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Leitsatz (amtlich)
1. Garantier眉ckstellungen, mit denen das Risiko k眉nftiger Erl枚sschm盲lerungen durch kostenlose Nacharbeiten, durch Ersatzlieferungen oder aus Minderungen oder Schadensersatzleistungen erfa脽t werden soll, k枚nnen als Einzelr眉ckstellungen f眉r die bis zum Tage der Bilanzaufstellung bekanntgewordenen einzelnen Garantief盲lle oder als Pauschalr眉ckstellung gebildet werden.
2. R眉ckstellungen f眉r Haftpflichtverbindlichkeiten d眉rfen grunds盲tzlich nicht in pauschaler Form gebildet werden.
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Normenkette
EStG 1961 und 1965 搂 5; AktG 搂 152 Abs. 7
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Streitig ist im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung f眉r 1963 bis 1965, ob f眉r etwaige Haftungspflichten aus der Lieferung mangelhaften Materials R眉ckstellungen gebildet werden durften.
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) war in den Streitjahren pers枚nlich haftender Gesellschafter der inzwischen aufgel枚sten Personengesellschaft F, die in Berlin gewerblich t盲tig war. Die Gesellschaft wurde von einem staatlichen Unternehmen (X-GmbH) aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit Zement beliefert. Sie verkaufte den Zement an Baustoffgro脽h盲ndler in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) weiter.
Bei Lieferung des Zements an die Gesellschaft 眉bernahm die X-GmbH die Gew盲hrleistung entsprechend den DIN-Vorschriften unter Ausschlu脽 aller weiteren Anspr眉che. F眉r die Haftung der Gesellschaft F gegen眉ber ihren Kunden galten die technischen Gew盲hrleistungsbedingungen f眉r Normenzement.
Wegen des nach Ansicht der Gesellschaft F mit den Zementlieferungen verbundenen Haftungsrisikos bildete sie in ihren Bilanzen f眉r die Streitjahre R眉ckstellungen in H枚he von jeweils 100 000 DM. Bei einer Betriebspr眉fung wurde festgestellt, da脽 die Gesellschaft bisher keine Garantieleistungen erbracht hatte.
Da die Gesellschaft auch keine Tatsachen darlegte, aus denen sich ihre voraussichtliche Inanspruchnahme h盲tte entnehmen lassen, erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bei der einheitlichen Feststellung des Gewinns der Gesellschaft f眉r die Streitjahre die R眉ckstellungen nicht an.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde abgewiesen. Auf die Revision hob der erkennende Senat das Urteil des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ck, da das FG die Vorschriften 眉ber die notwendige Beiladung (搂 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht beachtet hatte.
Nach Beiladung der Beteiligten zu 1 bis 5 wies das FG die Klage erneut ab. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, die Gesellschaft F sei nicht berechtigt gewesen, ihren nach 搂 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermittelnden Gewinn durch eine R眉ckstellung f眉r ein allgemeines Haftungs- und Regre脽risiko zu mindern. Die Anerkennung einer R眉ckstellung f眉r Garantiepflichten bzw. f眉r Gew盲hrleistungsverpflichtungen setze voraus, da脽 nach den Verh盲ltnissen am Bilanzstichtag und nach den Erkenntnissen des Steuerpflichtigen bei der Bilanzaufstellung mit einer Inanspruchnahme aus bestehenden Verpflichtungen wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit gerechnet werden mu脽. Diese Voraussetzungen h盲tten im Streitfall nicht vorgelegen. Es sei nicht bewiesen worden, da脽 der Gesellschaft F eine Inanspruchnahme auf Leistung von Schadensersatz oder auf Gew盲hrleistung wegen Schlechtlieferung von Zement angedroht worden sei. Ein allgemeines Risiko, Schadensersatz oder Gew盲hr leisten zu m眉ssen, reiche f眉r die Bildung einer R眉ckstellung nicht aus. Im Zementhandel seien Schadensersatzverpflichtungen ohne den besonderen Nachweis eines vorhandenen oder eines bestimmten bevorstehenden Schadens oder einer mangelhaften Lieferung nicht branchen眉blich.
Mit seiner Revision r眉gt der Kl盲ger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Er habe schon im Einspruchsverfahren vorgetragen, da脽 die Qualit盲t des Zements aus der DDR erheblich geschwankt habe. Die Gesellschaft F habe deshalb in vielen F盲llen mangelhafte Lieferungen erbracht, so da脽 ernsthaft mit ihrer Inanspruchnahme habe gerechnet werden m眉ssen. Es entspreche auch nicht den Tatsachen, da脽 der Gesellschaft keine Inanspruchnahmen angedroht worden seien. Vielmehr seien - wie bereits mit der Einspruchsbegr眉ndung vorgetragen worden sei - in der Vergangenheit mehrfach gr枚脽ere Reklamationen an die Gesellschaft herangetragen worden. - Er - der Kl盲ger - habe auch in der m眉ndlichen Verhandlung vor dem FG noch einmal die Objekte erw盲hnt, bei denen nach der Lieferung von Zement durch die Gesellschaft Sch盲den entstanden seien. Lediglich wegen der Vermischung des Zements mehrerer Lieferanten habe der Gesellschaft in diesen F盲llen nicht nachgewiesen werden k枚nnen, da脽 ihre - der Gesellschaft - Lieferungen mangelhaft gewesen seien. - Das FG habe auch die Art der von der Gesellschaft betriebenen Gesch盲fte unrichtig beurteilt. Es habe sich nicht um einen Gro脽handel mit Zement im Binnenhandel gehandelt, sondern um ein dem Importhandel vergleichbares Gesch盲ft. Beim Ankauf von Zement in der Bundesrepublik k枚nne auf den Lieferanten im Falle einer Inanspruchnahme zur眉ckgegriffen werden. Bei der Belieferung durch Au脽enhandelsgesellschaften der DDR habe der Importeur in den seltensten F盲llen die R眉ckendeckung des Lieferanten. - Schlie脽lich d眉rfe nicht 眉bersehen werden, da脽 das FA f眉r einen sp盲teren Zeitpunkt (31. Dezember 1966) eine R眉ckstellung in H枚he von 50 000 DM anerkannt habe. Dies m眉sse auch schon bei der Entscheidung 眉ber die Zul盲ssigkeit von R眉ckstellungen f眉r die Streitjahre ber眉cksichtigt werden.
Der Kl盲ger beantragt, das FG-Urteil und die angefochtenen Feststellungsbescheide aufzuheben und die Gewinne der Streitjahre um jeweils 100 000 DM (abz眉glich der darauf entfallenden Gewerbesteuer) niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Die Beteiligten haben keine Antr盲ge gestellt.
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Die Revision ist nicht begr眉ndet. Das FG hat zu Recht entschieden, da脽 die Voraussetzungen f眉r die Bildung einer R眉ckstellung in den Streitjahren nicht vorgelegen haben.
1. Nach den handelsrechtlichen Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung, die nach 搂 5 EStG f眉r die Ermittlung des einheitlich festzustellenden Gewinns der Gesellschaft F ma脽gebend sind, d眉rfen R眉ckstellungen f眉r "ungewisse Verbindlichkeiten" (vgl. 搂 152 Abs. 7 Satz 1 des Aktiengesetzes - AktG -) gebildet werden. Handelsrechtlich geboten und deshalb steuerrechtlich zul盲ssig (Beschlu脽 des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291) sind R眉ckstellungen allerdings nur, wenn mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist (BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 IV R 10/76, BFHE 133, 363, BStBl II 1981, 669). R眉ckstellungen f眉r ungewisse Schulden setzen deshalb in tats盲chlicher Hinsicht voraus, da脽 die Verbindlichkeiten, f眉r die die R眉ckstellungen gebildet werden sollen, mit einiger Wahrscheinlichkeit bestehen oder entstehen werden und der Steuerpflichtige demgem盲脽 ernsthaft damit rechnen mu脽, in Anspruch genommen zu werden. Hingegen reicht die blo脽e M枚glichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit zur gewinnmindernden Bildung einer R眉ckstellung in der Steuerbilanz nicht aus (BFH-Urteile vom 16. Juli 1969 I R 81/66, BFHE 96, 510, BStBl II 1970, 15, und in BFHE 133, 363, BStBl II 1981, 669). Ob eine Verbindlichkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit besteht oder entstehen wird, ist nach objektiven, am Bilanzstichtag vorliegenden und sp盲testens bei Aufstellung der Bilanz erkennbaren Tatsachen zu pr眉fen.
2. In der Rechtsprechung des BFH werden f眉r die Bildung von Garantier眉ckstellungen einerseits und von R眉ckstellungen f眉r Haftpflichtverbindlichkeiten andererseits unterschiedliche Voraussetzungen aufgestellt.
a) Garantier眉ckstellungen, mit denen das Risiko k眉nftiger Erl枚sschm盲lerungen durch kostenlose Nacharbeiten oder durch Ersatzlieferungen oder aus Minderungen oder Schadensersatzleistungen wegen Nichterf眉llung aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Gew盲hrleistung erfa脽t werden soll, k枚nnen - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - als Einzelr眉ckstellung f眉r die bis zum Tage der Bilanzaufstellung bekanntgewordenen einzelnen Garantief盲lle oder als Pauschalr眉ckstellung gebildet werden. F眉r die Bildung von Pauschalr眉ckstellungen wird vorausgesetzt, da脽 der Kaufmann aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Garantieinanspruchnahmen rechnen mu脽 oder da脽 sich aus der branchenm盲脽igen Erfahrung und der individuellen Gestaltung des Betriebs die Wahrscheinlichkeit ergibt, Garantieleistungen erbringen zu m眉ssen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1963 IV 165/59 S, BFHE 76, 651, BStBl III 1963, 237).
b) R眉ckstellungen f眉r Haftpflichtverbindlichkeiten d眉rfen im Gegensatz dazu grunds盲tzlich nicht in pauschaler Form gebildet werden.
F眉r den Nachweis, da脽 eine Inanspruchnahme ernstlich droht, gen眉gt es bei Garantieverpflichtungen, da脽 nach der Lebenserfahrung in dem betreffenden Betriebszweig mit Inanspruchnahmen gerechnet werden mu脽. An dieser Voraussetzung fehlt es indessen bei der Haftpflicht gegen眉ber Dritten (vgl. BFHE 76, 651, BStBl III 1963, 237; hierzu Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und K枚rperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., 搂 5 EStG Anm. 61 "Haftpflicht"). R眉ckstellungen wegen Haftpflichtverbindlichkeiten werden deshalb grunds盲tzlich nur anerkannt, wenn sp盲testens bis zum Tage der Bilanzaufstellung ein Schadensersatz gegen眉ber dem Verpflichteten geltend gemacht wird oder wenigstens die den Anspruch begr眉ndenden Tatsachen im einzelnen bekanntgeworden sind (BFHE 76, 651, BStBl III 1963, 237). Lediglich in Haftpflichtf盲llen, in denen die Haftung gegen眉ber Auftraggebern des Steuerpflichtigen in Frage steht, sollen die f眉r die Bildung von Garantier眉ckstellungen geltenden Grunds盲tze (insbesondere die Zul盲ssigkeit von Pauschalr眉ckstellungen) zugrunde gelegt werden (BFH-Urteil vom 26. April 1966 I 18/64, BFHE 86, 114).
3. Im Streitfall hat die Gesellschaft F keine Einzelr眉ckstellungen f眉r die bis zur Bilanzaufstellung bekanntgewordenen Schadensf盲lle, sondern Pauschalr眉ckstellungen f眉r zuk眉nftige Haftpflichtf盲lle gebildet. Wie sich aus den Ausf眉hrungen des Kl盲gers ergibt, hat die Gesellschaft Ersatzforderungen wegen Baum盲ngeln bef眉rchtet, deren Ursache in dem von ihr gelieferten (teilweise mangelhaften) Zement lag. Als Beispiele f眉r eine m枚gliche Inanspruchnahme hat der Kl盲ger angegeben, da脽 sich in einem Fall bei einer in Sichtbeton erfolgten Bebauung eine bl盲uliche F盲rbung der Fassade ergeben habe; in einem anderen Fall seien bei einer Stra脽enunterf眉hrung, f眉r deren Bau auch von der Gesellschaft gelieferter Zement verwendet worden sei, Risse in den W盲nden aufgetreten. Mit der Bildung von R眉ckstellungen habe das f眉r die Gesellschaft als Lieferantin des Betons auftretende Haftungsrisiko in F盲llen dieser Art ber眉cksichtigt werden sollen.
Es mag zutreffen, da脽 sich f眉r die Gesellschaft Haftungsrisiken aus Schadensersatzanspr眉chen h盲tten ergeben k枚nnen, die Dritte (Bauunternehmer, Bauherren) unmittelbar aufgrund gesetzlicher Vorschriften (etwa nach 搂 823 des B眉rgerlichen Gesetzbuches - BGB -) gegen die Gesellschaft h盲tten geltend machen k枚nnen. Als Haftungsrisiken w盲ren aber auch Schadensersatzanspr眉che in Betracht gekommen, die von den Abnehmern der Gesellschaft aufgrund der Liefervertr盲ge h盲tten erhoben werden k枚nnen, um auf diese Weise R眉ckgriff zu nehmen wegen der von dritter Seite gegen die Abnehmer erhobenen Schadensersatzanspr眉che.
Indessen haben f眉r keines dieser denkbaren Haftungsrisiken die Voraussetzungen zur Bildung einer R眉ckstellung vorgelegen. Dabei kann dahinstehen, ob Pauschalr眉ckstellungen f眉r alle F盲lle der hier genannten Art 眉berhaupt zul盲ssig sind. Denn selbst wenn man hiervon ausginge und demgem盲脽 nach den f眉r die Garantier眉ckstellungen entwickelten Grunds盲tzen verfahren w眉rde, fehlte es im Streitfall an den tats盲chlichen Voraussetzungen f眉r die Bildung einer R眉ckstellung.
Der Kl盲ger hat nicht dargetan, da脽 er in der ma脽gebenden Zeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Schadensersatzanspr眉chen rechnen mu脽te. Die Wahrscheinlichkeit, wegen des erw盲hnten Haftpflichtrisikos Schadensersatz leisten zu m眉ssen, h盲ngt davon ab, inwieweit mangelhaft hergestellte Produkte ausgeliefert wurden und daraufhin entsprechende Schadensersatzanspr眉che erfolgreich geltend gemacht werden konnten. Auch wenn im Streitfall die (theoretische) M枚glichkeit bestand, die Gesellschaft aufgrund mangelhafter Zementlieferungen in Anspruch zu nehmen, so ist es doch tats盲chlich hierzu in den Streitjahren (bzw. in den Jahren zuvor) nicht gekommen. Der Kl盲ger hat vielmehr selbst erkl盲rt, da脽 es in den von ihm erw盲hnten Schadensf盲llen infolge der Vermischung mit Zement aus anderen Quellen nicht m枚glich gewesen sei, der Gesellschaft die tats盲chlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nachzuweisen; deshalb sei eine Inanspruchnahme der Gesellschaft unterblieben. Es fehlt dar眉ber hinaus aber auch an hinreichenden Darlegungen dar眉ber, da脽 sich f眉r die Gesellschaft aus der branchenm盲脽igen Erfahrung und der individuellen Gestaltung des Betriebs die Wahrscheinlichkeit ergeben habe, Schadensersatzleistungen erbringen zu m眉ssen. Es fehlen Erfahrungss盲tze, die f眉r Betriebe mit den kennzeichnenden Merkmalen des Streitfalls (Gro脽handel mit Zement aus DDR-Quellen) die H盲ufigkeit und H枚he von Schadensersatzanspr眉chen belegen k枚nnen.
Schlie脽lich l盲脽t sich die Bildung von R眉ckstellungen f眉r die Streitjahre auch nicht damit begr眉nden, da脽 das FA f眉r den Bilanzstichtag 31. Dezember 1966 - also f眉r den ersten nach den Streitjahren liegenden Bilanzstichtag - eine R眉ckstellung von 50 000 DM anerkannt hat. Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung ist f眉r jeden Besteuerungsabschnitt selbst盲ndig zu pr眉fen, ob die Voraussetzungen f眉r die Bildung einer R眉ckstellung vorliegen. Wird f眉r einen sp盲teren Besteuerungsabschnitt festgestellt, da脽 nicht nur die M枚glichkeit, sondern die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme wegen Schadensersatzanspr眉chen bestand, so hat das auf die Ergebnisse vorangegangener Jahre keinen Einflu脽.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 74907 |
BStBl II 1984, 263 |
BFHE 1984, 30 |