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Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht von Erstattungszinsen; Parallelentscheidung zum BFH-Urteil vom 24. Juni 2014 VIII R 29/12
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Normenkette
AO 搂 233a; GG Art. 20 Abs. 3; EStG 搂听20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3, 搂听52a Abs. 8 S. 2, 搂听12 Nr. 3
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Rz. 1
I. Im Streit ist, ob im Verlustentstehungsjahr 1992 gezahlte Erstattungszinsen einkommensteuerpflichtig sind oder ob sie nicht der Besteuerung unterliegen und ein in das Streitjahr (1990) zur眉ckgetragener Verlustabzug demzufolge entsprechend zu erh枚hen ist.
Rz. 2
Die Kl盲ger und Revisionsbeklagten (Kl盲ger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl盲ger erzielte im Verlustentstehungsjahr u.a. Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbst盲ndiger Arbeit und aus Kapitalverm枚gen. Mit der Einkommensteuererkl盲rung f眉r 1992 erkl盲rte er Zinsen nach 搂 233a der Abgabenordnung (AO) in H枚he von 273.170 DM als Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen infolge der Erstattung von Einkommensteuern der Jahre 1989 und 1990. Als Sonderausgaben machten die Kl盲ger Zinsen f眉r die Nachforderung und Stundung von Steuern sowie f眉r Vollziehungsaussetzung in H枚he von 57.456 DM geltend.
Rz. 3
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Kl盲ger insoweit erkl盲rungsgem盲脽 zur Einkommensteuer 1992. Nach einem 脛nderungsbescheid vom 28. Juni 2010 betrug der Gesamtbetrag der Eink眉nfte im Jahr 1992 -679.050 DM. Ebenfalls am 28. Juni 2010 erging ein 脛nderungsbescheid f眉r das Streitjahr, in dem das FA steuermindernd den Verlustr眉cktrag aus 1992 ber眉cksichtigte.
Rz. 4
Mit einem Schreiben vom 11. November 2010 beantragten die Kl盲ger, den r眉cktragsf盲higen Verlust aus 1992 um den Betrag von 273.170 DM (entsprechend der H枚he der Erstattungszinsen) zu erh枚hen. Zur Begr眉ndung beriefen sie sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 (BFHE 230, 109, BStBl II 2011, 503).
Rz. 5
In der Folge nahm das Finanzgericht (FG) auf Antrag der Beteiligten das zuvor ausgesetzte Klageverfahren wegen der Einkommensteuer f眉r das Streitjahr wieder auf und gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1750 ver枚ffentlichten Urteil statt. Zur Begr眉ndung f眉hrte es im Wesentlichen aus, mit dem BFH-Urteil in BFHE 230, 109, BStBl II 2011, 503 sei davon auszugehen, dass 搂 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift auch dem 搂 20 Abs. 1 EStG vorgehe und darin nicht lediglich ein gesetzliches Abzugsverbot geregelt sei, sondern die Vorschrift bestimmte Steuern, zu denen die Einkommensteuer geh枚re, schlechthin dem nicht steuerbaren Bereich zuweise. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung strahle auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung solcher Steuern in der Weise aus, dass sie dem Steuerpflichtigen nicht "im Rahmen einer der Einkunftsarten des 搂 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG" zuflie脽en. Erstattungszinsen teilten als steuerliche Nebenleistungen i.S. von 搂 3 AO insofern das Schicksal der Hauptforderung, als sie in 搂 12 Nr. 3 EStG ebenfalls dem nicht steuerbaren Bereich zugewiesen w眉rden.
Rz. 6
Mit der Revision r眉gt das FA die rechtsfehlerhafte Anwendung des 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.V.m. 搂 52a Abs. 8 EStG, jeweils i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768).
Rz. 7
Das FA beantragt, das Urteil des FG M眉nster vom 10. Mai 2012 2 K 1947/00 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 8
Die Kl盲ger beantragen, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 9
Die gesetzlichen Neuregelungen verstie脽en gegen Verfassungsrecht. Die durch 搂 52a Abs. 8 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 bestimmte echte R眉ckwirkung auf die Steuer des Verlustentstehungsjahres 1992 und damit --wegen des Verlustr眉cktrags-- auf die Steuer des Streitjahres sei unzul盲ssig. Da im Zeitpunkt der Verk眉ndung des 搂 52a Abs. 8 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010 die Einkommensteuerschuld f眉r 1992 wie auch f眉r das Streitjahr 1990 bereits entstanden gewesen sei, entfalte die Norm echte R眉ckwirkung im Sinne einer zeitlichen R眉ckbewirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Tatbestand. Der Fall einer von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausnahmsweise zugelassenen Durchbrechung des rechtsstaatlichen R眉ckwirkungsverbots liege nicht vor.
Rz. 10
Zudem stelle die neue Regelung in 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 keine vorrangige Spezialregelung gegen眉ber 搂 12 Nr. 3 EStG dar. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit dem eingef眉gten Satz 3 lediglich eine klarstellende Regelung zu 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG treffen wollen.
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Rz. 11
II. 1. Das angefochtene Urteil ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gr眉nden aufzuheben, weil am 3. Juni 2014 ein 脛nderungsbescheid ergangen ist, der nach 搂 68 Satz 1 i.V.m. 搂 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Das Urteil des FG betraf somit einen Verwaltungsakt, der nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 1988 II R 164/85, BFHE 154, 13, BStBl II 1988, 955, m.w.N.; vom 6. August 2013 VIII R 10/10, BFHE 242, 321, BStBl II 2013, 862). Da sich hinsichtlich des Streitpunkts keine 脛nderungen ergeben, bedarf es keiner Zur眉ckverweisung der Sache gem盲脽 搂 127 FGO.
Rz. 12
2. Aufgrund seiner Befugnis aus den 搂搂 121 und 100 FGO entscheidet der Senat in der Sache selbst.
Rz. 13
Die begr眉ndete Revision f眉hrt zur Abweisung der Klage (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
Rz. 14
a) Erstattungszinsen nach 搂 233a AO sind steuerbare Ertr盲ge aus Kapitalforderungen i.S. von 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010. 搂 12 Nr. 3 EStG steht dem nicht entgegen.
Rz. 15
Der Senat verweist insoweit auf die 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别 seines Urteils vom 12. November 2013 VIII R 36/10 (BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168) unter II.1. (Rz 15 bis 19) und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen hier von einer Wiedergabe dieser Ausf眉hrungen ab.
Rz. 16
Den seither erfolgten 脛u脽erungen in der Fachliteratur zu dieser Entscheidung (vgl. zustimmend Steinhauff, Der Ertragsteuerberater 2014, 91; derselbe in jurisPR-SteuerR 13/2014, Anm. 3; kritisch in Bezug auf das als "asymmetrisch" empfundene Ergebnis: Behrens, Betriebs-Berater 2014, 996) sind keine zus盲tzlichen Gesichtspunkte zu entnehmen, die einer weitergehenden rechtlichen Er枚rterung bed眉rften.
Rz. 17
b) Die verfassungsrechtlichen Einwendungen der Kl盲ger greifen nicht durch.
Rz. 18
Insoweit wird auf die diesbez眉glichen 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别 des Urteils im Parallelverfahren der Beteiligten vom 24. Juni 2014 VIII R 29/12 (BFHE 246, 306) unter II.2. verwiesen.
Rz. 19
c) Da die den Kl盲gern im Jahr 1992 zugeflossenen Erstattungszinsen nach 搂 233a AO steuerpflichtige Ertr盲ge i.S. von 搂 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind, wie vom FA bei der Veranlagung der Einkommensteuer f眉r 1992 bereits zutreffend ber眉cksichtigt, ergibt sich keine Ver盲nderung hinsichtlich des auf das Streitjahr r眉cktragsf盲higen Verlustes zugunsten der Kl盲ger.
Rz. 20
3. Die Kostenentscheidung beruht auf 搂 135 Abs. 1 FGO.
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Fundstellen