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Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrags ab Zahlung einer unionsrechtswidrig erhobenen Abgabe
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Leitsatz (amtlich)
Abgaben, die auf der Grundlage einer f眉r ung眉ltig erkl盲rten Unionsverordnung erhoben wurden, sind ab dem Zeitpunkt der Zahlung der unionsrechtswidrig erhobenen Abgabe zu verzinsen.
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Normenkette
MOG 搂 12 Abs. 1 S. 1; AO 搂搂听236, 238 Abs. 1 S. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit 眉ber die Abgabenfestsetzung f眉r das Wirtschaftsjahr 2004/2005 眉bereinstimmend in der Hauptsache f眉r erledigt erkl盲rt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Auf die Revision des Hauptzollamts wird das Urteil des Finanzgerichts D眉sseldorf vom 9. Januar 2013 4 K 189/10 VZr dahin ge盲ndert, dass die Klage gegen den Abgabenbescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 in Gestalt des 脛nderungsbescheids vom 24. M盲rz 2014 abgewiesen wird.
Im 脺brigen wird die Revision des Hauptzollamts als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens tragen die Kl盲gerin und das Hauptzollamt je zur H盲lfte, die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kl盲gerin zu 30 % und das Hauptzollamt zu 70 %.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist ein Zucker erzeugendes Unternehmen und war als solches gem盲脽 der Verordnung (EG) Nr. 1260/2001 (VO Nr. 1260/2001) des Rates vom 19. Juni 2001 眉ber die gemeinsame Marktorganisation f眉r Zucker (sog. Grundverordnung, Amtsblatt der Europ盲ischen Gemeinschaften Nr. L 178/1) f眉r die streitgegenst盲ndlichen Wirtschaftsjahre 2002/2003 und 2004/2005 verpflichtet, Produktionsabgaben zu zahlen; diese wurden als Eigenmittel an die Europ盲ische Kommission abgef眉hrt.
Rz. 2
Mit Bescheiden vom 29. Dezember 2009 setzte der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Hauptzollamt 鈥揌ZA鈥) auf der Grundlage der sich zuletzt aus der Verordnung (EG) Nr. 1193/2009 (VO Nr. 1193/2009) der Kommission vom 3. November 2009 zur Berichtigung der Verordnungen (EG) Nr. 1762/2003, (EG) Nr. 1775/2004, (EG) Nr. 1686/2005 und (EG) Nr. 164/2007 sowie zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor f眉r die Wirtschaftsjahre 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 (Amtsblatt der Europ盲ischen Union 鈥揂BlEU鈥 Nr. L 321/1) ergebenden Abgabens盲tze gegen die Kl盲gerin eine B-Abgabe in H枚he von 鈥 EUR f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 und eine Erg盲nzungsabgabe in H枚he von 鈥 EUR f眉r das Wirtschaftsjahr 2004/2005 fest.
Rz. 3
Das gegen die Bescheide nach erfolglosen Einspr眉chen gerichtete Klageverfahren wurde zun盲chst mit Beschluss vom 22. Februar 2010 ausgesetzt und der Gerichtshof der Europ盲ischen Union (EuGH) um eine Vorabentscheidung zu der Frage ersucht, ob die VO Nr. 1193/2009 g眉ltig ist (Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-113/10).
Rz. 4
Mit Urteil J眉lich II vom 27. September 2012 in den verbundenen Rechtssachen C-113/10, C-147/10 und C-234/10 (EU:C:2012:591, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung 鈥揌FR鈥 2012, 1210) erkl盲rte der EuGH die VO Nr. 1193/2009 in ihrer Gesamtheit f眉r nichtig. Der Gerichtshof urteilte, die Europ盲ische Kommission habe die gem盲脽 der VO Nr. 1260/2001 zu entrichtenden Abgaben in den betreffenden Jahren falsch berechnet und die Methode, nach der die Abgaben festgesetzt worden waren, habe zu einer 眉berh枚hten Belastung der Zuckererzeuger gef眉hrt. Dar眉ber hinaus entschied der EuGH, dass Rechtssuchende wegen der Ung眉ltigkeit der VO Nr. 1193/2009 einerseits Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht erhobenen Produktionsabgaben und andererseits Anspruch auf Zahlung der auf diese Betr盲ge anfallenden Zinsen haben.
Rz. 5
Das Finanzgericht (FG) hob daraufhin den Bescheid des HZA f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 insoweit auf, als die festgesetzte B-Abgabe mehr als 鈥 EUR betrug; den Bescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2004/2005 hob das FG insoweit auf, als die Erg盲nzungsabgabe auf mehr als 鈥 EUR festgesetzt worden war. Dar眉ber hinaus sprach das FG der Kl盲gerin Zinsen auf den zu erstattenden Betrag in H枚he von 0,5 % pro Monat ab dem Zeitpunkt der 脺berzahlung der geschuldeten Abgaben bis zum Eintritt der Rechtsh盲ngigkeit zu.
Rz. 6
Das FG entschied, die Tatbestandsvoraussetzungen des 搂 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) f眉r eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Inkrafttreten einer unionsweit einheitlichen Regelung der Produktionsabgaben durch die Europ盲ische Kommission seien nicht gegeben. Der EuGH habe der Europ盲ischen Kommission in seinem Urteil nicht aufgegeben, die anzuwendenden Zuckerabgabens盲tze neu zu regeln und aus der Verpflichtung gem盲脽 Art. 266 des Vertrags 眉ber die Arbeitsweise der Europ盲ischen Union ergebe sich ebenfalls keine Pflicht des erkennenden Gerichts, eine entsprechende Entscheidung der Europ盲ischen Kommission abzuwarten. Die Gefahr von Anlastungen f眉r den Bundeshaushalt k枚nne 鈥揳uch angesichts der Unsicherheiten 眉ber das Ob und gegebenenfalls das Wann der Entscheidung der Europ盲ischen Kommission鈥 nicht zu einer Verz枚gerung der Festsetzung des Erstattungsanspruchs der Kl盲gerin f眉hren; nach Abw盲gung der beiderseitigen Interessen sei der Kl盲gerin ein weiteres Abwarten nicht zuzumuten. Den in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Abgaben fehle die Rechtsgrundlage; einer Herabsetzung der Abgabenbetr盲ge unter Zugrundelegung des Berechnungsvorschlags der Schwedischen Ratspr盲sidentschaft aus dem Jahr 2009 stehe daher nichts entgegen.
Rz. 7
Der Zinsanspruch der Kl盲gerin ergebe sich nach dem EuGH-Urteil J眉lich II (EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210) unmittelbar aus Unionsrecht; die H枚he des Zinssatzes betrage gem盲脽 搂 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchf眉hrung der gemeinsamen Marktorganisationen und Direktzahlungen (MOG) i.V.m. 搂 238 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) 0,5 % f眉r jeden vollen Monat.
Rz. 8
Mit 脛nderungsbescheid (搂 68 FGO) vom 24. M盲rz 2014 setzte das HZA die B-Abgabe f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 gem盲脽 der zwischenzeitlich erlassenen Verordnung (EU) Nr. 1360/2013 (VO Nr. 1360/2013) des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor f眉r die Wirtschaftsjahre 2001/2002, 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006, des Koeffizienten f眉r die Berechnung der Erg盲nzungsabgabe f眉r die Wirtschaftsjahre 2001/2002 und 2004/2005 und der Betr盲ge, die die Zuckerhersteller den Zuckerr眉benverk盲ufern f眉r die Differenz zwischen dem H枚chstbetrag der Abgaben und dem Betrag dieser f眉r die Wirtschaftsjahre 2002/2003, 2003/2004 und 2005/2006 zu erhebenden Abgaben zu zahlen haben (ABlEU Nr. L 343/2) auf 脳 EUR fest. Hinsichtlich der f眉r das Wirtschaftsjahr 2004/2005 zu zahlenden Erg盲nzungsabgabe wurde das Verfahren durch 眉bereinstimmende Erledigungserkl盲rungen der Beteiligten beendet.
Rz. 9
Mit seiner Revision betreffend den verbliebenen Teil der Klage macht das HZA geltend, mit der am 19. Dezember 2013 (richtig: 20. Dezember 2013) in Kraft getretenen VO Nr. 1360/2013 sei der Berechnung der allein streitig verbleibenden H枚he der B-Abgabe f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 eine neue Rechtslage zugrunde zu legen, die von der Berechnungsgrundlage des FG-Urteils abweiche und zu dem festgesetzten Betrag f眉hre. Au脽erdem h盲tte das FG das Verfahren analog 搂 74 FGO bis zum Erlass der VO Nr. 1360/2013 aussetzen m眉ssen und sei nicht berechtigt gewesen, eine eigene, vorgreifende Entscheidung zu treffen. Schlie脽lich habe das FG gegen 搂 233 AO versto脽en, indem es der Kl盲gerin einen erg盲nzenden Anspruch auf Zinsen ab 脺berzahlung der Abgaben zugesprochen habe. 搂 236 AO, wonach zu erstattende Betr盲ge lediglich vom Tag der Rechtsh盲ngigkeit an zu verzinsen seien, gen眉ge den Vorgaben des Unionsrechts.
Rz. 10
Die Kl盲gerin tr盲gt vor:
Der streitig verbliebene Abgabenbescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 regele eine Abgabenlast, die mit Erlass der VO Nr. 1360/2013 nun teilweise dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 zugerechnet werde, obwohl f眉r diesen Zeitraum bereits ein bestandskr盲ftiger Bescheid ergangen sei. Die im Wirtschaftsjahr 2002/2003 im Wege des Verlustvortrags 眉berh枚ht festgesetzten Abgaben f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 k枚nnten jedoch nicht r眉ckwirkend von der gebotenen Korrektur ausgeschlossen werden, da dies in jenen F盲llen zu einer Rechtsschutzl眉cke f眉hrte, in denen der Bescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 nicht mehr 盲nderbar ist und der Betroffene deshalb keine M枚glichkeit der Erstattung der 眉berzahlten Betr盲ge mehr habe. Bez眉glich eines Anspruchs auf Zinszahlung ab 脺berzahlung der Abgaben macht die Kl盲gerin geltend, der EuGH habe mit seinem Urteil Irimie vom 18. April 2013 C-565/11 (EU:C:2013:250, HFR 2013, 659) die Vorgaben des Effektivit盲tsprinzips dahin konkretisiert, dass die Verzinsung eines Erstattungsbetrags ab Zahlung einer unionsrechtswidrig erhobenen Abgabe zwingend sei. Diese Rechtsprechung sei nicht auf von den Mitgliedstaaten unionsrechtswidrig erhobene Abgaben begrenzt. Neben dem unmittelbar aus Unionsrecht erwachsenden Erstattungsanspruch greife also ein Zinsanspruch aus 搂 12 Abs. 1 Satz 1 MOG i.V.m. einer europarechtskonformen Anwendung des 搂 233a bzw. 搂 236 AO.
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Rz. 11
II. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache f眉r erledigt erkl盲rt worden ist, ist das Verfahren einzustellen. Das FG-Urteil ist insoweit gegenstandslos.
Rz. 12
Die Revision des HZA betreffend den verbliebenen Teil der Klage ist zum Teil begr眉ndet (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG-Urteil ist dahin zu 盲ndern, dass die Klage gegen den Abgabenbescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 in Gestalt des 脛nderungsbescheids vom 24. M盲rz 2014 abzuweisen ist (1.). Im 脺brigen ist die Revision des HZA unbegr眉ndet und deshalb zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat insoweit zu Recht Zinsen f眉r den Erstattungsbetrag ab dem Zeitpunkt der 脺berzahlung der Abgaben gew盲hrt (2.).
Rz. 13
1. Der 脛nderungsbescheid vom 24. M盲rz 2014 ist rechtm盲脽ig. Die B-Abgabe f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 betr盲gt 脳 EUR.
Rz. 14
a) Mit 脛nderungsbescheid vom 24. M盲rz 2014 hat das HZA die B-Abgabe f眉r das streitige Wirtschaftsjahr 2002/2003 auf der Grundlage der aktuell g眉ltigen VO Nr. 1360/2013 neu festgesetzt. Dabei hat es gem盲脽 Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Nr. 1 Buchst. b des Anhangs zu VO Nr. 1360/2013 den Abgabensatz je Tonne Wei脽zucker in H枚he von 103,447 EUR (= 10,3447 EUR/dt) zugrunde gelegt. Die ma脽gebliche auch den Berechnungen der Kl盲gerin zugrunde liegende Zuckermenge f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 betr盲gt 鈥 dt.
Rz. 15
b) Sollte 鈥搘ie von der Kl盲gerin geltend gemacht鈥 im urspr眉nglich (zuletzt mit Bescheid vom 29. Dezember 2009) festgesetzten Abgabenbetrag f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 eine 鈥瀒m Wege des Verlustvortrags鈥 nacherhobene Abgabe f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 enthalten sein, so ist der 眉berschie脽ende Betrag als in der zu erstattenden Differenz zwischen dem absoluten urspr眉nglich im Wirtschaftsjahr 2002/2003 erhobenen B-Abgabenbetrag und dem f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 nach der VO Nr. 1360/2013 neu festgesetzten B-Abgabenbetrag enthalten anzusehen.
Rz. 16
Wie die Kl盲gerin selbst 鈥搝umindest zun盲chst鈥 feststellt, gr眉ndete die erste ihr gegen眉ber erfolgte Abgabenfestsetzung f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 auf der korrekten Berechnungsmethode f眉r die Produktionsabgabe und blieb deshalb unangetastet bestehen. Die sp盲tere 鈥瀙eriodenfremde鈥 Korrektur, die die Kommission im Wege der nachtr盲glich f眉r ung眉ltig erkl盲rten Verordnung (EG) Nr. 1762/2003 der Kommission vom 7. Oktober 2003 zur Festsetzung der Produktionsabgaben im Zuckersektor f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 (ABlEU Nr. L 254/4) f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 vorgenommen hat, wirkte sich demnach ausschlie脽lich durch eine zus盲tzliche Abgabenlast im Rahmen des Abgabenbescheids f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 aus. Die von der Kommission zur Neuberechnung der Produktionsabgabe erlassene VO Nr. 1193/2009 盲nderte an dieser Ber眉cksichtigung der zus盲tzlichen Abgabenlast f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 im Rahmen des Abgabenbescheids f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 nichts. Wird nunmehr die Abgabenlast f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 gem盲脽 der aktuellen VO Nr. 1360/2013 korrekt festgesetzt und der 眉ber den dadurch ermittelten Abgabenbetrag f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003 geleistete absolute Mehrbetrag der Kl盲gerin erstattet, so muss in dieser Erstattung auch eine etwaige 鈥瀙eriodenfremd鈥 in diesem Wirtschaftsjahr erhobene zus盲tzliche Abgabenlast enthalten sein, die die Kommission durch einen 鈥濾erlustvortrag鈥 vom Wirtschaftsjahr 2001/2002 in das Wirtschaftsjahr 2002/2003 eingerechnet hat. Die Mehrbelastung der Kl盲gerin durch die jeweils ung眉ltige Ber眉cksichtigung einer Abgabennacherhebung f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 wird also in demselben Wirtschaftsjahr r眉ckabgewickelt, in dem sie auferlegt wurde.
Rz. 17
c) Selbst wenn aber die zuviel erhobenen Abgaben, die vorher allein auf das Wirtschaftsjahr 2002/2003 entfielen, nach der VO Nr. 1360/2013 nun buchungsm盲脽ig auf zwei Jahre aufgeteilt und nach 脛nderung der Abgabenbescheide sowohl f眉r das 鈥揳uch dem urspr眉nglichen Vorbringen der Kl盲gerin鈥 korrekt berechnete Wirtschaftsjahr 2001/2002 als auch das Wirtschaftsjahr 2002/2003 getrennt f眉r die beiden Wirtschaftsjahre erstattet werden, ist Gegenstand des Verfahrens weiterhin ausschlie脽lich der Abgabenbescheid f眉r das Wirtschaftsjahr 2002/2003. Der darin urspr眉nglich festgesetzte B-Abgabenbetrag ist mit 脛nderungsbescheid vom 24. M盲rz 2014 auf der Grundlage der g眉ltigen VO Nr. 1360/2013 auf die korrekte H枚he ge盲ndert worden. Diesen Betrag zweifelt auch die Kl盲gerin nicht an. Die Abgabenfestsetzung f眉r das Wirtschaftsjahr 2001/2002 steht dagegen nicht in Streit. Ob f眉r dieses Wirtschaftsjahr der Abgabenbescheid noch ge盲ndert werden kann, ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.
Rz. 18
2. Zinsen f眉r die zu erstattenden Betr盲ge sind entsprechend dem FG-Urteil ab dem Zeitpunkt der 脺berzahlung der Abgaben zu leisten.
Rz. 19
a) In seinem Urteil J眉lich II (EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210, Rz 66) hat der EuGH unter Verweis auf seine insoweit st盲ndige Rechtsprechung (vgl. Urteil Metallgesellschaft vom 8. M盲rz 2001 C-397/98 und C-410/98, EU:C:2001:134, HFR 2001, 628, Rz 84 ff., und Urteil Littlewoods Retail u.a. vom 19. Juli 2012 C-591/10, EU:C:2012:478, HFR 2012, 1018, Rz 24 ff.) bekr盲ftigt, dass sich im Fall von Steuerbetr盲gen, die unter Versto脽 gegen Vorschriften des Unionsrechts erhoben worden sind, ein Anspruch auf Erstattung der erhobenen Betr盲ge zuz眉glich Zinsen unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt. Diesem Grundsatz folgend haben Rechtssuchende, die einen Anspruch auf die Erstattung von Betr盲gen haben, die aufgrund einer ung眉ltigen Verordnung zu Unrecht gezahlt wurden, auch Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Zinsen (Urteil J眉lich II, EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210, Rz 67, 69).
Rz. 20
Im Hinblick auf die Konkretisierung des Begriffs 鈥瀍ntsprechende鈥 Zinsen stellt der EuGH in diesem Urteil (EU:C:2012:591, HFR 2012, 1210, Rz 60, 61) lediglich fest, dass es Sache der nationalen Stellen und insbesondere der nationalen Gerichte ist, in F盲llen der Erstattung von Abgaben, die auf der Grundlage f眉r ung眉ltig erkl盲rter Unionsverordnungen zu Unrecht erhoben wurden, alle mit dieser Erstattung zusammenh盲ngenden Nebenfragen, wie etwa die der Zahlung von Zinsen, gem盲脽 ihren innerstaatlichen Vorschriften 眉ber den Zinssatz und den Zeitpunkt, von dem an die Zinsen zu berechnen sind, zu regeln. Die Bedingungen f眉r die Zahlung solcher Zinsen m眉ssten dabei den Grunds盲tzen der 脛quivalenz und der Effektivit盲t entsprechen, d.h. sie d眉rften insbesondere nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Aus眉bung der Rechte, die die Unionsrechtsordnung einr盲umt, praktisch unm枚glich machen. Dies entspricht der st盲ndigen Rechtsprechung des EuGH im Hinblick auf die Erstattung zu Unrecht erhobener Steuerbetr盲ge und diesbez眉glicher Zinsen (vgl. EuGH-Urteil Roquette fr猫res/Kommission vom 21. Mai 1976 Rs. 26/74, EU:C:1976:69, Rz 9 ff.; EuGH-Urteil Express Dairy Foods vom 12. Juni 1980 Rs. 130/79, EU:C:1980:155, Zeitschrift f眉r Z枚lle und Verbrauchsteuern 1981, 45, Rz 11 ff., und EuGH-Urteil Littlewoods Retail u.a., EU:C:2012:478, HFR 1012, 1018, Rz 27).
Rz. 21
b) Die Abgabenordnung sieht im Zusammenhang mit Erstattungsanspr眉chen zwar lediglich einen Anspruch auf Prozesszinsen ab Rechtsh盲ngigkeit gem盲脽 搂 236 AO vor; Ausnahmen hiervon sind in 搂 233a AO abschlie脽end normiert und greifen im Streitfall nicht ein. Mit Blick auf den Grundsatz der Effektivit盲t hat der Bundesfinanzhof (BFH) zun盲chst entschieden, die Frage, in welcher Weise der jeweilige Mitgliedstaat eine Erstattung oder eine Entsch盲digung f眉r die finanzielle Einbu脽e regelt, die der Steuerpflichtige infolge eines Unionsrechtsversto脽es erlitten hat, sei mangels einer Unionsrechtsregelung Sache des innerstaatlichen Rechts. Unter Umst盲nden k枚nne der Steuerpflichtige zus盲tzlich einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Der Gesetzgeber sei aber nicht zu einer l眉ckenlosen Verzinsung jeglicher Erstattungsanspr眉che verpflichtet (BFH-Beschluss vom 18. September 2007 I R 15/05, BFHE 219, 1, 3, BStBl II 2008, 332); eine Verletzung des Grundsatzes der Effektivit盲t durch das innerstaatliche Regelungsgef眉ge sei dabei nicht ersichtlich.
Rz. 22
c) Jedoch erkl盲rt der EuGH in seinem Urteil Irimie (EU:C:2013:250, HFR 2013, 659, 660, Rz 29) eine nationale Regelung f眉r unionsrechtswidrig, die die bei der Erstattung einer unionsrechtswidrig erhobenen Steuer zu zahlenden Zinsen auf jene Zinsen beschr盲nkt, die ab dem auf das Datum des Antrags auf Erstattung der Steuer folgenden Tag angefallen sind. Eine derartige nationale Regelung d眉rfe im Hinblick auf die Erfordernisse des Grundsatzes der Effektivit盲t nicht dazu f眉hren, dass dem Steuerpflichtigen eine angemessene Entsch盲digung f眉r die Einbu脽en, die er durch die zu Unrecht gezahlte Steuer erlitten habe, vorenthalten werde (EuGH-Urteil Irimie, EU:C:2013:250, HFR 2013, 659, 660, Rz 26, 27). Die Einbu脽en hingen u.a. davon ab, wie lange der unter Versto脽 gegen das Unionsrecht zu Unrecht gezahlte Betrag nicht zur Verf眉gung gestanden habe und entst眉nden somit grunds盲tzlich im Zeitraum vom Tag der zu Unrecht geleisteten Zahlung der fraglichen Steuer bis zum Tag ihrer Erstattung (EuGH-Urteil Irimie, EU:C:2013:250, HFR 2013, 659, 660, Rz 28).
Rz. 23
In seinem Irimie-Urteil (EU:C:2013:250, HFR 2013, 659), in dem er erstmals 眉ber die Unionsrechtskonformit盲t einer nationalen Regelung zur Verzinsung von Erstattungsanspr眉chen zu befinden hatte, hat der EuGH eindeutig entschieden, Zinsen auf unionsrechtswidrig erhobene Steuern f眉r den Zeitraum, in dem die Mittel nicht zur Verf眉gung stehen, zuzusprechen und er hat diese Rechtsprechung zum Zinsbeginn in einem sp盲teren Urteil best盲tigt (EuGH-Urteil Rafinaria Steaua Rom芒na vom 24. Oktober 2013 C-431/12, EU:C:2013:686, HFR 2013, 1163). Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen ab dem Tag der zu Unrecht geleisteten Abgabenzahlung ergibt sich unmittelbar aus dem Unionsrecht. Den anderslautenden BFH-Beschluss in BFHE 219, 1, BStBl II 2008, 332 sieht der erkennende Senat als durch die aktuelle EuGH-Rechtsprechung 眉berholt an.
Rz. 24
3. Die Frage nach der damals gebotenen Aussetzung des Verfahrens gem盲脽 搂 74 FGO bis zum Erlass einer neuen Verordnung zur Berechnung der Produktionsabgaben bedarf keiner weiteren Kl盲rung. Selbst wenn dem FG diesbez眉glich ein Verfahrensfehler anzulasten sein sollte, h盲tte sich die Aussetzung des Verfahrens durch den Erlass der VO Nr. 1360/2013 erledigt. Die Zur眉ckverweisung der Sache an das FG k枚nnte daher nicht zur Heilung einer fehlerhaft unterlassenen Aussetzung gem盲脽 搂 74 FGO f眉hren. Vielmehr kann der Senat die Rechtm盲脽igkeit des 脛nderungsbescheids, der gem盲脽 搂 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, anhand der VO Nr. 1360/2013 pr眉fen und das FG-Urteil 盲ndern, ohne dass eine Zur眉ckverweisung gem盲脽 搂 127 FGO erforderlich ist.
Rz. 25
4. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 1 und 2, 搂 138 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 8889065 |
BFH/NV 2016, 358 |
BFH/NV 2016, 359 |
BFH/PR 2016, 121 |
BStBl II 2016, 323 |
BFHE 2016, 291 |
BFHE 251, 291 |
BB 2016, 150 |
BB 2016, 292 |
DB 2016, 12 |
DB 2016, 6 |
DStR 2016, 13 |
DStRE 2016, 238 |
HFR 2016, 272 |