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Entscheidungsstichwort (Thema)
Geb眉hrenverzicht zugunsten von Mitarbeitern eines Vertriebspartners kein Arbeitslohn
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Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass eine Bausparkasse sowohl bei Arbeitnehmern ihrer "Partnerbanken" als auch bei ihren freien Handelsvertretern und deren Arbeitnehmern sowie den Besch盲ftigten anderer genossenschaftlich organisierter Unternehmen und Kooperationspartner auf die Erhebung von Abschlussgeb眉hren verzichtet, begr眉ndet Zweifel daran, ob dieser Geb眉hrenvorteil Arbeitslohn ist.
2. Gelangt das FG aufgrund einer verfahrensfehlerfreien Gesamtw眉rdigung zu dem Ergebnis, dass Zweifel bestehen, ob Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einem geldwerten Vorteil Arbeitslohn zugeflossen ist, ist der BFH nach 搂 118 Abs. 2 FGO an diese Tatsachenfeststellung gebunden.
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Normenkette
EStG 搂听41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 搂听38 Abs. 3 S. 1, 搂听19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; LStDV 搂 2 Abs. 1 S. 2; FGO 搂听118 Abs. 2, 搂听96 Abs. 1 S. 1; ZPO 搂 286 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Streitig ist, ob die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) in F盲llen, in denen die Bausparkasse B im Jahr 2004 bei Mitarbeitern der Kl盲gerin auf die sonst 眉blichen Geb眉hren f眉r den Abschluss von Bausparvertr盲gen verzichtet hat, zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war.
Rz. 2
Die Kl盲gerin ist eine Bank im 鈥-Verbund, dem auch die B angeh枚rt. Sie ist aber nicht in den Konzern der Y-AG, zu dem die B geh枚rt, einbezogen. Die Kl盲gerin vermittelt u.a. den Abschluss von Bausparvertr盲gen ihres Verbundpartners B an ihre Kunden und erh盲lt hierf眉r eine Provision in H枚he eines bestimmten Prozentsatzes der von der B erhobenen Abschlussgeb眉hr. Schlie脽en Arbeitnehmer der Kl盲gerin oder deren Ehegatten bzw. Kinder eigene Bausparvertr盲ge bei der B ab, verzichtet die Bausparkasse ganz oder teilweise auf diese sonst 眉bliche Abschlussgeb眉hr. Die Kl盲gerin erh盲lt in solchen F盲llen keine Vermittlungsprovision. Eine von der Bausparkasse erstellte Gesamtjahresliste 眉ber die im Streitjahr von Arbeitnehmern der Kl盲gerin abgeschlossenen geb眉hrenfreien bzw. -erm盲脽igten Vertr盲ge wurde der Kl盲gerin im Januar 2005 眉bersandt. Die Kl盲gerin hat die ihren Mitarbeitern von der B gew盲hrten Vorteile aus den Geb眉hrenerm盲脽igungen bzw. -befreiungen im Streitjahr 2004 nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Au脽enpr眉fung beurteilte der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) die geldwerten Vorteile aus dem Verzicht der B auf die Abschlussgeb眉hren als Arbeitslohn, pauschalierte die nachzufordernde Lohnsteuer und erlie脽 unter dem Datum 20. Dezember 2006 einen entsprechenden Nachforderungsbescheid. Daraufhin hat die Kl盲gerin mit Zustimmung des FA Sprungklage erhoben, der das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1749 ver枚ffentlichten Gr眉nden stattgab.
Rz. 3
Mit der Revision r眉gt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Rz. 4
Es beantragt,das Urteil des FG M眉nchen vom 26. Juni 2009 8 K 307/07 aufzuheben.
Rz. 5
Die Kl盲gerin beantragt,die Revision zur眉ckzuweisen.
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Rz. 6
II. Die Revision des FA ist unbegr眉ndet und daher zur眉ckzuweisen (搂 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kl盲gerin wegen der Vorteile ihrer Arbeitnehmer aus dem Verzicht auf die streitigen Abschlussgeb眉hren nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war.
Rz. 7
1. Nach 搂 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer f眉r Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und abzuf眉hren (搂 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).
Rz. 8
a) Zu den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit geh枚ren gem盲脽 搂 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG --neben Geh盲ltern und L枚hnen-- auch andere Bez眉ge und Vorteile, die "f眉r" eine Besch盲ftigung im 枚ffentlichen oder privaten Dienst gew盲hrt werden. Dabei ist gleichg眉ltig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (搂 19 Abs. 1 Satz 2 EStG) oder unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gew盲hrt werden (搂 2 Abs. 1 Satz 2 der Lohnsteuer-Durchf眉hrungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung).
Rz. 9
b) Nach st盲ndiger Rechtsprechung (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Mai 2001 VI R 159/99, BFHE 195, 364, BStBl II 2001, 815; vom 22. M盲rz 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 11. Dezember 2008 VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385, und vom 30. Juli 2009 VI R 54/08, BFH/NV 2010, 30, m.w.N.) werden Bez眉ge oder Vorteile f眉r eine Besch盲ftigung gew盲hrt, wenn sie durch das individuelle Dienstverh盲ltnis veranlasst worden sind. Erforderlich ist nicht, dass sie eine Gegenleistung f眉r eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers sind. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverh盲ltnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empf盲nger mit R眉cksicht auf das Dienstverh盲ltnis zuflie脽en und sich als Ertrag der nichtselbst盲ndigen Arbeit darstellen, d.h. wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung f眉r das Zurverf眉gungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. H 70 des Lohnsteuer-Handbuchs 2004 unter "Allgemeines zum Arbeitslohnbegriff"; Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., 搂 19 Rz 24).
Rz. 10
c) Arbeitslohn kann auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt "f眉r" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverh盲ltnisses f眉r seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich f眉r den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit f眉r den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverh盲ltnis steht (z.B. BFH-Urteile vom 24. Februar 1981 VIII R 109/76, BFHE 133, 375, BStBl II 1981, 707; vom 5. Juli 1996 VI R 10/96, BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545; vom 19. August 2004 VI R 33/97, BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076; vom 10. Mai 2006 IX R 82/98, BFHE 213, 487, BStBl II 2006, 669; best盲tigt u.a. durch BFH-Urteile vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826, und vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; vom 18. Dezember 2008 VI R 8/06, BFH/NV 2009, 382, und VI R 49/06, BFHE 224, 103, BStBl II 2009, 820; Pfl眉ger in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂 19 EStG Rz 170 f.). Arbeitslohn liegt jedoch dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverh盲ltnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gew盲hrt wird (BFH-Urteile in BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 24. Januar 2001 I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, m.w.N.; Schmidt/Drenseck, a.a.O., 搂 19 Rz 29, m.w.N.).
Rz. 11
d) Die Beantwortung der Frage, ob eine Zuwendung durch das Dienstverh盲ltnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen W眉rdigung durch das FG. Denn ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer W眉rdigung aller wesentlichen Umst盲nde des Einzelfalles entschieden werden (BFH-Urteile vom 1. Februar 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898, und in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; BFH-Beschluss vom 28. Juni 2007 VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870; K眉ttner/Thomas, Personalbuch 2010, Stichwort Arbeitsentgelt, Rz 59 ff.).
Rz. 12
2. Nach diesen Grunds盲tzen hat das FG eine Gesamtw眉rdigung vorgenommen. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass Zweifel bestehen, ob den Arbeitnehmern der Kl盲gerin im Zusammenhang mit dem streitgegenst盲ndlichen Geb眉hrenvorteil Arbeitslohn zugeflossen ist. Diesen Ausf眉hrungen ist zu entnehmen, dass die Vorinstanz nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu der 脺berzeugung gelangt ist, dass zwischen der Vorteilsgew盲hrung und der Arbeitsleistung f眉r die Kl盲gerin ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Dies ist eine Tatsachenfeststellung, an die der Senat nach 搂 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Das FA hat dagegen keine zul盲ssigen und begr眉ndeten Revisionsgr眉nde vorgebracht.
Rz. 13
a) Zur 脺berzeugungsbildung i.S. des 搂 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist (wie nach 搂 286 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) erforderlich, dass der Tatrichter ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem pers枚nlichen Gewissen unterworfen pers枚nliche Gewissheit in einem Ma脽e erlangt, dass er an sich m枚gliche Zweifel 眉berwindet und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr 眉berzeugen kann, wobei der Richter nicht eine von allen Zweifeln freie 脺berzeugung anstreben darf, sich in tats盲chlich zweifelhaften F盲llen vielmehr mit einem f眉r das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit 眉berzeugen muss (vgl. BFH-Urteil vom 24. M盲rz 1987 VII R 155/85, BFH/NV 1987, 560, m.w.N.).
Rz. 14
Ausweislich der Urteilsgr眉nde hat sich das FG --durch die schriftlichen 脛u脽erungen des Zeugen W, der den Sachvortrag der Kl盲gerin best盲tigt hat-- eine eigene 脺berzeugung gebildet, die den vorgenannten Anforderungen entspricht. Insbesondere k枚nnen die Ausf眉hrungen der Vorinstanz, dass es die Frage, ob der Geb眉hrenvorteil im Streitfall zu Arbeitslohn gef眉hrt habe, nicht abschlie脽end entscheiden m眉sse, nicht so verstanden werden, dass es an einer 脺berzeugungsbildung fehle. Der erkennende Senat versteht diese Aussage vielmehr dahin, dass das FG bei seiner 脺berzeugungsbildung zwar den f眉r das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit angestrebt, aber nicht erlangt hat.
Rz. 15
b) Seine Zweifel konnte das FG zum einen auf die --durch den Zeugen W gewonnene-- Feststellung st眉tzen, dass die Beweggr眉nde f眉r den Geb眉hrenverzicht im Rechtsverh盲ltnis der Beteiligten des Bausparvertrags liegen, und diese als einen gegen den Veranlassungszusammenhang von Vorteilsgew盲hrung und Arbeitsleistung sprechenden Umstand w眉rdigen. Zum anderen durfte es aus der ebenfalls vom Zeugen W vermittelten Erkenntnis, dass der Geb眉hrenvorteil allen Arbeitnehmern im Unternehmen, unabh盲ngig davon, ob sie mit der Vermittlung von Bausparvertr盲gen befasst sind, gew盲hrt werde und deshalb viel daf眉r spreche, dass der Geb眉hrenvorteil nicht als Frucht der Arbeit, sondern als genereller Preisnachlass von den betroffenen Arbeitnehmern angesehen werde, Zweifel sch枚pfen.
Rz. 16
c) Diese 脺berzeugungsbildung des FG ist auch insoweit ohne Rechtsfehler, als die Vorinstanz nicht von einer angemessenen Aufkl盲rung des ma脽geblichen Sachverhalts abgesehen hat. Das FG hat sich weder hinsichtlich des konkreten Sachverhalts unwissend gehalten noch suchte es verbleibende Unsicherheiten mit dem Mittel der freien 脺berzeugungsbildung zu 眉berwinden. Es hat sich vielmehr durch die Einholung der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen W ersch枚pfend um die Aufkl盲rung des Sachverhalts bem眉ht und dies in den Urteilsgr眉nden ausf眉hrlich dargelegt. Eine weitere Aufkl盲rung des Sachverhalts hat sich im Streitfall nicht aufgedr盲ngt und ist im 脺brigen von den Beteiligten auch nicht angeregt worden.
Rz. 17
Damit hat das FG den angefochtenen Nachforderungsbescheid rechtsfehlerfrei in dem streitgegenst盲ndlichen Umfang abge盲ndert. Damit ist die Revision des FA zur眉ckzuweisen.
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Fundstellen
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BFH/NV 2010, 1729 |
BFH/PR 2010, 371 |
BStBl II 2010, 1022 |
BFHE 2010, 346 |
BB 2010, 1821 |
BB 2010, 2402 |
DB 2010, 1799 |
DStRE 2010, 1002 |
DStZ 2010, 581 |
HFR 2010, 941 |