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Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
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Leitsatz (amtlich)
Eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts handelt in Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt, wenn sie gegen Erstattung der Selbstkosten auf Ersuchen einer funktionell gleichartigen K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts, der sie gesetzlich zur Amtshilfe verpflichtet ist, b眉rotechnische Hilfsarbeiten (Datenverarbeitung durch eine Hollerithabteilung) ausf眉hrt.
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Normenkette
UStG 搂 2 Abs. 3; UStDB 搂 19 Abs. 1
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Tatbestand
Die Bgn., eine Allgemeine Ortskrankenkasse, verf眉gt 眉ber eine Hollerithabteilung, die in erster Linie der Bew盲ltigung ihrer eigenen Aufgaben als K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts dient, daneben aber auch auf Ersuchen zur Erledigung amtlicher Arbeiten anderer Ortskrankenkassen (OKK) eingesetzt wird. Es handelt sich dabei um Vorarbeiten zur Erstellung von Statistiken, die die ersuchenden Versicherungstr盲ger entweder f眉r ihre Betriebszwecke brauchen oder nach Verwaltungsvorschriften (z. B. nach den 搂搂 41 ff. der Verwaltungsvorschriften 眉ber das Rechnungswesen bei den Tr盲gern der sozialen Krankenversicherung vom 31. August 1956 - Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 174) den Aufsichtsbeh枚rden und statistischen 盲mtern vorzulegen haben. Die Bgin. erh盲lt von den ersuchenden Stellen f眉r diese Leistungen eine Verg眉tung, die nur den Gesamtaufwand an sachlichen und personellen Auslagen f眉r die Hollerithabteilung anteilig deckt.
Streitig ist, ob aus diesen Einnahmen Umsatzsteuer abzuf眉hren ist.
Das Finanzamt hat f眉r die Veranlagungszeitr盲ume 1953 bis 1957 die Steuerpflicht bejaht und daran auch in der Einspruchsentscheidung festgehalten.
Das Finanzgericht hob auf die Berufung der Bgin. die Einspruchsentscheidung und den Steuerbescheid 1953 bis 1957 auf. Zur Begr眉ndung seines Urteils f眉hrt das Finanzgericht aus:
Die strittigen Leistungen seien gem盲脽 搂 2 Abs. 3 UStG nicht steuerbar, da sie in Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt erbracht worden seien. Dieses T盲tigkeitsmerkmal komme allen Handlungen zu, die einer K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts durch Gesetz zugewiesen seien. Die von der Bgin. f眉r andere OKK 眉bernommenen Arbeiten seien von solcher Art. Der Umstand, da脽 sie von einer nicht zust盲ndigen OKK f眉r die zust盲ndige ausgef眉hrt w眉rden, 盲ndere nichts an dieser Eigenschaft. Da die leistende OKK, die Bgin., innerhalb der organisatorischen Einheit der Sozialversicherung t盲tig werde, nehme sie mit den strittigen Leistungen nicht am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teil. Zudem habe sie in Erf眉llung der ihr nach 搂搂 115, 116 der Reichsversicherungsordnung (RVO) obliegenden Beistandspflicht, also im Rahmen einer ihr zugewiesenen Aufgabe gehandelt.
Gegen dieses Urteil erhob der Vorsteher des Finanzamts A. (Bf.) Rb. Nach einer Verl盲ngerung der Frist zur Begr眉ndung des Rechtsmittels bis zum 1. Juli 1962 (脽 289 Abs. 2 AO) ersuchte der Bf. das Finanzgericht mit Schreiben vom 27. Juni 1962, eingegangen erst am 3. Juli 1962, um eine erneute Verl盲ngerung, die ihm gew盲hrt wurde. Die Beschwerdebegr眉ndung ist dann am 1. Dezember 1962 eingegangen. Mit ihr wird die Verletzung des formellen und materiellen Rechts ger眉gt.
In formeller Hinsicht beanstandet der Bf. das Zustandekommen der tats盲chlichen Feststellung, da脽 die strittigen statistischen Vorarbeiten durch private Hollerith-Unternehmen nicht ausgef眉hrt w眉rden. Er r眉gt, da脽 das Finanzgericht insoweit die tats盲chlichen Behauptungen der Bgin. 眉bernommen habe, statt hier眉ber Ermittlungen anzustellen. Das materielle Recht ist nach Auffassung des Bf. verletzt, weil das Finanzgericht die Leistungen der Bgin. als Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt und als Rechtshilfeleistungen beurteilt hat.
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Die Rb. ist nicht begr眉ndet, da die Bgin. die strittigen Leistungen in Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt im Sinne des 搂 2 Abs. 3 UStG erbracht hat.
Der Umsatzsteuer unterliegen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausf眉hrt (脽 1 Ziff. 1 Satz 1 UStG). Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit selbst盲ndig aus眉bt (脽 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt ist keine gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit (脽 2 Abs. 3 UStG). Ein Umsatz ist gem盲脽 搂 19 Abs. 1 Satz 1 UStDB als Aus眉bung 枚ffentlicher Gewalt dann nicht steuerbar, wenn die folgenden zwei Voraussetzungen erf眉llt sind: Es mu脽 eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts t盲tig geworden sein und diese T盲tigkeit mu脽 der Erf眉llung 枚ffentlich-rechtlicher Aufgaben dienen.
Die pers枚nlichen Voraussetzungen f眉r die Aus眉bung der 枚ffentlichen Gewalt sind bei der Bgin. unstreitig gegeben. Die Bgin. ist als Tr盲gerin der 枚ffentlich-rechtlichen Krankenversicherung eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts (脽 4 RVO). Zweifel bestehen nur in der Frage, ob sie durch die Datenverarbeitung f眉r andere Versicherungstr盲ger 枚ffentlich-rechtliche Aufgaben erf眉llt hat.
Nach 搂 19 Abs. 1 Satz 2 UStDB ist eine Erf眉llung 枚ffentlich-rechtlicher Aufgaben "insbesondere" dann anzunehmen, wenn der Leistungsempf盲nger einem Annahmezwang unterliegt. Eine solche Lage besteht hier allerdings nicht; sie ist aber nach dem Wortlaut der Bestimmung auch kein notwendiges, sondern nur ein sicheres Kennzeichen f眉r das hoheitliche Handeln. Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. Entscheidungen V 297/61 U vom 20. M盲rz 1964, BStBl 1964 III S. 324, Slg. Bd. 79 S. 258; V 120/59 U vom 13. April 1961, BStBl 1961 III S. 298, Slg. Bd. 73 S. 84, und V 281/57 U vom 20. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 490, Slg. Bd. 69 S. 616) 眉bt eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts auch insoweit eine hoheitliche T盲tigkeit aus, als sie Aufgaben wahrnimmt, die ihr durch Gesetz oder Verordnung ausdr眉cklich zugewiesen oder die ihr eigent眉mlich und ihr, wenn auch nicht ausschlie脽lich, so doch in ganz erheblichem Umfange oder im Regelfalle vorbehalten sind.
Die strittigen Leistungen der Bgin. sind Handlungen, denen ein amtlicher Charakter nicht abgesprochen werden kann. Denn jede OKK erf眉llt hoheitliche Aufgaben, wenn sie selbst die statistischen Darstellungen erarbeitet, deren Fertigung ihr durch Verwaltungsanordnungen auferlegt ist oder ihr aus innerbetrieblichen Gr眉nden zur eigenen Auswertung zweckm盲脽ig erscheint. Dabei ist der gesamte Erarbeitungsvorgang in allen seinen Stadien als eine amtliche T盲tigkeit zu beurteilen, gleichg眉ltig, ob es sich dabei um die Niederlegung der nur der K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts kraft ihres Aufgabenmonopols m枚glichen, mit 枚ffentlichem Glauben versehenen Ergebnisse oder um die Vornahme der dazu erforderlichen rein mechanischen, etwa b眉rotechnischen Vor- oder Nebenarbeiten handelt. Denn die K枚rperschaften des 枚ffentlichen Rechts erf眉llen ihre amtlichen Aufgaben in der Regel ohne fremde Mithilfe. Es ist ihnen also, soweit nicht sogar haushaltsm盲脽ig geboten, jedenfalls eigent眉mlich und vorbehalten, da脽 sie auch die Vor- und Nebenarbeiten zu ihren nach au脽en in Erscheinung tretenden Handlungen selbst durchf眉hren. Damit partizipieren jene Teilleistungen am amtlichen Charakter der Gesamtleistung.
Allerdings unterscheiden sich diese Teilleistungen auch aus der Sicht des Umsatzsteuerrechts von den typischen Formen der Hoheitsaus眉bung, weil sie im allgemeinen von privater Seite immerhin ausgef眉hrt werden k枚nnten, wenn sie eine Beh枚rde einem privaten Unternehmer in Auftrag g盲be. Doch sind solche Auftr盲ge, wie schon betont, un眉blich und deshalb grunds盲tzlich nicht Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs. Deshalb spricht auch, wenn eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts f眉r eine funktionell gleichartige K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts selbst盲ndig B眉roarbeiten ausf眉hrt, eine Vermutung daf眉r, da脽 die leistende K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts mit diesen Leistungen nicht in der Rolle eines gewerblichen Unternehmers, sondern in Erf眉llung eigener hoheitlicher Aufgaben t盲tig wird.
Im Streitfalle liegt die hoheitliche Aufgabe, der die Bgin. mit der Ausf眉hrung mechanischer B眉roarbeiten f眉r ihre 枚ffentlich-rechtlichen Schwestereinrichtungen nachgekommen ist, in der Durchf眉hrung der allen Versicherungstr盲gern gesetzlich auferlegten gegenseitigen Beistandspflicht (脽 116 RVO). Im Gegensatz zum Finanzgericht erachtet es der Senat dabei nicht f眉r entscheidend, ob die Bgin. nach 搂 116 RVO rechtlich verpflichtet war, in ihrer Hollerithabteilung die Ersuchen anderer OKK auszuf眉hren. Denn die Grenzen zwischen Pflicht und Entgegenkommen im verwaltungsrechtlichen Beistandsverh盲ltnis sind fl眉ssig. Es ist von dem Grundsatz auszugehen, da脽 die ersuchte K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts eine echte Beistandsleistung erbringt und damit eine Amtshandlung ausf眉hrt, wenn sie nur selbst die F枚rderung 枚ffentlich-rechtlicher Ziele (Gegensatz: wirtschaftliche Ziele) verfolgt und sich die Hilfst盲tigkeit nicht als Anla脽 eines organisatorischen Unterordnungsverh盲ltnisses darstellt. Denn es liegt jedenfalls im Rahmen dieses f眉r Beh枚rden sogar verfassungsrechtlichen Prinzips der gegenseitigen Hilfeleistung (Art. 35 des Grundgesetzes - GG -), da脽 ein Versicherungstr盲ger, der ohne Beeintr盲chtigung seines eigentlichen Aufgabenkreises dazu in der Lage ist, die Aufgaben des anderen auf dessen Ersuchen hin zu erleichtern trachtet (vgl. dazu Peters, Lehrbuch der Verwaltung 1949 S. 59).
Gegenstand der Amtshilfe kann jede Art von beh枚rdlichem Beistand leisten sein. Es sind also nicht nur Handlungen darunter zu verstehen, zu deren Ausf眉hrungen der ersuchenden Beh枚rde die rechtlichen und sachlichen Mittel fehlen, sondern auch Leistungen, f眉r deren Vornahme durch die ersuchte Beh枚rde blo脽e Zweckm盲脽igkeitsgesichtspunkte sprechen (v. Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz, Anm. V, 4 zu Art. 35 GG, S. 845): so die Erteilung von Ausk眉nften, 眉bermittlung von Abschriften und Aktenausz眉gen, aber auch die gelegentliche 眉berlassung von R盲umlichkeiten, von Kraftfahrzeugen oder anderen technischen Hilfsmitteln.
Die zunehmende Technisierung der B眉roarbeit erweitert die M枚glichkeit und Zweckm盲脽igkeit des Beistandleistens gegen眉ber den bisher 眉blichen Formen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausstattung mit Datenverarbeitungsmaschinen, da deren Leistungsvolumen alle herk枚mmlichen Vorstellungen 眉bersteigt. Es bestehen deshalb keine grunds盲tzlichen Bedenken gegen die Annahme einer echten Amtshilfe, wenn eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts, die zur rationellen Bew盲ltigung ihrer eigenen Aufgaben mit solchen Maschinen ausgestattet ist, das 眉bersch眉ssige Arbeitspotential dieser Einrichtung anderen, funktionell gleichartigen Amtstr盲gern f眉r amtliche Arbeiten zur Vef眉gung stellt.
F眉r eine unternehmerische Ausnutzung der technischen Einrichtungen spricht es dabei noch nicht, da脽 die ersuchte K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts von der ersuchenden einen angemessenen Auslagenersatz verlangt. Denn ein solcher Ausgleich wird im 枚ffentlich-rechtlichen Beistandsverh盲ltnis allgemein als gerechtfertigt angesehen (vgl. Maunz-D眉rig, Kommentar zum Grundgesetz, Randnr. 10 zu Art. 35 GG, sowie v. Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz, Anm. V, 5 zu Art. 35 GG, und Moll, Deutsches Verwaltungsblatt 1954 S. 697 ff. (699)). Der Senat sieht es auch nicht als sch盲dlich an, wenn sich die ersuchte K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts bei ihrer Bereitschaft zur Hilfeleistung auch von Gesichtspunkten der besseren Rentabilit盲t ihrer technischen Einrichtung leiten l盲脽t; es d眉rfen diese Erw盲gungen nur nicht 眉berwiegen.
Nach diesen Grunds盲tzen ist die strittige T盲tigkeit als Amtshilfe zu beurteilen, zumal die Bgin. gem盲脽 搂 25 Abs. 1 und 3 RVO ohnehin ihre Mittel nur f眉r die gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Zwecke verwenden und nur Gesch盲fte 眉bernehmen darf, die ihr das Gesetz 眉bertr盲gt. Sie kann daher, will sie auf dem Boden ihrer Verfassung bleiben, ihre Hollerithabteilung gar nicht unternehmerisch ausnutzen. Sie tut es auch nicht, da sie nach den Feststellungen des Finanzgerichts nur f眉r 枚rtlich nahegelegene OKK im Rahmen der diesen zugewiesenen Aufgaben gegen den blo脽en Auslagenersatz t盲tig wird. Die strittigen Leistungen sind deshalb in Aus眉bung hoheitlicher Gewalt erbracht und nicht steuerbar.
Die mit der formellen R眉ge angefochtene Feststellung des Finanzgerichts, da脽 die strittigen Arbeiten der Bgin. von privaten Unternehmern nicht ausgef眉hrt w眉rden, hat nach diesen rechtlichen Erw盲gungen keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Mit der R眉ge wird daher kein wesentlicher Verfahrensmangel dargetan. Zudem wurde die R眉ge versp盲tet erhoben. Sie mu脽 daher unbeachtet bleiben (搂搂 285 Abs. 2, 288 Ziff. 2, 289 Abs. 2, 290 Abs. 1 AO).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 411602 |
BStBl III 1965, 339 |
BFHE 1965, 263 |
BFHE 82, 263 |