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Entscheidungsstichwort (Thema)
Personengesellschaft als Organgesellschaft. Beginn einer nachtr盲glich erkannten Organschaft. Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter zur Masseanreicherung
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Leitsatz (redaktionell)
1. Die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Unternehmen des Organtr盲gers setzt nicht voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organtr盲ger nur Personen sind, die nach 搂 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organtr盲gers finanziell eingegliedert sind (entgegen BFH, Urteil v. 2.12.2015, V R 25/13, BStBl 2017 II S. 547).
2. 脺ber die Organschaft kann ohne besonderes Feststellungsverfahren mit R眉ckwirkung f眉r alle unter Vorbehalt der Nachpr眉fung stehenden Besteuerungszeitr盲ume der Vergangenheit in jedem Stadium des Besteuerungs- oder Rechtsbehelfsverfahrens neu entschieden werden.
3. Die Organschaft beginnt auch dann mit dem Eintritt der Eingliederungsvoraussetzungen, wenn ihr Bestehen erst aufgrund gewandelter Rechtsprechung nachtr盲glich festgestellt wird. Dabei kann es dazu kommen, dass sich Organgesellschaften auf das Vorliegen einer unerkannten Organschaft berufen und die Aufhebung ihnen gegen眉ber ergangener Umsatzsteuerbescheide begehren, ohne dass eine Besteuerung beim Organtr盲ger gew盲hrleistet ist.
4. Das Verlangen nach einer f眉r gesetzeskonform gehaltenen Besteuerung, d. h. hier der Ber眉cksichtigung einer Organschaft, kann per se nicht als unzul盲ssige Rechtsaus眉bung gewertet werden. Das gilt auch in der Insolvenz, wenn der Insolvenzverwalter das Bestehen einer Organschaft zur Masseanreicherung geltend macht.
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Normenkette
UStG 搂 2 Abs.听1, 2 Nr. 2; EGRL 112/2006 Art. 11 Abs. 1; AO 搂 164
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Nachgehend
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Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 14. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018 verpflichtet, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 26. August 2011 (Jahressteuererkl盲rung) aufzuheben.
2. Der Beklagte tr盲gt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorl盲ufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Gl盲ubiger vor der Vollstreckung in H枚he des durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit leistet. Ist durch Kostenfestsetzungsbeschluss ein Erstattungsbetrag von insgesamt mehr als 1.500 EUR festgesetzt, hat der Gl盲ubiger in H枚he des durch Kostenfestsetzungsbeschluss insgesamt festgesetzten Erstattungsbetrags Sicherheit zu leisten.
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Tatbestand
Streitig ist, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden hat.
1. Der Kl盲ger ist der Insolvenzverwalter der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (KG). Gesellschafter der KG waren im Streitjahr 2010 die A Maschinenbau Verwaltungs-GmbH als Komplement盲rin ohne eigenen Kapitalanteil (Komplement盲r-GmbH) sowie die beiden Kommanditisten V A mit einem Kapitalanteil von 80 % und dessen im Jahr 1977 geborenen Sohn S A mit 20 %. S A erhielt seinen Kapitalanteil von V A aufgrund des 脺berlassungsvertrags vom 28. Mai 2008 im Wege einer Schenkung als 鈥濵a脽nahme einer vorweggenommenen Erbfolge鈥.
Bei der KG bedurften Gesellschafterbeschl眉sse nach 搂 7 Abs. 2 des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags vom 31. Januar 2003 grunds盲tzlich der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei gem盲脽 搂 7 Abs. 4 des Vertrags je 100 DM der 眉bernommenen Kommanditeinlage eine Stimme gew盲hrten. Daran hat sich auch durch den 脺berlassungsvertrag vom 28. Mai 2008 nichts ge盲ndert.
Gesellschafter der Komplement盲r-GmbH waren im Streitjahr ebenfalls V A zu 80 % und S A zu 20 % (siehe 脺berlassungsvertrag vom 28. Mai 2008). Einziger Gesch盲ftsf眉hrer war V A.
V A verpachtete der KG mit Pachtvertrag vom 1. Februar 2008 gegen Entgelt das Betriebsgrundst眉ck und diverse Maschinen. Es handelte sich dabei unstreitig um die wesentlichen Betriebsgrundlagen der KG.
2. Die KG gab am 26. August 2011 die nicht zustimmungsbed眉rftige Umsatzsteuererkl盲rung f眉r das Jahr 2010 ab mit einer Umsatzsteuer von 49.706,26 EUR, die vollst盲ndig bezahlt wurde. V A erkl盲rte seine Ums盲tze aus der Verpachtung der Betriebsgrundlagen ebenfalls mit Umsatzsteuererkl盲rung 2010 vom 26. August 2011.
3. Das Amtsgericht X er枚ffnete mit Beschluss vom 31. Dezember 2011 das Insolvenzverfahren 眉ber das Verm枚gen der KG und bestimmte den Kl盲ger zum Insolvenzverwalter.
Bereits am 19. Oktober 2011 war das vorl盲ufige Insolvenzverfahren er枚ffnet worden. Aufgrund der f眉r das Jahr 2010 vollst盲ndig entrichteten Umsatzsteuer waren keine Steuerforderungen zur Tabelle anzumelden.
脺ber das Verm枚gen des V A wurde am 16. November 2015 ebenfalls das Insolvenzverfahren er枚ffnet.
4. Die sich in Liquidation befindliche KG gab am 29. Dezember 2015 (Dienstag) eine korrigierte Umsatzsteuererkl盲rung f眉r das Jahr 2010 ab, in der sie keine Ums盲tze mehr erkl盲rte. Der Kl盲ger beantragte mit Schriftsatz vom gleichen Tag (unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europ盲ischen Union 鈥EuGH鈥 vom 1...