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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verwendung von Feststellungen aus einem rechtskr盲ftigen Strafbefehl
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Leitsatz (NV)
Ein Strafbefehl, gegen den nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, steht gem盲脽 搂 410 Abs. 3 StPO einem rechtskr盲ftigen Urteil gleich. Daher kann sich das FG in tats盲chlicher Hinsicht auch die Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingef眉hrten rechtskr盲ftigen Strafbefehls dann zu eigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vorgetragen haben.
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Normenkette
FGO 搂 115 Abs. 2 Nr. 1; StPO 搂 410 Abs. 3
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Tatbestand
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt 鈥旽ZA鈥) nahm den Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) mit Steuerbescheid vom 25. Juni 1998 f眉r Einfuhrabgaben von insgesamt 鈥 DM in Anspruch, weil dieser in der Zeit von 1993 bis 1995 鈥 unversteuerte und unverzollte Zigaretten, die er von Dritten erworben habe, an J bzw. K weiterverkauft habe. Am 14. Juli 1998 erging gegen den Kl盲ger wegen der Ver盲u脽erung dieser Menge unversteuerter und unverzollter Zigaretten ein Strafbefehl, der nach der R眉cknahme seines zun盲chst dagegen erhobenen Einspruchs rechtskr盲ftig geworden ist. Einspruch und Klage gegen den Steuerbescheid blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) st眉tzte sich bei seiner Entscheidung insbesondere auf die Feststellungen des gegen den Kl盲ger gerichteten Strafbefehls. Soweit der Kl盲ger den Erlass des Strafbefehls auf eine strafprozessuale Absprache zur眉ckf眉hre, stelle dies kein substantiiertes Bestreiten der strafgerichtlichen Feststellungen im Strafbefehl dar. Der Kl盲ger habe durch sein strafprozessuales Verhalten bewusst die Verurteilung wegen des Geschehens, das auch Gegenstand des angefochtenen Steuerbescheides sei, in Kauf genommen und damit zugestanden.
Die gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde st眉tzt der Kl盲ger auf grunds盲tzliche Bedeutung (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥) sowie auf einen Verfahrensmangel (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegr眉ndet, weil die Rechtssache keine grunds盲tzliche Bedeutung hat und der ger眉gte Verfahrensmangel nicht vorliegt.
1. Eine Rechtssache hat grunds盲tzliche Bedeutung i.S. von 搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine f眉r die Beurteilung des Streitfalls ma脽gebliche Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Kl盲rung das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts ber眉hrt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Eine Zulassung der Revision kommt nur dann in Betracht, wenn die aufgeworfene und f眉r die Entscheidung des Rechtsstreits ma脽gebliche Rechtsfrage auch kl盲rungsbed眉rftig ist (BFH-Beschluss vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924). Daran fehlt es vor allem dann, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten l盲sst (BFH-Beschluss vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496, m.w.N.).
Der Kl盲ger meint, grunds盲tzliche Bedeutung habe die Rechtsfrage, ob das Bestehen eines rechtskr盲ftigen Strafbefehls in Steuerstrafsachen ohne weiteres den Schluss zulasse, dass der Angeklagte die Straftat auch tats盲chlich begangen habe und ob damit von einem rechtskr盲ftig gewordenen Strafbefehl die gleiche Indizwirkung ausgehe, wie von einem Strafurteil. Entgegen der Auffassung des Kl盲gers ist diese Frage jedoch nicht kl盲rungsbed眉rftig und hat schon deshalb keine grunds盲tzliche Bedeutung i.S. des 搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Nach der st盲ndigen Rechtsprechung des BFH kann sich das FG in tats盲chlicher Hinsicht die Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingef眉hrten Strafurteils dann zu Eigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisantr盲ge gestellt haben, die das FG nach den allgemeinen f眉r die Beweiserhebung geltenden Grunds盲tzen nicht unbeachtet lassen kann (Senatsurteil vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; Urteil vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305; Senatsurteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463; Senatsbeschluss vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215).
Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass es keinen Unterschied macht, ob sich das FG auf Feststellungen aus einem in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl oder auf Feststellungen aus einem Strafurteil st眉tzt. Das folgt bereits aus 搂 410 Abs. 3 der Strafprozessordnung (StPO), wonach ein Strafbefehl, gegen den nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, einem rechtskr盲ftigen Urteil gleichsteht. Der unangefochtene Strafbefehl erlangt somit ebenso wie ein unangefochtenes Urteil formelle und materielle Rechtskraft. Diese Wirkung tritt in allen F盲llen ein, in denen strafbares Verhalten zul盲ssigerweise mit einem Strafbefehl geahndet wird, also auch im Steuerstrafrecht, da f眉r dieses eine Ausnahme gesetzlich nicht vorgesehen ist. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Strafbefehlsverfahren sei nur ein summarisches Verfahren, in dem ohne Hauptverhandlung entschieden werde und hinreichender Tatverdacht f眉r den Erlass des Strafbefehls ausreiche. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. Februar 1992 VII B 125/91 (BFH/NV 1993, 4) ausgef眉hrt hat, ist das besondere Verfahren bei Strafbefehlen mit seinen verschiedenen Vereinfachungsm枚glichkeiten gegen眉ber dem normalen Strafverfahren nur als Angebot an die Rechtspflegeorgane und an den Angeschuldigten zu verstehen, z眉gig, ohne gr枚脽eren Aufwand und ohne Aufsehen in der 脰ffentlichkeit F盲lle leichterer Kriminalit盲t aus der Welt zu schaffen. Dem von einem Strafbefehl Betroffenen steht es schlie脽lich frei, durch Einlegung eines Einspruchs eine Hauptverhandlung und damit das normale Strafverfahren herbeizuf眉hren (搂搂 410 Abs. 1, 411 Abs. 1 Satz 2 StPO). Nimmt er hingegen den Strafbefehl an, kann auch der Einwand minderer Rechtsstaatlichkeit dieses Verfahrens nicht durchgreifen.
Es bedarf daher keiner Kl盲rung in einem Revisionsverfahren, dass sich ein FG in tats盲chlicher Hinsicht die Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingef眉hrten rechtskr盲ftigen Strafbefehls zu Eigen machen darf, sofern die Beteiligten gegen die darin getroffenen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisantr盲ge gestellt haben, die das FG nach den allgemeinen f眉r die Beweiserhebung geltenden Grunds盲tzen nicht unbeachtet lassen kann.
2. Sofern dem Vorbringen des Kl盲gers eine R眉ge wegen eines Verfahrensfehlers zu entnehmen sein sollte, w盲re diese jedenfalls nicht hinreichend bezeichnet (搂 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung). Soweit der Kl盲ger beanstandet, das FG habe die beantragte Vernehmung des Zeugen X unterlassen, fehlt es in der Beschwerdebegr眉ndung an dem Vortrag dazu, dass der in der m眉ndlichen Verhandlung sachkundig vertretene Kl盲ger die Nichterhebung des Beweises damals ger眉gt hat, oder dazu, weshalb er sie bis zum Schluss der m眉ndlichen Verhandlung nicht hat r眉gen k枚nnen. Denn die Nichterhebung einzelner Beweise geh枚rt zu den gem盲脽 搂 155 FGO i.V.m. 搂 295 der Zivilproze脽ordnung verzichtbaren Verfahrensm盲ngeln (vgl. Gr盲ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 搂 115 Rdnr. 38, 搂 120 Rdnr. 40, m.w.N.).
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Fundstellen
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BFH/NV 2001, 931 |