Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
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Leitsatz
Das FG Berlin-Brandenburg urteilte, dass automatisierte Fertigungsstra脽en von Automobilherstellern keine "Bauwerke" im Sinne des 搂 48 Abs. 1 Satz 3 EStG sind, sodass Bauma脽nahmen an diesen Stra脽en keinen Bauabzugsteuereinbehalt ausl枚sen.
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Sachverhalt
Geklagt hatte ein Betrieb der Automobilindustrie, der - unter anderem bei Daimler, Audi und Opel - Fertigungsroboter zur Automobilproduktion programmiert hatte, die zuvor durch Dritte aufgestellt worden waren. Um die Roboter mit Strom zu verbinden, hatte sich der Betrieb eines ausl盲ndischen Subunternehmers bedient, der nicht 眉ber eine Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen (搂 48b EStG) verf眉gte, sodass der Leistungsempf盲nger (= der klagende Betrieb) nicht von der Pflicht zum Steuerabzug befreit war. Die Roboter waren in den Werkhallen der Autohersteller auf automatisierten Fertigungsstra脽en installiert worden, die aufgrund ihres hohen Eigengewichts auf den Estrichb枚den der Werkhallen ruhten und teilweise mit ihnen verschraubt waren. Alle zwei bis drei Jahre waren die kompletten Produktionsanlagen vollst盲ndig ab- und wieder aufzubauen, um den wechselnden Automodellzyklen gerecht zu werden. Der Subunternehmer verkabelte die Roboter mit Schaltschr盲nken und Bedienpulten untereinander und verlegte Kabelrinnen. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Fertigungsstra脽en ein Bauwerk im Sinne des 搂 48 Abs. 1 Satz 3 EStG waren und der auftraggebende Betrieb daher zum Einbehalt der 15%igen Bauabzugsteuer verpflichtet war.
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Entscheidung
Das FG Berlin-Brandenburg urteilte, dass die Festsetzung von Bauabzugsteuer rechtswidrig war, da der Betrieb nicht zum Steuereinbehalt verpflichtet war.
Bauleistungen sind nach 搂 48 Abs. 1 Satz 3 EStG nur Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, 脛nderung oder Beseitigung von Bauwerken und deren bestimmungsgem盲脽er Nutzung dienen. Die Fertigungsstra脽en in den Werkhallen der Automobilhersteller waren keine Bauwerke, sondern elektrisch betriebene Maschinen. Im zivilrechtlichen Sinne d眉rfte es sich zwar um Scheinbestandteile der Werkhallen gehandelt haben. Dennoch gelangte das FG zu der Ansicht, dass die Anlagen, die nur zur vor眉bergehenden Verwendung aufgebaut worden waren, selbst bei gro脽z眉giger begrifflicher Auslegung kein "Bauwerk" sein k枚nnen. W眉rde man unter den Begriff des Bauwerks jegliches "Erbaute" fassen, w盲re jede schwerere Maschine innerhalb eines Bauwerks als Bauwerk zu qualifizieren - darunter dann sogar High-End-Hifi-Anlagen oder Klaviere. Dieses Begriffsverst盲ndnis ging dem FG zu weit, da es dazu f眉hren w眉rde, dass Bauabzugsteuer nicht nur - wie gesetzgeberisch gewollt - das Baugewerbe betreffen w眉rde, sondern das gesamte verarbeitende Gewerbe.
Dar眉ber hinaus waren die vorliegenden Verkabelungs- und Montageleistungen keine Bauleistungen, da sie weder unter den Kabelleitungstiefbau nach der Baubetriebe-Verordnung gefasst werden konnten noch unter Installationsma脽nahmen in Bezug auf die Geb盲udetechnik. Die Verkabelung hatte nicht die Geb盲udetechnik der Werkhallen betroffen, sondern allein die freistehend fixierten Roboter, Schaltschr盲nke und Bedienpulte der Fertigungsstra脽e.
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Hinweis
Die Revision ist beim BFH anh盲ngig, Az beim BFH I R 28/22. In diesem Verfahren wird h枚chstrichterlich zu kl盲ren sein, ob Scheinbestandteile im Sinne des 搂 95 BGB bzw. Betriebsvorrichtungen im Sinne des Bewertungsgesetzes, die sich innerhalb eines bestehenden Bauwerks befinden, auch isoliert betrachtet ein Bauwerk im Sinne des 搂 48 Abs. 1 Satz 3 EStG sein k枚nnen ("Bauwerk im Bauwerk").
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Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.06.2022, 6 K 6197/19