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Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Festsetzungsverj盲hrung: Beginn der Jahresfrist nach 搂 171 Abs. 9 AO
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Leitsatz (amtlich)
Die Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO beginnt, wenn die angezeigte Steuerverk眉rzung dem Grunde nach individualisiert werden kann, der Steuerpflichtige also Steuerart und Veranlagungszeitraum benennt und den Sachverhalt so schildert, dass der Gegenstand der Selbstanzeige erkennbar wird.
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Normenkette
AO 搂搂听153, 169 Abs. 2 S. 2, 搂听170 Abs. 2 Nr. 1, 搂听171 Abs. 9, 搂搂听370-371, 378 Abs. 3; GewStG 搂 35b
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) erzielte als Metzgermeister Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 1987 wurde er zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuererkl盲rung der Ehegatten ging --ebenso wie die Umsatz- und die Gewerbesteuererkl盲rung des Kl盲gers-- am 10. November 1988 beim Beklagten und Revisionskl盲ger (Finanzamt --FA--) ein. Das FA setzte die Steuern erkl盲rungsgem盲脽 fest. Dabei ber眉cksichtigte es u.a. Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb in H枚he von 92.674 DM, Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen von je 0 DM (erkl盲rte Einnahmen des Kl盲gers: 7 DM; der Ehefrau: 33 DM) sowie steuerpflichtige Ums盲tze von 477.314 DM.
Rz. 2
Am 6. November 1998 erhielt das FA ein vom Steuerberater des Kl盲gers gefertigtes Schreiben, das im Betreff als "strafbefreiende Selbstanzeige nach 搂 371 AO" der Eheleute 眉berschrieben war. Das Schreiben lautete wie folgt:
Rz. 3
"鈥 namens und im Auftrag meiner Mandanten erkl盲re ich, dass sie hinsichtlich der Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalverm枚gen unrichtige bzw. unvollst盲ndige Angaben in ihren Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererkl盲rungen 眉ber die H枚he der tats盲chlichen Einnahmen gemacht haben und auch der Verpflichtung zur Abgabe der Verm枚gensteuererkl盲rungen nicht nachgekommen sind. Die Steuererkl盲rungen f眉r das Jahr 1986 wurden Ihnen am 5.10.1987 (Veranlagung ebenfalls 1987) eingereicht. Festsetzungsverj盲hrung ist deshalb f眉r die Veranlagungen ab 1987 noch nicht eingetreten.
Rz. 4
Leider kann ich Ihnen wegen fehlender Unterlagen keine genauen Angaben 眉ber die nicht erkl盲rten Einnahmen machen, sondern diese bis zur Vorlage der in Luxemburg angeforderten Kontoausz眉ge und Best盲tigungen 眉ber laufende Einzahlungen, j盲hrliche Kontenst盲nde und Zinsgutschriften nach Angaben meiner Mandanten nur sch盲tzen. Danach d眉rften die Guthaben in Luxemburg derzeit insgesamt 1,5 Mio. DM ausmachen, wurden neben ordnungsgem盲脽 versteuerten Betr盲gen j盲hrlich ca. DM 80.000,- nicht versteuerte Einnahmen aus Gewerbebetrieb dort eingezahlt, und wurden die gutgeschriebenen Zinsen zur Aufstockung der Guthaben verwendet. In den strafrechtlich relevanten Jahren (die Veranlagungen f眉r das Jahr 1990 wurden im M盲rz bzw. Juni 1992 durchgef眉hrt; die Veranlagungen f眉r 1991 im Mai 1994) d眉rften die j盲hrlichen Zinsen bis DM 130.000,- betragen haben.
Rz. 5
Ich bitte Sie, mir eine angemessene Frist f眉r die Angabe von konkreten Zahlen bzw. f眉r eine ggf. erforderliche abschlie脽ende Sch盲tzung der Zahlen zu gew盲hren und mir dabei den Eingang dieses Schreiben zu best盲tigen."
Rz. 6
Das FA best盲tigte mit Schreiben vom 13. November 1998 den Eingang der Selbstanzeige. Es bat (ohne Angabe bestimmter Jahre) mit Frist 31. Dezember 1998, die "konkreten Betr盲ge und die entsprechenden Nachweise beizubringen". Sollte dies nicht m枚glich sein, werde um eine "vorl盲ufige Sch盲tzung der Besteuerungsgrundlagen" gebeten.
Rz. 7
Der Steuerberater des Kl盲gers teilte dem FA hierzu mit Schreiben vom 6. Januar 1999 mit, es sei ihm leider bisher nicht m枚glich gewesen, "konkrete Betr盲ge zu nennen bzw. vorl盲ufige Zahlen zu sch盲tzen", da seine Mandanten dar眉ber keinerlei Unterlagen aufbewahrt h盲tten und Angaben und Nachweise von den Banken angefordert werden m眉ssten. Insbesondere die Banken in Luxemburg seien derzeit mit Anfragen 眉berlastet. Der Berater bat, die Bearbeitungsfrist bis zum 31. Januar 1999 zu verl盲ngern.
Rz. 8
Die Straf- und Bu脽geldsachenstelle des FA f眉r Steuerstrafsachen und Steuerfahndung leitete am 9. Februar 1999 sowohl gegen den Kl盲ger als auch gegen dessen Ehefrau das Steuerstrafverfahren ein. Mit Schreiben vom 23. M盲rz 1999 (betreffend Einkommensteuer 1991 bis 1996) und Frist 6. April 1999 forderte das FA den Steuerberater der Kl盲ger auf, bestimmte Angaben zu machen bzw. Unterlagen zu 眉bersenden. Es wies abschlie脽end darauf hin, dass die Betr盲ge ggf. zu sch盲tzen seien. Am 9. April 1999 bat der Berater um weitere Fristverl盲ngerung bis zum 31. Mai 1999. Die Geldanlagen der Eheleute bef盲nden sich bei drei Instituten in Luxemburg und diese h盲tten --trotz mehrfacher Erinnerung-- die erforderlichen Unterlagen nicht bzw. nicht vollst盲ndig 眉bersandt.
Rz. 9
Am 16. Juni 1999 fand im FA eine Besprechung statt, an der der Kl盲ger, sein Steuerberater und die zust盲ndige Sachgebietsleiterin S teilnahmen. Ausweislich des von S hier眉ber gefertigten Aktenvermerks legte der Kl盲ger in diesem Termin erstmals "Unterlagen und Berechnungen zu den in den Jahren 1987 bis 1996 erzielten und bisher nicht erkl盲rten Kapitaleink眉nften und den dem Betrieb unversteuert entnommenen Einnahmen" vor. In der zwei Seiten umfassenden "Ermittlung der nachzuversteuernden Eink眉nfte und der Kapitalst盲nde" waren auch das Streitjahr betreffende Angaben enthalten.
Rz. 10
Zu den gewerblichen "Schwarzeinnahmen" (j盲hrlich 18.000 DM) machten der Kl盲ger und sein Berater ausweislich des Vermerks folgende Angaben: Der Kl盲ger habe den Betrieb im Jahre 1969 眉bernommen und seitdem regelm盲脽ig geringe Betr盲ge der Kasse unversteuert entnommen und angelegt. Er gab diese Betr盲ge sch盲tzungsweise mit monatlich 1.500 DM an (gleichbleibend von 1969 bis 1996). Kosten sind nach Angabe des Kl盲gers nicht verschwiegen worden; bei den "entnommenen" Betr盲gen handele es sich um Eink眉nfte. Weitere Angaben zur Glaubhaftmachung erfolgten nicht.
Rz. 11
Bereits zuvor hatte das FA den nach 搂 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ge盲nderten Einkommensteuerbescheid 1987 vom 31. Mai 1999 erlassen, in dem es Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb von (92.674 DM + 80.000 DM =) 172.674 DM und Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen der Eheleute von 129.240 DM ansetzte. Am 29. Oktober 1999 erlie脽 das FA einen ebenfalls nach 搂 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ge盲nderten Umsatzsteuerbescheid 1987 und erh枚hte die urspr眉nglich erkl盲rten Ums盲tze um 80.000 DM. Am 19. November 1999 schlie脽lich 盲nderte es den Gewerbesteuermessbescheid 1987 und setzte den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit 172.674 DM an.
Rz. 12
Mit den fristgerecht eingelegten Einspr眉chen machten die Ehegatten/der Kl盲ger geltend, f眉r s盲mtliche Steuerarten sei f眉r das Jahr 1987 bereits zum 31. Dezember 1998 Festsetzungsverj盲hrung eingetreten. Die Selbstanzeige betreffe nur die dort genannten strafrechtlich relevanten Jahre. Zudem seien die Zusch盲tzungen 眉berh枚ht; dies ergebe sich bereits aus den Unterlagen, die anl盲sslich der Besprechung im FA am 16. Juni 1999 vorgelegt worden seien.
Rz. 13
Das FA setzte mit der an die Eheleute gerichteten Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005 die Einkommensteuer 1987 auf 21.115,33 鈧 herab und wies den Einspruch im 脺brigen als unbegr眉ndet zur眉ck. Die Umsatzsteuer 1987 betr盲gt laut Einspruchsentscheidung 4.338,82 鈧 und der Gewerbesteuermessbetrag 1987听 1.914,79 鈧. Die Teilabhilfen beruhten auf einer Minderung der zwischen den Beteiligten nicht mehr streitigen Zusch盲tzungen.
Rz. 14
Zur Anwendung des 搂 171 Abs. 9 AO betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1987 f眉hrte das FA unter Hinweis auf das Urteil des Nieders盲chsischen Finanzgerichts (FG) vom 10. November 2003听 1 K 10277/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 468) aus, bei der am 6. November 1998 eingereichten Anzeige handele es sich um eine Anzeige i.S. des 搂 371 AO bzw. 搂 171 Abs. 9 AO. In der Einspruchsentscheidung betreffend den Gewerbesteuermessbetrag 1987 r盲umte das FA ein, dass der 脛nderungsbescheid erst nach Ablauf der Jahresfrist (搂 171 Abs. 9 AO) zur Post gegeben worden sei; die Berichtigungsm枚glichkeit hierf眉r ergebe sich jedoch aus 搂 35b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. 搂 171 Abs. 10 AO.
Rz. 15
Das FG hat der Klage stattgegeben. Durch das Schreiben vom 6. November 1998 sei keine die Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1987 betreffende Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO eingetreten. Das sog. "Berichtigungserfordernis" (搂 371 Abs. 1 AO) sei nicht im Jahre 1998, sondern erst durch eine substantiiert begr眉ndete Sch盲tzung der Besteuerungsgrundlagen aufgeschl眉sselt nach Veranlagungszeitr盲umen am 16. Juni 1999 erf眉llt worden. Eine sog. "gestufte" Selbstanzeige k枚nne die Ablaufhemmung nicht ausl枚sen. Deshalb sei auch in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetrag 1987 搂 171 Abs. 10 AO nicht "entsprechend" anzuwenden, weil s盲mtliche Festsetzungsfristen (Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag) bereits abgelaufen gewesen seien.
Rz. 16
Mit seiner Revision macht das FA geltend, der Kl盲ger habe --anders als vom FG angenommen-- im Schreiben vom 6. November 1998 seine nicht versteuerten Einnahmen beziffert. Es sei anerkannt, dass eine Selbstanzeige durch Sch盲tzung m枚glich sei. Der sich selbst Anzeigende m眉sse auch die Grundlagen seiner Sch盲tzung nicht darlegen, um dem FA eine 脺berpr眉fung zu erm枚glichen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass eine wirksame Selbstanzeige vor Ablauf der regul盲ren Festsetzungsfrist nicht vorgelegen habe, sei gleichwohl Ablaufhemmung eingetreten. Es sei nicht erforderlich, dass alle Tatbestandsmerkmale der 搂搂 153, 371, 378 Abs. 3 AO erf眉llt seien. Vielmehr reiche es aus, wenn der Steuerpflichtige oder sein Berater der zust盲ndigen Beh枚rde anzeige, die abgegebenen Erkl盲rungen seien unrichtig oder unvollst盲ndig, und diese Mitteilung so viele Tatsachenangaben enthalte, dass die angezeigte Steuerverk眉rzung dem Grunde nach individualisiert werden k枚nne.
Rz. 17
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 18
Der Kl盲ger beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Rz. 19
II. Die Revision ist begr眉ndet. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuer- und des Umsatzsteuer盲nderungsbescheids 1987 sowie des ge盲nderten Gewerbesteuermessbescheids 1987 bereits Festsetzungsverj盲hrung eingetreten war.
Rz. 20
1. Gem盲脽 搂 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererkl盲rung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererkl盲rung eingereicht wird; die Festsetzungsfrist betr盲gt nach 搂 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Fall der Steuerhinterziehung zehn Jahre. Danach begann im Streitfall die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 1988; ohne Ablaufhemmung h盲tte sie am 31. Dezember 1998 geendet. Dass eine Steuerhinterziehung vorlag und deshalb die verl盲ngerte Festsetzungsfrist von zehn Jahren zur Anwendung kommt, ist angesichts der 眉ber Jahre hinweg grob unrichtigen Angaben zur H枚he der gewerblichen Eink眉nfte und der Kapitaleink眉nfte in den Steuererkl盲rungen nicht zweifelhaft und wird von der Kl盲gerseite auch nicht in Abrede gestellt.
Rz. 21
2. Die Festsetzungsfrist verl盲ngerte sich im Streitfall nach 搂 171 Abs. 9 AO 眉ber den 31. Dezember 1998 hinaus. Im Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuer盲nderungsbescheids 1987 am 31. Mai 1999 bzw. des Umsatzsteuer盲nderungsbescheids 1987 am 29. Oktober 1999 war noch keine Festsetzungsverj盲hrung eingetreten.
Rz. 22
a) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den 搂搂 153, 371 und 378 Abs. 3 AO, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige (搂 171 Abs. 9 AO). Wer in den F盲llen des 搂 370 AO (d.h. der hier vorliegenden Steuerhinterziehung) unrichtige oder unvollst盲ndige Angaben bei der Finanzbeh枚rde berichtigt oder erg盲nzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit (unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) straffrei (搂 371 Abs. 1 AO).
Rz. 23
b) Eine wirksame Selbstanzeige i.S. des 搂 371 Abs. 1 AO setzt voraus, dass die bisher unrichtigen, unvollst盲ndigen oder ganz unterbliebenen Angaben wahrheitsgem盲脽 nachgeholt werden. Straffreiheit tritt nicht ein, wenn zum Zeitpunkt der Berichtigung einer der Ausschlussgr眉nde des 搂 371 Abs. 2 AO vorliegt oder wenn die Steuern nicht innerhalb angemessener Frist nachgezahlt werden (搂 371 Abs. 3 AO). 搂 371 AO will dem T盲ter selbst nach einer vollendeten Steuerhinterziehung noch die M枚glichkeit geben, seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und eventuelle Verfehlungen nachtr盲glich zu berichtigen. Dem Staat soll dadurch der Zugriff auf bisher unbekannte Steuerquellen erm枚glicht werden. Eine wirksame Selbstanzeige nach 搂 371 Abs. 1 AO setzt daher voraus, dass der Steuerpflichtige eine gewisse T盲tigkeit entfaltet, die zu einer Berichtigung und Erg盲nzung der bisherigen Angaben f眉hrt. Er muss hierdurch einen wesentlichen Beitrag zur Erm枚glichung einer zutreffenden nachtr盲glichen Steuerfestsetzung leisten (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 16. Juni 2005听 5 StR 118/05, BFH/NV 2005, Beilage 4, 380). Durch die Berichtigung und Erg盲nzung der bisherigen oder die Nachholung von bisher unterbliebenen Angaben durch den Steuerpflichtigen muss das FA in der Lage sein, ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzukl盲ren (vgl. BGH-Beschluss in BFH/NV 2005, Beilage 4, 380).
Rz. 24
c) In der Literatur wird eine "Selbstanzeige in Stufen" diskutiert (vgl. hierzu Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 搂 371 AO Rz 54 und 293; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., Teil II: Selbstanzeige unter 6.3.3; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht mit Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, 7. Aufl., 搂 371 Rz 52, 77a f.; Klein/J盲ger, AO, 10. Aufl., 搂 371 Rz 20). Jedenfalls in F盲llen, in denen der Steuerpflichtige eine Selbstanzeige dem Grunde nach erstattet, die hinterzogenen Steuern zu seinen Ungunsten sch盲tzt und die Finanzbeh枚rde um die Gew盲hrung einer Nachfrist bittet, soll Straffreiheit eintreten und eine nachtr盲gliche Korrektur "nach unten" unproblematisch sein (Schauf in Kohlmann, a.a.O., 搂 371 AO Rz 54 und 293).
Rz. 25
d) Im Streitfall kann offenbleiben, ob sich der Senat der Auffassung anschlie脽en k枚nnte, eine "Selbstanzeige in Stufen" sei generell m枚glich, sie f眉hre zur Straffreiheit und verhindere den Eintritt eines Sperrgrundes i.S. von 搂 371 Abs. 2 AO. Nicht zu entscheiden braucht der Senat ebenfalls die Frage, ob das Schreiben des Kl盲gers vom 6. November 1998 auch hinsichtlich des Jahres 1987 die Voraussetzungen der ersten Stufe einer gestuften Selbstanzeige erf眉llen w眉rde, obwohl der Kl盲ger in diesem Schreiben die nicht erkl盲rten Zinsen nur f眉r die strafrechtlich relevanten Jahre gesch盲tzt hat.听
Rz. 26
e) Die Ablaufhemmung i.S. von 搂 171 Abs. 9 AO kann jedenfalls auch aufgrund einer "Selbstanzeige" eintreten, welche die Voraussetzungen des 搂 371 Abs. 1 AO f眉r die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige (noch) nicht erf眉llt.
Rz. 27
Die Selbstanzeige nach 搂 371 AO will --aus fiskalischen Gr眉nden-- Steuerhinterziehern eine "goldene Br眉cke" bauen. Liegt eine wirksame Selbstanzeige i.S. von 搂 371 AO vor, tritt --auch bei vollendeter Steuerhinterziehung-- Straffreiheit ein. Liegt die Tat mehrere Jahre zur眉ck und sind gar Auslandssachverhalte ber眉hrt, ist es f眉r den selbstanzeigewilligen Steuerpflichtigen --wie auch der Streitfall zeigt-- schwierig, wenn nicht gar unm枚glich, Zahlenangaben sofort vorzulegen, die eine Berichtigungserkl盲rung i.S. des 搂 371 Abs. 1 AO erfordert (vgl. Schauf in Kohlmann, a.a.O., 搂 371 AO Rz 53.3). Diesem Problem hat die Finanzverwaltung bis 2004 (also auch in dem Jahr, in dem der Kl盲ger Selbstanzeige erstattet hatte) Rechnung getragen und in ihren Anweisungen f眉r das Straf- und Bu脽geldverfahren (Steuer) --AStBV (St)-- dem Erstatter der Selbstanzeige Gelegenheit gegeben, eine unvollst盲ndige und damit unwirksame Selbstanzeige zu vervollst盲ndigen und Straffreiheit zu erlangen (vgl. Nr. 120 Abs. 1 Satz 1 AStBV (St) a.F.). Seither sehen die Anweisungen allerdings vor, dass die Bu脽geld- und Strafsachenstelle die Ermittlungen selbst durchzuf眉hren oder zu veranlassen hat, falls die Angaben f眉r eine wirksame Selbstanzeige nicht ausreichen und der Sachverhalt weiter aufkl盲rungsbed眉rftig ist.
Rz. 28
Die Ablaufhemmung soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Finanzbeh枚rde in bestimmten F盲llen auch dann noch eine Steuerfestsetzung erm枚glichen, wenn dies aus bestimmten Gr眉nden w盲hrend der regelm盲脽igen Festsetzungsfrist nicht m枚glich ist (vgl. BTDrucks VI/1982, S. 151). 搂 171 Abs. 9 AO r盲umt der Finanzbeh枚rde die M枚glichkeit ein, innerhalb eines Jahres die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige selbst erkl盲rt, unzutreffende Angaben gemacht und so Steuern hinterzogen zu haben. Ma脽geblich f眉r den Beginn der Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO kann daher nur sein, dass der Steuerpflichtige den entsprechenden Lebenssachverhalt so aufdeckt, dass die Finanzbeh枚rde in die Lage versetzt wird, insoweit ihrer Ermittlungspflicht nachzukommen. Erf眉llt der Steuerpflichtige dann seine weiterhin bestehenden Mitwirkungspflichten nicht, kann die Finanzbeh枚rde die Besteuerungsgrundlagen, auf die sich die "Selbstanzeige" des Steuerpflichtigen bezieht, notfalls auch sch盲tzen. Aus diesem Grund und angesichts der Tatsache, dass Steuerpflichtige, deren Tat mehrere Jahre zur眉ckliegt, h盲ufig nicht in der Lage sind, s盲mtliche Angaben f眉r eine vollst盲ndige Selbstanzeige i.S. des 搂 371 AO zu machen, sowie der gesetzgeberischen Intention, durch die Ablaufhemmung zu erreichen, dass Sachverhalte, auf die sich die Selbstanzeige bezieht, auch tats盲chlich bei der Besteuerung ber眉cksichtigt werden k枚nnen, ist es gerechtfertigt, an eine zur Ablaufhemmung f眉hrende Selbstanzeige geringere Anforderungen zu stellen als an eine die Straffreiheit bewirkende Selbstanzeige. Nicht nur eine zur Straffreiheit nach 搂 371 AO f眉hrende Selbstanzeige, mit der der Steuerpflichtige seine unrichtigen oder unvollst盲ndigen Angaben in vollem Umfang berichtigt oder erg盲nzt, kann die Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO ausl枚sen. Ausreichend f眉r den Beginn der Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO ist, dass die angezeigte Steuerverk眉rzung dem Grunde nach individualisiert werden kann. Dies setzt voraus, dass der Steuerpflichtige Steuerart und Veranlagungszeitraum benennt und den Sachverhalt so schildert, dass der Gegenstand der Selbstanzeige erkennbar wird (vgl. auch Urteil des Nieders盲chsischen FG in EFG 2004, 468; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 171 AO Rz 84; Frotscher in Schwarz, AO, 搂 171 Rz 73a und 73b). Dadurch wird der nachzuversteuernde Sachverhalt gegenst盲ndlich bestimmt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 10. Juni 2005 VIII B 324/03, Steuer-Eildienst 2005, 2149). Zwar ist die Finanzbeh枚rde aufgrund einer unvollst盲ndigen Selbstanzeige noch nicht in der Lage, die zutreffende Steuerschuld festzusetzen. Der Fristlauf wird daher in solchen F盲llen in Gang gesetzt, obwohl die Finanzbeh枚rde noch nicht alle f眉r eine Berichtigung des unrichtigen Steuerbescheids erforderlichen Angaben besitzt. Dies f眉hrt jedoch nicht dazu, dass der Steuerpflichtige durch die Abgabe einer Selbstanzeige "dem Grunde nach" die der Finanzbeh枚rde maximal zur Verf眉gung stehende Zeit f眉r den Erlass eines 脛nderungsbescheids von einem Jahr einseitig verk眉rzen k枚nnte. Vielmehr hat diese es in der Hand, wie lange sie auf die noch fehlenden Angaben des Steuerpflichtigen nach einer nicht vollst盲ndigen Selbstanzeige wartet oder aber eigene Ermittlungen --beispielsweise durch eine Au脽enpr眉fung-- durchf眉hrt bzw., falls diese keinen Erfolg versprechen, die Besteuerungsgrundlagen aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen sch盲tzt.
Rz. 29
f) Die vom FG vorgenommene Auslegung des 搂 171 Abs. 9 AO w眉rde zu Wertungswiderspr眉chen f眉hren. Gegen眉ber einem in vollem Umfang ehrlich gewordenen Steuerpflichtigen k枚nnte die Finanzbeh枚rde die hinterzogene Steuer im Rahmen des 搂 171 Abs. 9 AO festsetzen. Berichtigt der Steuerpflichtige die unvollst盲ndigen oder unrichtigen Angaben hingegen nur teilweise, w眉rde die Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO nicht greifen. Zudem ist zu beachten, dass auch eine Anzeige nach 搂 153 AO die Ablaufhemmung des 搂 171 Abs. 9 AO ausl枚st. F眉hrt aber die pflichtgem盲脽e Korrektur von Angaben, die zun盲chst nur fahrl盲ssig falsch gemacht wurden, zu einer Ablaufhemmung, muss gleiches auch f眉r die beschr盲nkte Korrektur vors盲tzlich falscher Angaben gelten.
Rz. 30
3. Im Streitfall hat der Kl盲ger im Schreiben vom 6. November 1998 und somit noch vor Ablauf der gesetzlichen Festsetzungsfrist den nachzuversteuernden, das Streitjahr betreffenden Sachverhalt gegenst盲ndlich bestimmt. Er hat erkl盲rt, dass er (auch) im Jahr 1987 hinsichtlich der Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalverm枚gen unrichtige bzw. unvollst盲ndige Angaben in seiner Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererkl盲rung gemacht hat. Damit hat er der Finanzbeh枚rde seine Tat in Grundz眉gen mitgeteilt. Der Einkommensteuer盲nderungsbescheid 1987 vom 31. Mai 1999 und der ge盲nderte Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 29. Oktober 1999 sind vor dem Ende der Ablaufhemmung am 6. November 1999 und damit in nicht verj盲hrter Zeit erlassen worden. Zwar wurde der ge盲nderte Bescheid 眉ber den Gewerbesteuermessbetrag 1987 erst am 19. November 1999 und damit nach Ablauf der Jahresfrist nach 搂 171 Abs. 9 AO zur Post gegeben. Wegen der wirksamen 脛nderung des Einkommensteuerbescheids 1987 konnte das FA jedoch den Gewerbesteuermessbescheid 1987 nach 搂 35b GewStG i.V.m. 搂 171 Abs. 10 AO 盲苍诲别谤苍.
Rz. 31
4. Da der Kl盲ger den nachzuversteuernden, das Streitjahr betreffenden Sachverhalt gegenst盲ndlich bestimmt und somit auch f眉r 1987 eine zur Ablaufhemmung nach 搂 171 Abs. 9 AO f眉hrende "Selbstanzeige" noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist gem盲脽 搂 169 Abs. 2 Satz 2 AO beim FA eingereicht hat, brauchte der Senat die Frage nicht zu entscheiden, ob eine sich auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt beziehende Selbstanzeige 眉berhaupt auf bestimmte Jahre eingeschr盲nkt werden kann.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 2345594 |
BFH/NV 2010, 1517 |
BFH/PR 2010, 344 |
BStBl II 2010, 771 |
BFHE 2010, 49 |
BFHE 229, 49 |
BB 2010, 1629 |
BB 2010, 2094 |
DB 2010, 8 |
DStR 2010, 1285 |
DStR 2010, 9 |
DStRE 2010, 833 |
DStZ 2010, 547 |
HFR 2010, 797 |