脽betrieb i.S. des 搂 5 Abs. 4 BpO St geh枚rt. Die dem Kl盲ger im Verwaltungsakt vom 26. November 1996 einger盲umte Vorbereitungsfrist betrug dagegen nur drei Wochen. Bei 搂 5 Abs. 4 BpO St handelt es sich um eine Ermessensrichtlinie, von der die Finanzbeh枚rden nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung nicht ohne triftige Gr眉nde abweichen d眉rfen (BFH-Urteil vom 23. April 1991 VIII R 61/87, BFHE 164, 422, BStBl II 1991, 752). Solche Gr眉nde hat das FA nach den Feststellungen des FG nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigt es der drohende Ablauf der Festsetzungsfrist im Allgemeinen nicht, eine angemessene Frist abzuk眉rzen (BFH-Urteil in BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483, unter III.2.)
Darauf, ob die mit der Verf眉gung vom 18. Dezember 1996 angeordnete Verschiebung des Pr眉fungsbeginns auf den 30. Dezember 1996 rechtm盲脽ig war, kommt es nicht an, weil es lediglich um die Frage geht, ob der Antrag des Kl盲gers auf AdV vom 12. Dezember 1996 als Antrag auf Verlegung der Pr眉fung i.S. von 搂 197 Abs. 2 AO 1977 zu werten ist.
Es kommt ferner nicht darauf an, ob die angefochtene Pr眉fungsanordnung im Zeitpunkt ihres Ergehens am 26. November 1996 rechtm盲脽ig war. Sie ist jedenfalls mit Ablauf der Festsetzungsfrist zum Jahreswechsel rechtswidrig geworden. Das hatte das FA gem盲脽 搂 367 Abs. 2 AO 1977 in seiner Einspruchsentscheidung zu beachten. Jedenfalls in der Form der Einspruchsentscheidung hat das FG die Pr眉fungsanordnung im angefochtenen Umfang zu Recht aufgehoben.
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Fundstellen
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BFH/NV 2003, 1234 |
BStBl II 2003, 827 |
BFHE 1974, 206 |
BFHE 2004, 206 |
BFHE 202, 206 |
BB 2003, 1774 |
DB 2003, 1773 |
DStR 2003, 1393 |
DStRE 2003, 1128 |
DStZ 2003, 638 |
HFR 2003, 943 |