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Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung einer Berufsbetreuerin
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Leitsatz (redaktionell)
- Die Betreuungsleistungen einer selbst盲ndigen Berufsbetreuerin sind weder nach deutschem Umsatzsteuerrecht noch nach Gemeinschaftsrecht von der Umsatzsteuer befreit.
- Berufsbetreuer sind keine in Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne von Art. 13 Teil A (1) Buchst g) der Richtlinie 77/388/EWG.
- Auch eine Steuerbefreiung nach Artikel 132 (1) Buchst. g) der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie setzt voraus, dass die Dienstleistung durch eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter erbracht wird.
- Die Ungleichbehandlung zwischen Berufsbetreuern und Betreuungsvereinen entspricht dem Willen des nationalen Gesetzgebers.
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Normenkette
UStG 搂 4 Nr. 18; UStDV 搂 23; RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g; RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. g; VBVG 搂 4 Abs. 2
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Streitjahr(e)
2005, 2006, 2007, 2008
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Nachgehend
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Tatbestand
Streitig ist, ob die Kl盲gerin umsatzsteuerfreie oder umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausf眉hrt.
Die Kl盲gerin ist als Berufsbetreuerin selbstst盲ndig t盲tig.
Die Umsatzsteuern der Streitjahre 2005 bis 2008 hatte der Beklagte zun盲chst erkl盲rungsgem盲脽 festgesetzt und die durch die Kl盲gerin erzielten Ums盲tze als umsatzsteuerpflichtig behandelt. Mit Schreiben vom 24.02.2010 legte die Kl盲gerin Einspruch ein hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung 2008 und stellte einen Antrag auf 脛nderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2007 nach 搂 164 Abs. 2 Abgabenordnung 鈥 AO 鈥. Sowohl zur Begr眉ndung des Einspruchs als auch des 脛nderungsantrags berief sich die Kl盲gerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofs 鈥 BFH 鈥 vom 11.03.2009, XI R 68/06, Sammlung amtlich nicht ver枚ffentlichter Entscheidungen des BFH 鈥 BFH/NV 鈥 2009, 1464. Aus dem Urteil gehe hervor, dass die T盲tigkeit der Kl盲gerin als Berufsbetreuerin umsatzsteuerfrei sei.
Den 脛nderungsantrag hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen 2005 bis 2007 lehnte der Beklagte mit Verf眉gung vom 10.03.2010 ab. Sowohl den hiergegen eingelegten Einspruch als auch den Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2008 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 03.05.2010 ab. F眉r die Kl盲gerin ist daraufhin Klage erhoben worden.
F眉r die Kl盲gerin wird vorgetragen, dass sich die Umsatzsteuerfreiheit ihrer T盲tigkeit als Berufsbetreuerin aus der unmittelbaren Anwendung der Regelung in Art. 132 (1) Buchst. g) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates der Europ盲ischen Union vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) bzw. Art. 13 Teil A (1) Buchst. g) der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). ergebe. Nach diesen Vorschriften seien eng mit der sozialen F眉rsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen von anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter von der Umsatzsteuer befreit. Der BFH habe mit Urteil vom 11.03.2009, XI R 68/06 (a. a. O.), ausgef眉hrt, dass das deutsche Umsatzsteuergesetz 鈥 UStG 鈥 mit 搂 4 Nr. 18 UStG diese Steuerbefreiung nicht ordnungsgem盲脽 umgesetzt habe. Das in 搂 4 Nr. 18 UStG geregelte Abstandsgebot sei insofern gemeinschaftswidrig, als es auch f眉r beh枚rdlich genehmigte Preise gelte. Die Richtlinie erlaube den Mitgliedstaaten die Regelung eines Abstandsgebotes nur bei T盲tigkeiten, f眉r die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen sei. Die Regelung des 搂 4 Nr. 18 UStG, wonach das Abstandsgebot auch bei beh枚rdlich festgesetzten Preisen gefordert werde, werde demgegen眉ber von der Erm盲chtigung der Richtlinie nicht gedeckt. Es fehle an einer korrekten Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, was zur Folge habe, dass sich die Kl盲gerin gegen眉ber der Regelung in 搂 4 Nr. 18 UStG unmittelbar auf die o. g. Richtlinienvorschriften berufen k枚nne. Diese z盲hlten hinreichend genau und unbedingt die T盲tigkeiten auf, die steuerfrei seien. Ein unmittelbares Berufen auf die Richtlinienbestimmungen sei daher m枚glich.
Dar眉ber hinaus sei die Kl盲gerin mit ihrer T盲tigkeit als Berufsbetreuerin in Deutschland auch als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt. F眉r diese Beurteilung seien nach der Rechtsprechung des Europ盲ischen Gerichtshofs 鈥 EuGH 鈥 nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit heranzuziehen. Zentrale Regelungen f眉r die T盲tigkeit der Kl盲gerin seien die Vorschriften zur Betreuung in 搂搂 1896 ff B眉rgerliches Gesetzbuch 鈥BGB-. Der Betreuer organisiere die tats盲chliche Hilfe in Form von rechtlicher F眉rsorge und werde hierf眉r aus der Staatskasse verg眉tet (Hinweis auf 搂 1 Abs. 2 Vorm眉nder- und Betreuerverg眉tungsgesetz 鈥 VBVG 鈥). Die entgegenstehende Auffassung des Beklagten, wonach sich bereits aus 搂 4 Nr. 18 UStG ergebe, dass die Kl盲gerin keine Einrichtung mit sozialem Charakter sei, greife bereits deswegen nicht, weil 搂 4 Nr. 18 UStG keine schl眉ssige Umsetzung der Richtl...