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Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensunterbrechung; Vorsteuerabzug
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Leitsatz (NV)
1. Keine Unterbrechung des Revisionsverfahrens durch Aufl枚sung einer GmbH (Revisionskl盲gerin) nach 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 L枚schG, wenn sie durch einen Proze脽bevollm盲chtigten vertreten war (搂 246 ZPO).
2. Ein sog. Baubetreuer, der aufgrund (眉berschrittener) Festpreisvereinbarungen mit sog. Bauherren Rechnungen, die von Bauhandwerkern an die Bauherren gerichtet sind, z. T. selbst zu bezahlen hat, kann aus diesen Rechnungen insoweit keinen Vorsteuerabzug beanspruchen.
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Normenkette
FGO 搂 115; ZPO 搂搂听240-241, 246; UStG 1973 搂 15 Abs.听1 Nr. 1, Abs.听8 Nr. 2
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Die Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) betrieb in der Rechtsform der GmbH die Errichtung und Betreuung von Bauten jeder Art.
Sie schlo脽 im Jahre 1974 eine Reihe von Bauvorhaben teils als Baubetreuerin, teils als Generalunternehmerin mit Verlust ab. Nach den Baubetreuungsvertr盲gen hatte der einzelne Bauherr der Kl盲gerin die Mittel zur Finanzierung zur Verf眉gung zu stellen. Die Geldbetr盲ge wurden auf ein Sonderkonto eingezahlt. Die Rechnungen der Bauhandwerker lauteten auf die einzelnen Bauherren. Sie wurden jeweils der Kl盲gerin zugeleitet und von dieser 眉ber das Sonderkonto bezahlt. War das Sonderkonto ersch枚pft, zahlte die Kl盲gerin die Rechnungsbetr盲ge ,,aus eigener Tasche". Nach den Ermittlungen einer Betriebspr眉fung hatte die Kl盲gerin in f眉nf Baubetreuungsf盲llen, bei denen die tats盲chlichen Baukosten h枚her lagen als die vereinbarten Festpreise, aus dem 眉bersteigenden Betrag der Baurechnungen die Umsatzsteuer herausgerechnet und in H枚he von 219 357,29 DM als Vorsteuer geltend gemacht. Den Abzug dieser Vorsteuerbetr盲ge versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) mit der Begr眉ndung, die Kl盲gerin sei in diesen F盲llen in fremdem Namen und f眉r fremde Rechnung aufgetreten. Die Bauhandwerker h盲tten ihre Leistungen an die Bauherren und nicht an die Kl盲gerin erbracht.
Gegen den Umsatzsteuerbescheid 1974 erhob die Kl盲gerin gem盲脽 搂 45 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unmittelbar Klage mit dem Antrag, die mit ./. 26 600,40 DM festgesetzte Umsatzsteuer auf ./. 154 659,28 DM herabzusetzen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Sein Urteil vom 22. September 1977 III 57/76 ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1978, 51 ver枚ffentlicht.
Mit der Revision r眉gt die Kl盲gerin Verletzung des 搂 15 des Umsatzsteuergesetzes 1973 (UStG 1973). Sie macht geltend, bei der Zahlung der Baurechnungen, soweit die Festpreise 眉berschritten worden seien, notgedrungen f眉r eigene Rechnung gehandelt zu haben. An sich h盲tten die zwischen den Bauhandwerkern und den Bauherren bestehenden Vertr盲ge ge盲ndert werden m眉ssen, als die aus den vereinbarten Festpreiszahlungen gespeisten Sonderkonten ersch枚pft gewesen seien. Danach w盲ren die zuletzt t盲tigen Bauhandwerker in direkte Rechtsbeziehungen zu ihr getreten. Die Abwicklung des Bauvorhabens habe diese 脛nderung hinsichtlich der letzten Bauleistungen aber nicht zugelassen. Die Art der Zahlung der Bauleistungen (Abschlagszahlungen und sp盲tere Schlu脽zahlung) m眉sse entnommen werden, da脽 der Baubetreuer (hier: die Kl盲gerin) in F盲llen wie diesem gegen眉ber fast allen Bauunternehmern zu einem Teil f眉r eigene Rechnung handle und insoweit auch den Vorsteuerabzug geltend machen k枚nne. Da脽 sie, die Kl盲gerin, als Baubetreuerin insoweit aber in fremdem Namen gehandelt habe, k枚nne ihrem Vorsteuerabzug nicht entgegenstehen.
脺berdies habe der Gesetzgeber, um Ungereimtheiten beim Vorsteuerabzug in F盲llen dieser Art zu vermeiden, durch 搂 15 Abs. 8 Nr. 2 UStG 1973 den Bundesminister der Finanzen (BMF) erm盲chtigt, durch Rechtsverordnung n盲here Bestimmungen zum Vorsteuerabzug des Dritten zu treffen, der Leistungen f眉r den Leistungsempf盲nger erbringe. Dieser Gesetzeswortlaut ergebe, da脽 der Kl盲gerin der geltend gemachte Vorsteuerabzug zustehe.
Die Versagung des Vorsteuerabzugs der Kl盲gerin aus den dargestellten Defizitgesch盲ften, d. h. aus den die Festpreise 眉bersteigenden Baurechnungen, w眉rde gegen die Zielsetzung des UStG 1967/1973 versto脽en. Besteuert solle nur der Mehrwert der Leistungen jedes Unternehmers werden. Bei Defizitgesch盲ften entstehe aber kein Mehrwert. Die gesetzlich nicht gewollte Kumulierung der Umsatzsteuer durch die Ablehnung des Vorsteuerabzugs bei ihr f眉hre zudem zu einem wirtschaftlich nicht tragbaren Ergebnis.
Bei Revisionseinlegung (Schreiben vom 11. November 1977) beantragte die Kl盲gerin, die Umsatzsteuer 1974 auf ./. 154 659,28 DM herabzusetzen.
W盲hrend des Revisionsverfahrens setzte das FA die Umsatzsteuer 1974 mit 脛nderungsbescheid vom 8. Juni 1979 von ./. 26 600,40 DM auf ./. 43 760,40 DM herab. Dieser Bescheid wurde auf Antrag der Kl盲gerin zum Gegenstand des Verfahrens (搂 68 FGO). Daraufhin 盲nderte die Kl盲gerin ihren Revisionsantrag auf Festsetzung der Umsatzsteuer 1974 in H枚he von ./. 171 819,28 DM.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 1977 beantragte das FA, die Revision zur眉ckzuweisen; ein Versto脽 gegen 搂 15 UStG 1973 liege nicht vor.
Ausweislich eines - in Ablichtung 眉bersandten - Handelsregisterauszugs wurde die Kl盲gerin als GmbH nach 搂 1 des Gesetzes 眉ber die Aufl枚sung und L枚schung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934 - L枚schG - (RGBl I 1934, 914) aufgel枚st, nachdem durch rechtskr盲ftigen Beschlu脽 des Amtsgerichts vom . . . 1983 der Antrag auf Er枚ffnung des Konkursverfahrens mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse abgewiesen worden ist. Die Firma ist erloschen.
Das FA vertrat daraufhin die Auffassung, die Kl盲gerin sei proze脽unf盲hig; es regte an, ihren Proze脽bevollm盲chtigten aufzugeben, den Mangel zu beseitigen, gegebenenfalls aber die Revision als unzul盲ssig zu verwerfen.
Der Proze脽bevollm盲chtigte der Kl盲gerin trug demgegen眉ber vor, nach Ma脽gabe des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. M盲rz 1986 VII R 146/81 (BFHE 146, 492, BStBl II 1986, 589) liege ein derartiger Mangel nicht vor, weil die Kl盲gerin durch einen Proze脽bevollm盲chtigten vertreten gewesen sei.
Die Beteiligten haben auf m眉ndliche Verhandlung verzichtet.
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1. Die Revision der Kl盲gerin ist zul盲ssig.
Die Aufl枚sung der Kl盲gerin aufgrund des 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 L枚schG nach Einlegung der Revision hat auf die Fortf眉hrung des Revisionsverfahrens keinen Einflu脽. Die Beteiligtenf盲higkeit der Kl盲gerin blieb bestehen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 10. Februar 1977 II ZR 213/74, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1977, 513; Urteil in BFHE 146, 492, BStBl II 1986, 589).
Ob durch die L枚schung der GmbH nach 搂 1 Abs. 1 Nr. 1 L枚schG, die zur Abwicklung nach 搂搂 66 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschr盲nkter Haftung (GmbHG) f眉hrt (vgl. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 14. Aufl., 1985, Anhang nach 搂 60, 搂 1 L枚schG Rdnr. 3), ein Wechsel der gesetzlichen Vertreter - Liquidatoren statt der Gesch盲ftsf眉hrer - und damit zwischenzeitlich Proze脽unf盲higkeit der Kl盲gerin eingetreten sein sollte (搂 241 der Zivilproze脽ordnung - ZPO - i. V. m. 搂 155 FGO), braucht der Senat nicht zu pr眉fen. Eine Unterbrechung des Verfahrens gem盲脽 搂 241 ZPO konnte nicht eintreten, weil die Kl盲gerin seit Revisionseinlegung durch ihren jetzigen Proze脽bevollm盲chtigten vertreten war, dessen - von den Gesch盲ftsf眉hrern der Kl盲gerin erteilte - Vollmacht jedenfalls 眉ber den L枚schungszeitpunkt fortdauerte (搂 86 ZPO, 搂 155 FGO) und damit gem盲脽 搂 246 Abs. 1 ZPO eine Verfahrensunterbrechung nicht eintreten lie脽 (Urteil in BFHE 146, 492, BStBl II 1986, 589).
Eine Unterbrechung des Verfahrens durch Konkurs (搂 240 ZPO i. V. m. 搂 155 FGO) trat nicht ein, weil der Antrag auf Er枚ffnung des Konkursverfahrens 眉ber das Verm枚gen der Kl盲gerin abgewiesen wurde.
2. Die Revision der Kl盲gerin ist unbegr眉ndet.
Nach 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 konnte der Unternehmer die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer f眉r Lieferungen und sonstige Leistungen, die f眉r sein Unternehmen ausgef眉hrt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.
Da es bereits daran fehlt, da脽 die Bauunternehmer der Kl盲gerin Steuer aus den Bauleistungen gesondert in Rechnung gestellt haben - die entsprechenden Abrechnungen gingen vielmehr in 脺bereinstimmung mit den Vertr盲gen an die sog. Bauherren als Leistungsempf盲nger (vgl. dazu BFH-Beschlu脽 vom 13. September 1984 V B 10/84, BFHE 142, 164, BStBl II 1985, 21) - kann der Senat die Pr眉fung der weiteren Voraussetzungen des 搂 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 offenlassen. Der Senat kann insbesondere offenlassen, ob die Kl盲gerin, falls sie sp盲ter auf sie lautende Rechnungen der Bauunternehmer vorlegen w眉rde, Erfolg haben k枚nnte, insbesondere, ob solche Rechnungen auf Leistungen an die Kl盲gerin f眉r ihr Unternehmen zur眉ckgef眉hrt werden k枚nnten. Denn diese Rechnungen w盲ren der Kl盲gerin nicht in dem hier ma脽geblichen Besteuerungszeitraum 1974 erteilt worden; sie h盲tten allenfalls im Besteuerungszeitraum ihrer Ausstellung f眉r die Pr眉fung des Vorsteuerabzugs Bedeutung (vgl. auch BFH-Urteil vom 3. November 1983 V R 56/75, Umsatzsteuer-Rundschau 1984, 61).
Soweit die Kl盲gerin unter Berufung auf 搂 15 Abs. 8 Nr. 2 UStG 1973 geltend macht, sie k枚nne danach den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, weil sie - als ein anderer als der Abnehmer der Leistung - ein Entgelt (f眉r die Leistung der Bauunternehmer an die Bauherren) gew盲hrt habe (搂 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973), kann ihr nicht gefolgt werden. 搂 15 Abs. 8 Nr. 2 UStG 1973 enth盲lt lediglich eine Erm盲chtigung an den Verordnungsgeber, zur Vermeidung von H盲rten in solchen F盲llen n盲here Bestimmungen zu treffen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ,,der andere" den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann. Ausf眉hrungsbestimmungen dieser Art sind aber nicht ergangen. An den BFH als Organ der Rechtsprechung richtet sich die Erm盲chtigungsvorschrift nicht.
Zu der Frage, ob die Rechtsprechung in einem Fall der vorliegenden Art die Versagung des Vorsteuerabzugs wegen sachlicher H盲rte durch Billigkeitsentscheidung korrigieren k枚nnte, kann der Senat hier schon deshalb nicht Stellung nehmen, weil das Revisionsverfahren die Anfechtung der Steuerfestsetzung und nicht das daf眉r ma脽gebliche gesonderte Billigkeitsverfahren betrifft.
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Fundstellen
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BFH/NV 1987, 472 |