听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzinsung zu erstattender Antidumpingz枚lle
听
Leitsatz (NV)
Es ist durch die Rechtsprechung sowohl des EuGH als auch des BFH gekl盲rt, dass wegen einer f眉r ung眉ltig erkl盲rten Antidumpingzoll-Verordnung zu erstattende Antidumpingz枚lle ab dem Zeitpunkt der Abgabenentrichtung gem盲脽 搂 238 AO zu verzinsen sind.
听
Normenkette
AO 搂 238
听
Verfahrensgang
听
Tenor
Die Beschwerde des Hauptzollamts wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts D眉sseldorf vom 3. Mai 2017听听4 K 3268/14 Z wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Hauptzollamt zu tragen.
听
Tatbestand
Rz. 1
I. Nachdem der Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) eine Verordnung zur Einf眉hrung eines endg眉ltigen Antidumpingzolls f眉r teilweise ung眉ltig erkl盲rt hatte, erstattete der Beklagte und Beschwerdef眉hrer (das Hauptzollamt --HZA--) die nach dieser Verordnung auf Einfuhrwaren der Kl盲gerin und Beschwerdegegnerin (Kl盲gerin) erhobenen Antidumpingz枚lle. Den Antrag der Kl盲gerin, den Erstattungsbetrag zu verzinsen, lehnte das HZA ab.
Rz. 2
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das HZA, auf die erstatteten Antidumpingz枚lle Zinsen nach 搂听238 der Abgabenordnung (AO) beginnend mit dem Tag ihrer Entrichtung bis zu ihrer Erstattung festzusetzen.
Rz. 3
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des HZA, welche es auf die Zulassungsgr眉nde der grunds盲tzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (搂听115 Abs.听2 Nr.听1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) st眉tzt.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 4
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgr眉nde z.T. nicht schl眉ssig dargelegt sind, wie es 搂听116 Abs.听3 Satz听3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
Rz. 5
1. Die seitens der Beschwerde bezeichnete Rechtsfrage zur Verzinsung von Abgabenerstattungen ist h枚chstrichterlich gekl盲rt. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass aufgrund einer f眉r ung眉ltig erkl盲rten Unionsverordnung erhobene und deshalb zu erstattende Abgaben ab dem Zeitpunkt der Abgabenentrichtung nach den Vorschriften der AO zu verzinsen sind (Senatsurteil vom 22.听September 2015 VII听R听32/14, BFHE 251, 291, BStBl II 2016, 323).
Rz. 6
Mit dieser Entscheidung hat sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen, der zufolge sich in F盲llen unter Versto脽 gegen Vorschriften des Unionsrechts erhobener Steuerbetr盲ge ein Anspruch auf Erstattung der erhobenen Betr盲ge zuz眉glich Zinsen unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt (st盲ndige EuGH-Rechtsprechung, vgl. Urteil Metallgesellschaft u.a. vom 8.听M盲rz 2001 C-397/98 und C-410/98, EU:C:2001:134, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2001, 628, Rz听84听ff.; Urteil Littlewoods Retail听u.a. vom 19.听Juli 2012 C-591/10, EU:C:2012:478, HFR 2012, 1018, Rz听24听ff., und Urteil J眉lich II vom 27.听September 2012 in den verbundenen Rechtssachen C-113/10, C-147/10 und C-234/10, EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210).
Rz. 7
Die Berechnung der Zinsen richtet sich mangels unionsrechtlicher Regelung nach nationalem Recht. Nach dem EuGH-Urteil J眉lich II (EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210) ist es Sache der nationalen Stellen und insbesondere der nationalen Gerichte, in F盲llen der Erstattung von Abgaben, die auf der Grundlage f眉r ung眉ltig erkl盲rter Unionsverordnungen zu Unrecht erhoben wurden, alle mit dieser Erstattung zusammenh盲ngenden Nebenfragen, wie etwa die der Zahlung von Zinsen, gem盲脽 ihren innerstaatlichen Vorschriften 眉ber den Zinssatz und den Zeitpunkt, von dem an die Zinsen zu berechnen sind, zu regeln. Ausgenommen hiervon sind lediglich Vorschriften des nationalen Rechts, die einen sp盲teren Beginn des Zinszeitraums als den der Abgabenentrichtung bestimmen, denn der EuGH hat mit dem Urteil Irimie vom 18.听April 2013 C-565/11 (EU:C:2013:250, HFR 2013, 659, 660, Rz听26, 27) entschieden, nationale Zinsvorschriften d眉rften gem盲脽 dem zu beachtenden Effektivit盲tsgrundsatz nicht dazu f眉hren, dass dem Abgabenpflichtigen eine angemessene Entsch盲digung f眉r die Einbu脽en vorenthalten werde, die er durch die zu Unrecht gezahlte Steuer erlitten habe. Die Einbu脽e h盲nge davon ab, wie lange der unter Versto脽 gegen das Unionsrecht zu Unrecht gezahlte Betrag nicht zur Verf眉gung gestanden habe und entstehe somit grunds盲tzlich im Zeitraum vom Tag der zu Unrecht geleisteten Zahlung der fraglichen Steuer bis zum Tag ihrer Erstattung. Diese Rechtsprechung hat der EuGH sowohl mit dem Urteil Rafin膬ria Steaua Rom芒n膬 vom 24.听Oktober 2013 C-431/12 (EU:C:2013:686, HFR 2013, 1163) als auch auf Vorlage des FG best盲tigt (EuGH-Urteil Wortmann vom 18.听Januar 2017 C-365/15, EU:C:2017:19, Zeitschrift f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2017, 42).
Rz. 8
Da somit die von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen als durch die Rechtsprechung des Senats gekl盲rt anzusehen sind, h盲tte die Beschwerde zur Begr眉ndung einer gleichwohl vorliegenden grunds盲tzlichen Bedeutung der Rechtssache eingehend darlegen m眉ssen, warum sie eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den betreffenden Fragen im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung f眉r erforderlich h盲lt, und h盲tte hierf眉r substantiiert darlegen m眉ssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gr眉nden die bereits h枚chstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom EuGH bzw. BFH bislang nicht gepr眉ften Einw盲nde in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die h枚chstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. BFH-Beschluss vom 3.听April 2000 VIII听B听99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.).
Rz. 9
Ob die Beschwerdebegr眉ndung diesen Anforderungen gerecht wird, kann offenbleiben, da jedenfalls keine Gr眉nde f眉r eine erneute Befassung des Senats mit der streitigen Rechtsfrage vorliegen.
Rz. 10
Aus dem Umstand, dass das EuGH-Urteil Wortmann (EU:C:2017:19, ZfZ 2017, 42) zur Zeit der Geltung des Unionszollkodex ergangen ist, l盲sst sich --anders als die Beschwerde meint-- nichts herleiten. Der EuGH hat klar erkennbar vor dem rechtlichen Hintergrund des Zollkodex (ZK) entschieden.
Rz. 11
Auch ist der Auffassung der Beschwerde nicht zu folgen, dass die Frage der Zinsh枚he h枚chstrichterlich bisher nicht entschieden sei und in F盲llen eines --wie im Streitfall-- durch Art.听236听ff. ZK gesetzlich geregelten Erstattungsverfahrens f眉r die Zinsberechnung nicht auf nationales Recht zur眉ckgegriffen werden k枚nne. Zum einen steht das angef眉hrte Zitat aus den Schlussantr盲gen der Generalanw盲ltin Sharpston vom 27.听Oktober 2011 in der Rechtssache J眉lich II in einem anderen Zusammenhang und gibt f眉r die Frage nichts her. Zum anderen ist jedenfalls der Rechtsprechung des EuGH nichts zu entnehmen, was f眉r die Auffassung der Beschwerde spricht. Vielmehr besagt diese Rechtsprechung --wie bereits oben ausgef眉hrt-- klar und deutlich, dass die nationalen Stellen in Ermangelung unionsrechtlicher Zinsvorschriften alle mit der Erstattung zusammenh盲ngenden Nebenfragen --wie etwa die der Zahlung von Zinsen und damit zusammenh盲ngend die der H枚he des Zinssatzes und des Zinszeitraums-- gem盲脽 dem nationalen Recht zu regeln haben (EuGH-Urteil J眉lich II, EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210, Rz听60, 61). Wenn auch die Erstattung von Einfuhrabgaben in Art.听236听ff. ZK unionsrechtlich geregelt ist, so bleibt doch festzuhalten, dass dies hinsichtlich des Zinsanspruchs des Erstattungsberechtigten nicht der Fall ist.
Rz. 12
2. Die behauptete Divergenz zu dem Urteil des FG Hamburg vom 19.听Juli 2017听 4听K听10/17 liegt nicht vor. Soweit das FG Hamburg den seitens der Kl盲gerin jenes Streitfalls auf den Tag genau berechneten Zinsanspruch best盲tigt hat, ist nicht erkennbar, dass es damit einen vom Wortlaut des 搂听238 AO (auf den es sich ausdr眉cklich st眉tzt) abweichenden Rechtssatz aufstellen wollte, zumal die Rechtsprechung des EuGH zur Verzinsung unionsrechtswidrig erhobener Abgaben eine Abweichung von der Berechnungsvereinfachung des 搂听238 AO nicht gebietet. Die Zinsberechnung richtet sich --wie ausgef眉hrt-- nach nationalem Recht, also nach den Vorschriften der AO. Von diesen ist nach vorgenannter EuGH-Rechtsprechung lediglich 搂听236 AO auszunehmen, soweit dieser den Anspruch auf Prozesszinsen beschr盲nkt. Dagegen besteht kein Anlass, die Berechnungsvereinfachung des 搂听238 AO nicht anzuwenden, da diese der vom EuGH geforderten "angemessenen Entsch盲digung" f眉r die erlittene Einbu脽e nicht entgegensteht. Dies bedarf keiner grunds盲tzlichen Kl盲rung in einem Revisionsverfahren.
Rz. 13
3. Auch die Verfahrensr眉ge ist unbegr眉ndet. Das FG war als erstinstanzliches Gericht nicht gem盲脽 Art.听267 des Vertrags 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union verpflichtet, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
Rz. 14
4. Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听135 Abs.听2 FGO.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 11445162 |
BFH/NV 2018, 321 |