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Leitsatz
Es besteht keine generelle Verpflichtung der Familienkasse (FK), einen Billigkeitserlass auszusprechen, wenn Kindergeld auf SGB II-Leistungen angerechnet wurde und es sp盲ter, mangels eines Kindergeldanspruchs, zur R眉ckforderung des Kindergelds kommt. Ein Erlass ist regelm盲脽ig zu versagen, soweit der Kindergeldberechtigte die ungerechtfertigte Weitergew盲hrung und damit letztlich die 脺berzahlung des Kindergelds durch die Verletzung seiner Mitwirkungspflicht nach 搂 68 Abs. 1 EStG selbst herbeigef眉hrt hat.
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Sachverhalt
Auf R眉ckfrage teilte die Kl盲gerin der FK mit, dass die Tochter zwei Kinder zur Welt gebracht habe und sich in Elternzeit befunden habe, und dass sie die Ausbildung bereits zum 15.10.2012 beendet habe. Die FK hob die Kindergeldfestsetzung von Juni 2012 bis Juli 2014 gem盲脽 搂 70 Abs. 2 EStG auf und forderte das 眉berzahlte Kindergeld zur眉ck. Zur Begr眉ndung f眉hrte sie aus, dass die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des 搂 32 Abs. 4 EStG nicht mehr erf眉llt gewesen seien.
Mit Schreiben vom 6.11.2015 beantragte die Kl盲gerin den Erlass der Kindergeldr眉ckforderung aus Billigkeitsgr眉nden, soweit diese den Zeitraum September 2013 bis Juli 2014 betraf, da das Kindergeld bei der Berechnung der H枚he der Leistungen nach dem SBG II als Einkommen angesetzt worden sei und eine nachtr盲gliche Korrektur dieser Leistungen nicht mehr m枚glich sei. Die FK lehnte den Erlassantrag ab, da die Kl盲gerin mit ihrem Antrag auf einen Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ziele, eine solche aber nicht gegeben sei. Nach erfolglosem Einspruch begehrt die Kl盲gerin weiter den Erlass der anteiligen Kindergeldr眉ckforderung.
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Entscheidung
Nach 搂 227 AO k枚nnen die Finanzbeh枚rden Anspr眉che aus dem Steuerschuldverh盲ltnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig w盲re. Die Entscheidung 眉ber einen Erlassantrag ist eine Ermessensentscheidung, welche das Gericht gem盲脽 搂 102 Satz 1 FGO lediglich darauf 眉berpr眉fen kann, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens 眉berschritten sind. Wird eine Ermessensentscheidung 鈥 wie im Streitfall 鈥 im Wege der Verpflichtungsklage begehrt, kann das Gericht die Beh枚rde nur dann gem盲脽 搂 101 Satz 1 FGO verpflichten, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn das Ermessen der Beh枚rde in der Weise eingeschr盲nkt ist, dass nur eine einzige Entscheidung m枚glich erscheint. Nach Auffassung des FG besteht keine generelle Verpflichtung der FK, einen Billigkeitserlass auszusprechen, wenn Kindergeld auf SGB II-Leistungen angerechnet wurde und es sp盲ter zur R眉ckforderung des Kindergelds kommt. Die FK braucht sich nicht in jedem Falle die "Ersparnis" des Sozialleistungstr盲gers vorhalten zu lassen, sie ist nicht daran gehindert, den durch die rechtsgrundlose 脺berzahlung des Kindergeldes eingetretenen eigenen Verm枚gensnachteil geltend zu machen. Vielmehr ist im Billigkeitsverfahren das Verhalten des Kindergeldberechtigten und der FK zu w眉rdigen und abzuw盲gen. Dies f眉hrt jedoch hier dazu, dass auf Seiten der Kl盲gerin und ihrer Tochter Vers盲umnisse festzustellen sind. Die FK wurde trotz der in 搂 68 Abs. 1 EStG geregelten Mitwirkungspflicht nicht 眉ber die Beendigung der Ausbildung der Tochter bzw. 眉ber deren Schwangerschaft informiert. Dass schlie脽lich aufgrund der sozialgerichtlichen Rechtsprechung eine Korrektur der Bescheide nach dem SGB II nicht in der Weise m枚glich ist, dass die Anrechnung des nachtr盲glich zur眉ckgeforderten steuerlichen Kindergeldes auf Sozialleistungen r眉ckabgewickelt werden k枚nnte, weil es insoweit allein auf den tats盲chlichen Zufluss des Kindergeldes beim Hilfeempf盲nger ankommt, kann schlie脽lich nach der 脺berzeugung des FG nicht ma脽geblich die Abw盲gungsentscheidung 眉ber den Erlass einer steuerlichen R眉ckforderung beeinflussen.
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Hinweis
Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt. Mit BFH, Urteil v. 23.1.2020, III R 16/19 hat der BFH die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen, da die R眉ckforderung von Kindergeld wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten keine Sanktion im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG darstelle (vgl. BVerfG, Urteil v. 5.11.2019, 1 BvL 7/16, BGBl 2019 I S. 2046). Es fehle insoweit bereits am Eingriff in das Recht auf Existenzsicherung.
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Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.01.2019, 4 K 9126/16