听
Leitsatz (amtlich)
1. Ein einheitlicher Feststellungsbescheid (Einheitswertbescheid) wird zwar erst mit der Bekanntgabe an alle Feststellungsbeteiligten allen gegen眉ber wirksam, er entfaltet aber mit seiner Bekanntgabe an einzelne der notwendigen Bekanntgabeempf盲nger diesen gegen眉ber Wirksamkeit.
2. Ergeht ein Einheitswertfeststellungsbescheid erst nach dem Tode eines Beteiligten auf einen davor liegenden Stichtag, so bleibt der Verstorbene Zurechnungssubjekt unbeschadet des Umstandes, da脽 seine Erben Feststellungsbeteiligte sind und ihnen der Bescheid bekanntzugeben ist.
听
Normenkette
AO 1977 搂搂听45, 124 Abs. 1 S. 1, 搂听157 Abs. 2, 搂听179 Abs.听1-2, 搂听180 Abs. 1 Nr. 1, 搂听182 Abs. 2, 搂听183; BewG 1974 搂 22
听
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 09.07.1984; Aktenzeichen 5 K 281/83) |
听
Tatbestand
Am 1.Januar 1974 waren der Kl盲ger und seine 1980 verstorbene Ehefrau Sigrid S. je zur H盲lfte Miteigent眉mer des Grundst眉cks A-Stra脽e. Frau Sigrid S. wurde beerbt vom Kl盲ger zur H盲lfte und von den beiden Kindern, Alexandra S. geboren 1963, und Mathias S., geboren 1967, zu je einem Viertel.
Auf diesem Grundst眉ck hatten die Miteigent眉mer ein Haus mit zwei Wohnungen errichtet, das im Jahre 1971 bezugsfertig geworden war. Ohne Baugenehmigung wurden im Jahre 1973 die als Abstellr盲ume ausgewiesenen R盲ume im Dachgescho脽 zu einer Wohnung mit Flur, zwei Zimmern, K眉che, Bad/WC, separatem Eingang mit Klingelanlage, Anschl眉ssen usw. mit einer Nutzfl盲che von 41,47 qm ausgebaut. Diese Wohnung war von 1973 bis 1982 an verschiedene Mieter fremdvermietet.
Einen Nachfeststellungsbescheid auf den 1.Januar 1974 sowie einen dazu ergangenen Zurechnungsbescheid hat das Finanzamt (FA) wegen unwirksamer Bekanntgabe aufgehoben. Mit Nachfeststellungsbescheid vom 25.November 1981 hat das FA auf den 1.Januar 1974 die Grundst眉cksart Mietwohngrundst眉ck und den Einheitswert auf 99 700 DM festgestellt sowie dem Kl盲ger und seiner Frau Sigrid S. zugerechnet. Der Bescheid wurde nur dem Kl盲ger bekanntgegeben, und zwar mit dem Zusatz, da脽 er mit Wirkung f眉r und gegen die 眉brigen Miteigent眉mer ihm bekanntgegeben werde. Der vom Kl盲ger eingelegte Einspruch blieb erfolglos; eine Hinzuziehung weiterer Personen zum Einspruchsverfahren erfolgte nicht.
Der auf Aufhebung des Nachfeststellungsbescheids vom 25.November 1981 auf den 1.Januar 1974 gerichteten Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG- 1985, 60). Da der Bescheid nicht die Erben nach Frau Sigrid S. bezeichne und diesen nicht bekanntgegeben worden sei, sei er auch in bezug auf den Kl盲ger nichtig. Im 眉brigen h盲tte die Nachfeststellung auf den 1.Januar 1972 erfolgen m眉ssen. Auf den 1.Januar 1974 h盲tte dann zwar eine Artfortschreibung, mangels Erreichens der Wertfortschreibungsgrenzen jedoch keine Wertfortschreibung, stattfinden d眉rfen.
Mit der Revision beantragt das FA, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zur眉ckzuverweisen. Entgegen der vom FG vertretenen Ansicht mache die fehlende Benennung der Erben im Feststellungsbescheid und das Unterlassen der nach 搂 182 Abs.2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) erforderlichen Bekanntgabe an diese als Rechtsnachfolger von Sigrid S. den Bescheid nicht nichtig.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision des FA ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung.
1. Entgegen der Auffassung des FG ist der angefochtene Nachfeststellungsbescheid nicht nichtig, sondern dem Kl盲ger gegen眉ber wirksam geworden.
a) Abweichend von 搂 157 Abs.2 AO 1977 werden die Einheitswerte als Besteuerungsgrundlage gesondert festgestellt (搂 179 Abs.1, 搂 180 Abs.1 Nr.1 AO 1977). Richtet sich ein Feststellungsbescheid gegen mehrere Personen, weil diesen der Gegenstand bei der Besteuerung zuzurechnen ist, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegen眉ber einheitlich vorgenommen (搂 179 Abs.2 S盲tze 1 und 2 AO 1977). Da das Grundst眉ck am Stichtag mehreren Personen zuzurechnen war, bedurfte es im vorliegenden Fall einer einheitlichen Feststellung. Im Rahmen dieser einheitlichen Feststellung war das Grundst眉ck unbeschadet des Umstandes, da脽 die Miteigent眉merin Sigrid S. bei Ergehen des Feststellungsbescheids bereits verstorben war, dieser entsprechend ihrer Mitberechtigung in dem vor ihrem Tod liegenden Feststellungszeitpunkt zuzurechnen (vgl. auch 搂 22 Abs.2, Abs.4 Satz 3 Nr.1 des Bewertungsgesetzes --BewG--). Dem steht nicht entgegen, da脽 die angeordnete Rechtsfolge die verstorbene Person nicht mehr treffen kann.
b) Sofern sich ein Einheitswertbescheid an mehrere Feststellungsbeteiligte richtet, mu脽 er allen Feststellungsbeteiligten bekanntgegeben werden, um ihnen allen gegen眉ber wirksam zu werden. Das erfordert grunds盲tzlich --unbeschadet der Regelung in 搂 183 AO 1977--, da脽 jedem Feststellungsbeteiligten gesondert eine Ausfertigung des Einheitswertbescheids zugeht (搂 122 Abs.1, 搂 124 Abs.1 Satz 1 AO 1977). Ist --wie im vorliegenden Fall-- ein Zurechnungssubjekt bereits verstorben, bedeutet das, da脽 der Einheitswertbescheid insoweit den Erben unter Bezeichnung des Gesamtrechtsnachfolgeverh盲ltnisses bekanntgegeben werden mu脽. Denn in einem solchen Fall sind diese diejenigen Personen, die die angeordnete Rechtsfolge trifft, und zwar unabh盲ngig davon, da脽 eine Zurechnung auf sie als Feststellungsbeteiligte nicht in Frage steht. Auf sie sind die "Forderungen und Schulden aus dem Steuerrechtsverh盲ltnis" n盲mlich auch insoweit 眉bergegangen, als der Einheitswert als gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen von Bedeutung ist (搂 45 AO 1977). Die Notwendigkeit der Bekanntgabe an die Erben als Gesamtrechtsnachfolger beruht nicht auf 搂 182 Abs.2 Satz 2 AO 1977. Diese Regelung betrifft --ebenso wie die in 搂 182 Abs.2 Satz 1 AO 1977 getroffene Regelung-- nur die Frage, ob und unter welchen Umst盲nden die in einem Feststellungsbescheid 眉ber einen Einheitswert getroffenen Regelungen 眉ber den Eintritt der Rechtsnachfolge hinaus gegen眉ber dem Rechtsnachfolger wirksam bleiben, also f眉r in seiner Person origin盲r entstehende Steueranspr眉che verbindlich fortwirkten (unbeschadet des Erfordernisses einer Zurechnungsfortschreibung).
Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Einheitswertbescheid den Miterben A.S. und M.S. gegen眉ber nicht bekanntgegeben worden und damit ihnen gegen眉ber nicht wirksam geworden. Die Voraussetzungen des 搂 183 Abs.1 AO 1977 lagen nicht vor. Dazu h盲tte es von seiten der bereits vollj盲hrigen A.S. der Bestellung des Kl盲gers als ihres Empfangsbevollm盲chtigten bedurft (搂 183 Abs.1 Satz 1 AO 1977), weil dieser nicht i.S. des 搂 183 Abs.1 Satz 2 AO 1977 Vertreter der Feststellungsbeteiligten war, noch das FA nach 搂 183 Abs.1 S盲tze 3 ff. AO 1977 vorgegangen ist. Soweit die Bekanntgabe an M.S. betroffen ist, ist zwar der Kl盲ger gesetzlicher Vertreter, er ist aber nicht unter Benennung des Vertretenen in dieser Eigenschaft angesprochen.
c) Wenn der angefochtene Bescheid auch gegen眉ber A.S. und M.S. nicht wirksam geworden ist, so ist er doch dem Kl盲ger gegen眉ber wirksam geworden. Das Gebot der Einheitlichkeit der Entscheidung, so wie es in 搂 179 Abs.2 Satz 2 AO 1977 enthalten ist, betrifft den Entscheidungsinhalt, nicht seine Bekanntgabe. Der Verwaltungsakt, der (auch) f眉r den Kl盲ger bestimmt ist, wurde ihm gegen眉ber im Zeitpunkt der Bekanntgabe an ihn gem盲脽 搂 124 Abs.1 Satz 1 AO 1977 wirksam. Diese gegen眉ber einem Feststellungsbeteiligten eintretende Wirksamkeit hat allerdings im Hinblick auf das Gebot der Einheitlichkeit der Entscheidung zur Folge, da脽 er nur noch nach Ma脽gabe der Vorschriften der AO 1977 abge盲ndert werden kann, folglich den anderen Feststellungsbeteiligten mit unver盲ndertem Inhalt bekanntzugeben ist, um die volle Wirksamkeit zu erlangen.
Der Mangel der Bekanntgabe kann durch Nachholung der unterlassenen Bekanntgabe geheilt werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6.Mai 1977 III R 19/75, BFHE 122, 389, BStBl II 1977, 783; vom 30.M盲rz 1978 IV R 72/74, BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503, und vom 19.Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15). Damit ist die Annahme der Nichtigkeit mangels Bekanntgabe an alle notwendigen Bekanntgabeempf盲nger ausgeschlossen.
2. Auch soweit das FG der Auffassung war, der Nachfeststellungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil auf den Stichtag 1.Januar 1974 keine Nachfeststellung h盲tte vorgenommen werden k枚nnen, erweist sich seine Entscheidung nicht als zutreffend. Nach Art.1 Abs.2 des Gesetzes zur 脛nderung des Bewertungsgesetzes waren Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes, denen die Wertverh盲ltnisse vom 1.Januar 1964 zugrunde liegen, erstmals zum 1.Januar 1974 vorzunehmen.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird dem FA Gelegenheit geben m眉ssen, den angefochtenen Bescheid nunmehr auch gegen眉ber A.S. und M.S. bekanntzugeben. Zu diesem Zweck kann das FG in entsprechender Anwendung des 搂 74 FGO das Verfahren aussetzen. Falls nach der Bekanntgabe kein Rechtsbehelf eingelegt wird, hat das FG A.S. und M.S. gem盲脽 搂 60 Abs.3 FGO zum Verfahren beizuladen. Legen sie Rechtsbehelfe ein, so sind die Verfahren zu verbinden (vgl. Urteil in BFHE 122, 389, BStBl II 1977, 783).
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 61848 |
BStBl II 1988, 410 |
BFHE 152, 10 |
BFHE 1988, 10 |
BB 1988, 1518-1519 (LT1-2) |
DB 1988, 1580-1580 (S) |
HFR 1988, 314 (LT1-2) |