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Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausdehnung einer Betriebspr眉fung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (搂 4 Abs.2 BpO/St) setzt bei einem Mittelbetrieb voraus, da脽 mit Mehrsteuern von mindestens 3 000 DM f眉r das Kalenderjahr zu rechnen ist.
2. Ob diese Voraussetzung erf眉llt ist, mu脽 nach den im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bekannten Umst盲nden beurteilt werden. Dabei sind auch die Ergebnisse bereits durchgef眉hrter Pr眉fungshandlungen f眉r den erweiterten Zeitraum zu ber眉cksichtigen.
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Orientierungssatz
Hat sich eine Pr眉fungsanordnung w盲hrend des Beschwerdeverfahrens durch Abschlu脽 der Au脽enpr眉fung erledigt, kann zum Feststellungsbegehren 眉bergegangen werden. Ein 脺bergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch noch im Revisionsverfahren m枚glich (vgl. BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
AO 1977 搂 194 Abs. 1 S. 2; FGO 搂 100 Abs. 1 S. 4; BpO (St) 搂 4 Abs. 2
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) unterhalten einen Gartenbaubetrieb. Im M盲rz 1981 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bei ihnen eine Betriebspr眉fung f眉r die Jahre 1976 bis 1978 an; sie sollte sich auf die Umsatzsteuer und Verm枚gensteuer dieser Jahre und die Eink眉nfte aus Land- und Forstwirtschaft der Wirtschaftsjahre 1976/77 bis 1978/79 erstrecken. Im Oktober 1981 erweiterte das FA die Pr眉fung auf die Jahre 1974 und 1975; es sollten Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Verm枚gensteuer dieser Jahre gepr眉ft werden. Zur Begr眉ndung wurde angegeben, da脽 f眉r die Vorjahre mit nicht unerheblichen Nachforderungen zu rechnen sei. Gegen diese Erweiterung erhoben die Kl盲ger Beschwerde. Die Oberfinanzdirektion (OFD) wies diese Beschwerde im M盲rz 1983 zur眉ck, weil sich f眉r alle Jahre des urspr眉nglichen Pr眉fungszeitraums Steuernachforderungen von mehr als 3 000 DM ergeben h盲tten und mit 盲hnlichen Auswirkungen auch im erweiterten Pr眉fungszeitraum zu rechnen gewesen sei. Der OFD lag der Bericht 眉ber die inzwischen abgeschlossene Betriebspr眉fung vom 25.M盲rz 1982 vor. Danach ergaben sich f眉r die Jahre 1974 bis 1978 lediglich bei der Einkommensteuer Mehrbetr盲ge von 734 DM, 2 138 DM, 1 742 DM, 3 128 DM und 5 766 DM.
Das Finanzgericht (FG) hob die erweiterte Pr眉fungsanordnung auf, soweit sie die Umsatzsteuer und Verm枚gensteuer 1974 und 1975 betraf, wies die Klage im 眉brigen aber ab.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Kl盲ger, mit der sie Verletzung formellen und materiellen Rechts r眉gen.
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Die Revision ist begr眉ndet.
1. Die erweiterte Pr眉fungsanordnung hat bereits vor Abschlu脽 des Beschwerdeverfahrens ihre Erledigung gefunden; das FA hatte die f眉r erforderlich gehaltenen Feststellungen getroffen, eine Schlu脽besprechung durchgef眉hrt und einen Betriebspr眉fungsbericht erstellt. Die Kl盲ger konnten bei dieser Sachlage eine Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Ziel erheben, die Rechtswidrigkeit der Pr眉fungsanordnung festzustellen; sie konnten damit erreichen, da脽 die getroffenen Feststellungen bei Erla脽 des Einkommensteuerbescheids nicht ber眉cksichtigt werden durften (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7.November 1985 IV R 6/85, BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435). Die Kl盲ger sind erst im Revisionsverfahren auf die Fortsetzungsfeststellungsklage 眉bergegangen; dies ist zul盲ssig, weil darin eine Einschr盲nkung des urspr眉nglichen Klagebegehrens auf Aufhebung der Pr眉fungsanordnung liegt (BFH-Urteil vom 16.Dezember 1986 VIII R 123/86, BFHE 148, 426, BStBl II 1987, 248, mit weiteren Nachweisen).
2. Gem盲脽 搂 193 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) konnte das FA bei den Kl盲gern, die als Mitunternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes angesehen wurden, nach seinem Ermessen eine Betriebspr眉fung durchf眉hren und dabei gem盲脽 搂 194 Abs.1 Satz 2 AO 1977 auch entscheiden, auf welche Besteuerungszeitr盲ume sich die Pr眉fung erstrecken sollte. Bei der Aus眉bung dieses Ermessens mu脽te sich das FA an die 叠别迟谤颈别产蝉辫谤眉蹿耻苍驳蝉辞谤诲苍耻苍驳 (Steuer) --BpO(St)-- vom 27.April 1978 (BStBl I 1978, 195) halten, durch die die Finanzverwaltung ihrem Ermessen selbst Grenzen gesetzt hat.
Nach 搂 4 Abs.2 BpO(St) soll bei anderen Betrieben als Gro脽betrieben die Pr眉fung nicht 眉ber die drei letzten Besteuerungszeitr盲ume ausgedehnt werden, f眉r die vor Bekanntgabe der Pr眉fungsanordnung Steuererkl盲rungen f眉r die Ertragsteuern abgegeben wurden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist u.a. f眉r den Fall vorgesehen, da脽 mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen ist. Die hierzu angef眉hrten Tatbestandsmerkmale begrenzen den Ermessensspielraum der Finanzbeh枚rde; ob sie vorliegen, kann vom Gericht 眉berpr眉ft werden.
3. Die Erweiterung des Pr眉fungszeitraums ist von der H枚he der erwarteten Steuernachforderung abh盲ngig; sie mu脽 "nicht unerheblich sein". Wann diese Grenze erreicht ist, wird unterschiedlich beurteilt. Das Schleswig-Holsteinische FG hat angenommen (Urteil vom 10.Juli 1968 II 9/67, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1968, 543), da脽 sich eine Steuernachforderung von mindestens 1 000 DM f眉r jede Steuerart im zu pr眉fenden Kalenderjahr ergeben m眉sse. Andere FG haben abweichende Betr盲ge zugrunde gelegt (vgl. die Angaben aus der Betriebspr眉fungs-Kartei der OFDen D眉sseldorf, K枚ln und M眉nster, Der Betrieb --DB-- 1978, 1618, 1619). Danach hat das FG D眉sseldorf in einem Urteil vom 21.Juni 1977 XV 7/75 S angenommen, da脽 im zu pr眉fenden Veranlagungszeitraum ein Mehrbetrag von 3 000 DM erreicht sein m眉sse. Der BFH hat in seinem Urteil vom 1.August 1984 I R 138/80 (BFHE 142, 198, BStBl II 1985, 350) einen zu erwartenden Mehrgewinn von 2 500 DM als unerheblich angesehen, obwohl sich hieraus nach den mitgeteilten wirtschaftlichen Verh盲ltnissen des Steuerpflichtigen eine Steuernachforderung von mehr als 1 000 DM ergeben mu脽te.
Der Senat geht davon aus, da脽 sich ein ma脽gebender Mindestbetrag nicht f眉r alle F盲lle festlegen l盲脽t. F眉r die Verh盲ltnisse eines Mittelbetriebes bildet jedoch der vom FG D眉sseldorf in seinem Urteil vom 21.Juni 1977 (a.a.O.) zugrunde gelegte Betrag von 3 000 DM, der als Steuernachforderung aus s盲mtlichen Steuerarten eines Veranlagungszeitraums erwartet wird, einen geeigneten Anhaltspunkt. Von diesem Betrag ist auch die OFD in ihrer Beschwerdeentscheidung ausgegangen. Die Heranziehung eines zu geringen Betrages verbietet sich, weil eine Betriebspr眉fung in der Regel zu irgendwelchen Steuernachforderungen f眉hrt, die Ausdehnung des Pr眉fungszeitraums aber als Ausnahme verstanden wird. Gegen die Zugrundelegung eines zu hohen Betrages spricht andererseits, da脽 die Ausdehnung des Pr眉fungszeitraums zugunsten des Steuerpflichtigen nach 搂 4 Abs.2 BpO(St) davon abh盲ngt, da脽 mit nicht unerheblichen Steuererstattungen oder -verg眉tungen zu rechnen ist.
4. Ob mit Steuernachforderungen von mindestens 3 000 DM j盲hrlich zu rechnen war, beurteilte sich nach den Verh盲ltnissen im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung; sie m眉ssen die Prognose wahrscheinlich machen, da脽 sich solche Nachforderungen ergeben werden (Urteil in BFHE 142, 198, BStBl II 1985, 350). Dabei mu脽 die Beschwerdebeh枚rde alle ihr bekannten Umst盲nde einbeziehen. Sie k枚nnen vor allem im bereits bekannten Pr眉fungsergebnis f眉r den urspr眉nglichen Pr眉fungszeitraum liegen. Doch gestattet ein f眉r diesen Zeitraum festgestelltes Mehrergebnis nicht stets den R眉ckschlu脽, da脽 sich ein entsprechendes Ergebnis auch in einem fr眉heren Zeitraum einstellen wird; dies kann unter Umst盲nden im Hinblick auf die betriebliche Entwicklung unwahrscheinlich sein. Andererseits k枚nnen sich aus Feststellungen im zun盲chst gepr眉ften Zeitraum konkrete Anhaltspunkte f眉r nicht unerhebliche Nachforderungen im einem fr眉heren Besteuerungszeitraum ergeben; das FA braucht in diesem Fall mit der Erweiterung des Pr眉fungszeitraums nicht abzuwarten, bis ein Mehrergebnis aus der Pr眉fung im urspr眉nglichen Zeitraum bekannt ist.
Hieraus folgt, da脽 die OFD bei ihrer Entscheidung 眉ber eine Erweiterung des Pr眉fungszeitraums auch bereits f眉r diesen Zeitraum bekanntgewordene Pr眉fungsergebnisse ber眉cksichtigen mu脽, falls sie trotz Anfechtung der Pr眉fungsanordnung durch den Steuerpflichtigen die erweiterte Pr眉fung ganz oder teilweise durchgef眉hrt hat. Von dieser Auffassung sind die BFH-Entscheidungen in BFHE 142, 198, BStBl II 1985, 350 und in BFHE 145, 23, BStBl II 1986, 435 ausgegangen; an ihr ist festzuhalten. Sie wirkt sich zu Lasten des Steuerpflichtigen aus, wenn sich erst durch diese Pr眉fung Anhaltspunkte f眉r nicht unerhebliche Nachforderungen ergeben haben. Sie wirkt sich zu seinen Gunsten aus, wenn nach den Ergebnissen der urspr眉nglichen Pr眉fung mit nicht unerheblichen Mehrergebnissen im erweiterten Pr眉fungszeitraum zu rechnen war, diese Erwartungen aber nach den im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bekannten Ergebnissen der erweiterten Pr眉fung sich nicht bewahrheitet haben.
So liegt es im Streitfall. F眉r den erweiterten Pr眉fungszeitraum 1974 und 1975 hat die Pr眉fung zu Steuernachforderungen von nur 700 DM bzw. 2 138 DM gef眉hrt. Damit war die f眉r den Streitfall anzunehmende Erheblichkeitsgrenze von 3 000 DM nicht 眉berschritten.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 62418 |
BStBl II 1988, 857 |
BFHE 153, 210 |
BFHE 1989, 210 |
BB 1988, 1595-1595 (L1-2) |
DB 1988, 1835-1836 (ST1-2) |
DStR 1988, 578 (ST1-2) |
HFR 1988, 497 (LT1-2) |