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Leitsatz (amtlich)
Betriebsst盲tte i.S. von 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG kann abweichend von 搂 12 Abs.1 AO 1977 auch die Besch盲ftigungsst盲tte eines Steuerpflichtigen mit Eink眉nften aus selbst盲ndiger Arbeit sein.
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Orientierungssatz
F眉r die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist ihr objektiver Inhalt ausschlaggebend. 脛u脽erungen in den Gesetzesmaterialien k枚nnen daneben grunds盲tzlich nur unterst眉tzend herangezogen werden, wenn sie im Gesetz einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben (vgl. BVerfG-Rechtsprechung und BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
AO 1977 搂 12 Abs. 1; EStG 搂 4 Abs. 5 Nr. 6
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl盲ger ist hauptberuflich als Lehrer besch盲ftigt. Als Fu脽balltrainer hat er au脽erdem im Jahre 1982 nebenberuflich zwei ausw盲rtige Fu脽ballmannschaften betreut. Er erzielte hieraus Eink眉nfte aus selbst盲ndiger Arbeit. F眉r die Fahrten zum Trainingsort und zu Heimspielen benutzte er seinen PKW. In der Einkommensteuererkl盲rung berechnete der Kl盲ger die Fahrten als Dienstfahrten und setzte als Betriebsausgaben 0,36 DM bzw. 0,42 DM je gefahrenen Kilometer an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lie脽 jedoch nur 0,36 DM je Entfernungskilometer zum Abzug zu, weil der Kl盲ger auf dem Vereinsgel盲nde seine Betriebsst盲tte gehabt habe (搂 4 Abs.5 Nr.6 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
Die gegen den Einkommensteuerbescheid 1982 gerichtete Anfechtungsklage blieb erfolglos.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Finanzgericht (FG) zugelassene Revision der Kl盲ger, mit der sie Verletzung materiellen Rechts r眉gen.
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Die Revision ist unbegr眉ndet.
1. Nach den tats盲chlichen Feststellungen des FG ist davon auszugehen, da脽 der Kl盲ger als nebenberuflicher Sporttrainer Eink眉nfte aus selbst盲ndiger Arbeit i.S. von 搂 18 Abs.1 Nr.1 EStG bezogen hat. Da er diese Eink眉nfte durch 脺berschu脽rechnung nach 搂 4 Abs.3 EStG ermittelte, mu脽te er seinen Einnahmen die durch seine T盲tigkeit verursachten Aufwendungen als Betriebsausgaben gegen眉berstellen (搂 4 Abs.4 EStG). Zu diesen Betriebsausgaben geh枚rten auch die Fahrtkosten, die der Kl盲ger auf sich genommen hat, um die Trainingsst盲tten der ihn besch盲ftigenden Vereine zu erreichen. Diese Aufwendungen sind jedoch nur in beschr盲nktem Umfang abziehbar.
Nach 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG d眉rfen n盲mlich Aufwendungen des Steuerpflichtigen f眉r Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsst盲tte den Gewinn nicht mindern, soweit sie die Betr盲ge 眉bersteigen, die sich in entsprechender Anwendung des 搂 9 Abs.1 Nr.4 EStG ergeben. Das bedeutet, da脽 bei Fahrten mit dem eigenen Kraftwagen die Aufwendungen f眉r jeden Arbeitstag, an dem das Fahrzeug benutzt wird, nur in einer H枚he von 0,36 DM je Entfernungskilometer als Betriebsausgaben anerkannt werden. Diese Bestimmung ist auch im Falle des Kl盲gers anzuwenden; in 脺bereinstimmung mit dem FG mu脽 die Besch盲ftigungsst盲tte des Kl盲gers auf dem Gel盲nde und in den Baulichkeiten der ihn besch盲ftigenden Sportvereine als Betriebsst盲tte im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden.
2. Der Revision ist einzur盲umen, da脽 diese Gesetzesauslegung nicht der Definition der Betriebsst盲tte in 搂 12 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) entspricht. Danach m眉脽te es sich um eine feste Gesch盲ftseinrichtung oder -anlage handeln, die der T盲tigkeit des Kl盲gers als Unternehmer dient. F眉r Gesch盲ftseinrichtungen und -anlagen, die dem Unternehmer nicht geh枚ren, ist jedoch zu verlangen, da脽 er eine gewisse nicht nur vor眉bergehende Verf眉gungsmacht 眉ber sie besitzt, damit sie als Bestandteil seines Unternehmens erscheinen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.M盲rz 1982 I R 189/79, BFHE 136, 120, BStBl II 1982, 624; vom 28.August 1986 V R 20/79, BFHE 148, 194, BStBl II 1987, 162). Hiervon kann nach den Feststellungen des FG im Streitfall nicht gesprochen werden. 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG mu脽 jedoch nach dem besonderen Zweck dieser Bestimmung ausgelegt werden; der hier verwendete Betriebsst盲ttenbegriff hat deshalb einen anderen Inhalt.
Die Regelung geht auf das Steuer盲nderungsgesetz (St脛ndG) vom 23.Dezember 1966 (BGBl I 1966, 702, BStBl I 1967, 2) zur眉ck, das die f眉r den Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern ma脽gebende Kilometerpauschale auch auf den Bereich der Gewinneink眉nfte erstreckte. Aufwendungen von Gewerbetreibenden und Freiberuflern f眉r Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb werden seither in gleichem Umfang wie entsprechende Aufwendungen von Arbeitnehmern ber眉cksichtigt. Diese Gleichstellung wird vom Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- (Beschlu脽 vom 2.Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, BStBl II 1970, 140) im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) als geboten angesehen. Dieser Regelungszweck kommt auch im Hinweis auf 搂 9 Abs.1 Nr.4 EStG zum Ausdruck. Er ist bei der Auslegung des 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG durchweg zu ber眉cksichtigen (BFH-Urteil vom 31.Mai 1978 I R 69/76, BFHE 125, 381, BStBl II 1978, 564).
Verf眉gt ein im Wege eines Dienstvertrags besch盲ftigter Unternehmer nicht 眉ber eine eigene Betriebsst盲tte, mu脽 daher der Ort, an dem er die geschuldete Leistung zu erbringen hat, in aller Regel also der Betrieb des Auftraggebers, als Betriebsst盲tte des Unternehmers angesehen werden. Der Kl盲ger kann im Streitfall steuerlich nicht anders behandelt werden, als w盲re er seitens der Sportvereine mittels eines Arbeitsvertrages besch盲ftigt worden; er k枚nnte alsdann Aufwendungen f眉r Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsst盲tte nach 搂 9 Abs.1 Nr.4 EStG nur in H枚he der Kilometerpauschale geltend machen. Der Kl盲ger verf眉gte auch nicht 眉ber eine eigene Betriebsst盲tte in seiner Wohnung, die seine Fahrten zu den Trainingsorten als Gesch盲ftsreisen erscheinen lie脽en. Selbst wenn er seine T盲tigkeit entsprechend dem Revisionsvortrag daheim plante und vorbereitete und dort auch den erforderlichen Schriftwechsel erledigte, besa脽 er deswegen dort noch keine Betriebsst盲tte; im Rahmen des 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG mu脽 verlangt werden, da脽 es sich um eine von der Wohnung getrennte Betriebsst盲tte handelt (BFH-Urteil vom 15.Juli 1986 VIII R 134/83, BFHE 147, 169, BStBl II 1986, 744).
3. Entgegen der Revisionsauffassung ist der Rechtsprechung eine modifizierte Anwendung des sonst in 搂 12 Abs.1 AO 1977 definierten Betriebsst盲ttenbegriffs im Rahmen von 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG nicht verwehrt. Zwar wird in der Regierungsbegr眉ndung zur AO 1977 die Auffassung ge盲u脽ert, da脽 die Definition der Betriebsst盲tte allen in Betracht kommenden Steuern Rechnung trage und da脽 erg盲nzende Vorschriften in den betreffenden Einzelsteuergesetzen geregelt werden m眉脽ten (BTDrucks VI/1982 S.103). Sofern hiermit eine ausdr眉ckliche Regelung in den Einzelsteuergesetzen verlangt sein sollte, w盲re dies jedoch nicht ma脽gebend. F眉r die Auslegung des 搂 12 AO 1977 ist wie f眉r die Auslegung anderer Gesetzesvorschriften sein objektiver Inhalt ausschlaggebend; 脛u脽erungen in den Gesetzesmaterialien k枚nnen daneben grunds盲tzlich nur unterst眉tzend herangezogen werden, wenn sie im Gesetz einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben (BVerfG-Beschlu脽 vom 17.Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 130; BVerfG-Beschl眉sse vom 11.Juni 1980 1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277, 297; vom 16.Februar 1983 2 BvE 1-4/83, BVerfGE 62, 1, 45; BFH-Urteil vom 5.Mai 1982 VII R 96/78, BFHE 136, 319; vgl. auch BFH-Urteil vom 5.Juni 1986 IV R 338/84, BFHE 146, 452, BStBl II 1986, 661).
Der Wortlaut des 搂 12 AO 1977 ergibt nicht, da脽 von ihm nur aufgrund einer ausdr眉cklichen Regelung in einem Einzelsteuergesetz abgewichen werden d眉rfe. Eine derartige Einengung w眉rde gegen die allgemeinen Auslegungsregeln versto脽en, die vor allem eine Orientierung am Zweck der jeweiligen gesetzlichen Regelung verlangen (BVerfGE 11, 126, 130); hierbei kann sich ergeben, da脽 gleichlautende Begriffe in unterschiedlichem gesetzlichem Zusammenhang auch eine unterschiedliche Bedeutung haben. Das gilt auch f眉r die Deutung des Betriebsst盲ttenbegriffs in 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG. Von diesem Rechtsverst盲ndnis ist der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 5.November 1987 IV R 180/85 (BFHE 151, 413, BStBl II 1988, 334) ausgegangen, als er einem Arztvertreter, der in den R盲umen der Praxis ebenfalls keine Betriebsst盲tte i.S. des 搂 12 AO 1977 hatte, lediglich die Kilometerpauschale des 搂 4 Abs.5 Nr.6 EStG gew盲hrte. In gleicher Weise hat der VIII.Senat des BFH die Vorschrift auch im Falle des gesch盲ftsf眉hrenden Gesellschafters einer OHG angewendet, obwohl dieser in den Gesch盲ftsr盲umen der Gesellschaft nicht 眉ber eine eigene Betriebsst盲tte i.S. von 搂 12 AO 1977 verf眉gte (vgl. BFH-Urteil vom 4.November 1986 VIII R 1/84, BFHE 148, 446, BStBl II 1987, 259). Soweit das BFH-Urteil vom 7.Dezember 1988 X R 15/87 (BFHE 155, 353, BStBl II 1989, 421) beil盲ufig eine andere Auffassung vertritt, sind diese Ausf眉hrungen f眉r das Urteil nicht tragend; einer Anrufung des Gro脽en Senats bedarf es daher nicht.
4. 搂 3 Nr.26 EStG f眉hrt nicht zu einem f眉r den Kl盲ger g眉nstigeren Ergebnis. Wie der Senat in seinem Urteil vom 30.Januar 1986 IV R 247/84 (BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401) dargelegt hat, k枚nnen Aufwendungen des Steuerpflichtigen nur ber眉cksichtigt werden, soweit sie den Einnahmenfreibetrag von 2 400 DM 眉berschreiten; hinsichtlich der H枚he der Aufwendungen sind die Abzugsbeschr盲nkungen zu ber眉cksichtigen, die das EStG vorsieht.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 62643 |
BFH/NV 1989, 43 |
BStBl II 1990, 23 |
BFHE 157, 562 |
BFHE 1990, 562 |
BB 1989, 2034-2034 (L1) |
DB 1989, 2360-2361 (LT) |
HFR 1989, 654 (LT) |