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Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von im Voraus entrichteter KraftSt bei Insolvenzverfahren
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Leitsatz (amtlich)
1. Die Kraftfahrzeugsteuerschuld ist im Falle der Er枚ffnung eines Insolvenzverfahrens 眉ber das Verm枚gen des Kraftfahrzeughalters aufzuteilen auf die Tage vor und die Tage nach Er枚ffnung des Verfahrens.
2. Hinsichtlich f眉r Tage nach Verfahrenser枚ffnung im Voraus entrichteter Kraftfahrzeugsteuer entsteht im Zeitpunkt der Verfahrenser枚ffnung ein Erstattungsanspruch, gegen den das FA mit Insolvenzforderungen aufrechnen kann.
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Normenkette
AO 1977 搂 38; KraftStG 搂听5 Abs. 1 Nr. 1, 搂搂听6, 7 Nr. 1, 搂听11; InsO 搂听36 Abs. 1, 搂搂听38, 55, 95-96
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Verfahrensgang
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) ist Insolvenzverwalter 眉ber das Verm枚gen des Herrn K (im Folgenden: Schuldner). Er ist mit Beschluss vom 27. Mai 2002 bestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt hielt der Schuldner ein Kraftfahrzeug, f眉r das er vor der Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens Kraftfahrzeugsteuer gezahlt hatte, und zwar f眉r den Entrichtungszeitraum 16. November 2001 bis 15. November 2002. Im Juli 2002 眉bersandte der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) dem Kl盲ger eine "Steuerberechnung", in der Kraftfahrzeugsteuer f眉r die Zeit vom 16. November 2001 bis 26. Mai 2002 ausgewiesen war. Nach Abzug des betreffenden Betrages (131 鈧) und angefallener S盲umniszuschl盲ge von der tats盲chlich vom Gesamtschuldner geleisteten Zahlung ergab sich ein Guthaben in H枚he von 115,95 DM, das das FA ebenfalls auswies. Die Finanzkasse des FA teilte dem Kl盲ger hierzu mit, dass das vorgenannte Kraftfahrzeugsteuerguthaben auf Einkommensteuerschulden 2000 des Schuldners umgebucht werde. Hier眉ber hat das FA am 22. Januar 2003 einen Abrechnungsbescheid erlassen, der Gegenstand dieses Verfahrens ist.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 298 ver枚ffentlichten Urteil stattgegeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts ger眉gt wird.
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II. Die Revision des FA ist begr眉ndet (搂 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (搂 118 Abs. 1 FGO).
Anspr眉che aus einem Steuerschuldverh盲ltnis entstehen nach 搂 38 der Abgabenordnung (AO 1977), sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht kn眉pft. Kraftfahrzeugsteuer entsteht demnach 鈥晇on hier nicht interessierenden Sonderf盲llen abgesehen (hierzu 搂 1 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 鈥昁raftStG鈥)鈥 durch das Halten von inl盲ndischen Fahrzeugen zum Verkehr auf 枚ffentlichen Stra脽en, das mit der verkehrsrechtlichen Zulassung des betreffenden Fahrzeuges beginnt und nach n盲herer Ma脽gabe des 搂 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bis zu dessen verkehrsrechtlicher Abmeldung andauert. Der kraftfahrzeugsteuerrechtliche Besteuerungstatbestand wird also durch das fortdauernde Halten des Kraftfahrzeugs verwirklicht (Beschl眉sse des Bundesfinanzhofs 鈥旴FH鈥 vom 31. Januar 1973 II B 79/72, BFHE 108, 56, 58, BStBl II 1973, 197, und vom 8. Juli 1997 VII B 89/97, BFH/NV 1998, 86). Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht mithin vorbehaltlich des 搂 5 Abs. 1 Nr. 1 letzter Halbsatz KraftStG tageweise (Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 86).
Hiervon ist nach der Rechtsprechung des Senats die Kraftfahrzeugsteuer-Zahlungsschuld zu unterscheiden (Urteil des Senats vom 9. Februar 1993 VII R 12/92, BFHE 170, 300, 302, BStBl II 1994, 207), die mit Beginn des jeweiligen Entrichtungszeitraums (搂 6 KraftStG) entsteht. Entrichtungszeitraum ist nach 搂 11 Abs. 1 KraftStG grunds盲tzlich ein Jahreszeitraum; denn nach dieser Vorschrift ist die Steuer im Allgemeinen (zu Ausnahmen siehe 搂 11 Abs. 2 bis 4 KraftStG) f眉r die Dauer eines Jahres im Voraus zu entrichten. Es handelt sich dabei indes um eine gesetzlich vorgeschriebene Vorauszahlung auf eine noch nicht entstandene Steuer, wie sie 眉brigens bei vielen Steuern 鈥晈enn auch aus anderen Gr眉nden als bei der Kraftfahrzeugsteuer鈥 vorgesehen ist.
Aus diesen grundlegenden 脺berlegungen folgt ohne weiteres, dass die Tatsache, dass der Schuldner die Kraftfahrzeugsteuer bereits f眉r Tage entrichtet hatte, in denen sein Verm枚gen einem Insolvenzverfahren unterlag, nichts f眉r die Frage besagt, ob er auch f眉r diese Tage Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer ist oder ob er die Kraftfahrzeugsteuer insoweit ohne Rechtsgrund (voraus-)geleistet hat und er folglich einen Erstattungsanspruch nach 搂 37 Abs. 2 AO 1977 hat, weil er f眉r die Kraftfahrzeugsteuer, die an diesen Tagen entstanden ist, nicht Steuerschuldner ist.
Steuerschuldner ist nach 搂 7 Nr. 1 KraftStG grunds盲tzlich (siehe auch hier die Sonderf盲lle der Nrn. 2 bis 4) derjenige, f眉r den das Fahrzeug zum Verkehr (verkehrsbeh枚rdlich) zugelassen ist. Diese Vorschrift f眉r sich genommen scheint dem FG Recht zu geben, dass der Schuldner Steuerschuldner auch f眉r die Dauer des Insolvenzverfahrens geblieben ist; denn er ist, wie sinngem盲脽 aus den Feststellungen des FG zu entnehmen ist, verkehrsrechtlich Halter des Fahrzeuges gewesen, d.h. derjenige, f眉r den dieses zum Verkehr zugelassen war.
Es liegt indes auf der Hand und ist von dem erkennenden Senat sinngem盲脽 auch bereits entschieden worden, dass diese Betrachtungsweise 眉bersehen w眉rde, dass die Vorschriften des KraftStG durch die Vorschriften des Insolvenzrechts 眉berlagert und, ohne dass dies ausdr眉cklich geregelt w盲re, modifiziert werden (vgl. hierzu H盲semeyer, Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2003, Rdnr. 23.39 ff.). Denn der dem Insolvenzrecht zugrunde liegende Rechtsgedanke verlangt, dass der Steuerfiskus aufgrund der 鈥昳n der Regel ohne R眉cksicht auf den Insolvenzfall konzipierten鈥 steuerrechtlichen Regelungen keinen Vorteil gegen眉ber anderen Insolvenzgl盲ubigern erlangt, aber auch keinen Nachteil. Deshalb kann nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass Steuerschulden, die erst nach Er枚ffnung eines Insolvenzverfahrens durch die Verwaltung des zur Insolvenzmasse geh枚renden Verm枚gens begr眉ndet werden, ebenso wie aus Rechtsgesch盲ften des Insolvenzverwalters bez眉glich dieses Verm枚gens entstehende Forderungen nicht als Insolvenzforderungen anteilig zu befriedigen sind, sondern Masseverbindlichkeiten (搂 55 der Insolvenzordnung 鈥旾nsO鈥) darstellen, w盲hrend Verbindlichkeiten, die aufgrund eines dem Schuldner auch w盲hrend der Dauer des Insolvenzverfahrens au脽erhalb desselben gestatteten rechtsgesch盲ftlichen oder steuerpflichtigen Handelns (vgl. 搂 80 Abs. 1 InsO) entstehen, aus der Masse 眉berhaupt nicht (weder bevorrechtigt als Masseverbindlichkeit noch anteilig als Insolvenzforderung) befriedigt werden d眉rfen.
Deshalb ist vor Verfahrenser枚ffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer, wenn sie noch nicht bezahlt worden ist, Insolvenzforderung (搂 38 InsO), nach Verfahrenser枚ffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer jedoch entweder aus der Masse zu befriedigen, wenn das Fahrzeug f眉r die Masse (bei deren Verwaltung) genutzt wird (搂 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), anderenfalls bei Nutzung au脽erhalb der Masse aus dem insolvenzfreien Verm枚gen oder Erwerb des Schuldners. Folglich hat es der erkennende Senat in dem schon erw盲hnten Beschluss in BFH/NV 1998, 86 gebilligt, dass die Kraftfahrzeugsteuer f眉r die Zeit vor und nach der Konkurser枚ffnung ungeachtet des Laufs des Entrichtungszeitraums aufgeteilt wird und dass f眉r die Zeit von der Konkurser枚ffnung an bis zum Tage einer etwaigen Abmeldung des Fahrzeuges entstehende Kraftfahrzeugsteuer gegen den Konkursverwalter durch Kraftfahrzeugsteuerbescheid festgesetzt (und nicht etwa als Konkursforderung angemeldet) wird. Diese Aufteilung h盲lt auch das neuere Schrifttum, soweit ersichtlich einhellig, f眉r geboten (vgl. Bringewat/Waza, Insolvenzen und Steuern, 6. Aufl. 2004, Rdnr. 1088 bis 1090; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 5. Aufl. 2000, S. 235 f.; Weis in Hess/Weis/Wienberg, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2001, 搂 55 Rdnr. 263).
Der vorgenannter Entscheidung des Senats zugrunde liegende Fall unterscheidet sich von dem Streitfall freilich darin, dass dort die Kraftfahrzeugsteuer f眉r den in das Konkursverfahren hineinragenden Entrichtungszeitraum zur G盲nze noch nicht entrichtet war. Das hat indes, wie sich bereits aus vorstehenden Darlegungen zur Unterscheidung zwischen der Begr眉ndung der Kraftfahrzeugsteuerschuld und der Bedeutung der Kraftfahrzeugsteuerentrichtungsschuld ohne weiteres ergibt, keine rechtliche Bedeutung. Eine Aufteilung der Kraftfahrzeugsteuer auf die beiden eben bezeichneten Zeitr盲ume ist vielmehr auch im Streitfall um einer gleichm盲脽igen Befriedigung der Insolvenzgl盲ubiger willen geboten.
In dem Fall, dass die Steuer bereits f眉r den Entrichtungszeitraum vor Verfahrenser枚ffnung entrichtet worden ist, muss die auf die Tage nach Verfahrenser枚ffnung entfallende Steuer entweder, wie ausgef眉hrt, gegen den Verwalter oder gegen den Schuldner festgesetzt werden. Dies hat die rechtslogische Folge, dass der vor Verfahrenser枚ffnung vorausgezahlte Betrag vom FA der Masse zu erstatten ist, sofern dieses nicht mit Insolvenzforderungen aufrechnen kann und aufrechnen will. Denn sofern das Kraftfahrzeug nach Verfahrenser枚ffnung nicht im Rahmen der Verwaltung der Insolvenzmasse vom Insolvenzverwalter genutzt, sondern dem Schuldner frei gegeben wird (dazu H盲semeyer, a.a.O., Rdnr. 13.14) oder wegen Unpf盲ndbarkeit kraft Gesetzes nicht Gegenstand des Insolvenzverfahrens ist (搂 36 Abs. 1 InsO), ist die Steuer von dem Schuldner aus dem insolvenzfreien Verm枚gen oder Erwerb zu tragen; der im Voraus entrichtete Betrag hingegen muss an die Masse zur眉ckgelangen bzw., wenn aufgerechnet wird, durch die Verminderung der Insolvenzforderungen den konkurrierenden Insolvenzgl盲ubigern 鈥晈enn auch in geringerem Umfang als bei Auszahlung des Erstattungsbetrages zugunsten der Masse鈥 mittelbar zugute kommen.
Aber auch wenn der Insolvenzverwalter das Fahrzeug im Rahmen der Verwaltung der Insolvenzmasse nutzt und folglich aus derselben die Kraftfahrzeugsteuer als Masseforderung ungek眉rzt entrichten muss, er眉brigt sich eine Festsetzung der w盲hrend des Insolvenzverfahrens entstehenden Kraftfahrzeugsteuer und eine Erstattung der im Voraus entrichteten Kraftfahrzeugsteuer nicht (und bleibt folglich dem FA die Aufrechnungsm枚glichkeit gegen Insolvenzforderungen erhalten). Ob das Fahrzeug des Schuldners im Streitfall zur Insolvenzmasse geh枚rt 鈥晈as das FG nicht n盲her er枚rtert hat und was, auch wenn es als unstreitig anzusehen sein sollte, der Entscheidung des Senats deshalb nicht zugrunde gelegt werden k枚nnte鈥, ist folglich nicht zu pr眉fen, der Bestand der Hauptforderung, des Erstattungsanspruchs der Insolvenzmasse, h盲ngt davon nicht ab. Denn die Steuerschuld des Insolvenzverwalters und die im Voraus befriedigte, (damals noch nicht und wegen der Nutzung des Fahrzeuges f眉r die Masse endg眉ltig) nicht entstandene Schuld des Schuldners sind nur der H枚he nach identisch, wesensm盲脽ig jedoch verschieden. Sie beruhen auf unterschiedlichen Bescheiden, n盲mlich jene auf einem ggf. gegen den Insolvenzverwalter zu erlassenden Bescheid (der 眉brigens schon deshalb unverzichtbare Grundlage der Steuererhebung ist, damit diesem Rechtsschutz gew盲hrt wird, wenn er z.B. seine Steuerschuldnerschaft bestreitet), diese aber auf einem gegen den jetzigen Schuldner vor Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens ergangenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid (vgl. Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 8. Aufl. 2003, 搂 251 Rdnr. 22). Das 眉bersieht das FG 鈥昫as entgegen der Annahme des FA in seinem Urteil offenbar stillschweigend von einer Nutzung des Fahrzeuges f眉r die Masse ausgegangen ist鈥, wenn es nur darauf sein Augenmerk richtet, dass das Fahrzeug nach wie vor zum 枚ffentlichen Verkehr zugelassen ist und deshalb auch f眉r die Zeit nach Er枚ffnung des Insolvenzverfahrens Kraftfahrzeugsteuer zu Lasten der Insolvenzmasse geschuldet wird.
Das FA hat im Streitfall von der M枚glichkeit Gebrauch gemacht, die im Voraus entrichtete Steuer nicht der Masse zuzuf眉hren, sondern mit (Insolvenz-)Forderungen aufzurechnen, zu deren Befriedigung die Masse dient (搂 38 InsO). Der Einwand der Revision, die Aufrechnung f眉hre dazu, dass die Kraftfahrzeugsteuer "faktisch" doppelt zu Lasten der Insolvenzmasse geleistet werde, ist dem erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Das FA hat von der Aufrechnungsm枚glichkeit vielmehr Gebrauch machen d眉rfen, weil die Aufrechnungsvoraussetzungen vorlagen, wor眉ber zwischen den Beteiligten nur hinsichtlich des der Masse Geschuldeten (Hauptforderung) Streit besteht. Die sonstigen allgemeinen Voraussetzungen einer Aufrechnung lagen n盲mlich vor und dieser standen auch 搂搂 95, 96 InsO nicht entgegen. Der angefochtene Bescheid, der hiervon ausgegangen ist, ist mithin rechtm盲脽ig.
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Fundstellen
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BFH/NV 2005, 409 |
BStBl II 2005, 309 |
BFHE 2005, 371 |
BFHE 207, 371 |
BB 2005, 306 |
DB 2005, 929 |
DStR 2008, 20 |
DStRE 2005, 217 |
DStZ 2005, 95 |
HFR 2005, 569 |