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Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Behandlung des Beratungsstellenleiters eines Lohnsteuerhilfevereins
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Leitsatz (NV)
1. Ums盲tze eines Beratungsstellenleiters eines Lohnsteuerhilfevereins unterliegen der Umsatzsteuer, wenn die T盲tigkeit als freier Mitarbeiter selbst盲ndig ausge眉bt wird.
2. Dasselbe gilt f眉r die Ums盲tze als bestellter Gesch盲ftsf眉hrer des Lohnsteuerhilfevereins.
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Normenkette
UStG 1967/1973 搂 1 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1967/1973 搂 2 Abs. 2
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) war in den Streitjahren Gesch盲ftsf眉hrer und Beratungsstellenleiter f眉r einen Lohnsteuerhilfeverein. Daneben betrieb er eine Versicherungsagentur. Als Gesch盲ftsf眉hrer des Vereins erhielt der Kl盲ger eine prozentual von den Beitragseinnahmen berechnete Verg眉tung, mit der s盲mtliche Aufwendungen einschlie脽lich der Besch盲ftigung von Hilfskr盲ften abgegolten waren. Arbeitsweise-, -zeit und -ort bestimmte der Gesch盲ftsf眉hrer vereinbarungsgem盲脽 nach eigenem Ermessen. Nach dem Beratungsvertrag und den dazu geh枚renden Arbeitsrichtlinien f眉r Beratungsstellenleiter und der Verg眉tungsordnung erhielt der Kl盲ger f眉r seine T盲tigkeit eine an den Mitgliederbeitr盲gen und den Aufnahmegeb眉hren orientierte Verg眉tung und f眉r jedes beratene Mitglied eine Kostenpauschale; zus盲tzlich bezog er eine nach der Zahl der Mitglieder gestaffelte Pr盲mie. Entsprechend den Richtlinien f眉r die Beratungsstellenleiter f眉hrte der Kl盲ger die unmittelbare Beratung als selbst盲ndiger Mitarbeiter des Vereins aus. An den nachgewiesenen Kosten des Kl盲gers f眉r Werbung zugunsten des Vereins beteiligte sich dieser bis zu einer bestimmten H枚chstgrenze im Kalenderjahr.
Der Kl盲ger war nicht als Steuerberater oder Steuerbevollm盲chtigter zugelassen.
In der Annahme, die Einnahmen aus der T盲tigkeit als Gesch盲ftsf眉hrer und Beratungsstellenleiter seien solche aus nichtselbst盲ndiger T盲tigkeit, gab der Kl盲ger keine entsprechenden Umsatzsteuererkl盲rungen ab.
Im Anschlu脽 an eine Lohnsteuerau脽enpr眉fung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, der Kl盲ger sei mit seiner selbst盲ndigen T盲tigkeit als Beratungsstellenleiter Unternehmer, und erhob auf diese Ums盲tze mit Bescheiden vom 29. M盲rz 1976 f眉r die Streitjahre jeweils Umsatzsteuer nach dem erm盲脽igten Steuersatz gem盲脽 搂 12 Abs. 2 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes 1967/73 - UStG - (Umsatzsteuerschuld 1973 770,90 DM, 1974 1 160,15 DM). Die Umsatzsteuerbescheide waren gem盲脽 搂 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorl盲ufig.
In der Einspruchsentscheidung vom 14. M盲rz 1977 gelangte das FA zu der Ansicht, die Entgelte auch f眉r die T盲tigkeit als Gesch盲ftsf眉hrer des Vereins seien umsatzsteuerpflichtig. Offenbleiben k枚nne, ob der erm盲脽igte Steuersatz nach 搂 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG anzuwenden sei. Die Besteuerung der Ums盲tze sei nach 搂 19 UStG durchzuf眉hren, weil der Kl盲ger Kleinunternehmer sei und nicht f眉r die Regelbesteuerung optiert habe. Die Veranlagungen wurden gem盲脽 搂 164 der Abgabenordnung (AO 1977) f眉r vorbehaltlos erkl盲rt (herabgesetzte Umsatzsteuerschuld 1973 429,15 DM, 1974 1 006,90 DM).
Mit der Klage begehrte der Kl盲ger die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide, weil er (insoweit) nicht Unternehmer sei; hilfsweise beantragte er, die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften unter Anwendung des erm盲脽igten Steuersatzes nach 搂 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG festzusetzen.
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 494 ver枚ffentlicht ist, kam zu dem Ergebnis, der Kl盲ger unterliege im Rahmen seiner T盲tigkeit f眉r den Lohnsteuerhilfeverein der Umsatzsteuer. Die Voraussetzungen f眉r die Steuererm盲脽igung l盲gen nicht vor, weil der Kl盲ger als Beratungsstellenleiter weder Angeh枚riger eines freien Berufes sei noch eine der T盲tigkeit eines zugelassenen Steuerberaters oder Steuerbevollm盲chtigten 盲hnliche T盲tigkeit i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus眉be. Wegen der hilfsweise beantragten Option f眉r die Regelbesteuerung hob das FG die Umsatzsteuerbescheide und die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete das FA, die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften vorzunehmen. Im 眉brigen wies es die Klage ab.
Mit der Revision r眉gt der Kl盲ger, 搂 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG i.V.m. 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei verletzt.
Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer unter Anwendung des erm盲脽igten Steuersatzes festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
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Die Revision f眉hrt aus anderen als den geltend gemachten Gr眉nden zur Aufhebung des Urteils und Zur眉ckverweisung der Sache an das FG (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, da脽 der Kl盲ger sowohl mit seiner T盲tigkeit als Beratungsstellenleiter als auch mit der Gesch盲ftsf眉hrert盲tigkeit f眉r den Verein als Unternehmer der Umsatzsteuer unterliegt (搂 1 Abs. 1 Nr. 1, 搂 2 Abs. 1 UStG).
Unternehmer ist gem盲脽 搂 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche T盲tigkeit selbst盲ndig aus眉bt. Eine solche T盲tigkeit wird nicht selbst盲ndig ausge眉bt, soweit eine nat眉rliche Person einem Unternehmen derart eingegliedert ist, da脽 sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist (搂 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Diese negative Abgrenzung zur Selbst盲ndigkeit entspricht nach st盲ndiger Rechtsprechung der einkommensteuerlichen Abgrenzung zur nichtselbst盲ndigen Arbeit (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Oktober 1976 V R 137/73, BFHE 120, 301, BStBl II 1977, 50). F眉r die Beurteilung, ob der Kl盲ger in seiner Eigenschaft als Beratungsstellenleiter und als Gesch盲ftsf眉hrer selbst盲ndig oder unselbst盲ndig t盲tig war, kommt es auf das Gesamtbild der Verh盲ltnisse an. Eine W眉rdigung nach dem Gesamtbild bedeutet, da脽 die f眉r und gegen ein Dienstverh盲ltnis sprechenden Merkmale, wie sie sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und deren tats盲chlicher Durchf眉hrung ergeben, gegeneinander abgewogen werden (z. B. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1978 I R 121/76, BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188 m.w.N.). Ma脽gebend ist dabei grunds盲tzlich das Innenverh盲ltnis zum Auftraggeber und nicht das Auftreten des Besch盲ftigten nach au脽en (z. B. BFH-Urteile vom 14. September 1967 V 108/63, BFHE 90, 193, BStBl II 1968, 193, und in BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188).
1. Der Umsatzsteuer unterliegen zun盲chst die Ums盲tze des Kl盲gers aus der T盲tigkeit als Beratungsstellenleiter des Lohnsteuerhilfevereins.
Die in 搂 23 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) getroffenen berufsrechtlichen Regelungen schlie脽en nicht aus, da脽 der Leiter einer Beratungsstelle als freier Mitarbeiter selbst盲ndig gegen眉ber dem Lohnsteuerhilfeverein t盲tig sein kann (ausf眉hrlich BFH-Urteil vom 10. Dezember 1987 IV R 176/85, BFHE 152, 120, BStBl II 1988, 273).
Zutreffend hat das FG aus der rechtlichen und tats盲chlichen Gestaltung des Rechtsverh盲ltnisses gefolgert, da脽 die T盲tigkeit des Kl盲gers als Beratungsstellenleiter von den f眉r ein freies Mitarbeiterverh盲ltnis sprechenden Umst盲nden beherrscht war. Vereinbart war mit dem Verein, da脽 der Kl盲ger die unmittelbare Beratung als selbst盲ndiger Mitarbeiter ausf眉hrt. Die ihm f眉r seine T盲tigkeit zuflie脽ende Verg眉tung war abh盲ngig von der H枚he der Mitgliedsbeitr盲ge und der Aufnahmegeb眉hren; sie war zus盲tzlich ausgerichtet an der Zahl der Mitglieder. Mit dieser Verg眉tung waren die gesamten Kosten des Kl盲gers im Zusammenhang mit der Beratungsstellenleitert盲tigkeit abgegolten. Lediglich f眉r seine Werbema脽nahmen f眉r den Verein erhielt er einen in der H枚he begrenzten Zuschu脽. Die H枚he der Einnahmen hing danach von der Initiative des Kl盲gers und seiner Organisation der Arbeit in der Beratungsstelle ab. Mit Ausnahme der Pflicht, die von ihm selbst festgesetzten Sprechzeiten einzuhalten, war der Kl盲ger in der zeitlichen Gestaltung der Arbeitszeit frei. Der selbst盲ndigen Stellung des Kl盲gers gegen眉ber dem Verein entsprechend hat dieser den Kl盲ger lohnsteuerlich nicht als Arbeitnehmer behandelt.
2. Auch die Ums盲tze des Kl盲gers als beauftragter Gesch盲ftsf眉hrer des Vereins unterliegen der Umsatzsteuer.
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, da脽 die Rechtsstellung als Gesch盲ftsf眉hrer eines Vereins der Annahme einer selbst盲ndigen T盲tigkeit nicht entgegensteht. So ist es nicht entscheidend, da脽 der beauftragte Gesch盲ftsf眉hrer den Verein nach au脽en vertritt.
F眉r den Streitfall ergibt das BFH-Urteil vom 4. November 1982 IV R 4/77 (BFHE 137, 197, BStBl II 1983, 156, zur T盲tigkeit eines Vorstandsmitgliedes und Vorstandsvorsitzenden einer Kassen盲rztlichen Vereinigung) nichts anderes. F眉r die Nichtsteuerbarkeit der Ums盲tze aus dieser T盲tigkeit war entscheidend, da脽 das Vorstandsmitglied Organwalter der Kassen盲rztlichen Vereinigung war und sich dessen Verhalten als das des Organs und damit gleichzeitig auch als Verhalten der K枚rperschaft selbst darstellte. Diese Grunds盲tze treffen auf die Person eines beauftragten Gesch盲ftsf眉hrers eines Vereins nicht zu. Organ des Vereins ist der Vorstand (搂 26 Abs. 2 des B眉rgerlichen Gesetzbuches - BGB -), nicht ein von diesem bestellter Gesch盲ftsf眉hrer. Daran 盲ndert sich nichts, wenn - wie im Streitfall - der mit der Gesch盲ftsf眉hrung Beauftragte zugleich Mitglied des Vorstands ist; denn die organschaftlichen Befugnisse hat nur der Vorstand in seiner Gesamtheit (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1986 V R 68/78, BFHE 147, 544, BStBl II 1987, 42, zum Mitglied eines Aufsichtsrats).
Zutreffend hat das FG aufgrund der tats盲chlichen Feststellungen gefolgert, da脽 bei der T盲tigkeit des Kl盲gers als Gesch盲ftsf眉hrer f眉r den Verein die f眉r ein freies Mitarbeiterverh盲ltnis sprechenden Umst盲nde vorherrschten. Es hat dabei zu Recht folgende Umst盲nde als ma脽geblich angesehen: Nach der Vereinbarung mit dem Verein 眉ber die Gesch盲ftsleitung hat der Kl盲ger seine T盲tigkeit nebenberuflich und auf der Basis freier Mitarbeit ausge眉bt. Der Kl盲ger erhielt zur Abgeltung seiner Aufwendungen einschlie脽lich der Aufwendungen f眉r evtl. besch盲ftigte Hilfskr盲fte eine nach den Bruttobeitragseinnahmen des Vereins bemessene Verg眉tung. Dementsprechend hat der Verein das Entgelt nicht als lohnsteuerpflichtig behandelt und der Kl盲ger selbst die Einnahmen als Gesch盲ftsf眉hrer als Eink眉nfte aus selbst盲ndiger T盲tigkeit erkl盲rt.
3. Die Entscheidung des FG ist jedoch insoweit rechtsfehlerhaft, als sie auf der Annahme einer wirksamen Optionserkl盲rung beruht.
骋别尘盲脽 搂 19 Abs. 1 UStG unterlag der Kl盲ger in den Streitjahren nicht der Regelbesteuerung, sondern aufgrund der unstreitig gegebenen Voraussetzungen der Besteuerung f眉r Kleinunternehmer. Nach 搂 19 Abs. 4 UStG bestand die M枚glichkeit, durch Erkl盲rung gegen眉ber dem FA zur Regelbesteuerung zu optieren. Die in 搂 19 Abs. 4 UStG vorgesehene Erkl盲rung ist an das FA zu richten. Eine hilfsweise bei Gericht beantragte Anwendung der Regelbesteuerung ist keine Optionserkl盲rung i. S. des 搂 19 Abs. 4 UStG (st盲ndige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 V R 32/74, BFHE 142, 327, BStBl II 1985, 173, m.w.N.).
4. Die Sache ist nicht spruchreif. H盲lt der Kl盲ger seine Absicht aufrecht, durch Optionserkl盲rung i. S. des 搂 19 Abs. 4 UStG f眉r die Streitjahre zur Regelbesteuerung 眉berzugehen, mu脽 er eine solche Erkl盲rung gegen眉ber dem FA abgeben. Gibt der Kl盲ger innerhalb einer vom FG gesetzten Frist eine Erkl盲rung gegen眉ber dem FA ab, ist das Verfahren vor dem FG gem盲脽 搂 74 FGO bis zum Ergehen eines neuen Steuerbescheides und bis zur Stellung eines Antrages nach 搂 68 FGO durch den Kl盲ger auszusetzen. Gibt dieser keine Optionserkl盲rung nach 搂 19 Abs. 4 UStG gegen眉ber dem FA ab, kann er nur als Kleinunternehmer nach 搂 19 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer herangezogen werden; die Rechtm盲脽igkeit der Steuerfestsetzung ist in diesem Falle auf der Grundlage des 搂 19 Abs. 1 UStG zu beurteilen.
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Fundstellen
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BFH/NV 1989, 262 |