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Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung von 搂 3 Abs. 11 UStG 1993 auf Gesch盲ftsbesorgungen; Beauftragung eines Unternehmers, im eigenen Namen f眉r Rechnung des Auftraggebers eine Ferienwohnung zu vermieten
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Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des 搂 3 Abs. 11 UStG 1993 findet nicht nur auf Gesch盲ftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Gesch盲ftsbesorger (Auftragnehmer) f眉r Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Gesch盲ftsbesorgungen, bei denen der Gesch盲ftsbesorger f眉r Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausf眉hrt (sog. Leistungsverkauf).
2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht 搂 3 Abs. 11 UStG 1993 hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG.
3. Der Auftraggeber, der einen Unternehmer (Auftragnehmer) beauftragt, im eigenen Namen (des Auftragnehmers) aber f眉r Rechnung des Auftraggebers eine Ferienwohnung zu vermieten, ist deshalb so zu behandeln, als ob er die Ferienwohnung an den Auftragnehmer und dieser an die Ferieng盲ste zur kurzfristigen Beherbergung von Ferieng盲sten vermietet h盲tte.
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Normenkette
UStG 1993 搂听3 Abs.听3, 11, 搂听4 Nr. 12 S. 2, 搂听15; EWGRL 388/77 Art.听6 Abs. 4, Art.听28 Abs. 3 Buchst. e
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin), eine Grundst眉cksgemeinschaft von Eheleuten, erwarb am 18. Dezember 1996 das Wohnungseigentum an einer noch zu errichtenden Ferienwohnung in Bad S. Der Kaufpreis betrug 435 576,55 DM. Die Umsatzsteuer in H枚he von 56 814,33 DM ist in der Rechnung vom 20. Dezember 1996 gesondert ausgewiesen.
Nach Fertigstellung des Objekts schloss der Ehemann im Namen der Grundst眉cksgemeinschaft am 21. Oktober 1997 mit der Ferienwohnungsvermietungsfirma O.-GmbH eine "Vermietungsvereinbarung", mit der die Kl盲gerin als Eigent眉merin die Vermittlung und Vermietung der Wohnung an Ferieng盲ste auf die O.-GmbH 眉bertrug. Der O.-GmbH wurde durch diesen Vertrag das ausschlie脽liche und alleinige Verf眉gungsrecht 眉ber die Ferienwohnung einger盲umt. F眉r ihre T盲tigkeit sollte die O.-GmbH eine Provision in H枚he von 15 v.H. der Mieteinnahmen (zzgl. Umsatzsteuer) erhalten.
Die O.-GmbH schloss die Mietvertr盲ge mit den Ferieng盲sten im eigenen Namen ab.
Mit den Umsatzsteuererkl盲rungen 1996 und 1997 machte die Kl盲gerin Vorsteuerbetr盲ge im Zusammenhang mit dem Erwerb der Ferienwohnung in H枚he von 57 004,55 DM bzw. 10 228,01 DM geltend. Die Ums盲tze gaben sie jeweils mit 0 DM an mit der Begr眉ndung, dass Vermietungen erst ab 1998 stattgefunden h盲tten.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt 鈥旻A鈥) den Umsatzsteuererkl盲rungen f眉r die Streitjahre zun盲chst (unter Vorbehalt) gefolgt war, 盲nderte er die Bescheide anschlie脽end gem盲脽 搂 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und forderte die Vorsteuerbetr盲ge mit dem Hinweis zur眉ck, dass die Kl盲gerin wegen des Gesch盲ftsbesorgungsverh盲ltnisses mit der O.-GmbH keine steuerbaren Leistungen erbracht h盲tte. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 576 ver枚ffentlicht ist, war der Ansicht, die 脺bergabe einer Ferienwohnung vom Eigent眉mer an einen Vermarkter vor Ort zwecks Vermietung der Wohnung an Ferieng盲ste begr眉nde f眉r den Eigent眉mer keine zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische T盲tigkeit; die 脺berlassung der Ferienwohnung an den Vermarkter erfolge nicht im Wege eines steuerbaren Leistungsaustauschs, sondern als "nicht steuerbare" Leistungsbeistellung im Rahmen eines Gesch盲ftsbesorgungsverh盲ltnisses i.S. von 搂 675 des B眉rgerlichen Gesetzbuchs (BGB); die EG-rechtliche Regelung der Leistungskommission (Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten 眉ber die Umsatzsteuern 77/388/EWG 鈥昍ichtlinie 77/388/EWG鈥) sei entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) weder im Wege der richtlinienkonformen Auslegung noch mittels des Rechtsinstruments der unmittelbaren (Richtlinien-)Wirkung in das nationale Umsatzsteuerrecht zu implementieren.
Hiergegen wendet sich die Kl盲gerin mit der vorliegenden Revision; sie r眉gt Verletzung materiellen Rechts. Sinngem盲脽 beantragt sie, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2000 die Umsatzsteuerbescheide f眉r 1996 und 1997 vom 10. Mai 1999 dahin zu 盲ndern, dass die Umsatzsteuer f眉r 1996 auf ./. 57 004,55 DM und f眉r 1997 auf ./. 10 228,01 DM herabgesetzt wird.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
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II. Die Revision der Kl盲gerin ist begr眉ndet. Die Kl盲gerin ist gem盲脽 搂 3 Abs. 11 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) so zu behandeln, als ob sie die Ferienwohnung an den Vermarkter (die O.-GmbH) und dieser an die Ferieng盲ste zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden vermietet h盲tte. Damit ist sie Unternehmerin und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
1. Nach 搂 3 Abs. 11 UStG sind die f眉r die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmer f眉r Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung besorgt.
a) Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind erf眉llt. Die O.-GmbH hat die Gesch盲fte der Kl盲gerin besorgt, indem sie die Ferienwohnung an die Ferieng盲ste zwar im eigenen Namen aber im Auftrag und f眉r Rechnung der Kl盲gerin vermietet hat. Die Vorschrift des 搂 3 Abs. 11 UStG findet nicht nur auf Gesch盲ftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Gesch盲ftsbesorger f眉r Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Gesch盲ftsbesorgungen, bei denen der Gesch盲ftsbesorger f眉r Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausf眉hrt (sog. Leistungsverkauf; BFH-Urteil vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, Deutsches Steuerrecht 鈥旸StR鈥 2002, 719).
Auch im B眉rgerlichen Recht ist der Begriff "Gesch盲ftsbesorgung" nicht auf den "Einkauf von Leistungen" beschr盲nkt, sondern meint jedwedes Gesch盲ft, das f眉r einen anderen besorgt wird (vgl. 搂搂 675 ff. BGB).
So versteht auch die 枚sterreichische Finanzverwaltung den Begriff "besorgen" in 搂 3a Abs. 4 Satz 1 des 枚sterreichischen UStG, der dem 搂 3 Abs. 11 des deutschen UStG entspricht (vgl. BFH-Urteil in DStR 2002, 719).
Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift folgt nichts anderes. Die durch das UStG 1980 eingef眉hrte Neuregelung des 搂 3 Abs. 11 UStG ist an die Stelle des 搂 3 Abs. 11 UStG 1973 getreten. Nach 搂 3 Abs. 11 Satz 1 UStG 1973 galt die Besorgung von Bef枚rderungen als im Ausland ausgef眉hrt, wenn die besorgten Leistungen im Ausland bewirkt wurden. Stattdessen bestimmt 搂 3 Abs. 11 UStG 1980 ff. ganz allgemein: "Besorgt ein Unternehmer f眉r Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung, so sind die f眉r die besorgte Leistung geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden."
Die Gesetzesbegr眉ndung (BTDrucks 8/1779 vom 5. Mai 1978 und BRDrucks 145/78 vom 15. M盲rz 1978) lautet: "Mit dieser Neuregelung wird eine Gleichstellung der Besorgungsleistungen mit den besorgten Leistungen herbeigef眉hrt. Dadurch wird z.B. sichergestellt, dass die Steuerbefreiungen des 搂 4 Nr. 2, 搂 8 und des 搂 4 Nr. 3 auch f眉r die Besorgung der dort bezeichneten Leistungen in Betracht kommen, ohne dass dies in den Befreiungsvorschriften ausdr眉cklich erw盲hnt wird."
Daf眉r, dass die Neuregelung trotz ihrer allgemeinen Formulierung nicht den sog. Leistungsverkauf erfassen sollte, gibt es keine Anhaltspunkte.
b) In den F盲llen des 搂 3 Abs. 11 UStG 1993 sind die f眉r die f眉r besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet nicht nur, dass einzelne f眉r die besorgte Leistung geltende Vorschriften 鈥晈ie z.B. zum Ort der sonstigen Leistung in 搂 3a UStG oder zur Steuerbefreiung in 搂 4 UStG鈥 auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden sind, sondern dass die Besorgungsleistung grunds盲tzlich insgesamt wie die besorgte Leistung zu behandeln ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (BFH-Urteile vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFH/NV 2000, 1318; in DStR 2002, 719; Beschluss vom 16. Mai 2002 V B 89/01) entspricht 搂 3 Abs. 11 UStG n盲mlich hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG. Nach dieser Bestimmung werden Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber f眉r Rechnung Dritter t盲tig werden, so behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht h盲tten. Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man die Vorschrift des 搂 3 Abs. 3 UStG, nach der beim Kommissionsgesch盲ft zwischen dem Kommittenten und dem Kommission盲r eine Lieferung vorliegt, auf die Leistungskommission entsprechend anwendet (vgl. BFH-Urteil vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BFH/NV 2000, 287).
c) Entgegen der Auffassung des FG sind die Vorschriften des 搂 3 Abs. 3 und 11 UStG 1980 nicht als bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen die Regelung des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG zu werten. Zwar durften die Mitgliedstaaten nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG am 1. Januar 1978 bestehende, von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG abweichende Vorschriften weiterhin anwenden. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber die Vorschriften des 搂 3 Abs. 3 und 11 UStG 1973 nicht weiterhin angewandt, sondern die Vorschrift des 搂 3 Abs. 11 UStG 1973 durch 搂 3 Abs. 11 UStG 1980 ersetzt und dabei dessen Tatbestand so weit gefasst, dass er zusammen mit dem des 搂 3 Abs. 3 UStG 1980 den gesamten Tatbestand des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG abdeckt (vgl. oben unter a). Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, ob und inwiefern der Gesetzgeber glaubte, hierzu nach Art. 6 Abs. 4, Art. 28 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG berechtigt zu sein. Hinzu kommt, dass bereits zu 搂 3 Abs. 3 UStG 1973 die 鈥晇om BFH erst mit Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 169/75 (BFHE 140, 354, BStBl II 1984, 388) verworfene鈥 Ansicht vertreten worden war, der Rechtsgedanke dieser Vorschrift finde auch auf die Leistungskommission Anwendung (vgl. Tamme, Umsatzsteuer-Rundschau 鈥昒R鈥 1974, 25). Angesichts dieser unklaren Rechtslage sieht der Senat in seiner neueren Rechtsprechung zur Leistungskommission keinen unzul盲ssigen Eingriff in die Kompetenzen des Gesetzgebers (a.A. Heidner, UR 2001, 517; Eschenbach, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 429).
2. Die Vermietung der Ferienwohnung durch die O.-GmbH (die besorgte Leistung) erfolgte zur vor眉bergehenden Beherbergung von Fremden; sie war demnach nach 搂 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig. Nach 搂 3 Abs. 11 UStG gilt dies auch f眉r die Besorgungsleistung. Die Kl盲gerin ist so zu behandeln, als ob sie ihre Ferienwohnung selbst zur vor眉bergehenden Beherbergung von Fremden vermietet h盲tte. Sie ist deshalb auch als Unternehmerin i.S. des 搂 2 UStG zu behandeln.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 846923 |
BFH/NV 2002, 1686 |
BStBl II 2004, 320 |
BFHE 199, 88 |
BFHE 2002, 88 |
BB 2002, 2371 |
DB 2002, 2578 |
DStR 2002, 1947 |
DStRE 2002, 1406 |
HFR 2003, 66 |
UR 2002, 600 |