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Leitsatz (amtlich)
1. Abfindungen, die Arbeitnehmern anl盲脽lich des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Dienst gew盲hrt werden, stellen Eink眉nfte aus Arbeit (Art. 4 Abs. 1 DBAS) dar.
2. War der Arbeitnehmer zeitweise Grenzg盲nger (Art. 4 Abs. 2 DBAS), so ist die Abfindung in dem Verh盲ltnis aufzuteilen, in dem die Grenzg盲ngerzeit zur Nicht-Grenzg盲ngerzeit steht.
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Normenkette
DBA SWE Art. 4; EStG 搂 19 Abs. 1; LStDV 搂 2 Abs. 3 Nr. 1
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Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin), eine GmbH mit Sitz im Inland, schlo脽 am 30. Juni 1966 mit ihrem Gesch盲ftsf眉hrer R einen Vertrag, nach dem das Dienstverh盲ltnis zwischen den beiden Vertragsteilen zum 30. Juni 1966 beendet wurde und die Kl盲gerin an den scheidenden Gesch盲ftsf眉hrer eine Abfindung von 200 000 DM als Entsch盲digung f眉r die vorzeitige Aufl枚sung des Dienstverh盲ltnisses und f眉r ein zweij盲hriges Wettbewerbsverbot zu zahlen hatte. Die Kl盲gerin 眉berwies an R., der seinen Wohnort in der Schweiz hatte, am 25. Juli 1966 25 248,40 DM, am 16. September 1966 3 250 DM und am 25. Juli 1966 55 000 DM, den zuletzt genannten Betrag allerdings auf ein Sperrkonto. Au脽erdem 眉bertrug die Kl盲gerin durch Vereinbarung vom 30. Juni 1966 auf R. die Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag, den sie zugunsten ihres Gesch盲ftsf眉hrers R. aufgrund einer Pensionszusage abgeschlossen hatte. Der Wert dieser Rechte betrug 19 410 DM.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das FA) befreite am 4. August 1966 den Gesch盲ftsf眉hrer R. auf Antrag der Kl盲gerin nach 搂 6 Nr. 19 LStDV vom Lohnsteuerabzug f眉r die Zeit vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1966, weil R. in dieser Zeit Grenzg盲nger gewesen sei. F眉r die Zeit vorher hatte das FA die Grenzg盲ngereigenschaft des Gesch盲ftsf眉hrers R. verneint.
Am 14. April 1967 erlie脽 das FA einen Lohnsteuerhaftungsbescheid gegen die Kl盲gerin, durch den die 眉berwiesenen Abfindungsbetr盲ge von zusammen 83 498,40 DM und der Wert der Lebensversicherung von 19 410 DM besteuert wurden.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das FG dessen Entscheidung in EFG 1969, 166 ver枚ffentlicht ist, hat den Haftungsbescheid aufgehoben. Zur Begr眉ndung hat das FG ausgef眉hrt, die Besteuerung der Abfindung richte sich nicht nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern vom 15. Juli 1931 in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 20. M盲rz 1959 (DBAS) - BGBl II 1959, 1252, BStBl I 1959, 1005 - (Eink眉nfte aus Arbeit), sondern nach Art. 7 DBAS (sonstige Eink眉nfte). Selbst wenn es sich um Eink眉nfte aus Arbeit handelte, st眉nde das Besteuerungsrecht der Schweiz zu, weil der Gesch盲ftsf眉hrer R. im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Kl盲gerin Grenzg盲nger gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der eine Verletzung des Art. 4 DBAS, der 搂搂 24, 2 Abs. 3 EStG, 搂 2 Abs. 3 LStDV ger眉gt wird. Das FA meint, die Einordnung der Abfindung in eine bestimmte Einkunftsart sei aus dem DBAS nicht zu entnehmen. Daher sei die Frage nach deutschem Steuerrecht zu entscheiden, nach dem die Abfindung zum Arbeitslohn geh枚re. Die Abfindung unterliege auch nicht deshalb dem Besteuerungsrecht der Schweiz, weil R. im Zeitpunkt seines Ausscheidens Grenzg盲nger gewesen sei. Denn es sei nicht verst盲ndlich, wie die kurze Zeit vom 1. Januar 1966 bis 30. Juni 1966, in der R. Grenzg盲nger gewesen sei, f眉r die Zuteilung des Besteuerungsrechts bez眉glich der Abfindung ma脽geblich sein solle.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kl盲gerin beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Der BdF ist dem Verfahren beigetreten. Er f眉hrt aus: Da die Frage, ob eine Abfindung f眉r die vorzeitige Aufl枚sung eines Dienstverh盲ltnisses und ein mehrj盲hriges Wettbewerbsverbot Arbeitslohn sei, in dem DBAS nicht ausdr眉cklich geregelt sei, m眉sse durch Auslegung ermittelt werden, ob die Abfindung unter Art. 4 DBAS falle. Dabei sei entscheidend, da脽 die Abfindung in einem engen urs盲chlichen Zusammenhang mit dem fr眉heren Arbeitsverh盲ltnis stehe. Sie sei Ausflu脽 des aktiven Dienstverh盲ltnisses und geh枚re daher zu den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit im Sinn des Art. 4 DBAS. Da der Gesch盲ftsf眉hrer R. vom Beginn seiner T盲tigkeit an (1. Juli 1957) bis zum 31. Dezember 1965 die Voraussetzungen eines Grenzg盲ngers nicht erf眉llt habe, sei das letzte halbe Jahr seiner T盲tigkeit (1. Januar 1966 bis 30. Juni 1966), in dem er Grenzg盲nger gewesen sei, nicht typisch f眉r seine langj盲hrige Gesch盲ftsf眉hrert盲tigkeit gewesen. Die Beurteilung der Frage, ob f眉r die Besteuerung der Abfindung die Grenzg盲ngereigenschaft des Gesch盲ftsf眉hrers R. ma脽gebend sei, k枚nne nicht auf die atypischen Verh盲ltnisse des letzten halben Jahres abstellen, sie m眉sse vielmehr von dem T盲tigkeitsbild der Vorjahre ausgehen. Sonst w眉rden Zuf盲lligkeiten oder gezielte Gestaltungen 眉ber die Zuteilung des Besteuerungsrechts entscheiden. Sollte mit einem schweizerischen Steueranspruch zu rechnen sein, so biete das bereits eingeleitete Verst盲ndigungsverfahren, das bis zur Entscheidung des BFH ausgesetzt worden sei, Gelegenheit, dieser schweizerischen Besteuerung entgegenzutreten.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG. Die Abfindung des Gesch盲ftsf眉hrers R. z盲hlt zu den Eink眉nften aus Arbeit im Sinn des Art. 4 Abs. 1 DBAS. Sie ist in dem Verh盲ltnis aufzuteilen und zu besteuern, in dem die Nicht-Grenzg盲ngerzeit des Gesch盲ftsf眉hrers R. zur Grenzg盲ngerzeit stand (Art. 4 Abs. 2 DBAS). Der Senat kann jedoch nicht abschlie脽end pr眉fen, in welchem Umfang die Abfindung dem R. zugeflossen ist.
1. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBAS werden Eink眉nfte aus Arbeit, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, nur in dem Staat besteuert, in dessen Gebiet die pers枚nliche T盲tigkeit ausge眉bt wird, aus der die Eink眉nfte herr眉hren. Das DBAS bestimmt nicht, was unter Eink眉nften aus Arbeit zu verstehen ist. Daher ist diese Frage im Streitfall nach dem deutschen Steuerrecht zu beantworten (BFH-Urteil vom 26. April 1966 I 216/63, BFHE 85, 460, BStBl III 1966, 465). Nach diesem Grundsatz hat der Senat in dem angef眉hrten Urteil die Abfindung, die der ausscheidende Gesellschafter einer Schweizer Kollektivgesellschaft erhielt, als Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb eingeordnet (搂 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG), die damit nach Art. 3 DBAS der deutschen Besteuerung entzogen waren.
Nach deutschem Steuerrecht rechnet eine Abfindung, die einem Arbeitnehmer anl盲脽lich seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Dienst gew盲hrt wird, zu den Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit (搂 19 Abs. 1 EStG, 搂 2 Abs. 3 Nr. 1 LStDV). Das gilt auch f眉r eine Entsch盲digung, die an den Arbeitnehmer f眉r die Einhaltung eines Wettbewerbsverbots nach Beendigung des Dienstverh盲ltnisses gezahlt wird (Urteil des RFH vom 13. Februar 1929 VI A 1614/28, RStBl 1929, 199). Danach stellen im Streitfall die Abfindung von 200 000 DM, soweit sie dem Gesch盲ftsf眉hrer R. zugeflossen ist (搂 11 Abs. 1 EStG), und die Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag nach deutschem Steuerrecht Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit und damit nach dem DBAS Eink眉nfte aus Arbeit dar. Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBAS. Dieser Bestimmung darf entnommen werden, da脽 "Eink眉nfte aus Arbeit" aus einer in einem bestimmten Gebiet ausge眉bten T盲tigkeit "herr眉hren" m眉ssen. Das trifft auf die Abfindung zu. Diese stellt zwar keine Gegenleistung f眉r die fr眉here T盲tigkeit des Empf盲ngers dar, ist aber doch, wie der BdF mit Recht ausf眉hrt, mit dem fr眉heren Arbeitsverh盲ltnis urs盲chlich verkn眉pft und r眉hrt daher aus der fr眉heren T盲tigkeit her.
Die Abfindung geh枚rt nicht zu den "Ruhegeh盲ltern ... und anderen Bez眉gen oder geldwerten Vorteilen f眉r fr眉here Dienstleistung", die nach dem Schlu脽protokoll zu Art. 4 Abs. 1 DBAS nur in dem Staate besteuert werden, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Denn sie ist kein (zus盲tzliches) Entgelt f眉r die fr眉here T盲tigkeit und auch kein Betrag, der zur Versorgung wegen Erreichens der Altersgrenze oder wegen vorzeitiger Berufs- oder Erwerbsunf盲higkeit gezahlt wurde.
Sollten Abfindungen nach Schweizer Steuerrecht nicht zu den Eink眉nften aus Arbeit, sondern zu Eink眉nften besonderer Art rechnen, deren Besteuerungsrecht durch Art. 7 DBAS geregelt w盲re (vgl. Locher, Das schweizerisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen, B 搂 7 I A 1 Nr. 12), so besteht die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Diese kann aber entgegen der Auffassung des FG nicht durch eine Auslegung des DBAS, sondern durch ein Verst盲ndigungsverfahren (Art. 13 DBAS) beseitigt werden.
2. Nach Art. 4 Abs. 2 DBAS werden Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit solcher Personen, die in dem einen Staat in der N盲he der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der N盲he der Grenze ihren Arbeitsort haben (Grenzg盲nger), nur in dem Staat besteuert, in dem der Steuerpflichtige einen Wohnsitz hat. F眉r die Frage, ob der Gesch盲ftsf眉hrer R. die Abfindung in seiner Eigenschaft als Grenzg盲nger empfangen hat, ist nicht das zeitliche Moment des Zuflie脽ens, sondern die Sachbezogenheit, d. h. die Bezogenheit auf die geleistete Arbeit, entscheidend (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 1972 I R 37/70, BFHE 105, 8, BStBl II 1972, 459). Darin liegt kein Versto脽 gegen 搂 11 EStG. Denn der Zeitpunkt des Zuflie脽ens bleibt - wie sich aus den Ausf眉hrungen unter Nr. 3 ergibt - ma脽gebend f眉r den Zeitpunkt der Besteuerung.
Das deutsche Steuerrecht sieht die Abfindung als einen Ausflu脽 des beendeten Dienstverh盲ltnisses an (vgl. RFH-Urteil VI A 1614/28, hinsichtlich der Entsch盲digung f眉r das Wettbewerbsverbot) und ordnet sie deshalb unter die Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit ein. Sie bezieht sich allerdings nicht auf die T盲tigkeit des Gesch盲ftsf眉hrers R. w盲hrend eines bestimmten Zeitraums oder gar zu einem bestimmten Zeitpunkt. Daher kann sie nicht schon deshalb zu den Eink眉nften eines Grenzg盲ngers gerechnet werden, weil R. im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst und w盲hrend des letzten halben Jahres Grenzg盲nger war. Da die Abfindung mit der gesamten Dienstzeit des Gesch盲ftsf眉hrers R. zusammenh盲ngt, ist es sachgerecht, sie in dem Verh盲ltnis aufzuteilen, in dem die Grenzg盲ngerzeit des Gesch盲ftsf眉hrers R. zu seiner Nicht-Grenzg盲ngerzeit steht, und den auf die Nicht-Grenzg盲ngerzeit entfallenden Teil der deutschen Besteuerung zu unterwerfen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1970 VI R 48/67, BFHE 99, 376, BStBl II 1970, 728). Da der gegenw盲rtige Rechtsstreit die Rechtm盲脽igkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids zum Gegenstand hat (搂 38 Abs. 4 EStG), und der Lohnsteuerabzug aufgrund einer Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur unterbleiben darf, wenn das zust盲ndige FA bescheinigt, da脽 der Empf盲nger der Eink眉nfte der Lohnsteuer nicht unterliegt (搂 30 Abs. 5 LStDV), ist bei der zeitanteiligen Aufteilung der Abfindung als Grenzg盲ngerzeit nur der Zeitraum anzusetzen, f眉r den eine Bescheinigung nach 搂 30 Abs. 5 LStDV vorliegt.
3. Der Senat kann die Sache nicht abschlie脽end entscheiden, da ausreichende tats盲chliche Feststellungen des FG zu der Frage fehlen, ob die 55 000 DM, die die Kl盲gerin auf ein Sperrkonto in der Schweiz eingezahlt hat, dem Gesch盲ftsf眉hrer R. bereits zugeflossen sind (搂 11 EStG), und damit die Pflicht zur Einbehaltung und Abf眉hrung der Lohnsteuer entstanden ist (搂 41 EStG). Wenn dieser Betrag, wie das FG ausf眉hrt, f眉r R. erst nach Ablauf von zwei Jahren verf眉gbar sein sollte, weil er der Kl盲gerin zur Sicherheit f眉r Anspr眉che diente, die ihr gegen R. wegen einer Verletzung der im Vertrag vereinbarten Wettbewerbsklausel erwachsen konnten, so bestehen Zweifel daran, ob der Tatbestand des Zuflie脽ens der Bez眉ge erf眉llt ist. Das FG wird diese Frage n盲her untersuchen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 70558 |
BStBl II 1973, 757 |
BFHE 1974, 43 |