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Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel durch 脺bergehen eines Beweisantrags; Einholung eines Sachverst盲ndigengutachtens; Unterhaltsaufwendungen
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Leitsatz (NV)
Ein ordnungsgem盲脽 gestellter Beweisantrag darf nur unber眉cksichtigt bleiben, wenn das angebotene Beweismittel f眉r die zu treffende Entscheidung untauglich ist, wenn es auf die Beweistatsache unter Ber眉cksichtigung der Rechtsauffassung des FG nicht ankommt oder wenn die Beweistatsache als wahr unterstellt wird.
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Normenkette
FGO 搂听76 Abs. 1, 搂听81 Abs. 1 S. 2, 搂听115 Abs. 2 Nr. 3, 搂听116 Abs. 6; EStG 搂 33a
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Verfahrensgang
Nieders盲chsisches FG (Urteil vom 23.01.2013; Aktenzeichen 7 K 6/12) |
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Beteiligten stritten im finanzgerichtlichen Verfahren um die Ber眉cksichtigung von Unterhaltsleistungen als au脽ergew枚hnliche Belastungen.
Rz. 2
Die Kl盲gerin und Beschwerdef眉hrerin (Kl盲gerin) machte Unterhaltsleistungen an ihre Tochter als au脽ergew枚hnliche Belastungen nach 搂 33a des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Dabei gab sie in den Steuererkl盲rungen der Streitjahre (2004 bis 2006) jeweils an, dass ihre Tochter 眉ber kein eigenes Verm枚gen verf眉ge. Dementsprechend wurden in den bestandskr盲ftig gewordenen Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2004 bis 2006 unter Ber眉cksichtigung der Unterhaltsaufwendungen i.S. des 搂 33a EStG die Einkommensteuern der Streitjahre festgesetzt.
Rz. 3
Auf Grund einer Kontrollmitteilung hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erfahren, dass die Tochter der Kl盲gerin 眉ber eigenes Verm枚gen verf眉gt habe, n盲mlich 眉ber eine GmbH-Beteiligung. Das FA 盲nderte dementsprechend nach 搂 173 der Abgabenordnung die bestandskr盲ftigen Einkommensteuerfestsetzungen wegen nachtr盲glich bekannt gewordener neuer Tatsachen.
Rz. 4
Die dagegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Nach den Feststellungen des FG habe die Tochter der Kl盲gerin in Form der Beteiligung an einer GmbH 眉ber ausreichend eigenes Verm枚gen verf眉gt. Das FG ging dabei davon aus, dass das der Tochter 眉bertragene Verm枚gen einen erheblichen Wert darstelle, weil die GmbH 眉ber eine Forderung gegen眉ber der Kl盲gerin in H枚he von rd. 225.000 鈧 verf眉ge und dar眉ber hinaus gegen sie auch laufende Zinsanspr眉che habe. Die Werthaltigkeit der Beteiligung begr眉ndete das FG u.a. damit, dass die Kl盲gerin die Beteiligung selbst mit Vertrag vom November 2002 von einem Dritten zu einem Kaufpreis von 250.000 鈧 erworben habe. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Tochter der Kl盲gerin mit R眉cksicht auf die W眉nsche ihrer Mutter auf die Geltendmachung ihrer Anspr眉che und den Verkauf der Beteiligung verzichtet habe. Denn ein solcher Verzicht sei rein privat motiviert und k枚nne den Verkehrswert der Beteiligung nicht beeinflussen.
Rz. 5
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Kl盲gerin mit der Beschwerde. Sie macht u.a. Verfahrensm盲ngel wegen einer unterlassenen Einholung eines als Beweismittel angebotenen Sachverst盲ndigengutachtens geltend. In der m眉ndlichen Verhandlung habe die Kl盲gerin beantragt, Beweis durch Einholung eines Sachverst盲ndigengutachtens 眉ber den Verkehrswert der Beteiligung zu erheben. Die Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverst盲ndigengutachtens h盲tte ergeben, dass der Wert der Beteiligung der Tochter an der GmbH 0 鈧 betragen h盲tte. Das FG habe verfahrensfehlerhaft diesen Beweis nicht erhoben. Das 脺bergehen dieses Angebots durch das FG h盲tte erst im Beschwerdeverfahren ger眉gt werden k枚nnen. Denn der Beweisantrag sei in der m眉ndlichen Verhandlung gestellt worden. Das klageabweisende Urteil sei im Anschluss an diese m眉ndliche Verhandlung ergangen. Eine R眉ge sei zuvor daher nicht m枚glich gewesen.
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Rz. 6
II. Die Beschwerde ist begr眉ndet. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. des 搂 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das angefochtene finanzgerichtliche Urteil wird gem盲脽 搂 116 Abs. 6 FGO aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zur眉ckverwiesen.
Rz. 7
1. Das FG hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollst盲ndig aufgekl盲rt und damit gegen 搂 76 Abs. 1 Satz 1 FGO 惫别谤蝉迟辞脽别苍.
Rz. 8
a) Nach 搂 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und gem盲脽 搂 81 Abs. 1 Satz 2 FGO die erforderlichen Beweise zu erheben. Dabei hat es den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollst盲ndig wie m枚glich und bis zur Grenze des Zumutbaren, d.h. unter Ausnutzung aller verf眉gbaren Beweismittel aufzukl盲ren. Ein ordnungsgem盲脽 gestellter Beweisantrag darf nur unber眉cksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel f眉r die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzul盲ssig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisf眉hrenden als wahr unterstellt werden kann (vgl. Senatsentscheidungen vom 13. November 2007 VI B 100/07, BFH/NV 2008, 219; vom 1. Februar 2007 VI B 124/06, BFH/NV 2007, 956; vom 16. November 2005 VI R 71/99, BFH/NV 2006, 753; jeweils m.w.N.).
Rz. 9
b) Nach Ma脽gabe der vorgenannten Rechtsgrunds盲tze h盲tte das FG der durch Einholung eines Sachverst盲ndigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung, dass die der Tochter der Kl盲gerin 眉bertragene GmbH-Beteiligung keinen Wert gehabt habe, nachgehen und den insoweit entscheidungserheblichen Sachverhalt weiter aufkl盲ren m眉ssen. Es ist nicht ersichtlich, dass der ausweislich des Protokolls 眉ber die m眉ndliche Verhandlung ordnungsgem盲脽 gestellte Beweisantrag f眉r die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, dass das Beweismittel im vorgenannten Sinne unerreichbar bzw. unzul盲ssig oder absolut untauglich w盲re.
Rz. 10
aa) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen f眉r den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegen眉ber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird nach 搂 33a EStG nach der in den Streitjahren geltenden Fassung auf Antrag die Einkommensteuer dadurch erm盲脽igt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 鈧 im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Eink眉nfte abgezogen werden. 搂 33a Abs. 1 Satz 3 EStG setzt allerdings voraus, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach 搂 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld f眉r die unterhaltende Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Verm枚gen besitzt.
Rz. 11
bb) Danach kam es im Streitfall darauf an, ob die Tochter der Kl盲gerin mit der GmbH-Beteiligung 眉ber eigenes werthaltiges Verm枚gen verf眉gte. Die Kl盲gerin hat das bestritten. Ausweislich des Protokolls der m眉ndlichen Verhandlung vor dem FG hatte die Kl盲gerin beantragt, 眉ber den Wert der Beteiligung ein Sachverst盲ndigengutachten einzuholen. Das FG hat zu Unrecht diesen Beweis nicht erhoben. Es hat auch in den 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别n nicht weiter ausgef眉hrt, aus welchen Gr眉nden etwa diese Beweiserhebung entbehrlich gewesen w盲re.
Rz. 12
2. Die Kl盲gerin hat ihr R眉gerecht nicht verloren. Denn der ger眉gte Verfahrensversto脽 ergab sich erst aus den 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别n selbst. Die rechtzeitige R眉ge in der m眉ndlichen Verhandlung war nicht m枚glich (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2008 VI B 131/07, BFH/NV 2008, 1475).
Rz. 13
3. Der Senat h盲lt es f眉r sachgerecht, nach 搂 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
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Fundstellen
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BFH/NV 2014, 360 |