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Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis bei Klage gegen gesonderte und einheitliche Feststellung verrechenbarer Verluste nach 搂 15b EStG
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Leitsatz (amtlich)
Werden verrechenbare Verluste nach 搂 15b Abs. 4 Satz 5 EStG gesondert und einheitlich festgestellt, gelten f眉r die Klagebefugnis dieselben Grunds盲tze wie f眉r die Anfechtung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Eink眉nfte.
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Normenkette
FGO 搂 48 Abs. 1 Nr. 1; EStG 2002 搂 15b Abs.听1, 4; AO 搂搂听179, 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; ZPO 搂 240; UmwG 搂听2 Nr. 1, 搂听20; InsO 搂 80 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Dezember 2015听听6 K 6215/12 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Kl盲gerin zu tragen; au脽ergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) ist die X-GmbH & Co.听KG. 脺ber ihr Verm枚gen und 眉ber das ihrer Komplement盲r-GmbH, der M-GmbH, wurde im Juni 2013 das Insolvenzverfahren er枚ffnet. Die Kl盲gerin ist aufgrund Verschmelzungsvertrags vom...2011 Rechtsnachfolgerin der Z-GmbH & Co.听KG (Z-KG) geworden. Die Z-KG war im Dezember 2005 gegr眉ndet worden. Sie sollte als...-Fonds t盲tig werden und auf Grundlage eines aufgelegten Prospekts zur Kapitalaufbringung weitere Kommanditisten aufnehmen. Der Prospekt wies zur Erl盲uterung der steuerlichen Grundlagen f眉r eine Beteiligung als Kommanditist darauf hin, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Steuerstundungsmodells i.S. des 搂听15b des Einkommensteuergesetzes in der f眉r den Streitzeitraum ma脽geblichen Fassung (EStG) vorl盲gen, da die Gesellschafter sich an einem vorgefertigten Fondskonzept beteiligten und die prognostizierten Anfangsverluste 10听% der Kommanditeinlagen 眉berstiegen.
Rz. 2
Im Jahr 2007 wurden 286 Kommanditisten der Z-KG in das Handelsregister eingetragen. Darunter befanden sich auch die beiden Beigeladenen. Diese ver盲u脽erten im Streitjahr 2008 ihre Kommanditanteile an der Z-KG wieder. Der Beigeladene zu听1. ver盲u脽erte seinen Anteil zu einem Preis unterhalb seiner Anschaffungskosten.
Rz. 3
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) stellte die Eink眉nfte f眉r die Z-KG betreffend das Streitjahr 2008 zun盲chst auf Grundlage des von ihr erkl盲rten Verlustes unter dem Vorbehalt der Nachpr眉fung gesondert und einheitlich fest (Gewinnfeststellung). Nach Durchf眉hrung einer Au脽enpr眉fung bei der Z-KG kamen die Pr眉fer jedoch zu dem Schluss, dass die f眉r die Beigeladenen ermittelten Verluste nicht ausgleichsf盲hig, sondern lediglich verrechenbar nach 搂听15b EStG seien. Das FA folgte dieser Auffassung und stellte in ge盲nderten Feststellungsbescheiden vom 21.听September 2011 verrechenbare Verluste nach 搂听15b Abs.听4 EStG f眉r das Jahr 2008 fest. F眉r den Beigeladenen zu听1. wurden dabei 8.531,68听鈧 festgestellt. Das hiergegen durchgef眉hrte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Rz. 4
Das von der Kl盲gerin angerufene Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) beschloss die Beiladung der beiden ausgeschiedenen Gesellschafter und gab der Klage mit Urteil vom 8.听Dezember 2015 insoweit statt, als die Feststellung verrechenbarer Verluste nach 搂听15b Abs.听4 EStG f眉r den Beigeladenen zu听1. betreffend die Z-KG auf den 31.听Dezember 2008 um 8.500听鈧 vermindert wurde. Im 脺brigen wurde die Klage abgewiesen.
Rz. 5
Mit seiner Revision r眉gt das FA eine Verletzung von 搂听15b Abs.听1 Satz听1 EStG.
Rz. 6
Es beantragt, das Urteil des FG vom 8.听Dezember 2015听听6听K听6215/12 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 7
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Rz. 8
II. Das Revisionsverfahren ist weder wegen Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen der Kl盲gerin noch wegen der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen ihrer Komplement盲rin gem盲脽 搂听155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. 搂听240 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen worden.
Rz. 9
1. F眉r den Gewinnfeststellungsbescheid ist entschieden, dass die Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen einer Personengesellschaft das Gewinnfeststellungs-, Rechtsbehelfs-, Klage- und Revisionsverfahren unber眉hrt l盲sst, da die (steuerrechtlichen) Folgen des Gewinnfeststellungsbescheids nur die Gesellschafter pers枚nlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Verm枚gensbereich der Personengesellschaft selbst betreffen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.听Juli 1967 IV听191/63, BFHE 90, 87, BStBl听III 1967, 790; vom 11.听Oktober 2007 IV听R听52/04, BFHE 219, 129, BStBl II 2009, 705, unter II.B.; vom 20.听Mai 2010 IV听R听74/07, BFHE 229, 71, BStBl听II 2010, 1104, Rz听17, und vom 7.听Juni 2018 IV听R听11/16, Rz听29).
Rz. 10
Auch die im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Eink眉nftefeststellung getroffenen Feststellungen 眉ber die fehlende Ausgleichsf盲higkeit und eingeschr盲nkte Verrechenbarkeit von Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nach 搂听15b EStG betreffen lediglich die Eink眉nfte der hieran beteiligten Gesellschafter, nicht den Verm枚gensbereich der Personengesellschaft selbst. Im Falle der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen einer Personengesellschaft erstreckt sich der 脺bergang der Befugnisse zur Verm枚gensverwaltung nach 搂听80 Abs.听1 der Insolvenzordnung (InsO) deshalb, ebenso wie bei der der Gewinnfeststellung selbst, nicht auf die Feststellungen nach 搂听15b Abs.听4 EStG. Das Besteuerungsverfahren, das finanzgerichtliche Verfahren wie auch ein Revisionsverfahren bleiben deshalb von einem solchen Insolvenzverfahren unber眉hrt.
Rz. 11
2. Im Streitfall hat dar眉ber hinaus auch die Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen der M-GmbH, der Komplement盲r-GmbH der Kl盲gerin, keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren. Denn die M-GmbH ist vom Ausgang des Klageverfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerrechtlich betroffen.
Rz. 12
III. Die Revision ist begr眉ndet und f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage als unzul盲ssig (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听1 FGO).
Rz. 13
1. Das FG hat zu Recht die Klage als von der Kl盲gerin erhoben angesehen. Zwar ist im Rubrum der Klage die Z-KG genannt. Aus der sp盲ter vorgelegten Vollmacht ist aber zu entnehmen, dass f眉r die Kl盲gerin Klage erhoben werden sollte. So hat auch das FA die Klage verstanden.
Rz. 14
2. Die Klagebefugnis in Bezug auf Bescheide 眉ber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen richtet sich nach 搂听48 FGO. Diese Vorschrift betrifft ihrem eindeutigen Wortlaut nach alle Bescheide 眉ber gesonderte und einheitliche Feststellungen, mithin auch die gesonderte und einheitliche Feststellung verrechenbarer Verluste nach 搂听15b Abs.听4 Satz听5 EStG. Nach 搂听48 Abs.听1 Nr.听1 FGO ist die Personengesellschaft befugt, in Prozessstandschaft f眉r ihre Gesellschafter Klage gegen den Feststellungsbescheid zu erheben. Tritt ein Gesamtrechtsnachfolger an die Stelle der klagebefugten Gesellschaft, geht die Klagebefugnis nach 搂听48 Abs.听1 Nr.听1 FGO --anders als die Klagebefugnis betreffend einen an die Gesellschaft als Steuerschuldner gerichteten Bescheid-- nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger 眉ber. Vielmehr lebt die durch 搂听48 Abs.听1 Nr.听1 FGO 眉berlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.听September 2015 IV听R听8/13, BFHE 251, 25, BStBl II 2015, 1046).
Rz. 15
3. Im Streitfall ist danach die urspr眉nglich bestehende Befugnis der Z-KG zur Erhebung eines Rechtsbehelfs gegen die Feststellung verrechenbarer Verluste im Zusammenhang mit der Feststellung ihrer Eink眉nfte durch deren liquidationslose Vollbeendigung infolge ihrer Verschmelzung auf die Kl盲gerin bereits w盲hrend des Einspruchsverfahrens erloschen. Klagebefugt w盲ren nur die Beigeladenen als die einzigen von der beanstandeten Feststellung verrechenbarer Verluste betroffenen ehemaligen Gesellschafter der Z-KG gewesen, nicht aber die Kl盲gerin als Rechtsnachfolgerin der Z-KG.
Rz. 16
4. Die Klage kann nicht in eine solche der ehemaligen Gesellschafter der Z-KG umgedeutet werden.
Rz. 17
Zwar kann im Wege rechtsschutzgew盲hrender Auslegung eine namens der vollbeendeten Personengesellschaft erhobene Klage als eine solche der ehemaligen Gesellschafter anzusehen sein, wenn das Rubrum der Klage spiegelbildlich dem insoweit unzutreffenden Rubrum der Einspruchsentscheidung entspricht und dem FA die Vollbeendigung der Personengesellschaft bei Erlass der Einspruchsentscheidung bereits bekannt war (BFH-Urteile vom 22.听Januar 2015 IV听R听62/11, Rz听18, und in BFHE 251, 25, BStBl II 2015, 1046, Rz听8, m.w.N.). Dies setzt aber voraus, dass der die Klage einreichende Bevollm盲chtigte auch von diesen Gesellschaftern bevollm盲chtigt ist.
Rz. 18
Im Streitfall kommt eine solche Umdeutung danach nicht in Betracht. Die Einspruchsentscheidung ist zwar gegen眉ber der im Zeitpunkt der Bekanntgabe vollbeendeten Z-KG ergangen. Allerdings waren die Beigeladenen als zum Einspruchsverfahren Hinzugezogene und nicht von einem Bevollm盲chtigten vertretene Gesellschafter ebenfalls Adressaten der Einspruchsentscheidung. Nach den eigenen Angaben der Bevollm盲chtigen gegen眉ber dem FG war sie allein von der Kl盲gerin, nicht aber von den Beigeladenen als ehemalige Kommanditisten der Z-KG bevollm盲chtigt worden. Danach kann auch bei Anlegung eines gro脽z眉gigen Ma脽stabs nicht angenommen werden, dass die ausdr眉cklich nur namens der Kl盲gerin erhobene Klage f眉r die Beigeladenen als ehemalige Gesellschafter erhoben worden sein sollte. Ob dem FA bei Erlass der Einspruchsentscheidung die Vollbeendigung der Z-KG bekannt war, kann insoweit dahinstehen.
Rz. 19
5. Das Urteil des FG ist aufzuheben und, da Spruchreife gegeben ist, die Klage mangels Zul盲ssigkeit abzuweisen (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听1 FGO).
Rz. 20
6. Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听135 Abs.听1, 搂听139 Abs.听4 FGO.
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Fundstellen
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BFH/NV 2019, 1020 |
BFH/PR 2019, 269 |
BStBl II 2019, 526 |
BFHE 2019, 102 |
BB 2019, 1686 |
DB 2019, 1546 |
DB 2019, 6 |
DStR 2019, 10 |
DStRE 2019, 1029 |
DStZ 2019, 644 |
HFR 2019, 1064 |