听
Leitsatz (amtlich)
1. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein mit einem vermieteten Einfamilienhaus bebautes Grundst眉ck in der Absicht der sp盲teren Eigennutzung, so ist ihm bei Leerstehen der Wohnung nach dem Auszug der Mieter ein Nutzungswert der Wohnung gem盲脽 搂 21 Abs.2, 搂 21a EStG 1975 erst ab dem Beginn der Eigennutzung der Wohnung zuzurechnen. Eine Eigennutzung der Wohnung setzt voraus, da脽 das Haus bewohnbar, n盲mlich im wesentlichen bezugsfertig und wenigstens notd眉rftig mit M枚beln und sonstigen Einrichtungsgegenst盲nden ausgestattet ist, so da脽 ein selbst盲ndiger Haushalt gef眉hrt werden kann. Es gen眉gt dann, da脽 das Haus zur jederzeitigen Nutzung zur Verf眉gung steht (Anschlu脽 an das BFH-Urteil vom 10.August 1972 VIII R 82/71, BFHE 106, 543, BStBl II 1972, 883).
2. Auch wenn die Wohnung z.B. wegen Instandsetzungsarbeiten leer steht und daher noch kein Rohmietwert anzusetzen ist, sind Werbungskosten abziehbar, falls eine Absicht zur Eigennutzung gegeben ist (Anschlu脽 an die bisherige Rechtsprechung zu 搂 2 EinfHV, insbesondere das Urteil vom 26.August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9).
听
Normenkette
EStG 1975 搂 9 Abs. 1; EStG 1977 搂 9 Abs. 1; EStG 1975 搂 21 Abs. 2; EStG 1977 搂 21 Abs. 2; EStG 1975 搂 21a; EStG 1977 搂 21a
听
Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Kl盲gerin betrieb mit dem Kl盲ger als Angestellten in Berlin (West) bis Anfang 1978 ein Einzelhandelsgesch盲ft. Am 24.Februar 1978 verlegten die Kl盲ger ihren Wohnsitz nach X, wo sie ein bereits im Jahre 1975 erworbenes Einfamilienhaus bezogen. Dieses Haus war im Erwerbszeitpunkt bis zum Jahre 1979 vermietet gewesen; der Mietvertrag wurde jedoch aufgrund von Unstimmigkeiten mit den Mietern zum 1.M盲rz 1976 aufgel枚st. Am 17.Mai 1976 hatte der Kl盲ger seinen Hauptwohnsitz in X angemeldet. Die Kl盲ger hatten das Haus jedoch wegen des Berliner Handelsgesch盲fts vorl盲ufig nicht bezogen.
In ihren Einkommensteuererkl盲rungen f眉r die Streitjahre 1976 bis 1978 machten die Kl盲ger Werbungskosten眉bersch眉sse bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung geltend. F眉r 1976 und 1977 folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den zun盲chst unter Vorbehalt der Nachpr眉fung erlassenen Bescheiden, die er jedoch sp盲ter deshalb 盲nderte, weil er die Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung ab 1.Juni 1976 gem盲脽 搂 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Ebenso ging das FA bei der Veranlagung f眉r 1978 vor. Der Einspruch f眉r 1976 hatte teilweise Erfolg, die Einspr眉che f眉r 1977 und 1978 blieben erfolglos.
Mit den Klagen machten die Kl盲ger geltend, die Eink眉nfte aus Vermietung und Verpachtung f眉r alle Streitjahre seien durch eine 脺berschu脽rechnung nach 搂 21 Abs.1 EStG in Verbindung mit 搂 2 Abs.2 Nr.2, 搂 8 und 搂 9 EStG zu ermitteln. Die Anwendung des 搂 21a EStG entfalle, weil das Haus erst ab Februar 1978 eigengenutzt worden sei. Der Kl盲ger habe seinen Hauptwohnsitz nur deshalb vorher bei der Gemeinde X angemeldet, weil die Kl盲ger irrig davon ausgegangen seien, dadurch die Voraussetzungen f眉r eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu schaffen. Eine tats盲chliche Nutzung des Hauses sei auch nicht m枚glich gewesen, weil nach dem Auszug der Mieter Reparaturen h盲tten durchgef眉hrt werden m眉ssen und die Aufgabe des Gesch盲fts der Kl盲gerin auf den urspr眉nglichen Bezugstermin im Jahre 1979 geplant gewesen sei. Die f眉r X zust盲ndige Landkreisverwaltung habe den Kl盲gern best盲tigt, da脽 sie w盲hrend des gesamten Zeitraums ihr Einfamilienhaus nicht bewohnt h盲tten. W盲hrend dieser Zeit h盲tten sie sich lediglich dreimal, teilweise mit l盲ngerer Verweildauer, zur Beaufsichtigung der Handwerker in dem Einfamilienhaus aufgehalten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen als unbegr眉ndet ab. Es hielt die Voraussetzungen des 搂 21a EStG f眉r gegeben, da die Wohnung den Kl盲gern zur Nutzung zur Verf眉gung gestanden und nach ihrem Sachvortrag zumindest der Kl盲ger die Wohnung auch in einem nicht unerheblichen Zeitraum tats盲chlich genutzt habe. Es reiche f眉r die Annahme einer Selbstnutzung aus, wenn die Wohnung in "baulicher" Hinsicht bezugsfertig sei und dem Eigent眉mer tats盲chlich zur Nutzung zur Verf眉gung stehe. Denn eine Eigennutzung sei schon dann gegeben, wenn der Eigent眉mer die Nutzungsm枚glichkeit f眉r die Wohnr盲ume habe und diese nicht lediglich deshalb leerst盲nden, weil es dem Eigent眉mer nicht gelinge, geeignete Mieter zu finden. Nicht erforderlich sei es danach, da脽 der Eigent眉mer in der Wohnung seinen Hauptwohnsitz habe und sich dauernd in ihr aufhalte. Die Kl盲ger h盲tten nicht vorgetragen, da脽 die Wohnung nur deshalb leergestanden habe, weil sie wegen der noch durchzuf眉hrenden Reparaturarbeiten nicht bewohnbar gewesen sei oder die Kl盲ger sich vergeblich um Nachmieter bem眉ht h盲tten.
Mit den Revisionen r眉gen die Kl盲ger Verletzung der 搂搂 21 und 21a EStG. Der Ansatz des Nutzungswerts gem盲脽 搂 21a EStG setze die tats盲chliche Eigennutzung der Wohnung voraus. Die Selbstnutzung beginne erst mit dem Einzug des Eigent眉mers.
Die Kl盲ger beantragen, zum Teil sinngem盲脽, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen und der FG-Urteile die Einkommensteuerbescheide f眉r 1976 bis 1978 dahingehend zu 盲ndern, da脽 die Einkommensteuer f眉r 1976 unter Ber眉cksichtigung weiterer Werbungskosten von 4 733 DM auf 2 582 DM, f眉r 1977 unter Ber眉cksichtigung weiterer Werbungskosten von 18 948 DM auf 1 016 DM und f眉r 1978 unter Ber眉cksichtigung von Werbungskosten in H枚he von 796 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revisionen als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Der Senat verbindet die Verfahren zu gemeinsamer Entscheidung (搂搂 121, 73 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Revisionen f眉hren zur Aufhebung der FG-Urteile und Zur眉ckverweisung der Sachen an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
Das FG hat unter Abweichung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.August 1975 VIII R 120/72 (BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9) rechtsirrig die Anwendbarkeit der 搂 21 Abs.2, 搂 21a EStG schon dann bejaht, wenn die Wohnung in "baulicher" Hinsicht bezugsfertig ist und dem Eigent眉mer tats盲chlich zur Nutzung zur Verf眉gung steht, ohne da脽 er sie indessen schon bezogen hat.
Der nach 搂 21 Abs.2 EStG einkommensteuerpflichtige Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus, der bei einem selbstgenutzten Einfamilienhaus gem盲脽 搂 21a EStG ermittelt wird, setzt nach dem Urteil in BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9 voraus, da脽 eine Wohnung im eigenen Haus vom Eigent眉mer tats盲chlich zu Wohnzwecken genutzt wird. Denn nur dann kann von einem "Nutzungs"wert gesprochen werden. Da der Sinn und Zweck des 搂 21 Abs.2 EStG darin besteht, den Eigenwohner dem Vermieter gleichzustellen, ist auch zu ber眉cksichtigen, da脽 dem Vermieter f眉r eine nicht vermietete Wohnung auch keine fiktiven Einnahmen zugerechnet werden. Der Ansatz eines Nutzungswerts f眉r leerstehende Wohnungen w眉rde hiernach dem Sinn und Zweck des 搂 21 Abs.2 EStG widersprechen.
Im Einklang hiermit hat der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen, da脽 der Tatbestand des 搂 21 Abs.2 Alternative 1 EStG durch Nutzung einer Wohnung zu Wohnzwecken tats盲chlich verwirklicht sein mu脽 (vgl. die Urteile vom 23.Oktober 1984 IX R 45/81, BFHE 142, 143, BStBl II 1985, 53, und vom 12.Februar1985 IX R 43/82, BFHE 143, 132, BStBl II 1985, 423). Das setzt voraus, da脽 in der Wohnung ein selbst盲ndiger Haushalt gef眉hrt werden kann. Ein solche Haushaltsf眉hrung ist nur m枚glich, wenn die R盲ume, zu denen grunds盲tzlich K眉che oder Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und Toilette geh枚ren m眉ssen, bewohnbar, d.h. im wesentlichen bezugsfertig und wenigstens notd眉rftig mit M枚beln und sonstigen Einrichtungsgegenst盲nden ausgestattet sind. Wer seine Wohnung vor dem Bezug selbst instandsetzt, nutzt sie noch nicht zu Wohnzwecken, auch wenn er bei dieser Gelegenheit in der Wohnung behelfsm盲脽ig 眉bernachtet. Dasselbe gilt beim Aufenthalt in der wegen Reparaturarbeiten leerstehenden Wohnung zur Beaufsichtigung der Handwerker. Denn grunds盲tzlich beginnt die Selbstnutzung nicht mit der Bezugsfertigkeit des Geb盲udes, sondern mit dem tats盲chlichen Einzug des Wohnungsinhabers (so auch die Auffassung der Verwaltung in Abschn.164b Abs.3 der Einkommensteuer-Richtlinien 1975 und 1978 --EStR-- und Bl眉mich/Falk, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 12.Aufl., 搂 21a, Rz.21). Andererseits gen眉gt die Nutzung einer eingerichteten Wohnung zum Ferien- oder Wochenendaufenthalt f眉r den Ansatz eines Nutzungswerts im Sinne der 搂搂 21 Abs.2 bzw. 21a EStG. Denn der Begriff der Selbstnutzung ist weit zu fassen, so da脽 die Besteuerung des Nutzungswerts einsetzt, wenn eine hinreichend ausgestattete Wohnung vorhanden ist, die dem Eigent眉mer jederzeit zur selbst盲ndigen Nutzung zur Verf眉gung steht (BFH-Urteile vom 10.August 1972 VIII R 82/71, BFHE 106, 543, BStBl II 1972, 883, und vom 26.Juli 1977 VIII R 194/73, BFHE 122, 522, BStBl II 1977, 723).
Die Auffassung des FG, da脽 bereits die "bauliche" Nutzbarkeit des Hauses zur Anwendung von 搂 21 Abs.2 in Verbindung mit 搂 21a EStG gen眉ge, findet dagegen in der BFH-Rechtsprechung keine St眉tze. In dem vom FG herangezogenen Urteil des BFH in BFHE 122, 522, BStBl II 1977, 723 hat es sich um eine hinreichend eingerichtete Wohnung gehandelt. Auch das Urteil vom 30.Januar 1979 VIII R 130/74 (BFHE 127, 367, BStBl II 1979, 431) betrifft einen anders gelagerten Fall.
Steht die Wohnung dagegen unm枚bliert v枚llig leer, ist kein fiktiver Mietwert anzusetzen; Werbungskosten sind gleichwohl abziehbar, falls eine Absicht zur Erzielung von Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung besteht (vgl. noch Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und K枚rperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., 搂 21a EStG, Anm.72, und Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 14.Aufl., 搂 21 Rdnr.42).
Beginnt die Selbstnutzung des Einfamilienhauses zu Wohnzwecken w盲hrend des Kalenderjahrs, so ist nur der Teil des Grundbetrags anzusetzen, der auf die vollen Kalendermonate der Selbstnutzung entf盲llt (搂 21a Abs.1 Satz 3 EStG 1975/1977). Geht man von diesen Grunds盲tzen aus, k枚nnen die Vorentscheidungen keinen Bestand haben. Im 眉brigen reichen die tats盲chlichen Feststellungen des FG f眉r eine abschlie脽ende Entscheidung nicht aus.
Soweit das FG davon ausgegangen ist, da脽 der Kl盲ger in den Streitjahren 1976 und 1977 die leerstehende Wohnung tats盲chlich genutzt habe, ergibt sich hieraus nicht, ob der Kl盲ger das Haus damals bewohnt hat, n盲mlich dort einen Haushalt gef眉hrt hat oder f眉hren konnte. Aus der Bezeichnung des Hauses durch das FG als leerstehend l盲脽t sich nicht entnehmen, ob und gegebenenfalls ab wann das Haus bezogen, insbesondere ganz oder teilweise mit M枚beln eingerichtet war. Die Berufung des FG auf die eigene Darstellung der Kl盲ger ist insofern unklar, als sich die Kl盲ger vor dem Umzug nur zur 脺berwachung der Handwerker in dem Haus aufgehalten haben wollen.
Selbst wenn mit diesen Aufenthalten der Kl盲ger deren Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken begonnen haben sollte, h盲tte 搂 21a EStG erst ab dem Beginn der Selbstnutzung angewandt werden d眉rfen. Das FG hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ab wann diese Nutzung stattgefunden habe.
Hat die Selbstnutzung des Einfamilienhauses durch die Kl盲ger erst mit dem Umzug vom 24.Februar 1978 begonnen, kommt die Pauschalierung des Nutzungswerts nach 搂 21a EStG ab 1.M盲rz 1978 in Betracht. Wenn das FG zu dem Ergebnis kommt, da脽 im vorhergegangenen Zeitraum der Streitjahre eine Nutzung zu Wohnzwecken durch die Kl盲ger noch nicht vorliegt, sind (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Eink眉nften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Das FG hat dann zu pr眉fen, ob die geltend gemachten Aufwendungen auch Werbungskosten sind.
Die nicht spruchreife Sache geht zur Nachholung der noch erforderlichen tats盲chlichen Feststellungen an das FG zur眉ck.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 61632 |
BStBl II 1987, 565 |
BFHE 150, 12 |
BFHE 1987, 12 |
BB 1987, 1375 |
BB 1987, 1375-1376 (ST) |
DB 1987, 1466-1467 (ST) |
DStR 1987, 466-467 (S) |
HFR 1987, 455-456 (ST) |