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Leitsatz (amtlich)
1. Entspricht das (Wohnsitz-)Finanzamt dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen wegen Einbringung seines Betriebes in eine OHG, so liegt darin auch dann nicht die Zustimmung zur Umstellung des Wirtschaftsjahrs, wenn das Wohnsitzfinanzamt zugleich das f眉r die neugegr眉ndete OHG zust盲ndige Betriebsfinanzamt ist.
2. Da脽 die f眉r die Umstellung des Wirtschaftsjahres angef眉hrten wirtschaftlichen Gr眉nde die Umstellung als betriebsnotwendig ausweisen, ist nicht erforderlich.
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Normenkette
EStG 搂 2 Abs. 5 Nr. 2
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Tatbestand
Streitig ist, ob die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) f眉r die Wahl ihres Wirtschaftsjahres der Zustimmung des Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) gem盲脽 搂 2 Abs. 5 EStG bed眉rfe und im gegebenen Falle das FA ihr diese seine Zustimmung zu Unrecht versagt habe.
Am 18. Dezember 1962 gr眉ndeten der Fabrikant R. und dessen Ehefrau die R.-GmbH, die am 27. Februar 1963 in das Handelsregister eingetragen wurde und mit Vertrag vom 15. M盲rz 1963 mit Wirkung vom 1. April 1963 in das bisher als Einzelfirma gef眉hrte Unternehmen des R. eintrat, das von diesem Zeitpunkt ab in der Rechtsform der OHG fortgef眉hrt wurde. Das Wirtschaftsjahr der OHG sollte jeweils vom 1. April (1963) bis zum 31. M盲rz des darauffolgenden Jahres laufen. Mit Wirkung vom 1. April 1963 wurde die OHG in eine Kommanditgesellschaft (KG) - die Kl盲gerin - umgewandelt. Als Wirtschaftsjahr war ebenfalls der Zeitraum vom 1. April bis zum 31. M盲rz des darauffolgenden Jahres vorgesehen. R. schied (nach den Feststellungen des FG) aus der OHG aus und brachte seinen Anteil an der OHG als Kommanditist in die KG ein, die die Buchwerte der Schlu脽bilanz der Einzelfirma zum 31. M盲rz 1963 unver盲ndert in ihre Er枚ffnungsbilanz 眉bernahm. Am 31. Mai 1963 眉bernahm R. den Gesch盲ftsanteil seiner Ehefrau an der R.-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er seitdem ist.
Als Grund f眉r diese Vorg盲nge gab R. dem FA gegen眉ber an, da脽 die Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG ihm am besten geeignet zu sein scheine, den Fortbestand des Unternehmens f眉r den Fall seines Ablebens zu gew盲hrleisten, da sich eine geeignete Pers枚nlichkeit f眉r die Gesch盲ftsf眉hrung der GmbH leichter finden lasse als eine Pers枚nlichkeit zur Fortf眉hrung des Unternehmens in der bisherigen Form der Einzelfirma. Dabei sei auch die Begrenzung seiner Haftung nicht au脽er Betracht zu lassen.
Unter dem 17. April 1963 beantragte R. bei dem f眉r ihn zust盲ndigen Veranlagungsbezirk des FA die Herabsetzung seiner Einkommensteuervorauszahlungen f眉r das II. bis IV. Vierteljahr 1963 auf je 0 DM, da der im I. Vierteljahr 1963 angefallene Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres vom 1. Januar bis zum 31. M盲rz 1963 durch die bis dahin geleisteten Vorauszahlungen bereits versteuert sei. Dem Antrag wurde entsprochen.
Gleichlaufend mit der von R. vertretenen Auffassung 盲u脽erte sich die Kl盲gerin auf die Anfrage des f眉r sie zust盲ndigen Veranlagungsbezirks des FA nach den Gr眉nden, die die Umstellung ihres Wirtschaftsjahres erforderlich gemacht h盲tten, dahin, da脽 es sich bei ihr um eine Neugr眉ndung handele und somit eine Zustimmung des FA gem盲脽 搂 2 Abs. 5 EStG nicht erforderlich sei. Aber selbst wenn man mit dem FA eine Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum annehmen wolle, so sei die Durchf眉hrung der zur Gr眉ndung der Kl盲gerin erforderlichen Ma脽nahmen bis zum 31. Dezember 1962 nicht m枚glich gewesen, weil einmal die mit ihrer Gr眉ndung angestrebte Reform der Unternehmensverfassung zwecks reibungsloseren Generationenwechsels zeitraubende interne Verhandlungen erfordert habe und zum anderen die zur Umstellung des Rechnungswesens auf das Lochkartenverfahren mit der Lieferung der erforderlichen Maschinen beauftragte Firma eine funktionsf盲hige Lochkartenanlage vor dem 1. April 1963 nicht habe liefern k枚nnen.
Das FA erkannte die von der Kl盲gerin vorgetragenen Gr眉nde nicht als ausreichend an. Die Umwandlung der einstigen Einzelfirma in eine GmbH & Co. KG k枚nne nicht als Neugr眉ndung der Kl盲gerin angesehen werden, weil R. - als alleiniger Gesellschafter der R.-GmbH und alleiniger Kommanditist der KG - nach wie vor "praktisch Alleininhaber der Firma" sei.
Die gegen die ablehnende Verf眉gung des FA vom 30. Juli 1963 eingelegte Beschwerde wurde von der OFD unter dem 9. April 1969 als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen. Die nunmehr zum FG erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das FG f眉hrte aus:
Entscheidend f眉r die Beantwortung der Frage, ob eine Neugr眉ndung oder eine Umwandlung vorliege, sei nicht die formalrechtliche Umwandlung der Unternehmensform, seien vielmehr die wirtschaftlichen Verh盲ltnisse. Da nach der Rechtsprechung in F盲llen wie dem vorliegenden eine Neugr眉ndung ausscheide (Urteile des BFH vom 26. September 1968 IV 244/65, BFHE 94, 15, BStBl II 1969, 71, und vom 19. August 1969 VI R 27/69, BFHE 97, 112, BStBl II 1970, 37), sei die Zustimmung des FA nach 搂 2 Abs. 5 EStG erforderlich. In der Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen des R. sei sie nicht zu sehen, zumal R. selbst bei der Antragstellung vom Vorliegen einer Neugr眉ndung 眉berzeugt gewesen sei. Die die Zustimmung ablehnenden Entscheidungen der Verwaltungsbeh枚rden unterl盲gen der richterlichen Nachpr眉fung nur hinsichtlich eines etwaigen Ermessensfehlgebrauchs (搂 102 FGO), dessen Vorliegen wiederum nur angesichts des Sinngehalts und der Zweckbestimmung der Vorschrift des 搂 2 Abs. 5 EStG bejaht oder verneint werden k枚nne (BFH-Urteil vom 8. September 1971 I R 165/68, BFHE 103, 418, BStBl II 1972, 87). Wenn die Verwaltungsbeh枚rden das Vorliegen beachtlicher betriebsbezogener wirtschaftlicher Gr眉nde im Streitfalle verneint h盲tten, so lasse das keinen Ermessensfehler erkennen. Die Sicherung eines reibungslosen Generationenwechsels rechtfertige sicherlich den Wechsel der Unternehmensform, nicht aber auch die Umstellung des Wirtschaftsjahres. Die gleichzeitig zum 1. April 1963 erfolgte Umstellung des Rechnungswesens stelle ebenfalls keinen so beachtlichen wirtschaftlichen Grund dar, da脽 das 枚ffentliche Interesse an der Verhinderung einer Steuerpause hinter das betriebsinterne Interesse an der Rationalisierung zur眉cktreten m眉sse.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Kl盲gerin mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung festzustellen, da脽 das FA mit dem Vorauszahlungsbescheid vom 4. Juni 1963 f眉r das Streitjahr sein Einvernehmen mit der Umstellung des Wirtschaftsjahres der Kl盲gerin erteilt habe, hilfsweise, unter Aufhebung der Vorentscheidung das Einvernehmen zur Umstellung des Wirtschaftsjahres der Kl盲gerin auszusprechen. Zur Begr眉ndung l盲脽t sie vortragen:
Im Grundsatz habe die Kl盲gerin die damals (im Jahre 1963) weit verbreitete Meinung vertreten, da脽 die Frage der Neugr眉ndung auch in Auslegung der Vorschrift des 搂 2 Abs. 5 EStG nach handelsrechtlichen Kriterien zu beantworten sei. Gleichwohl sei dem f眉r die Einkommensteuerveranlagung zust盲ndigen Veranlagungsbezirk des FA bei Abfassung der Verf眉gung vom 4. Juni 1963 (Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen f眉r das II. bis IV. Vierteljahr 1963 auf je 0 DM) aus den dem Antrag vom 17. April 1963 beigef眉gten Anlagen bekannt gewesen, welcher Art die Ver盲nderungen der Rechtsform des Unternehmens der fr眉heren Einzelfirma R. waren und da脽 insbesondere das Unternehmen der Einzelfirma von der OHG bzw. der KG fortgef眉hrt wurde. Die Kl盲gerin habe deshalb die Verf眉gung des FA vom 4. Juni 1963 nicht anders als den Ausdruck einer 脺bereinstimmung des FA mit ihrer Auffassung vom Vorliegen einer Neugr眉ndung oder als den Konsensus zur Umstellung ihres Wirtschaftsjahres verstehen k枚nnen. Gegen眉ber den Ausf眉hrungen des FG, nach denen die von der Kl盲gerin angef眉hrten Gr眉nde die Umstellung des Wirtschaftsjahres nicht zu rechtfertigen verm枚chten, werde angesichts der eingehenden Darlegungen und der Beweisantr盲ge im finanzgerichtlichen Verfahren mangelnde Sachaufkl盲rung ger眉gt.
Der Senat deutet den Hauptantrag der Kl盲gerin, der seinem Wortlaut nach auf eine Feststellung gerichtet ist, als Antrag auf Aufhebung der Vorentscheidung, der Beschwerdeentscheidung der OFD vom 9. April 1969 und der Verf眉gung des FA vom 30. Juli 1963. Da die Zustimmung des FA gem盲脽 搂 2 Abs. 5 EStG eine Ermessensentscheidung ist, die der Senat nicht selbst aussprechen kann, deutet der Senat den Hilfsantrag der Kl盲gerin dahin, da脽 das FA verpflichtet werden m枚ge, seine Zustimmung zur Umstellung des Wirtschaftsjahres der Kl盲gerin auf den vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum vom 1. April eines jeden Jahres bis zum 31. M盲rz des darauffolgenden Jahres zu erteilen.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Beschwerdeentscheidung und der Verf眉gung des FA vom 30. Juli 1963.
1. Im Streitfall besteht angesichts der Fortf眉hrung des Unternehmens der Einzelfirma durch die zum 1. April 1963 ins Leben gerufene OHG und angesichts des die Gesellschaft bestimmenden Einflusses des Gesellschafters R. mit einer Beteiligung von 2,9 Mio DM gegen眉ber der Beteiligung der R.-GmbH mit einem Stammkapital von 100 000 DM kein Zweifel daran, da脽 die Erweiterung der Einzelfirma durch den Eintritt der am 27. Februar 1963 existent gewordenen R.-GmbH zu einer OHG keine Neugr眉ndung im Sinne der Verzichtbarkeit der Zustimmung des FA zur Umstellung des Wirtschaftsjahres ist. Das FG hat die einschl盲gige Rechtsprechung, die auf den Streitfall anzuwenden ist, zutreffend wiedergegeben.
2. Dem FA lagen zwar bei Erla脽 seiner Verf眉gung vom 4. Juni 1963 unwidersprochen alle Unterlagen vor, die ihm eine Entscheidung sowohl 眉ber den Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen f眉r den Rest des Jahres 1963 als auch hinsichtlich der Bejahung oder Verneinung einer Neugr眉ndung erm枚glichten. Es trifft auch zu, da脽 diese Unterlagen es im Fall der Verneinung einer Neugr眉ndung veranlassen mu脽ten, zu pr眉fen, ob wirtschaftlich einleuchtende Gr眉nde f眉r die Erteilung der Zustimmung nach 搂 2 Abs. 5 EStG vorlagen. Es waren aber f眉r die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen und f眉r die Erteilung der Zustimmung nach 搂 2 Abs. 5 EStG amtsintern zwei verschiedene Veranlagungsbezirke des gleichen FA zust盲ndig, was der Kl盲gerin wie auch ihrem Gesellschafter, die beide steuerlich beraten waren, bekannt sein mu脽te. So konnte die Verf眉gung des FA vom 4. Juni 1963 vom Gesellschafter der Kl盲gerin auch nicht als Zustimmung nach 搂 2 Abs. 5 Nr. 2 EStG verstanden werden, wenn sie ihn auch auf die Erteilung der Zustimmung hoffen lassen konnte, weil die Herabsetzung der Vorauszahlungen ein Indiz daf眉r sein konnte, da脽 das FA entweder mit ihm vom Vorliegen einer Neugr眉ndung 眉berzeugt oder aber die Zustimmung zu erteilen bereit war. Zudem konnte die an den Gesellschafter der Kl盲gerin gerichtete Verf眉gung die an die Kl盲gerin (als eine Mehrheit von Personen) zu richtende Erkl盲rung nach 搂 2 Abs. 5 EStG nicht ersetzen.
3. Gleichwohl konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Denn der Senat kann dem FG nicht darin zustimmen, da脽 die Beschwerdeentscheidung der OFD rechtsfehlerfrei und deshalb nicht zu beanstanden sei.
a) Wenn das Gesetz die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum nur dann f眉r steuerlich wirksam erkl盲rt, wenn sie "im Einvernehmen" mit dem FA erfolgt, so wollte es damit einem Mi脽brauch der Umstellung begegnen, wie er in der Umstellung des Wirtschaftsjahres allein zwecks Erlangung einer Steuerpause gefunden werden mu脽.
Der erkennende Senat hat in seinen Urteilen vom 8. Oktober 1969 I R 167/66 (BFHE 97, 257, BStBl II 1970, 85) und I R 165/68 deutlich gemacht, da脽 mit der Verwendung des Wortes "Einvernehmen" statt des Wortes "Zustimmung" zwar noch keine entscheidende Aussage dar眉ber gemacht ist, unter welchen Voraussetzungen "das Einvernehmen, die Zustimmung oder die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen ist", da脽 aber nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des 搂 2 Abs. 5 EStG die Umstellung trotz Eintritts der durch sie ausgel枚sten Steuerpause steuerlich wirksam sein soll, wenn f眉r die Umstellung "beachtliche", "einleuchtende" oder "ernsthafte" Gr眉nde wirtschaftlicher Art angef眉hrt werden. Da脽 die Umstellung angesichts der angef眉hrten Gr眉nde betriebsnotwendig sei (andernfalls die Gr眉nde die Umstellung steuerlich nicht zu rechtfertigen verm枚chten), ist nicht erforderlich. Andererseits kann bei der Pr眉fung der vorgetragenen Gr眉nde auf ihre Vertretbarkeit im aufgezeigten Sinne von Bedeutung sein, ob sie die Umstellung als eine f眉r den Betrieb auf Dauer n眉tzliche Ma脽nahme kennzeichnen oder aber als eine Ma脽nahme nur vorl盲ufiger, kurzfristig gedachter Art, deren Zweck sich bereits im Jahr der Umstellung ersch枚pft. Das Gewicht der f眉r die Umstellung geltend gemachten Gr眉nde mu脽 in einem angemessenen Verh盲ltnis zu dem mit der Umstellung verbundenen Steuervorteil stehen.
b) Von diesen Abgrenzungsmerkmalen ausgehend ist es nicht vertretbar, wenn die Beschwerdeentscheidung die Ablehnung der "Zustimmung" darauf st眉tzt, da脽 solche Ma脽nahmen - wie die Umstellung des Wirtschaftsjahres - "zu Lasten der Allgemeinheit" (qua Steuerpause) nur durchgef眉hrt werden d眉rften, "wenn sie dringend erforderlich sind", da脽 die Umorganisation des Unternehmens zumutbar bis zum 31. Dezember 1963 habe zur眉ckgestellt werden k枚nnen und da脽 - so das FG - die Umstellung des Rechnungswesens auf Lochkarten zum 1. April 1963 "ebenfalls nicht als beachtlicher wirtschaftlicher Grund angesehen werden" k枚nne.
c) Das FA wird deshalb der Kl盲gerin Gelegenheit geben, ihre Gr眉nde, die ihr die Umstellung zum 1. April 1963 wirtschaftlich geboten erscheinen lie脽en, darzulegen und zu erl盲utern, weshalb die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres vom 1. April bis zum 31. Dezember 1963 nicht zu verantworten gewesen sein solle.
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Fundstellen
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BStBl II 1974, 238 |
BFHE 1974, 307 |