Dieter Zens, Andreas Haßlbeck
Rz. 03
Steuergegenstand der KraftSt ist nach §1 Abs.1 Nr.1 KraftStG das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Die Merkmale dieses Tatbestands sind verwirklicht, wenn das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften (§§1ff. FZV, Anh. A1) zum Verkehr zugelassen worden ist, unabhängig davon, ob das Fahrzeug auch tatsächlich im Straßenverkehr genutzt wird oder genutzt werden darf (BFH v. 18.4.2012, II R 32/10, BStBlII 2013, 516). Denn mit der Zulassung hat der Halter das Recht erlangt, das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen (§3 Abs.1 FZV, Anh. A 1). An dieses Recht knüpft das KraftStG die Steuer (BFH v. 14.6.2018, III R 26/16, BFH/NV 2018, 1203, und v. 7.3.1984, II R 40/80, BStBlII 1984, 459; vgl. auch §1 KraftStG Rz.26 u. 27).
Die Definition "erstmalige Zulassung" (ab 1.7.2009) richtet sich nach den maßgebenden verkehrsrechtlichen Kriterien. Gemäß §3 Abs.1 FZV (vgl. Anh. A 1) dürfen Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. Die Zulassung wird auf Antrag (§6 FZV) erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht. Die Zulassung erfolgt nach §3 Abs.1 FZV durch Zuteilung eines Kennzeichens (§8 FZV), Abstempelung der Kennzeichenschilder (§10 Abs.3 FZV) und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung (§11 FZV); vgl. auch §1 KraftStG Rz.27. Nur mit der abgestempelten amtlichen Kennzeichnung ist ein Fahrzeug zum Verkehr zugelassen (vgl. BGH v. 21.9.1999, 4 StR 71/99, BGHSt 45, 197).
Bei der Entscheidung der Zulassungsbehörde, ein bestimmtes Fahrzeug für eine bestimmte Person verkehrsrechtlich zuzulassen, handelt es sich kraftfahrzeugsteuerrechtlich um einen Grundlagenbescheid i.S.d. §171 Abs.10 AO, an den die Finanzbehörden gebunden sind (BFH v. 25.11.2009, II B 105/09, BFH/NV 2010, 251; FG Baden-Württemberg v. 23.9.2016, EFG 2017, 96). Für die Fahrzeugzulassung ist es ohne Bedeutung, ob und in welchem Umfang ein Fahrzeug im Einzelfall tatsächlich in Betrieb gesetzt wird (BFH v. 14.6.2018, III R 26/16, BFH/NV 2018, 1203 undv. 7.3.1984, II R 40/80, BStBlII 1984, 459).
Für den Begriff der "erstmaligen Zulassung" ist es unerheblich, ob diese im In- oder Ausland durchgeführt worden ist (vgl. 4. KBA-Bekanntmachung zur Fahrzeugsystematik – SV 1 – v. Juni 2012, Az.322-405, KBA-Nr.004, veröffentlicht unter www.kba.de/Statistik/Bekanntmachungen zur Fahrzeugsystematik/Übersicht).
Die befristete Zulassung eines Fahrzeugs mit einem Kurzzeitkennzeichen nach §16 FZV (vgl. Anh. A 1) oder einem roten Kennzeichen i.S.d. §1 Abs.1 Nr.4 KraftStG stellt keine erstmalige Zulassung i.S.d. §8 Nr.1 Buchst.b KraftStG dar (FG Baden-Württemberg v. 6.4.2005, 13 K 87/02, EFG 2005, 978). Diese Beurteilung hat der BFH mit Urteil v. 23.5.2006, VII R 27/05, BStBlII 2006, 607, im Grundsatz bestätigt. Nach diesem BFH-Urteil gelten folgende Rechtsgrundsätze:
- Der Begriff der "erstmaligen Zulassung" im Kraftfahrzeugsteuerrecht ist ein spezifischer Begriff des Verkehrsrechts; seine Auslegung richtet sich somit nach den geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften.
- Das Datum der Erstzulassung eines Fahrzeugs beschreibt den Tag, an dem das Fahrzeug erstmalig allgemein und sachlich unbeschränkt zum öffentlichen Verkehr im Inland oder im Ausland mit der dafür erforderlichen Zulassung zugelassen oder in Betrieb genommen worden ist. Kurzzeitkennzeichen berechtigen jedoch nicht zur allgemeinen und sachlich unbeschränkten Teilnahme am öffentlichen Verkehr, sondern nur zu spezifischen Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten.
- Die Zuteilung eines Kurzzeitkennzeichens für Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten und dessen Bindung an ein bestimmtes Fahrzeug begründen daher rechtssystematisch keine erstmalige Zulassung des Fahrzeugs.
Diese kraftfahrzeugsteuerrechtliche Beurteilung gilt entsprechend auch für rote Kennzeichen i.S.d. §1 Abs.1 Nr.4 KraftStG.
Wurde somit ein Pkw vor dem 1.7.2009 lediglich befristet mit einem Kurzzeitkennzeichen zugelassen oder wurde dem Fahrzeug vor diesem Stichtag nur ein rotes Kennzeichen i.S.d. §1 Abs.1 Nr.4 KraftStG zugeteilt, so steht dies der Anwendung der CO2-orientierten Besteuerung nach §8 Nr.1 Buchst.b i.V.m. §9 Abs.1 Nr.2 Buchst.b KraftStG daher nicht entgegen, wenn der Pkw nach dem 30.6.2009 erstmals im regulären Zulassungsverfahren zugelassen wird.
Sog. Registrierzulassungen (An- und sofortige Abmeldungen von Fahrzeugen) ohne Abstempelung der Kennzeichen – auch Tages- bzw. Kurzzeitzulassungen genannt – sind verkehrsrechtlich nicht zulässig (vgl. §1 KraftStG Rz.27b).
Mit Urteil v. 23.9.2016 (13 K 1913/13, EFG 2017, 96) hat das FG Baden-Württemberg entschieden, dass auch im Fall einer sog. Registrierzulassung Kraftfahrzeugsteuerpflicht im Umfang der Mindeststeuer von einem Monat (§5 Abs.1 Nr.1 KraftStG) en...