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Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
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Leitsatz (amtlich)
Die umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Organschaft sind durch Art. II KRG Nr. 15 f眉r die Organschaftsverh盲ltnisse nicht aufgehoben worden, denen eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts als beherrschendes Unternehmen angeh枚rt.
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Normenkette
UStG 搂 2 Abs. 2 Ziff. 2
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Tatbestand
Streitig ist, ob zwischen den Stadtwerken A. (Steuerpflichtige) und der Kraftwerk B.-AG (AG) Organschaft besteht.
Die Steuerpflichtige, ein Eigenbetrieb der kreisfreien Gemeinde A., versorgt diese mit Gas, Wasser und Elektrizit盲t. W盲hrend sie Gas und Wasser ausschlie脽lich selbst gewinnt, bezieht sie die Elektrizit盲t 眉berwiegend von der AG.
Im Jahre 1951 besa脽 die Steuerpflichtige 88 % der Anteile an der AG. Die leitenden Personen der Steuerpflichtigen waren gleichzeitig Vorstandsmitglieder bei der AG. Zwischen der Steuerpflichtigen und der AG besteht ein aus dem Jahre 1928 stammender Vertrag 眉ber Stromlieferung, der im wesentlichen (abgesehen von der Verg眉tungsregelung) auch im Jahre 1951 Grundlage der gegenseitigen Rechts- und Gesch盲ftsbeziehungen war. Danach ist die AG verpflichtet, der Steuerpflichtigen die gesamte von dieser ben枚tigte elektrische Kraft zu liefern. Die Steuerpflichtige ist verpflichtet, ihren Strombedarf bei der AG zu decken, solange diese hierzu in der Lage ist.
Die AG bezog den Strom, soweit sie ihn nicht selbst erzeugen konnte, vom Kraftwerk C. Die AG mu脽te dort den sogenannten Spitzenstrom besonders teuer bezahlen. Um Kosten der AG zu sparen, errichtete die Steuerpflichtige eine Dieselkraftanlage, mit der sie den Spitzenstrom selbst erzeugte.
Bei einer Betriebspr眉fung im Jahre 1953 stellte der Betriebspr眉fer fest, da脽 die Steuerpflichtige 42.000 DM als Anteil an den Stromherstellungskosten beim zeitweisen Betrieb der Dieselkraftanlage von der AG erhalten hatte. Dieser Betrag wurde nicht nach der erzeugten Strommenge berechnet, sondern pauschal festgelegt. Das Finanzamt sah diesen Betrag, dem Betriebspr眉fer folgend, als steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt f眉r einen Umsatz der Steuerpflichtigen an und unterwarf ihn der Umsatzsteuer.
Mit dem Einspruch machte die Steuerpflichtige geltend, die AG habe die 42.000 DM als Preisnachla脽 gew盲hrt. Der Strompreis sei billiger, wenn regelm盲脽ig die gleiche Menge elektrischer Kraft vom Erzeuger abgenommen werde. Die AG habe daher f眉r Spitzenstrom, den sie nur zu gewissen Zeiten f眉r die Steuerpflichtige von dritter Seite zugekauft habe, unverh盲ltnism盲脽ig viel zahlen m眉ssen. Die Erzeugung von Spitzenstrom mit der Dieselkraftanlage habe zu einer Ersparnis an Unkosten bei der AG gef眉hrt und diese in die Lage versetzt, einen Preisnachla脽 zu gew盲hren.
Der Einspruch war erfolglos. Die Berufung, mit der die Steuerpflichtige erstmals vortrug, da脽 zwischen ihr und der AG ein Organschaftsverh盲ltnis gegeben sei und deshalb die Bereitstellung der Dieselanlage einen Innenumsatz darstelle, blieb gleichfalls ohne Erfolg.
Das Finanzgericht war der Auffassung, da脽 eine Organschaft im Hinblick auf Art. II des Kontrollratgesetzes (KRG) Nr. 15 im Jahre 1951 nicht bestanden habe. Die Bereitstellung und der zeitweilige Betrieb der Dieselkraftanlage sei eine sonstige Leistung im Sinne des 搂 1 Ziff. 1 Satz 1 UStG.
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Die hiergegen gerichtete Rb. f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Zwischen der Steuerpflichtigen und der AG besteht ein Organschaftsverh盲ltnis im Sinne des 搂 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG. Ob die zeitweise Inbetriebnahme der Dieselkraftanlage der Steuerpflichtigen eine Leistung gegen眉ber der AG darstellt und die AG daf眉r 42.000 DM als Entgelt bezahlt hat, kann dahingestellt bleiben. Ein solcher Umsatz w盲re ein Innenumsatz des Organschaftsverh盲ltnisses zwischen der Steuerpflichtigen und der AG.
Bereits 搂 2 Abs. 2 UStG vom 16. Oktober 1934 (RStBl 1934 S. 1166) hat der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Frage der selbst盲ndigen gewerblichen oder beruflichen T盲tigkeit Rechnung getragen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 480/33 vom 23. Februar 1934, Slg. Bd. 36 S. 39) und unselbst盲ndige Glieder eines Organschaftsverh盲ltnisses nicht als selbst盲ndige Unternehmer angesehen. Art. II KRG Nr. 15 zur 盲nderung des UStG (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland 1946 S. 75, Steuer- und Zollblatt 1946 S. 21) setzte 搂 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG au脽er Kraft (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 17/52 S vom 17. Juli 1952, BStBl 1952 III S. 234, Slg. Bd. 56 S. 604). Entsprechend dem Wortlaut des franz枚sischen Textes des Art. II KRG Nr. 15 betrifft die Aufhebung der umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Organschaft aber nur das Verh盲ltnis zwischen Muttergesellschaften zu Tochtergesellschaften. Kommt Organschaft zwischen einer nat眉rlichen Einzelperson als beherrschendem Unternehmer und einer juristischen Person als Tochtergesellschaft in Betracht, so steht der Anerkennung eines Organschaftsverh盲ltnisses umsatzsteuerrechtlich Art. II KRG Nr. 15 nicht entgegen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 104/54 S vom 26. Mai 1955, BStBl 1955 III S. 234, Slg. Bd. 61 S. 95). Auch Organschaften zwischen K枚rperschaften des 枚ffentlichen Rechts als beherrschende Unternehmen und juristische Personen des privaten Rechts als Tochtergesellschaften sind durch Art. II KRG Nr. 15 umsatzsteuerrechtlich nicht aufgehoben worden.
Das Finanzgericht vertritt die Auffassung, da脽 unter dem Begriff "Muttergesellschaft", wie ihn die franz枚sische Fassung des Art. II KRG Nr. 15 verwende, nicht nur Gesellschaften des Handelsrechts, sondern Personenzusammenschl眉sse jeglicher Art zu verstehen seien. Die Steuerpflichtige sei gleichzusetzen mit der kreisfreien Gemeinde. Gebietsk枚rperschaften seien K枚rperschaften des 枚ffentlichen Rechts und st眉nden ihrer Struktur nach einer Gesellschaft n盲her als einer nat眉rlichen Einzelperson. Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen. F眉r die Auslegung des Art. II KRG Nr. 15 sind die fremdsprachlichen Fassungen ma脽geblich, weil die 眉bertragung in die deutsche Sprache lediglich aus Zweckm盲脽igkeitsgr眉nden erfolgte (Urteil des Bundesfinanzhofs V 17/52 S vom 17. Juli 1952, a. a. O.). Der franz枚sische Ausdruck "societe mere" meint aber eine Gesellschaft im handelsrechtlichen Sinne. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzestextes ist daher die Aufhebung der umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Organschaft auf die F盲lle beschr盲nkt, bei denen eine Gesellschaft des Handelsrechts beherrschendes Unternehmen ist.
Die Gebietsk枚rperschaften des 枚ffentlichen Rechts sind nicht gemeint, wenn von Muttergesellschaften gesprochen wird. Mit Recht geht zwar das Finanzgericht davon aus, da脽 die Steuerpflichtige als Eigenbetrieb einer kreisfreien Gemeinde keine selbst盲ndige Rechtspers枚nlichkeit ist (Art. 80 der Bayerischen Gemeindeordnung) und deshalb mit der Gemeinde, einer urspr眉nglichen Gebietsk枚rperschaft, gleichgesetzt werden mu脽. Die AG wird deshalb von der Gemeinde als Gebietsk枚rperschaft beherrscht. Gebietsk枚rperschaften sind jedoch keine Gesellschaften und diesen auch nicht gleichzusetzen. Sie sind kein Zusammenschlu脽 von Personen oder Sachmitteln, sondern ein urspr眉nglicher 枚ffentlich-rechtlicher Verband. Ihr Wesen besteht in einer allumfassenden (alle 枚ffentlichen Aufgaben) und allerfassenden (alle Personen und Sachen innerhalb des Gebietes) Kompetenz zur Wahrnehmung der Aufgaben des Gemeinwohls auf einem fest bestimmten Gebiet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 111/50 U vom 4. April 1952, BStBl 1952 III S. 154, Slg. Bd. 56 S. 396). Ihre Willens- und Handlungsorgane treffen vorwiegend rechtsgestaltende Einzelanordnungen hoheitlichen Charakters. Die Gebietsk枚rperschaften sind in der Regel gleichzeitig juristische Personen des b眉rgerlichen Rechts. Ihr inneres Gef眉ge entspricht aber nicht dem gleichberechtigten Zusammenschlu脽 von Personen oder Sachmitteln wie bei den Gesellschaften des Handelsrechts. Ihre Verwaltung ist vielmehr hierarchisch aufgebaut.
Da Gebietsk枚rperschaften nicht Gesellschaften sind, wurden sie auch durch die Aufhebung der umsatzsteuerrechtlichen Folgen der Organschaft durch Art. II KRG Nr. 15 nicht betroffen.
Nach dem Sinn und Zweck des Art. II KRG Nr. 15 sollten die umsatzsteuerrechtlichen Folgen eines Organschaftsverh盲ltnisses, bei dem eine K枚rperschaft des 枚ffentlichen Rechts beherrschendes Unternehmen ist, nicht aufgehoben werden. Es war vielmehr der Zweck des Besatzungsrechts, privatwirtschaftliche Machtzusammenballungen bei Gro脽unternehmen zu unterbinden.
Die Voraussetzungen eines Organschaftsverh盲ltnisses sind im Streitfall gegeben. Die Steuerpflichtige besa脽 im Veranlagungszeitraum 1951 die entscheidende Anteilsmehrheit der AG. Damit war die AG finanziell der Steuerpflichtigen eingegliedert. Auch die wirtschaftliche Eingliederung ist erf眉llt, weil die Steuerpflichtige die gesamte erzeugte elektrische Kraft der AG abnahm und die Preisgestaltung erheblich beeinflu脽te. Schlie脽lich war im Streitjahre auch die organisatorische Eingliederung in einem H枚chstma脽e erf眉llt, weil die leitenden Personen der Steuerpflichtigen gleichzeitig Vorstandsmitglieder der AG waren.
Ums盲tze zwischen der Steuerpflichtigen und der AG sind somit Innenums盲tze. Die Vorentscheidung, die zum gegenteiligen Ergebnis gelangt, ist aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Die Einspruchsentscheidung des Finanzamts und der Berichtigungsbescheid des Finanzamts f眉r das Jahr 1951 werden aufgehoben. Die Umsatzsteuerschuld 1951 wird auf ... DM festgesetzt.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 411551 |
BStBl III 1965, 272 |
BFHE 1965, 72 |
BFHE 82, 72 |