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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur betrieblichen Veranlassung von Termingesch盲ften
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Leitsatz (NV)
1. Bei einem branchenuntypischen Termingesch盲ft kann eine betriebliche Veranlassung nur dann angenommen werden, wenn das Gesch盲ft nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umst盲nden objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, das Betriebskapital zu verst盲rken.
2. Eine Klage gegen die Gewerbesteuerfestsetzung, mit der Einwendungen gegen die H枚he des gewerblichen Gewinns erhoben werden, ist auch dann unzul盲ssig, wenn Gewerbesteuer-Me脽betrag und Gewerbesteuer in einem zusammengefa脽ten Bescheid festgesetzt werden.
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Normenkette
EStG 搂 4 Abs.听1, 4; FGO 搂 42; AO 1977 搂 351 Abs. 2
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) betrieb in den Streitjahren 1990 und 1991 ein Einzelhandelsgesch盲ft mit ... -Waren. An dem Gewerbe war seine Mutter als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt.
Im Jahr 1990 beauftragte der Kl盲ger die niederl盲ndische Anlageberatungsgesellschaft X, Warentermingesch盲fte f眉r ihn zu t盲tigen. Nachdem bei einem ersten Gesch盲ft mit Gold aus einem Einsatz von ... US $ ein Gewinn von ... US $ avisiert worden war, investierte der Kl盲ger weitere ... US $ (entsprechend ... DM), die f眉r 脰lgesch盲fte verwendet werden sollten. Tats盲chlich war die X kein seri枚ses Unternehmen und verbrauchte die Mittel 眉berwiegend f眉r Devisen- und Warentermingesch盲fte mit Kaffee und Schweinen. Auch mit Hilfe einer 1991 eingeschalteten niederl盲ndischen Anwaltskanzlei gelang es dem Kl盲ger nicht, von seinem Einsatz etwas zur眉ckzuerlangen.
Ebenfalls im Jahr 1990 investierte der Kl盲ger bei dem Brokerhaus Y insgesamt ... US $ f眉r Termingesch盲fte. In diesem Fall konnte ein Teil der Mittel zur眉ckgefordert werden, so da脽 das Engagement mit einem Verlust von ... DM endete.
Insgesamt betrugen die Verluste aus den beiden Gesch盲ften ... DM; sie wurden von den Beteiligten dem Jahr 1990 zugeordnet. Au脽erdem fielen im Jahr 1991 Anwalts- und Gerichtskosten f眉r die Verfolgung der Anspr眉che gegen beide Anlageunternehmen in H枚he von ... DM an.
Der Kl盲ger hatte alle Zahlungen in diesem Zusammenhang vom Gesch盲ftskonto geleistet und sie ebenso wie den Gewinn von ... US $ buchm盲脽ig als Betriebsvorg盲nge erfa脽t. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt -- FA --) lehnte jedoch eine gewinnmindernde Ber眉cksichtigung der Vorg盲nge ab.
Nach erfolglosem Einspruch hatte die gegen die Gewinnfeststellung und die Festsetzung der Gewerbesteuer gerichtete Klage Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 11 ver枚ffentlicht.
Mit der vom FG wegen grunds盲tzlicher Bedeutung zugelassenen Revision r眉gt das FA die Verletzung der 搂搂 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Der Kl盲ger beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zum Teil zur Abweisung der Klage und im 眉brigen zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Klage ist unzul盲ssig, soweit sie gegen die Festsetzung der Gewerbesteuer gerichtet ist. Dem Kl盲ger fehlt insoweit die Klagebefugnis.
Nach 搂 42 FGO i. V. m. 搂 351 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) k枚nnen Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden. Folgebescheid ist nach 搂 171 Abs. 10 AO 1977 u. a. ein Steuer-Me脽bescheid, der f眉r die Festsetzung einer Steuer bindend ist. So verh盲lt es sich bei der Festsetzung der Gewerbesteuer, die gem盲脽 搂 16 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) aufgrund des nach 搂 14 Abs. 2 Satz 1 GewStG zuvor festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuer-Me脽betrags erfolgt. Das hat zur Folge, da脽 Einwendungen zur H枚he des gewerblichen Gewinns nur durch Anfechtung des Gewerbesteuer- Me脽bescheids erfolgen k枚nnen, denn der Gewerbeertrag (搂 7 GewStG) ist unselbst盲ndige Besteuerungsgrundlage f眉r die Ermittlung des Gewerbesteuer-Me脽betrags nach 搂 11 GewStG.
Eine andere Beurteilung ist nicht geboten, wenn die Bescheide 眉ber die Festsetzung des Gewerbesteuer-Me脽betrags und der Gewerbesteuer, wie im Streitfall, zusammengefa脽t ergehen, denn der Bescheidausdruck enth盲lt ausdr眉cklich mehrere verschiedene Festsetzungen. Darauf weist im 眉brigen auch die Rechtsbehelfsbelehrung hin.
Der gegen die Gewerbesteuerfestsetzung gerichtete Antrag des Kl盲gers ist auch bei gro脽z眉giger Betrachtung und entsprechend dem vom Senat verfolgten Grundsatz rechtsschutzgew盲hrender Auslegung (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1994 IV R 97/93, BFH/NV 1995, 279, 280) nicht dahingehend auszulegen, da脽 in beiden Streitjahren Aufhebung bzw. Ab盲nderung des Gewerbesteuer-Me脽bescheids begehrt wird. Zwar waren in der Klageschrift ausdr眉cklich nur die Me脽bescheide angegriffen worden. Dies reicht aber als Anhaltspunkt f眉r eine Auslegung des Antrags gegen seinen eindeutigen Wortlaut nicht aus. Es kann nicht ausgeschlossen werden, da脽 der von einem Proze脽bevollm盲chtigten vertretene Kl盲ger ganz bewu脽t von seinem angek眉ndigten Antrag abger眉ckt ist. An dem in der m眉ndlichen Verhandlung gestellten Antrag mu脽 er sich festhalten lassen.
2. Das FG ist von unzutreffenden Voraussetzungen f眉r die betriebliche Veranlassung von Termingesch盲ften ausgegangen und hat deshalb keine ausreichenden Feststellungen zu den tats盲chlichen Umst盲nden des Streitfalls getroffen.
a) Bei Termingesch盲ften handelt es sich um spekulative Gesch盲fte, die vorwiegend im privaten Bereich get盲tigt werden (Urteil des Reichsfinanzhofs -- RFH -- vom 12. Dezember 1935 VI A 858/35, RStBl 1936, 694). Sie k枚nnen aber auch betrieblich veranla脽t sein. Das gilt nicht nur, wenn diese Gesch盲fte 眉blicherweise in der Branche des Steuerpflichtigen anfallen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. Januar 1977 I R 10/74, BFHE 121, 199, BStBl II 1977, 287), sondern auch, wenn sie branchenuntypisch sind. Es reicht f眉r die betriebliche Veranlassung danach aus, wenn nach Art, Inhalt und Zweck des Gesch盲fts ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (Senatsurteil vom 5. M盲rz 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658, m. w. N.). Bei Risikogesch盲ften ist dabei von wesentlicher Bedeutung, ob sie von vornherein als betriebliche Gesch盲fte behandelt wurden (BFH in BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658, und Beschlu脽 vom 8. Dezember 1995 VIII B 51/95, BFH/NV 1996, 474; FG M眉nchen, Urteil vom 30. M盲rz 1988 I 123/85 F, EFG 1988, 620, rkr.).
Werden branchenuntypische Termingesch盲fte get盲tigt, so ist der betriebliche Zusammenhang -- worauf das FG zu Recht hinweist -- besonders sorgf盲ltig zu pr眉fen, denn das Risiko, einen Verlust zu erleiden, ist dabei besonders gro脽. Eine betriebliche Veranlassung wird regelm盲脽ig in einem solchen Fall nur dann angenommen werden k枚nnen, wenn das Termingesch盲ft nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umst盲nden objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, das Betriebska pital zu verst盲rken. Das folgt aus den Grunds盲tzen, die der BFH f眉r die Bildung gewillk眉rten Betriebsverm枚gens aufgestellt hat, insbesondere dem Erfordernis eines F枚rderungszusammenhangs (vgl. Urteil vom 15. Juli 1960 VI 10/60 S, BFHE 71, 625, BStBl III 1960, 484; Senatsurteile vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40, und vom 24. Januar 1985 IV R 123/82, BFH/NV 1986, 15; Urteile vom 30. Januar 1985 I R 39/82, BFH/NV 1986, 80, und vom 21. Juli 1987 VIII R 302/82, BFH/NV 1989, 304; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 1996, 搂 4 Rz. 151, 157; Budde/Karig in Beck'scher Bilanzkommentar, 3. Aufl. 1995, 搂 246 HGB Anm. 49; Walter, Deutsche Steuerzeitung 1993, 5, 7).
An der objektiven Eignung fehlt es in diesem Zusammenhang nicht allein deswegen, weil das Gesch盲ft risikobehaftet ist, denn das Tragen eines Risikos ist Bestandteil der unternehmerischen T盲tigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 8. Februar 1985 III R 169/82, BFH/NV 1985, 80, 82). Deshalb kann bei branchentypischen Risikogesch盲ften regelm盲脽ig von einem F枚rderungszusammenhang ausgegangen werden. Je weiter Art und Inhalt des Gesch盲fts aber von der Hauptt盲tigkeit des Unternehmens entfernt sind, steigt jedoch die Gefahr eines Verlustes, denn um so weniger kann der Unternehmer Chancen und Risiken des Gesch盲fts bewerten. Die Anforderungen an die Feststellung der objektiven Eignung des Gesch盲fts zur Verst盲rkung des Betriebska pitals m眉ssen deshalb in entsprechendem Ma脽e steigen. Der Auffassung des FG, eine betriebliche Veranlassung sei grunds盲tzlich bereits aufgrund der Willensbet盲tigung des Steuerpflichtigen zu bejahen (ebenso Durchlaub, Betriebs-Berater 1989, 949, 953) und fehle nur dann, wenn f眉r jedermann offensichtlich die Erzielung eines Gewinns ausgeschlossen ist, kann sich der Senat deshalb nicht anschlie脽en.
b) Das FG hat im Streitfall zwar Feststellungen dazu getroffen, da脽 der Kl盲ger subjektiv beabsichtigte, das Betriebskapital durch erwartete Gewinne zu verst盲rken. Indessen hat es vers盲umt festzustellen, ob auch nach objektiven Kriterien unter Ber眉cksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Gesch盲fte von einer Eignung zur Verst盲rkung des Betriebskapitals ausgegangen werden konnte. Es reicht daf眉r nicht aus, da脽 generell die M枚glichkeit besteht, mit Waren- und Devisentermingesch盲ften Gewinne zu erzielen.
Soweit das FG im Hinblick auf das unstreitige Vorbringen des Kl盲gers davon ausgegangen ist, da脽 die Termingesch盲fte von Anfang an als Betriebsvorgang behandelt worden sind, reicht dies nicht dazu aus, die tats盲chliche Handhabung in der Buchhaltung des Kl盲gers nachzuvollziehen. Sollte "von Anfang an" in dem Sinne zu verstehen sein, da脽 bei Aufstellung des ersten Jahresabschlusses nach Entstehen der Gesch盲ftsvorf盲lle entsprechende Buchungen vor genommen worden sind, w盲re das nach 脺berzeugung des Senats nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, da脽 eine betrieb liche Verbuchung zeitnah bereits bei den laufenden Buchhaltungsarbeiten erfolgt.
Das FG wird die erforderlichen Feststellungen nachholen m眉ssen. Diese werden sich vor allem auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen beziehen, wobei etwa von Bedeutung ist, wie frei die Anlageunter nehmen in der Auswahl der zu t盲tigenden Gesch盲fte waren, welche Bruttogewinnerwartungen bei den verschiedenen Termingesch盲ften bestanden, welche Provisionen der Kl盲ger f眉r die jeweiligen Gesch盲fte zu zahlen hatte und welche Auswirkungen zu erwartende Devisenschwankungen auf das erzielbare Ergebnis haben konnten. Zu pr眉fen ist auch, ob der Kl盲ger sein Engagement 眉berhaupt gegen Auszahlung etwaiger Gewinne und R眉ckzahlung seiner Einlage h盲tte beenden k枚nnen. Schlie脽lich ist von Bedeutung, was den Kl盲ger zur Einbuchung des Risikogesch盲fts veranla脽t hat, insbesondere, ob dadurch lediglich bef眉rchtete Verluste gemindert werden sollten.
c) Sollte das FG auf der Grundlage vorstehender Erw盲gungen zu dem Ergebnis kommen, da脽 die Termingesch盲fte insgesamt oder zum Teil betrieblich veranla脽t waren, wird es weiter kl盲ren m眉ssen, ob und in welchem Umfang im Zusammenhang mit den Termingesch盲ften zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1990 noch zu bilanzierende Wirtschaftsg眉ter vorhanden waren (vgl. z. B. zur Bilanzierung von Finanztermingesch盲ften Rabenhorst, Der Betrieb 1994, 741). Entscheidend sind daf眉r die Verh盲ltnisse am Bilanzstichtag. Sp盲ter eintretende wert盲ndernde Umst盲nde d眉rfen nicht ber眉cksichtigt werden, wohl aber werterhellende Umst盲nde (vgl. BFH-Urteil vom 10. M盲rz 1993 I R 70/91, BFHE 170, 433, BStBl II 1993, 446; st盲ndige Rechtsprechung des BFH). Nicht zu den werterhellenden Umst盲nden w眉rde dabei geh枚ren, wenn sich die Einlagen des Kl盲gers durch nach dem Stichtag abgeschlossene Gesch盲fte vermindert haben.
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Fundstellen
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BFH/NV 1997, 114 |
BBK 1997, 1012 |