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Entscheidungsstichwort (Thema)
Begr眉ndeter Verfahrensmangel: Keine Auslegung der Klageschrift
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Leitsatz (NV)
1. Bei der Auslegung des Klagebegehrens ist nicht allein auf den Antrag, sondern auf den gesamten Inhalt der Klageschrift abzustellen. Ziel der Auslegung einer Klageschrift ist es, den wirklichen Willen des Erkl盲renden zu erforschen.
2. Bis zum Ende der Klagefrist m眉ssen nur die Erfordernisse beachtet werden, von denen es abh盲ngt, ob ein Schriftsatz 眉berhaupt als Klageschrift zu qualifizieren ist.
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Normenkette
BGB 搂 133; KStG 搂 8 Abs. 3 S. 2; FGO 搂搂听47, 65 Abs. 1 S盲tze听1-2, 搂听96 Abs. 1 S. 2, 搂听115 Abs. 2 Nr. 3, 搂听116 Abs. 6
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Beschwerdef眉hrerin (Kl盲gerin), eine GmbH, erhob nach einer Au脽enpr眉fung gegen die nach 搂 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ge盲nderten Steuerbescheide Einspruch. Einziger Streitpunkt war, ob die Kl盲gerin f眉r die von ihrem Alleingesellschafter gepachteten Wirtschaftsg眉ter ein 眉berh枚htes Entgelt entrichtet und dadurch verdeckt Gewinne ausgesch眉ttet hat (搂 8 Abs. 3 Satz 2 des K枚rperschaftsteuergesetzes --KStG--). Der Einspruch richtete sich auch gegen die ge盲nderten K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 und hatte zum Teil Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Kl盲gerin hinsichtlich der K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 und der darauf basierenden Folgebescheide ab. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, die K枚rperschaftsteuerfestsetzungen f眉r 1997 bis 2001 seien nicht innerhalb der Klagefrist mit der Klage angefochten worden. Gem盲脽 搂 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) d眉rfe das Gericht bei seiner Entscheidung nicht 眉ber das Klagebegehren hinausgehen. Das Klagebegehren sei durch die Klageschrift eindeutig und unmissverst盲ndlich dahingehend pr盲zisiert worden, dass lediglich die aus der Antragsformulierung ersichtlichen Steuerbescheide zum Streitprogramm der Anfechtungsklage geh枚ren sollten. An die Fassung der Antr盲ge sei das Gericht nur dann nicht gebunden, wenn sie einer Auslegung zug盲nglich seien. Liege jedoch eine eindeutige Beschr盲nkung des Streitstoffes durch eine entsprechende Antragsformulierung vor, so bleibe kein Raum f眉r eine abweichende Bestimmung des Klagebegehrens durch das Gericht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kl盲gerin. Sie beantragt, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Beschwerde zur眉ckzuweisen.
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II. Die Beschwerde ist begr眉ndet. Sie f眉hrt gem盲脽 搂 116 Abs. 6 i.V.m. 搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG (im beantragten Umfang) zur weiteren Verhandlung und Entscheidung.
1. Entgegen der Auffassung des FG war es durch 搂 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht gehindert, sachlich 眉ber die Klage gegen die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 zu entscheiden.
a) Nach dieser Vorschrift darf das Gericht 眉ber das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Antr盲ge nicht gebunden. Hieraus folgt, dass ma脽gebend das materielle Ziel der Klage und nicht dessen Formalisierung durch einen Antrag ist (so zutreffend St枚cker in Beermann/Gosch, FGO 搂 65 Rz 95; Schallmoser in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂 65 FGO Rz 97). Bereits der Klageschrift vom 19. Januar 2005 l盲sst sich entnehmen, dass das Klagebegehren der Kl盲gerin auch die 脛nderung der K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 umfasst.
b) Prozesserkl盲rungen sind wie sonstige Willenserkl盲rungen auslegungsf盲hig. Ziel der Auslegung ist es, den wirklichen Willen des Erkl盲renden zu erforschen (搂 133 des B眉rgerlichen Gesetzbuches). Dabei k枚nnen auch au脽erhalb der Erkl盲rung liegende weitere Umst盲nde ber眉cksichtigt werden. Die Auslegung einer Prozesserkl盲rung darf aber nicht zur Annahme eines Erkl盲rungsinhalts f眉hren, f眉r den sich in der (verk枚rperten) Erkl盲rung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen. Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf dem gesamten Inhalt der Willenserkl盲rung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. M盲rz 1998 II R 41/97, BFH/NV 1998, 1235).
c) Die Kl盲gerin hat ihrer Klagebegr眉ndung einen Antrag vorangestellt, der die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 nicht nennt. Die Kl盲gerin hat aber die Einspruchsentscheidung und die daraufhin ergangenen K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 der Klageschrift beigef眉gt und hierauf verwiesen. Ferner hat sie ausgef眉hrt, umstritten seien die Gewinnerh枚hungen im Anschluss an die Betriebspr眉fung wegen des Unternehmenspachtvertrages. W盲hrend das FA der Auffassung sei, die Unternehmenspacht sei nach dem abstrakten Berechnungsma脽stab nach 搂 4 Abs. 3 des Unternehmenspachtvertrages zu bemessen, sei ihres Erachtens ein hiervon abweichender Berechnungsma脽stab zugrunde zu legen, denn es habe eine von dem urspr眉nglichen Berechnungsma脽stab abweichende wirksame Vereinbarung zur H枚he des Pachtzinses gegeben. Dieses Begehren verfolge sie mit der Klage weiter. Die Kl盲gerin hat sodann ihre Auffassung weiter begr眉ndet.
d) Diese Ausf眉hrungen k枚nnen nur dahin verstanden werden, dass die Kl盲gerin auch die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 anfechten will. Dies ergibt sich schon daraus, dass ausschlie脽licher Streitpunkt der Klage ist, ob die Pachtzahlungen der Kl盲gerin an ihren Alleingesellschafter in den Streitjahren 眉berh枚ht waren und daher verdeckte Gewinnaussch眉ttungen darstellen. Die Klage auf die Anfechtung der ge盲nderten Gewerbesteuermessbescheide und Umsatzsteuerbescheide zu beschr盲nken, ergibt aus der Sicht der Kl盲gerin keinen Sinn. Aus der Klageschrift sind keine Anhaltspunkte daf眉r ersichtlich, dass die Kl盲gerin ihr urspr眉ngliches Begehren, die Gewinnerh枚hungen im Anschluss an die Au脽enpr眉fung r眉ckg盲ngig zu machen, einschr盲nken wollte. Vielmehr folgt aus dem Umstand, dass die Kl盲gerin die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 der Klageschrift beigef眉gt und auf sie verwiesen hat, sie dar眉ber hinaus ausf眉hrt, ihr Begehren weiter verfolgen zu wollen, dass nach wie vor auch die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 angefochten werden sollten.
2. Die Klage gegen die K枚rperschaftsteuerbescheide ist auch nicht deshalb unzul盲ssig, weil die Kl盲gerin erst in der m眉ndlichen Verhandlung ausdr眉cklich beantragt hat, die K枚rperschaftsteuerbescheide 1997 bis 2001 zu 盲ndern. Nach 搂 65 Abs. 1 Satz 2 FGO soll die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten, dieser kann aber --wie im Streitfall geschehen-- noch in der m眉ndlichen Verhandlung nachgeholt werden. Selbst die in 搂 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernisse m眉ssen bis zum Ablauf der Klagefrist (搂 47 FGO) nicht s盲mtlich vorliegen. Vielmehr m眉ssen bis zum Ende der Klagefrist nur die Erfordernisse beachtet werden, von denen es abh盲ngt, ob ein Schriftsatz sich 眉berhaupt als Klageschrift qualifizieren l盲sst (BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 1235).
3. Das auf anderen rechtlichen Erw盲gungen beruhende Urteil des FG ist aufzuheben.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1957439 |
BFH/NV 2008, 799 |