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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum 脺bergehen von Beweisantr盲gen
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Leitsatz (NV)
Ein ordnungsgem盲脽 gestellter Beweisantrag darf nur unber眉cksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel f眉r die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzul盲ssig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisf眉hrenden als wahr unterstellt werden kann. Wenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht vorliegen, kommt unter Ber眉cksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren in Betracht.
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Normenkette
FGO 搂听115 Abs. 2 Nr. 3, 搂听116 Abs.听2, 6
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Verfahrensgang
Nieders盲chsisches FG (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen 5 K 200/12) |
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Beschwerdef眉hrerin (Kl盲gerin) betreibt in der Rechtsform der GbR eine t眉rkische Pizzeria. Im Klageverfahren stritten die Beteiligten 眉ber die Hinzusch盲tzung von Ums盲tzen.
Rz. 2
Mit Beweisbeschluss vom 16. Oktober 2013 beschloss das Finanzgericht (FG), Beweis zu erheben 眉ber den Einkauf und die Zubereitung von D枚nerspie脽en sowie der buchhalterischen Erfassung der Erl枚se durch Vernehmung des A, des B, des C, des D, des E, des F und des G als Zeugen.
Rz. 3
Mit Beschluss vom 30. Oktober 2013 盲nderte das FG den Beweisbeschluss vom 16. Oktober 2013 dahingehend, dass Beweis erheben werden sollte 眉ber
1. die Zubereitung der D枚nerspie脽e durch Vernehmung des C und des D als Zeugen,
2. die Behauptung der Kl盲gerin, in der Vergangenheit h盲tten wiederholt Kunden von Y auf ihre Bestellung hin Spie脽e erhalten, die den Namen der Kl盲gerin auf den Etiketten trugen durch Vernehmung des G als Zeugen.
Rz. 4
Zur Begr眉ndung der 脛nderung des Beweisbeschlusses f眉hrte das FG u.a. aus, die Zeugen B und F seien nach Auskunft der Kl盲gerin in Haft und k枚nnten so kurzfristig nicht mehr geladen bzw. vorgef眉hrt werden.
Rz. 5
In der m眉ndlichen Verhandlung vom 7. November 2013 vernahm das FG D und C als Zeugen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift der m眉ndlichen Verhandlung wurde G nicht als Zeuge vernommen. Der Prozessbevollm盲chtigte der Kl盲gerin beantragte in der m眉ndlichen Verhandlung die Vernehmung der Zeugen B, F, H, I und J als Zeugen und r眉gte vorsorglich bereits das 脺bergehen der Beweisantr盲ge als Verfahrensfehler.
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Rz. 6
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kl盲gerin ist zul盲ssig und begr眉ndet; sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Rz. 7
1. Es liegt ein von der Kl盲gerin in der erforderlichen Form (搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargelegter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Rz. 8
Das FG hat seine aus 搂 76 Abs. 1 FGO folgende Pflicht zur Sachaufkl盲rung verletzt, indem es entgegen dem Beweisbeschluss vom 30. Oktober 2013 G nicht als Zeugen vernommen hat und indem es den von der Kl盲gerin gestellten Antrag auf Vernehmung des J, des I, des B und des F als Zeugen 眉bergangen hat.
Rz. 9
a) Dabei f眉hrt, entgegen der Auffassung der Kl盲gerin, nicht bereits die Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 16. Oktober 2013 durch den Beschluss vom 30. Oktober 2013 zu einem Verfahrensfehler, weil die Aufhebung eines Beweisbeschlusses ebenso im Ermessen des Gerichts steht wie dessen Erlass (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. August 2001 VII B 4/01, BFH/NV 2002, 76; vgl. auch BFH-Beschluss vom 30. September 2013 XI B 69/13, BFH/NV 2014, 166).
Rz. 10
b) Das FG durfte aber nicht ohne weiteres auf die mit Beschluss vom 30. Oktober 2013 beschlossene Vernehmung des G verzichten. Denn durch einen Beweisbeschluss entsteht eine Verfahrenslage, auf die die Beteiligten ihre Prozessf眉hrung einrichten d眉rfen. Sie k枚nnen grunds盲tzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht eher ergehen wird, bis der Beweisbeschluss vollst盲ndig ausgef眉hrt ist. Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, eine angeordnete Beweisaufnahme in vollem Umfang durchzuf眉hren. Will es von einer Beweisaufnahme absehen, muss es aber zur Vermeidung einer 脺berraschungsentscheidung vor Erlass des Urteils die von ihm durch den Beweisbeschluss geschaffene Prozesslage wieder beseitigen. Dazu hat es f眉r die Beteiligten unmissverst盲ndlich zum Ausdruck zu bringen, dass es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet (BFH-Beschl眉sse in BFH/NV 2014, 166; vom 19. Dezember 2012 XI B 84/12, BFH/NV 2013, 745; vom 2. August 2013 XI B 97/12, BFH/NV 2003, 1791). Das ist nicht geschehen.
Rz. 11
c) Das FG durfte auch den Beweisantrag der Kl盲gerin nicht 眉bergehen.
Rz. 12
Ein ordnungsgem盲脽 gestellter Beweisantrag darf nur unber眉cksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel f眉r die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzul盲ssig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisf眉hrenden als wahr unterstellt werden kann (st盲ndige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschl眉sse vom 2. Oktober 2013 III B 56/13, BFH/NV 2014, 62; vom 5. November 2013 VI B 86/13, BFH/NV 2014, 360; vom 29. Juni 2011 X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715). Keiner dieser Ausnahmegr眉nde lag hinsichtlich des im Streitfall gestellten Beweisantrags vor.
Rz. 13
Der Kl盲gervertreter hat den Beweisantrag in der m眉ndlichen Verhandlung ordnungsgem盲脽 gestellt. Die Beweismittel waren nach dem insoweit ma脽geblichen materiellen Rechtsstandpunkt des FG (vgl. hierzu BFH-Beschl眉sse in BFH/NV 2014, 62; vom 14. Januar 2011 III B 96/09, BFH/NV 2011, 788) auch nicht unerheblich.
Rz. 14
aa) Das FG hat ausweislich der Urteilsbegr眉ndung von der Vernehmung des J und des I abgesehen, weil die Beweisantr盲ge als wahr unterstellt werden k枚nnten. Der Unsicherheit, die mit der Vertauschung von Etiketten verbunden sei, werde durch einen Sicherheitsabschlag in H枚he von 5.000 鈧 ausreichend Rechnung getragen. Damit unterstellt das FG, dass die Vernehmung der Zeugen J und I nicht zu einer 5.000 鈧 眉bersteigenden Korrektur f眉hren werde. Auch wenn dies m枚glicherweise unwahrscheinlich erscheinen mag, verst枚脽t das FG mit dieser Annahme gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweisw眉rdigung.
Rz. 15
bb) Das FG h盲lt auch den Antrag auf Vernehmung des B und des F zu Unrecht f眉r unerheblich, weil es im Rahmen der eigenen Sch盲tzung davon 眉berzeugt sei, dass die in den Produktionslisten ausgewiesenen Warenmengen 鈥 regelm盲脽ig den Warenmengen entsprachen, die die Kl盲gerin zuvor auch bestellt hatte. Auch insoweit nimmt das Gericht eine vorweggenommene Beweisw眉rdigung vor, weil es zu der im Beweisbeschluss vom 16. Oktober 2013 noch f眉r entscheidungserheblich erachteten Frage des Einkaufs und der buchhalterischen Erfassung der Erl枚se eine Auffassung zugrunde legt, die sich durch die Vernehmung der Zeugen m枚glicherweise als unzutreffend herausstellen k枚nnte. Zudem hat das FG, worauf die Kl盲gerin zu Recht hinweist, in seinem ge盲nderten Beweisbeschluss vom 30. Oktober 2013 den Eindruck erweckt, dass der Beweisbeschluss hinsichtlich der Zeugen B und F in erster Linie aufgehoben wurde, weil sie wegen deren Inhaftierung "鈥o kurzfristig nicht mehr geladen bzw. vorgef眉hrt鈥" werden konnten. Das aber ist kein ausreichender Grund, um von der Vernehmung abzusehen.
Rz. 16
2. Der Senat h盲lt es f眉r angezeigt, nach 搂 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Rz. 17
3. Die 脺bertragung der Kostenentscheidung beruht auf 搂 143 Abs. 2 FGO.
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Fundstellen
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BFH/NV 2014, 1763 |