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Leitsatz (amtlich)
1. Die kostenlose Bef枚rderung von Arbeitnehmern von deren Wohnungen zu den Arbeitsstellen unterliegt beim Arbeitgeber auch dann der Umsatzsteuer nach 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 (BFH-Urteil vom 11.M盲rz 1988 V R 30/84, BFHE 153, 155), wenn die Arbeitsstellen sich an st盲ndig wechselnden Orten befinden.
2. Bef枚rdert der Arbeitgeber die Arbeitnehmer von deren Wohnungen oder von zwischen der Wohnung und der Arbeitsstelle liegenden anderen Ausgangspunkten mit eigenen Fahrzeugen zu wechselnden Arbeitsstellen, so betreibt der Arbeitgeber einen dem genehmigten Linienverkehr i.S. des 搂 12 Abs.2 Nr.10 Buchst.b UStG 1980 gleichzustellenden genehmigungsfreien Linienverkehr, auf den unter den weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift der erm盲脽igte Steuersatz anzuwenden ist.
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Normenkette
UStG 1980 搂听1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, 搂听12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b; PBefG 搂听1 Abs. 1, 搂听2 Abs.听1 Nr. 3, Abs.听4, 搂听43 Abs. 1 Nr. 1; FrStllgV 搂 1 Nr. 4 Buchst. a.F.assung: 1967-06-16
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) betreibt ein Bauunternehmen. Sie bef枚rderte im Jahre 1980 ihre Arbeitnehmer mit firmeneigenen Fahrzeugen in Sammeltransporten unentgeltlich von deren Wohnungen zu den jeweiligen Baustellen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beurteilte diese kostenlose Bef枚rderung der Arbeitnehmer als steuerbaren Umsatz nach 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG 1980) und unterwarf ihn nach einer Bemessungsgrundlage in H枚he der auf diese Fahrten sch盲tzungsweise entfallenden Kosten von 15 000 DM unter Anwendung des allgemeinen Steuersatzes von 13 v.H. der Umsatzsteuer. Die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid 1980 vom 3.November 1981, mit der die Kl盲gerin die Auffassung vertrat, da脽 die kostenlose Bef枚rderung von Arbeitnehmern nicht von 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 erfa脽t werde, hatte keinen Erfolg.
Unter Ber眉cksichtigung der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteile vom 6.Februar 1975 V R 103/72, BFHE 115, 75, BStBl II 1975, 255 einerseits und vom 7.Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 andererseits) und der Gesetzesfassungen in den UStG 1967 und 1980 nahm das Finanzgericht (FG) an, da脽 die Bef枚rderungsleistung der Kl盲gerin nach 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 der Umsatzsteuer unterliege. Es k枚nne kein Zweifel bestehen, da脽 der Gesetzgeber die Fassung des UStG 1980 im Hinblick auf das Urteil des BFH in BFHE 115, 75, BStBl II 1975, 255 in diesem Sinne formuliert habe, um --entsprechend der Aussage dieses Urteils zum UStG 1980-- die Steuerpflicht der Sachzuwendungen an Arbeitnehmer auch f眉r das UStG 1980 anzuordnen. Sollte die Definition des Leistungsaustauschs in dem letztgenannten Urteil richtig sein, dann habe der Gesetzgeber im UStG 1980 seinen Willen auch juristisch richtig formuliert. Sollte dagegen der Begriff des Leistungsaustauschs --auch im Sinne des UStG 1980-- in dem Urteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 zutreffend formuliert sein, so k枚nne 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 nur so verstanden werden, da脽 bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen eines Unternehmers an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverh盲ltnisses die Entgeltlichkeit kein Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift sei, es mithin f眉r diesen unter Buchst.b erfa脽ten Sonderfall nicht darauf ankomme, ob ein Leistungsaustausch vorliege. Eines Eingehens darauf, ob ein "betriebskonformes Verhalten" des Arbeitnehmers als Gegenleistung f眉r die Bef枚rderung angesehen werden k枚nne, bed眉rfe es danach nicht mehr.
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin sinngem盲脽 Verletzung von 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980. Nach dieser Vorschrift seien die streitigen Bef枚rderungsleistungen nicht umsatzsteuerbar. Durch sie sei die Aussage des Urteils in BFHE 115, 75, BStBl II 1975, 255 in das UStG 眉bernommen und somit lediglich klargestellt worden, da脽 Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Arbeitnehmer grunds盲tzlich der Umsatzsteuer unterl盲gen; ein neuer Steuertatbestand sei nicht geschaffen worden. Da der BFH seine Rechtsauffassung im Urteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 fast eineinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten des UStG 1980 aufgegeben habe, m眉脽ten die im letztgenannten Urteil aufgestellten Grunds盲tze nunmehr auch f眉r die Interpretation des 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 gelten. Unabdingbare Voraussetzung f眉r die Steuerbarkeit von Sachzuwendungen sei danach aber ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch der Wortlaut der Vorschrift bringe zum Ausdruck, da脽 die Entgeltlichkeit Tatbestandsmerkmal sei. Wenn es dort hei脽e "f眉r die die Empf盲nger der Lieferung oder sonstigen Leistung kein besonders berechnetes Entgelt aufwenden", dann sei dies nicht gleichbedeutend mit dem Verzicht auf ein Entgelt, vielmehr solle damit nur zum Ausdruck gebracht werden, da脽 auf die besondere Berechnung verzichtet werde.
Ein Leistungsaustausch im Sinne des Urteils in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 liege im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Es sei n盲mlich weder eine vertragliche Vereinbarung dar眉ber getroffen worden, da脽 die Arbeitnehmer als Verg眉tung f眉r geleistete Dienste au脽er dem Barlohn auch die Bef枚rderungsleistung erhalten sollten, noch sei ein besonderes Entgelt f眉r die Bef枚rderung verlangt worden. Die Kl盲gerin habe sich die Bef枚rderung weder bezahlen lassen, noch eine an sich gebotene Lohnerh枚hung unterlassen, noch ein Mehr an Arbeitsleistung verlangt.
Die Kl盲gerin beantragt sinngem盲脽, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuer 1980 entsprechend der f眉r die Bef枚rderungsleistung angesetzten Bemessungsgrundlage von 15 000 DM zu erm盲脽igen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Kl盲gerin sei es unerheblich, ob der Gesetzgeber urspr眉nglich lediglich durch 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 eine klarstellende Regelung in das UStG 1980 habe aufnehmen wollen, die sich nach 脛nderung der Rechtsprechung des BFH nunmehr als konstitutive Regelung darstelle. Im Gesetz sei unmi脽verst盲ndlich zum Ausdruck gebracht worden, da脽 die Leistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer selbst bei Fehlen eines besonders berechneten Entgelts (ausgenommen Aufmerksamkeiten) der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien. Dem Gesetzgeber stehe es frei, dies im Ausnahmefall anzuordnen, selbst dann, wenn in einem solchen Fall m枚glicherweise ein f眉r den Grundfall (搂 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980) erforderliches Tatbestandsmerkmal fehle (hier: "gegen Entgelt" - Leistungsaustausch).
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II. Die Revision der Kl盲gerin ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG hat zu Recht entschieden, da脽 die kostenlosen Bef枚rderungen der Arbeitnehmer von deren Wohnungen zu den Baustellen bei der Kl盲gerin als Arbeitgeberin nach 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 der Umsatzsteuer unterliegen. Hierzu verweist der Senat auf die Gr眉nde des Urteils vom 11.M盲rz 1988 V R 30/84 (BFHE 153, 155). Wie in der Streitsache V R 30/84 hat die Kl盲gerin die Leistungen an ihre Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverh盲ltnisses --aus betrieblichen Gr眉nden-- ausgef眉hrt. Die in dem Urteil zu V R 30/84 unter 2.e) der Gr眉nde dargestellte Beschr盲nkung des Anwendungsbereiches des 搂 1 Abs.1 Nr.1 Buchst.b UStG 1980 auf Leistungen, die nicht im 眉berwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen, trifft auch im Streitfall nicht zu. Die von der Kl盲gerin durchgef眉hrten Sammelfahrten sind nicht deshalb 眉berwiegend betrieblich veranla脽te Ma脽nahmen des Arbeitgebers, weil die Baustellen, an denen die Arbeitnehmer der Kl盲gerin eingesetzt wurden, sich an st盲ndig wechselnden Orten befanden. Die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsst盲tte sind Sache der Arbeitnehmer (vgl. auch BFH-Urteil vom 20.Dezember 1982 VI R 64/81, BFHE 137, 463, BStBl II 1983, 306 unter 2.b) bb), sie betreffen nicht die Gestaltung der Dienstaus眉bung selbst. Es ist grunds盲tzlich davon auszugehen, da脽 die Arbeitnehmer die Arbeit an den jeweiligen Arbeitsstellen zu leisten haben (vgl. Palandt, B眉rgerliches Gesetzbuch, 47.Aufl., 搂 611 Anm.3 d).
2. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil die Vorentscheidung keine Feststellungen enth盲lt, die eine 脺berpr眉fung der Steuerh枚he zulie脽en. FA und FG haben nicht beachtet, da脽 die Anwendung des erm盲脽igten Steuersatzes nach 搂 12 Abs.2 Nr.10 Buchst.b UStG 1980 in Betracht zu ziehen ist.
Die Kl盲gerin hat ihre Arbeitnehmer mit eigenen Fahrzeugen zu wechselnden Arbeitsstellen bef枚rdert; sie hat damit Linienverkehr in Form des Berufsverkehrs (搂 2 Abs.1 Nr.3, 搂 43 Abs.1 Nr.1 des Personenbef枚rderungsgesetzes --PBefG--) betrieben, der jedoch nach 搂 1 Nr.4 Buchst.a der Verordnung 眉ber die Befreiung bestimmter Bef枚rderungsf盲lle von den Vorschriften des Personenbef枚rderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung) vom 30.August 1962 (BGBl I 1962, 601), ge盲ndert durch die Verordnung zur 脛nderung der Freistellungs-Verordnung vom 16.Juni 1967 (BGBl I 1967, 602), genehmigungsfrei ist. Unter diese Vorschrift fallen Bef枚rderungen von Berufst盲tigen mit Kraftfahrzeugen zu und von ihrer Eigenart nach wechselnden Arbeitsstellen, insbesondere Baustellen, sofern nicht ein solcher Verkehr zwischen gleichbleibenden Ausgangs- und Endpunkten l盲nger als ein Jahr betrieben wird.
Die Vorschrift findet, wie sich aus der Gegen眉berstellung zu 搂 1 Abs.1, 搂 2 Abs.4 PBefG ergibt --wonach die Bef枚rderung zwischen Arbeitsst盲tten mit Kraftfahrzeugen des Arbeitgebers zu betrieblichen Zwecken nicht genehmigungspflichtig ist--, auf Fahrten zwischen Wohnung und (wechselnden) Arbeitsstellen Anwendung; dabei k枚nnen an die Stelle der Wohnung auch zwischen der Wohnung und der Arbeitsstelle gelegene Ausgangs- oder Endpunkte der Fahrten, z.B. Bahnh枚fe, Haltestellen des allgemeinen Linienverkehrs, treten (Fielitz/Meier/Montigel/M眉ller, Personenbef枚rderungsgesetz, Kommentar, Freistellungs-Verordnung, 搂 1 Nr.4). Genehmigungspflichtig ist dagegen der Berufsverkehr zu festen Arbeitsstellen (搂 43 Abs.1 Nr.1 PBefG). Wird die Genehmigung erteilt, so liegt genehmigter Linienverkehr i.S. des 搂 12 Abs.2 Nr.10 Buchst.b UStG 1980 vor. Bef枚rdert der Arbeitgeber im genehmigten Linienverkehr mit eigenen Fahrzeugen, so ist --unter den weiteren Voraussetzungen des 搂 12 Abs.2 Nr.10 Buchst.b UStG 1980-- der erm盲脽igte Steuersatz anzuwenden.
Abgesehen von der Unentgeltlichkeit der Bef枚rderung und der Begrenzung auf ein Jahr in 搂 1 Nr.4 Buchst.a Freistellungs- Verordnung besteht der Unterschied zu 搂 43 Abs.1 Nr.1 PBefG nur im Charakter der angefahrenen Arbeitsstellen. Durch 搂 1 Nr.4Buchst.a Freistellungs-Verordnung sollen lediglich die Schwierigkeiten ausger盲umt werden, die sich bei h盲ufig wechselnden Arbeitsstellen, insbesondere bei Bauunternehmern, aus der Notwendigkeit ergeben w眉rden, f眉r jede Arbeitsstelle das Verfahren f眉r eine Linienverkehrsgenehmigung durchzuf眉hren. 搂 43 Abs.1 Nr.1 PBefG wie auch 搂 1 Nr.4 Buchst.a der Freistellungs-Verordnung erfassen aber die Bef枚rderungen von und zu Arbeitsstellen, also vergleichbare Tatbest盲nde. Dies rechtfertigt es, auf diese Sonderform des "genehmigungsfreien" Linienverkehrs ebenfalls den erm盲脽igten Steuersatz anzuwenden, sofern die weiteren Voraussetzungen des 搂 12 Abs.2 Nr.10 Buchst.b UStG 1980 --Bef枚rderung innerhalb einer Gemeinde oder Bef枚rderungsstrecke von nicht mehr als f眉nfzig Kilometern-- erf眉llt sind; insoweit ist das UStG 1980 "planwidrig" unvollst盲ndig (im Ergebnis ebenso Abschn.175 Abs.6 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1988).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 62181 |
BStBl II 1988, 651 |
BFHE 153, 162 |
BFHE 1989, 162 |
BB 1988, 1310-1310 (LT1-2) |
DB 1988, 1480-1480 (ST) |
DStR 1988, 549 (ST1-2) |
HFR 1988, 468 (LT1-2) |