"Feedbackgespräche sollten auf die Zukunft ausgerichtet sein"

Online-Redaktion: In Befragungen vergangener Jahre beklagten Mitarbeiter, dass es in ihrem Unternehmen rund um den Jahreswechsel kein Feedback vom Chef gibt. Was sind Ihre Erfahrungen? Und wie meinen Sie sieht es in diesem Jahr aus?
Volker Jacobs: Unsere Forschung zeigt, dass es hier ein grundsätzliches Problem gibt. Der eigentliche Gedanke eines Performance Reviews sollte es sein, den Mitarbeitern dabei zu helfen sich zu verbessern – im Hinblick auf Ihre eigenen Fähigkeiten und damit auch auf Ihre Möglichkeit, zum Unternehmenserfolg beizutragen. Leider zeigt die Praxis, dass viele Unternehmen Leistung fast ausschließlich rückblickend und quantitativ evaluieren. Dabei wird zu wenig in Methoden investiert, mit denen sich zukünftige Leistung verbessern lässt. Dies würde Mitarbeitern und Unternehmen zugutekommen. Grundsätzlich ist ein Feedback – vergangenheits- wie zukunftsgerichtet – jedoch sehr wichtig.
Online-Redaktion: Wie sieht Ihrer Meinung nach ein gutes Feedbackgespräch zum Jahreswechsel aus: eher formell oder informell? Soll die Führungskraft den Mitarbeiter also etwa zu einem Termin einladen und die Ergebnisse dokumentieren, oder lieber zum Kaffee einladen und in einer informellen Atmosphäre mit ihm plaudern?
Jacobs: Insgesamt sehen wir eine Notwendigkeit, Feedback noch stärker in der Kultur vieler Unternehmen zu verankern. Ein Beispiel: Feedbackgespräche sollten nicht nur einmal, also beispielsweise zum Ende oder Anfang eines Jahrs, geführt werden. Feedback sollte konstant über das Jahr verteilt sein, sodass aktuelle Situationen besprochen und Handlungsalternativen erarbeitet werden können. Im Optimalfall bilden Mitarbeiter und Führungskraft ein Team mit der Aufgabe, den Mitarbeiter zu entwickeln. Diese Entwicklung sollte sowohl an den Karriere- und Zukunftsplänen des Mitarbeiters, als auch an Zielen und Bedarfen des Unternehmens ausgerichtet sein. Dies kann zum Teil formellen Charakter haben – zum Beispiel im Jahresendgespräch –, kann aber auch informell stattfinden – zum Beispiel während oder nach einem Meeting oder Projekt. Hier sind auch die unterschiedlichen Bedürfnisse und Präferenzen des Mitarbeiters zu beachten. Insgesamt macht es Sinn, die Ergebnisse der Gespräche zu dokumentieren und gemeinsam vereinbarte Entwicklungsziele zu setzen. Dies stellt ein gegenseitiges Einverständnis sicher und versetzt Mitarbeiter und Führungskräfte in die Lage, Erfolge zu messen und neue Ziele zu vereinbaren.
Online-Redaktion: Ist es denn überhaupt nötig, zum Jahresende oder –anfang Feedback zu geben? Die Gespräche seien überflüssig, etwa weil sie oft nur ein Aufzählen von Fehlern seien- wie bewerten Sie das?
Jacobs: Ein Feedbackgespräch sollte stets auf eine zukünftige Entwicklung des Mitarbeiters ausgerichtet sein. Beispiele – wie unter anderem Fehler – aus der Vergangenheit sollten nur als Hilfe dienen, um gemeinsam bessere Handlungsalternativen für die Zukunft auszuarbeiten. Im besten Fall sollte es nie ein rein negatives Feedback geben. Es ist im Interesse aller Parteien, nach vorne zu schauen. Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen noch einmal klare Richtlinien aufgezeigt werden müssen. Aber auch hier sollten der Tenor und vor allem der Ausblick ein positiver sein.
Online-Redaktion: Seit einiger Zeit ist immer wieder die Forderung zu hören, Ѿٲٱä gänzlich abzuschaffen– oder sie durch regelmäßiges, möglicherweise informelles Feedback durch Führungskraft und/oder Kollegen zu ersetzen. Wie stehen Sie dazu?
Jacobs: Unsere Empfehlung, um die Ergebnisse von Ѿٲٱän zu verbessern und die Produktivität und Zusammenarbeit zu verbessern, lässt sich in einigen Punkten zusammenfassen. Erstens: Verändern Sie die Herangehensweise an Ѿٲٱä. Konkret bedeutet das: Führen Sie Ѿٲٱä nicht nur punktuell oder an vorvereinbarten Terminen. Unternehmen sollten Vorgesetzte schulen, wie konstantes, über das Jahr verteiltes Feedback gegeben werden kann. Ziel dabei sollte es sein, den Mitarbeiter so zu entwickeln, dass er die Erwartungen von Unternehmensseite versteht und erfüllen kann – und gleichzeitig auf die Zukunfts- und Karrierepläne des Mitarbeiters hingearbeitet werden kann. Zweitens: Im Fokus des Ѿٲٱäs sollte die Zukunft stehen. Konkret: Ein Ѿٲٱä sollte keine Aufzählung von Dingen sein, die im letzten Jahr gut oder schlecht liefen. Nutzen Sie Beispiele aus der Vergangenheit um Mitarbeitern verständlich zu machen, wie sie sich zukünftig anders Verhalten oder Themen anders angehen können um erfolgreicher und produktiver zu sein.
Online-Redaktion: Gibt es Ihrer Meinung nach noch weitere Voraussetzungen für gute Ѿٲٱä?
Jacobs: Über die genannten Punkte hinaus sollten Sie sich ein holistisches Bild der Leistung des Mitarbeiters verschaffen. Konkret bedeutet das: Sammeln Sie Feedback aus unterschiedlichen Quellen – etwa von anderen Führungskräften, Kollegen, Kunden et cetera – um ein wirkliches Bild über die Beiträge des Mitarbeiters zu bekommen. Dies wird im Zuge des immer vernetzteren Zusammenarbeitens immer wichtiger – wir sehen, dass jeder Mitarbeiter immer öfter und mit immer mehr anderen Personen zusammenarbeitet als je zuvor. Dadurch kann der echte Beitrag eines Mitarbeiters stellenweise für Vorgesetzte schwer zu erkennen sein.
Volker Jacobs ist Managing Director für die DACH-Region beim Best Practices- und Technologieunternehmen CEB.
Das Interview führte Andrea Sattler, Redakteurin Personal.
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