Leitsatz
Der Eigenverbrauch i.S. von §1 Abs.1 Nr.2 Satz2 Buchst. b UStG 1991 wird nach den bei der Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten bemessen. Dafür sind nur die anteiligen, aus den Gesamtkosten abgeleiteten Kosten heranzuziehen, für die der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Der einzubeziehende Teil der Ausgaben muss zu den Gesamtausgaben im selben Verhältnis stehen, wie die Dauer der tatsächlichen Verwendung des Gegenstands für unternehmensfremde Zwecke zur Gesamtdauer seiner tatsächlichen Verwendung.
Normenkette
UStG 1991 §1 Abs.1 Nr.2 Satz2 Buchst. b, §10 Abs.4 Nr.2, Richtlinie 77/388/EWG Art.11 Teil A Abs.1 Buchst. c
Sachverhalt
Der Kläger erwarb für rund315000DM (brutto) eine Segelyacht, für die er den Vorsteuerabzug begehrte und auch erhielt. Er vercharterte die Yacht im Streitjahr 1991 an vier Kunden im Umfang von insgesamt 49Tagen. Privat nutzte er seine Yacht mindestens an 7Tagen zur Übernachtung bei einer privaten Segeltour.
Das FA (Beklagter) besteuerte die private Verwendung der Yacht als Eigenverbrauch nach §1 Abs.1 Nr.2 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1991. Als Bemessungsgrundlage setzte das FA von den gesamten vorsteuerbelasteten Kosten (51572DM) die anteiligen auf die private Verwendung entfallenden Kosten (§10 Abs.4 Nr.2 UStG 1991) im Verhältnis der Gesamtnutzung von 56Tagen zur Privatnutzung von 7Tagen an. Dies ergab eine Umsatzsteuer von 902,44DM (7/56 von 51572DM = 6446DM, darauf 14 v.H. Umsatzsteuer).
Das FG folgte dagegen der Auffassung des Klägers und berücksichtigte als Bemessungsgrundlage der privaten Verwendung der Yacht die darauf entfallenden anteiligen Kosten (§10 Abs.4 Nr.2 UStG 1991) nach dem Verhältnis von 365Tagen, an denen Kosten angefallen seien, zu 7Tagen Privatnutzung. Dies ergab eine Umsatzsteuer von 138,47DM (7/365 von 51572DM = 989DM, darauf 14 v.H. Umsatzsteuer).
Entscheidung
Der BFH stellt zunächst klar, dass die Vermietung der Segelyacht den sog. Repräsentationseigenverbrauch nach §1 Abs.1 Nr.2 Satz2 Buchst. c UStG 1991 hätte auslösen können, wenn der Kläger ohne Gewinnabsicht tätig geworden wäre. Hätte er dagegen mit Gewinnabsicht gehandelt, so hätte seine private Nutzung den sog. Verwendungseigenverbrauch nach §1 Abs.1 Nr.2 Satz2 Buchst. b UStG auslösen können.
Da die Umsatzsteuer im Fall eines Aufwendungseigenverbrauchs in jedem Fall deutlich höher gewesen wäre als bei Annahme eines Verwendungseigenverbrauchs, andererseits das Gericht die festgesetzte Steuer nicht erhöhen darf, prüfte der BFH alleine die Festsetzung der Umsatzsteuer bei unterstellter Gewinnabsicht.
Die gem. §10 Abs.4 Nr.2 UStG anzusetzende Bemessungsgrundlage umfasst – nach ständiger Rechtsprechung und unter Beachtung der Vorgaben der 6. EG-RL – die bei der Verwendung der Segelyacht für außerunternehmerische Zwecke entstandenen Kosten, soweit sie vorsteuerentlastet sind.
Der BFH stellt zunächst klar, dass wegen der gebotenen engen Auslegung in die Bemessungsgrundlage wegen der privaten Nutzung nur solche Ausgaben einzubeziehen seien, die die Verwendung des Gegenstands selbst betreffen. Aus der Formulierung "bei Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten" folge, dass diese Kosten aus den Gesamtkosten abzuleiten seien. Dazu sei von den Gesamtkosten der Teil der Kosten zu berücksichtigen, der zu den Gesamtausgaben in demselben Verhältnis stehe wie die Dauer der tatsächlichen Verwendung des Gegenstands für unternehmensfremde Zwecke (im Streitfall mindestens 7Tage) zur Gesamtdauer seiner tatsächlichen Verwendung (im Streitfall 56Tage). Abweichende Urteile des BFH zur Ermittlung des Nutzungswerts eines zeitweise selbst genutzten und zeitweise an Feriengäste vermieteten Einfamilienhauses sind nicht einschlägig.
Hinweis
Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002hat der Gesetzgeber einen mehr als 10Jahre währenden rechtslosen Zustand beseitigt und die Eigenverbrauchstatbestände den Vorgaben der 6. EG-RL angepasst. Die neuen Tatbestände des §3 Abs.1b und des §3 Abs.9a Nr.1 UStG machen die Steuerbarkeit des Eigenverbrauchs davon abhängig, dass der Unternehmer bei Erwerb oder Anschaffung des entnommenen oder außerunternehmerisch verwendeten Gegenstands den Vorsteuerabzug – wenn auch nur teilweise – vornehmen konnte. Die Bemessungsgrundlage für die Verwendung eines mit Vorsteuerabzug erworbenen Gegenstands umfasst gem. §10 Abs.4 Nr.2 UStG nur die vorsteuerentlasteten Kosten.
Ebenfalls durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 ist der bisherige Aufwendungseigenverbrauch gem. §1 Abs.1 Nr.2 Satz2 Buchst. c UStG a.F. gestrichen worden. Die steuerliche Auswirkung ist jedoch durch einen neuen §15 Abs.1a Nr.1 UStG erhalten geblieben: der Gesetzgeber schließt den Vorsteuerabzug aus für diejenigen Aufwendungen, für die nach einkommensteuerlichen Grundsätzen der Betriebsausgabenabzug nach §4 Abs.5 EStG unzulässig ist. Insoweit bleibt es bei der auch bisher notwendigen Abgrenzung, mit welcher Absicht z.B...