听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensfehler bei fehlerhafter Abweisung der Klage als unzul盲ssig
听
Leitsatz (NV)
1. Weist das FG die Klage als unzul盲ssig ab, weil es zu Unrecht annimmt, der Hauptantrag sei durch eine Klage盲nderung nach Ablauf der Klagefrist eingef眉hrt worden, liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil beruht.
2. Richtet sich die Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid, ist durch Rechtsschutz gew盲hrende Auslegung festzustellen, gegen welche Feststellungen die Klage gerichtet ist; an der Formulierung eines unklaren und als vorl盲ufig anzusehenden Klageantrags kann der Kl盲ger zu seinen Lasten nicht festgehalten werden.
听
Normenkette
FGO 搂听65 Abs. 2, 搂听115 Abs. 2 Nr. 3; BGB 搂 133; GG Art. 19 Abs. 4
听
Verfahrensgang
听
骋谤眉苍诲别
Rz. 1
Die Beschwerde ist begr眉ndet. Die Vorentscheidung beruht auf dem mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Finanzgericht (FG) hat verfahrensfehlerhaft 眉ber den Hauptantrag nicht in der Sache entschieden, sondern die Klage insoweit als unzul盲ssig abgewiesen.
Rz. 2
1. Erl盲sst das FG zu Unrecht ein Prozessurteil anstatt zur Sache zu entscheiden, liegt darin nach st盲ndiger Rechtsprechung ein die Zulassung der Revision begr眉ndender Verfahrensmangel (vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. September 1985 IX R 47/83, BFHE 145, 299, BStBl II 1986, 268; BFH-Beschluss vom 23. November 1994 I B 63/94, BFH/NV 1995, 980). Das gilt insbesondere, wenn sich das Gericht durch die fehlerhafte Annahme entgegenstehender Bestandskraft an einer Sachentscheidung gehindert sieht (vgl. BFH-Beschluss vom 6. September 2005 II B 85/04, BFH/NV 2006, 99). Das ist vorliegend der Fall. Zu Unrecht hat das FG angenommen, der Hauptantrag sei durch eine Klage盲nderung nach Ablauf der Klagefrist eingef眉hrt worden. Hinsichtlich des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft seien die mit der Klage angefochtenen Feststellungsbescheide in Teilbestandskraft erwachsen. Der Antrag, die Feststellungsbescheide ersatzlos aufzuheben, sei deshalb unzul盲ssig. Diese Ausf眉hrungen halten rechtlicher Nachpr眉fung nicht stand.
Rz. 3
a) Als prozessuale Willenserkl盲rung ist die Klageschrift wie sonstige Willenserkl盲rungen auslegungsf盲hig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erkl盲renden zu erforschen (搂 133 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs). Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserkl盲rung (BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 IV R 61/95, BFH/NV 1997, 232, unter 1. der 骋谤眉苍诲别; BFH-Beschluss vom 7. November 2007 I B 104/07, BFH/NV 2008, 799). Nur eine solche Auslegung tr盲gt dem Grundsatz der Rechtsschutz gew盲hrenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) Rechnung (vgl. BFH-Beschl眉sse vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306, und vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443).
Rz. 4
b) Nach diesen Ma脽st盲ben kann die Vorentscheidung nur Bestand haben, wenn sich aus der Klage zweifelsfrei ergibt, dass die in der Klageschrift bezeichneten Feststellungsbescheide hinsichtlich des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft nicht angefochten sein sollten. Das FG hat dies bejaht, weil der Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) die Veranlagung "entsprechend der vorliegenden Steuererkl盲rungen" beantragt habe und die Abgabe von Feststellungserkl盲rungen die Behauptung mitunternehmerisch erzielter Eink眉nfte einschlie脽e. Diese Auslegung ist zwar m枚glich, sie verfehlt aber das Auslegungsziel, den wahren Willen des Kl盲gers zu erforschen und dadurch effektiven Rechtsschutz zu gew盲hren.
Rz. 5
c) Nach st盲ndiger Rechtsprechung darf das Revisionsgericht die Auslegung von Prozesserkl盲rungen selbst vornehmen (vgl. nur Gr盲ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., 搂 118 Rz 48). Die Auslegung ergibt, dass in der vom FG zitierten Formulierung eine zum Eintritt teilweiser Bestandskraft f眉hrende Beschr盲nkung des Klagebegehrens nicht zu sehen ist. Vielmehr durfte der Kl盲ger nicht zu seinen Lasten an der Formulierung eines unklaren und als vorl盲ufig anzusehenden Klageantrags festgehalten werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1443). Im 脺brigen ist auch das FG von der Erg盲nzungsbed眉rftigkeit des Klageantrags ausgegangen, denn es hat eine Ausschlussfrist gem盲脽 搂 65 Abs. 2 FGO gesetzt.
Rz. 6
d) Da keine Teilbestandskraft eingetreten ist, liegt auch keine Klage盲nderung vor. Mit Einreichung der Klagebegr眉ndung innerhalb der vom FG nach 搂 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist hat der Kl盲ger sein Klagebegehren rechtzeitig in zul盲ssiger Weise konkretisiert.
Rz. 7
2. Die Beschwerde f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (搂 116 Abs. 6 FGO). Dem steht nicht entgegen, dass das FG auf S. 9 des Urteils Hilfserw盲gungen zur mangelnden Begr眉ndetheit des Hauptantrags angestellt hat. Das FG wird nun nach erneuter Anh枚rung des Kl盲gers 眉ber den Hauptantrag durch Sachurteil entscheiden m眉ssen.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 2376101 |
BFH/NV 2010, 1846 |