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Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bindung des BFH an tats盲chliche Feststellungen des FG; W眉rdigung eines streitigen Vortrages als Tatsache; Vorlage privatschriftlicher Bekundung 眉ber beweiserhebliche Tatsache als Beteiligtenvortrag; Verlust des Anspruchs auf Ausfuhrerstattung durch Versto脽 gegen EWGRL 眉ber den Schutz von Tieren beim Transport
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Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bindung des Revisionsgerichts an die tats盲chlichen Feststellungen des FG tritt nicht ein, wenn diesen eine hinreichende Grundlage fehlt, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das FG zu der seine Entscheidung tragenden 脺berzeugung gelangt ist.
2. Der Tatrichter kann ausnahmsweise allein aufgrund einer W眉rdigung des streitigen Vortrages eines der Beteiligten zu der f眉r seine Entscheidung erforderlichen 脺berzeugung vom Vorliegen einer Tatsache gelangen; dann muss dieser Vortrag aus sich heraus so 眉berzeugend und nahe liegend erscheinen, dass es der Grundsatz der freien richterlichen Beweisw眉rdigung ausnahmsweise gestattet, sich 眉ber eine gegenteilige Behauptung eines anderen Beteiligten hinwegzusetzen.
3. Die Vorlage einer privatschriftlichen Bekundung 眉ber eine beweiserhebliche Tatsache, ist keine Beweisf眉hrung, sondern Beteiligtenvortrag, und zwar auch dann, wenn es sich um die Erkl盲rung eines Dritten handelt. Sie stellt jedenfalls dann keinen zul盲ssigen Urkunds- oder gar Zeugenbeweis dar, wenn sie an die Stelle einer ohne weiteres m枚glichen Vernehmung des Ausstellers der betreffenden Bescheinigung als Zeuge gesetzt wird.
4. Ein Versto脽 gegen die Vorschriften der RL 91/628/EWG 眉ber den Schutz von Tieren beim Transport hat den Verlust des Anspruches auf Ausfuhrerstattung zur Folge, ohne dass dies zus盲tzlich davon abh盲ngig w盲re, dass tats盲chliche Feststellungen dazu getroffen werden k枚nnen, dass das Wohlbefinden der Tiere w盲hrend des Transports beeintr盲chtigt war. Diese Regelung des Gemeinschaftsrechts verletzt den Verh盲ltnism盲脽igkeitsgrundsatz nicht.
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Normenkette
FGO 搂听81 Abs. 1, 搂搂听82, 118 Abs. 2; EWGV 805/68 Art. 13 Abs. 9; EWGRL 628/91; EGV 615/98 Art. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) hat im Oktober 2000 33 lebende Rinder zur Ausfuhr nach Marokko angemeldet. Ihren Antrag auf Gew盲hrung von Ausfuhrerstattung hat der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Hauptzollamt 鈥旽ZA鈥) abgelehnt, weil die Kl盲gerin w盲hrend des Transports der Tiere die Bestimmungen der Richtlinie 眉ber den Schutz von Tieren beim Transport 91/628/EWG (RL 91/628/EWG) des Rates vom 19. November 1991 (Amtsblatt der Europ盲ischen Gemeinschaften 鈥旳BlEG鈥 Nr. L 340/17) nicht eingehalten habe. Nach dem von der Kl盲gerin vorgelegten Transportplan seien n盲mlich zwischen dem Versand der Tiere und der ersten Unterbrechung der Transportphase 29 Stunden und 30 Minuten bzw. 30 Stunden vergangen. Die vorgeschriebene Ruhepause nach einer Transportphase von 14 Stunden sei also nicht eingelegt worden.
In dem wegen dieser Entscheidung von der Kl盲gerin angestrengten Einspruchsverfahren hat diese Bescheinigungen der Gesch盲ftsf眉hrer der mit der Bef枚rderung der Tiere beauftragten Transportunternehmen aus dem Juni 2002 vorgelegt, nach deren Inhalt die Fahrer der beiden LKW jeweils nach 14 Stunden eine zweist眉ndige Fahrpause eingelegt und bei dieser Gelegenheit die Tiere getr盲nkt und gef眉ttert haben.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die deswegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) jedoch das HZA verurteilt, der Kl盲gerin die beantragte Ausfuhrerstattung zu gew盲hren. Es urteilte, nach Art. 13 Abs. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 眉ber die gemeinsame Marktorganisation f眉r Rindfleisch (ABlEG Nr. L 148/24, neugefasst durch Verordnung (EG) Nr. 2634/97 des Rates vom 18. Dezember 1997, ABlEG Nr. L 356/13) 鈥昖O Nr. 805/68鈥 h盲nge die Gew盲hrung von Ausfuhrerstattung von der Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Wohlbefinden der Tiere ab, insbesondere der Vorschriften zum Schutz der Tiere w盲hrend des Transports. Hierzu geh枚re die RL 91/628/EWG, neugefasst durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 (ABlEG Nr. L 148/52). Dementsprechend mache Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 (VO Nr. 615/98) der Kommission vom 18. M盲rz 1998 mit Durchf眉hrungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABlEG Nr. L 82/19) die Zahlung der Erstattung von der Einhaltung vorgenannter Richtlinie abh盲ngig. Das Gemeinschaftsrecht enthalte allerdings keine Regelung dar眉ber, wie der Ausf眉hrer nachzuweisen habe, dass er w盲hrend des Transports der Tiere die RL 91/628/EWG 眉ber den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten habe. Bei einer l盲ngeren Transportdauer als 8 Stunden habe der Transportunternehmer zwar einen Transportplan festzulegen, der der Gesundheitsbescheinigung w盲hrend der Verbringung beigef眉gt wird und in dem etwaige Aufenthalts- und Umladeorte aufgef眉hrt sind; er habe sich zu vergewissern, dass der Transportplan ordnungsgem盲脽 ausgef眉llt und vervollst盲ndigt wird und dass eingetragen wird, wann und wo die Tiere gef眉ttert und getr盲nkt wurden. Weder hieraus noch aus der Bestimmung, dass der Transportplan bei der R眉ckkehr der zust盲ndigen Beh枚rde vorzulegen sei, lasse sich indes "zur 脺berzeugung des Senats" ableiten, dass der Nachweis der Einhaltung der Richtlinie allein durch den Transportplan selbst erbracht werden kann. Der Ausf眉hrer sei nicht gehindert, auf andere Art und Weise diesen Nachweis zu erbringen.
Dies sei im Streitfall geschehen. Das Gericht habe vor dem Hintergrund, dass sich die Einlassungen der Spediteure in den von der Kl盲gerin vorgelegten Bescheinigungen in die durch die Transportpl盲ne dokumentierten "Rahmendaten" einf眉gten, keinen Anlass, die Beweiskraft dieser Erkl盲rungen ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Es sei plausibel und glaubhaft, dass sich an die erste Transportphase von 14 Stunden eine zweite nach einer zweist眉ndigen Ruhepause angeschlossen habe.
Ungeachtet dessen k枚nne der Kl盲gerin aus einem weiteren Grunde die Ausfuhrerstattung nicht versagt werden. Der Grundsatz der Verh盲ltnism盲脽igkeit gebiete, die Ausfuhrerstattung nur zu versagen, wenn die Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften nachweislich zu einer Beeintr盲chtigung des Wohls der Tiere gef眉hrt habe. Hierzu habe das HZA weder etwas vorgetragen noch lasse sich den Sachakten ein Hinweis darauf entnehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA. Das FG habe nicht davon ausgehen d眉rfen, dass die Einhaltung der Richtlinie nachgewiesen sei. Die Bescheinigung der Spedition 眉ber die Einlegung einer zweist眉ndigen Ruhepause sei lediglich eine Behauptung, mit der die Richtigkeit einer anderen, von der Kl盲gerin aufgestellten Behauptung nicht ausreichend gest眉tzt werden k枚nne. 脺berdies sei es rechtsfehlerhaft, dass das FG bei einem Versto脽 gegen die Vorschriften der Tierschutzrichtlinie eine Versagung der Ausfuhrerstattung nur dann f眉r geboten halte, wenn dem Ausf眉hrer nachgewiesen werden k枚nne, dass dieser Versto脽 das Wohlbefinden der Tiere beeintr盲chtigt habe.
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II. Die Revision des HZA ist begr眉ndet und f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zur眉ckverweisung der Sache an das FG (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻骋翱鈥).
1. Die Klage ist entgegen der Ansicht der Kl盲gerin und des FG nicht bereits deshalb begr眉ndet und die Revision des HZA folglich unbegr眉ndet, weil festst眉nde, dass nach 14-st眉ndiger Fahrtzeit der beiden LKW, die im Streitfall die Tiere bef枚rdert haben, eine zweist眉ndige Ruhepause eingelegt worden ist. Dies steht nicht fest. Die diesbez眉glich vom FG getroffene Feststellung verletzt Bundesrecht und bindet den erkennenden Senat nicht (搂 118 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGO), weil das FG bei der Aufkl盲rung des Sachverhalts die Grenzen, die freier richterlicher Beweisw眉rdigung gesetzt sind, 眉berschritten hat.
a) Die Feststellung des f眉r die Entscheidung eines Rechtsstreits ma脽geblichen Sachverhalts obliegt nach 搂 118 Abs. 2 FGO allerdings dem FG, an dessen Feststellungen der Bundesfinanzhof (BFH) gebunden ist. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Wenn auch die Beweisw眉rdigung des FG grunds盲tzlich nicht angreifbar ist, so ist sie doch insoweit revisibel, als Verst枚脽e gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungss盲tze vorliegen (BFH-Urteil vom 19. M盲rz 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442). Eine Bindung an die tats盲chlichen Feststellungen des FG tritt dann nicht ein, wenn die getroffenen Feststellungen auf einer Verletzung von bei der Beweisw眉rdigung zu beachtenden Rechtsgrunds盲tzen beruhen. Das ist u.a. dann der Fall, wenn es den Feststellungen an einer hinreichenden Grundlage fehlt, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das FG zu der seine Entscheidung tragenden 脺berzeugung gelangt ist (Senatsurteil vom 11. April 2002 VII R 1/02, BFH/NV 2002, 950), oder das FG zu dem von ihm gefundenen Ergebnis der Beweisw眉rdigung 眉berhaupt nicht kommen konnte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442), es also gleichsam ins Blaue hinein Feststellungen getroffen hat, die sich in Wahrheit als Mutma脽ungen oder blo脽e Unterstellungen erweisen. Denn die vom FG getroffenen Feststellungen m眉ssen zwar nicht aufgrund der dem FG vorliegenden Beweismittel zwingend sein. Sie m眉ssen jedoch m枚glich sein. Dazu geh枚rt nicht nur, dass sie nicht in sich widerspr眉chlich oder sonst mit den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungss盲tzen unvereinbar sind, sondern auch, dass sie auf einer nachvollziehbaren Anwendung von rational einsichtigen Grunds盲tzen der Beweisw眉rdigung beruhen.
Der Annahme des FG, es seien im Streitfall zweist眉ndige Ruhepausen eingelegt worden, fehlt es an Nachvollziehbarkeit in diesem Sinne aus folgenden Gr眉nden:
Es mag zun盲chst dahinstehen, ob das FG 眉berhaupt in einer eine Bindungswirkung ausl枚senden Weise erkannt hat, dass es Tatsachen seiner Entscheidung nur dann zugrunde legen darf, wenn es die volle 脺berzeugung von deren Vorliegen gewonnen hat. Daran k枚nnten Zweifel insofern bestehen, als das FG (lediglich) als "plausibel und glaubhaft" bezeichnet, dass jene zweist眉ndigen Transportpausen eingelegt worden sind. Das w眉rde f眉r eine der Kl盲gerin g眉nstige Entscheidung nicht gen眉gen. Sollte das FG entgegen dieser Formulierung indes meinen, die volle 脺berzeugung von der Einlegung zweist眉ndiger Ruhepausen gewonnen zu haben, w盲re dies nicht nachzuvollziehen.
Die zeitnah zu den Transporten erstellten Transportpl盲ne bezeugen das Gegenteil. Die Bescheinigungen hingegen, anhand deren das FG gleichwohl meint, die 脺berzeugung von der Einhaltung zweist眉ndiger Ruhepausen gewinnen zu k枚nnen, sind erst fast zwei Jahre nach dem streitigen Vorgang ausgestellt worden. Sie stammen auch nicht etwa von den betreffenden Fahrern, sondern von den Gesch盲ftsf眉hrern der betreffenden Unternehmen, also von Personen, die keine unmittelbare Anschauung von dem jeweiligen Vorgang haben k枚nnen. Das wiegt umso schwerer, als in den Bescheinigungen weder die Quelle des Wissens des jeweiligen Gesch盲ftsf眉hrers n盲her erl盲utert wird noch auf irgendwelche zeitnah erstellten oder entstandenen Unterlagen 鈥晈ie Aufzeichnung eines Fahrtenschreibers, eines Fahrtenbuches oder dergleichen鈥 Bezug genommen wird und auch nicht erl盲utert wird, warum diese nicht beigef眉gt werden oder warum sie nicht mehr beigef眉gt werden k枚nnen. Das alles muss zusammen genommen unbeschadet der Freiheit richterlicher Beweisw眉rdigung zu dem Schluss f眉hren, dass solche Unterlagen entweder absichtlich zur眉ckgehalten werden 鈥昺枚glicherweise, weil sie das Gegenteil der behaupteten Tatsache erkennen lassen鈥 oder die in den Bescheinigungen enthaltenen Bekundungen entweder ins Blaue hinein oder aus dem blo脽en Ged盲chtnis aufgestellt werden. Es ist indes unbeschadet der Freiheit richterlicher Beweisw眉rdigung ausgeschlossen, aus dem blo脽en Ged盲chtnis gemachte Angaben 眉ber den Ablauf eines mehr als 1 1/2 Jahre zur眉ckliegenden Routinevorgangs der t盲glichen Arbeitspraxis eines LKW-Fahrers ohne n盲here Angaben 眉ber die Gr眉nde eines solch au脽ergew枚hnlichen Erinnerungsverm枚gens f眉r zur richterlichen 脺berzeugungsbildung ausreichend zu erachten. Die Freiheit tatrichterlicher 脺berzeugungsbildung gestattet es nicht, eine nach der Lebenserfahrung zumindest wenig glaubhafte Bekundung gleichsam unbesehen als wahr hinzunehmen, obwohl ihr andere aussagekr盲ftige Beweisanzeichen 鈥昲ier: die Transportpl盲ne, welche Ruhezeiten nicht ausweisen鈥 entgegenstehen.
Allein aufgrund der Behauptung der Kl盲gerin konnte das FG ebenfalls nicht ohne einen Rechtsversto脽 zu der 脺berzeugung gelangen, die fraglichen Ruhepausen seien eingelegt worden. Zwar ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Tatrichter ausnahmsweise allein aufgrund einer W眉rdigung des (streitigen) Vortrages eines der Beteiligten zu der f眉r seine Entscheidung erforderlichen 脺berzeugung vom Vorliegen einer Tatsache gelangt. Dann muss dieser Vortrag freilich aus sich heraus so 眉berzeugend und nahe liegend erscheinen, dass es der Grundsatz der freien richterlichen Beweisw眉rdigung (ausnahmsweise) gestattet, sich 眉ber eine gegenteilige Behauptung hinwegzusetzen, ohne dass f眉r die Richtigkeit des Vortrages Beweismittel vorliegen. So war es hier indes offenkundig nicht; es ist ebenso gut denkbar, dass Pausen eingelegt worden sind, dies in den Transportpl盲nen zu vermerken aber vers盲umt wurde, wie dass sie aus einem der zahlreichen daf眉r nahe liegenden Gr眉nde nicht eingelegt worden sind.
b) Die Beweisw眉rdigung des FG d眉rfte dar眉ber hinaus auf einem weiteren Rechtsmangel beruhen, der sie revisibel macht. Das FG hat die beiden von der Kl盲gerin vorgelegten Bescheinigungen der Speditionen, die die beiden strittigen Transporte ausgef眉hrt haben, offenbar als Beweismittel angesehen. Das ist jedoch rechtsfehlerhaft und muss seinerseits zur Aufhebung des angefochtenen Urteils f眉hren.
Was ein Beweismittel ist, ergibt sich aus 搂 81 Abs. 1, 搂 82 FGO i.V.m. den dort in Bezug genommenen Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Danach kann der Beweis durch Augenschein, durch Zeugenaussagen, durch Urkunden und durch Sachverst盲ndige sowie durch Vernehmung eines Beteiligten (Parteivernehmung) erbracht werden. Die Vorlage einer privatschriftlichen Bescheinigung, also einer schriftlichen Bekundung 眉ber eine beweiserhebliche Tatsache, ist danach keine Beweisf眉hrung, sondern Beteiligtenvortrag, und zwar auch dann, wenn es sich um die Erkl盲rung eines Dritten handelt. Sie stellt jedenfalls dann keinen zul盲ssigen Urkunds- oder gar Zeugenbeweis dar, wenn sie an die Stelle einer ohne weiteres m枚glichen Vernehmung des Ausstellers der betreffenden Bescheinigung als Zeuge gesetzt wird, sofern nicht die Voraussetzungen des 搂 377 Abs. 3 ZPO vorliegen und die dort vorausgesetzte Verfahrenshandhabung (gerichtlicher Beweisbeschluss) beachtet worden ist (vgl. Gr盲ber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 搂 81 Rdnr. 12). Dies hat das FG m枚glicherweise verkannt, den vorgenannten Bescheinigungen zu Unrecht Beweismittelqualit盲t zugemessen und dadurch Bundesrecht verletzt. Seine Annahme, es seien von beiden LKW zweist眉ndige Fahrpausen eingelegt worden, k枚nnte den Senat dann auch aus diesem Grund nicht binden.
Die Handhabung der "Beweiserhebung" durch das FG unterliefe 眉berdies den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (搂 81 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Sinn dieses Grundsatzes und des aus ihm folgenden Gebots, Zeugen grunds盲tzlich selbst zu h枚ren und sich nicht mit nur schriftlich 眉bermittelten Bekundungen derselben zu begn眉gen, besteht gerade darin, es dem Gericht zu erm枚glichen, aufgrund des pers枚nlichen Eindrucks von dem Zeugen und durch kritische Nachfrage die Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu 眉berpr眉fen; dazu muss insbesondere dann Anlass bestehen, wenn nach allgemeinen Erfahrungss盲tzen zweifelhaft erscheinen muss, ob der Zeuge die von ihm in Anspruch genommene Erinnerungskraft im Hinblick auf die von ihm bekundeten Tatsachen 眉berhaupt besitzen kann. So war es hier, wie bereits ausgef眉hrt worden ist.
Ohne dass im 脺brigen auf die Frage einzugehen w盲re, ob der rechtliche Ausgangspunkt des FG zutrifft, dass die Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhepausen trotz entgegenstehender Eintragungen in dem Transportplan anderweit nachgewiesen werden kann, ist folglich f眉r die Revisionsentscheidung des Senats davon auszugehen, dass die Einhaltung dieser Ruhepausen nicht feststeht und, da die Kl盲gerin die materielle Feststellungslast daf眉r tr盲gt, f眉r die rechtliche W眉rdigung des erkennenden Senats die Nichteinhaltung dieser Ruhepausen zu unterstellen ist.
2. Die Revisionsentscheidung h盲ngt nach dem eben Er枚rterten davon ab, ob 鈥晈ie das FG angenommen hat鈥 der Kl盲gerin trotz Nichteinhaltung der Vorschriften der Richtlinie ein Anspruch auf Ausfuhrerstattung zusteht, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass die Nichteinhaltung der Vorschriften der Richtlinie zu einer Beeintr盲chtigung des Wohls der Tiere gef眉hrt hat. Das trifft indes nicht zu. Die diesbez眉glichen Rechtsausf眉hrungen des FG verletzen ebenfalls Bundesrecht (搂 118 Abs. 1 FGO). Ein Versto脽 gegen die Vorschriften vorgenannter Richtlinie, insbesondere eine 脺berschreitung der h枚chstens zul盲ssigen Transportdauer, hat den Verlust des Anspruches auf Ausfuhrerstattung zur Folge, ohne dass dies zus盲tzlich davon abh盲ngig w盲re, dass tats盲chliche Feststellungen dazu getroffen werden k枚nnen, dass das Wohlbefinden der Tiere w盲hrend des Transports beeintr盲chtigt war.
Die Rechtsfolge des Verlustes des Erstattungsanspruches bei Nichtbeachtung der Vorschriften der Richtlinie ist in den vorstehend bezeichneten Rechtsvorschriften angeordnet. Diese lassen keinen Raum f眉r die vom FG f眉r geboten gehaltene "Auslegung". Tiere wie Rinder m眉ssen nach Abschn. 48 Nr. 4 Buchst. d des Anhangs der Richtlinie nach einer Transportdauer von 14 Stunden eine mindestens einst眉ndige Ruhepause erhalten. Diese Vorschrift ist klar und eindeutig und deshalb einer Auslegung weder bed眉rftig noch zug盲nglich. Dass die Einhaltung der Transportvorschriften der Richtlinie Voraussetzung f眉r die Gew盲hrung von Ausfuhrerstattung ist, ergibt sich ebenso klar und eindeutig aus Art. 13 Abs. 9 VO Nr. 805/68 und Art. 1 VO Nr. 615/98; auch diese Vorschriften k枚nnen nicht dahin "ausgelegt" werden, dass sie ungeachtet der Wahrung der Bestimmungen der Richtlinie einen Erstattungsanspruch gew盲hren, wenn nicht nachgewiesen ist, dass durch einen Versto脽 gegen diese Bestimmungen das Wohlbefinden der Tiere im Einzelfall tats盲chlich beeintr盲chtigt worden ist. Von einer diesbez眉glichen Feststellung den Erstattungsanspruch abh盲ngig zu machen, w盲re auch sachwidrig. Denn die Transportvorschriften wollen erkennbar gerade standardisierte Anforderungen aufstellen, die um der Belange des Tierschutzes willen erforderlich erscheinen; diese sollen die mitunter schwierige Beurteilung er眉brigen, ob im konkreten Einzelfall eine bestimmte Behandlung der Tiere beim Transport deren Wohlbefinden zutr盲glich oder jedenfalls gerade noch mit ihm vereinbar war oder ob sie keine "angemessene Behandlung" der Tiere im Sinne der Erw盲gungsgr眉nde der Richtlinie darstellt. Es w盲re 眉berdies auch deshalb mit dem Funktionieren des Systems der Ausfuhrerstattungen unvereinbar, auf die konkrete Feststellung einer Beeintr盲chtigung des Wohls der Tiere w盲hrend des Transports abzustellen, weil die Erstattungsbeh枚rde in der Regel keine zuverl盲ssigen Informationen 眉ber das Wohlbefinden der Tiere w盲hrend des Transports hat und sich diese mit angemessenem Aufwand auch nicht verschaffen kann.
Dem Verordnungsgeber kann auch nicht der Vorwurf gemacht werden, gegen den Grundsatz der Verh盲ltnism盲脽igkeit dadurch versto脽en zu haben, dass er den Erstattungsanspruch von der strikten Beachtung der Transportvorschriften der Richtlinie abh盲ngig gemacht hat.
Der Verh盲ltnism盲脽igkeitsgrundsatz, der zu den allgemeinen Grunds盲tzen des Gemeinschaftsrechts geh枚rt, gebietet zwar, dass die von einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung eingesetzten Mittel zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet sind und nicht 眉ber das dazu Erforderliche hinausgehen (vgl. statt aller Urteile des Gerichtshofes der Europ盲ischen Gemeinschaften 鈥旹uGH鈥 vom 7. Dezember 1993 Rs. C-339/92, EuGHE 1993, I-6473, und vom 11. Juli 2002 Rs. C-210/00, EuGHE 2002, I-6453). Es d眉rfte indes kein geeignetes, jedoch milderes, die Interessen der Exporteure bei Wahrung der Belange der Verwaltung weniger beeintr盲chtigendes Mittel zu Gebote stehen, um die vom Verordnungsgeber f眉r zum Schutz der Tiere erforderlich und angemessen gehaltenen Ma脽gaben durchzusetzen. Daf眉r konnte es vielmehr erforderlich erscheinen, 鈥晈ie in der Richtlinie geschehen鈥 bestimmte Standards aufzustellen und deren Einhaltung ungeachtet der Auswirkungen eines Versto脽es gegen diese auf das Wohlbefinden der Tiere im Einzelfall zu verlangen. Die Exporteure kennen diese Standards oder k枚nnen sich die erforderliche Kenntnis unschwer verschaffen; sie k枚nnen sich auf die diesbez眉glichen Anforderungen des Gemeinschaftsrechts einstellen, wenn sie bei ihren Gesch盲ften Ausfuhrverg眉nstigungen in Anspruch nehmen wollen, was die maximal zugelassenen Transportzeiten angeht, etwa auch dadurch, dass bei der Planung des Transports unvorhersehbare, jedoch immer wieder vorkommende Verz枚gerungen von vornherein ber眉cksichtigt werden.
Ob die gro脽e Bedeutung, die der gemeinschaftliche Gesetzgeber der Wahrung des Tierschutzes bei der Ausfuhr von lebendem Vieh beigemessen hat, gerechtfertigt ist und insbesondere auch den Interessen der Exportwirtschaft ausreichend Rechnung tr盲gt, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang; dies steht als eine Frage der Gewichtung der Belange des Tierschutzes nicht zur Beurteilung der Gerichte. Der Verh盲ltnism盲脽igkeitsgrundsatz gebietet auch nicht, statt des von den einschl盲gigen Vorschriften angeordneten Verlustes des Erstattungsanspruches bei einem Versto脽 gegen die Transportvorschriften der Richtlinie ein nach der Schwere dieses Versto脽es abgestuftes System von Verwaltungssanktionen vorzusehen; ein solches k枚nnte geradezu dazu verleiten, die Vorgaben der Richtlinie nicht strikt zu befolgen, wenn dies im Falle der Entdeckung etwa nur eine K眉rzung des Erstattungsanspruches nach sich z枚ge.
3. Das Urteil des FG kann nach alledem keinen Bestand haben. Der erkennende Senat h盲lt es f眉r erforderlich, die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zur眉ckzuverweisen (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO), um diesem Gelegenheit f眉r eine erneute Pr眉fung zu geben, ob die Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhepause, f眉r welche die Kl盲gerin die materielle Feststellungslast tr盲gt, doch noch festgestellt werden kann. Dass hierf眉r Beweismittel herbeigeschafft werden k枚nnen, ist zwar zweifelhaft, indes nicht auszuschlie脽en. Den Beteiligten wird Gelegenheit zu geben sein, hierzu in Erf眉llung ihrer Mitwirkungspflicht vorzutragen, insbesondere etwa auch dazu, ob sie sich von einer Vernehmung der betreffenden LKW-Fahrer als Zeugen nach nunmehr f眉nf Jahren f眉r eine tatrichterliche 脺berzeugungsbildung brauchbare Erkenntnisse versprechen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 1394019 |
BFH/NV 2005, 1713 |
BFHE 2006, 70 |
BFHE 210, 70 |
BB 2005, 1781 |
DB 2005, 1778 |
DStRE 2005, 1166 |
DStZ 2005, 622 |
HFR 2005, 990 |