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Leitsatz (amtlich)
1. Die unentgeltliche 脺berlassung einer Kapitalsumme auf Zeit, durch die sich der Darlehensgeber einer Einnahmem枚glichkeit begibt, die verkehrs眉blicherweise regelm盲脽ig genutzt wird, unterliegt der Schenkungsteuer. Gegenstand der Schenkung ist die dem Zuwendungsempf盲nger (Darlehensnehmer) gew盲hrte Nutzungsm枚glichkeit.
2. Der Jahreswert der Nutzungsm枚glichkeit ist gew枚hnlich mit 5,5 v. H. anzunehmen (搂 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. 搂 15 Abs. 1 BewG).
2. Ist das Darlehen auf unbestimmte Zeit hingegeben, so ist der Kapitalwert mit dem Neunfachen des Jahreswertes anzusetzen (搂 23 Abs. 1 ErbStG i. V. m. 搂 13 Abs. 2 BewG). Die K眉ndigung (搂 609 BGB) des zinslosen Darlehens ist ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung f眉r die Vergangenheit i. S. des 搂 175 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 und hat eine 脛nderung der urspr眉nglichen Steuerfestsetzung zur Folge.
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Normenkette
ErbStG 1959 搂听3 Abs. 1 Nrn.听1-2, 搂听14 Abs. 1 Nr. 2, 搂搂听22, 23 Abs. 1; ErbStG 1974 搂听7 Abs. 1 Nr. 1, 搂听9 Abs. 1 Nr. 2, 搂搂听11, 12 Abs. 1; BewG 1965 搂听15 Abs. 1, 搂听13 Abs. 2, 搂听14; AO 1977 搂 175 S. 1 Nr. 2
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) hat in den Jahren 1967 mit 1969 von seiner Mutter in Raten insgesamt einen Betrag von 200 000 DM als Darlehen erhalten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der Zinslosigkeit des Darlehens eine freigebige Zuwendung i. S. von 搂 3 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuergesetzes 1959 (ErbStG) und setzte mit Bescheid vom 12. Dezember 1973 die Schenkungsteuer auf 3 105 DM fest. Die Besteuerungsgrundlage berechnete er auf 99 000 DM (5,5 v. H. von 200 000 DM x 9 gem盲脽 搂 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Der Bescheid tr盲gt folgenden Vermerk: "Lt. Darlehensvertrag war die Zinslosigkeit des Darlehens vereinbart. Evtl. sp盲ter getroffene Zinsvereinbarungen haben keine steuerliche Auswirkung."
Die nach erfolgloser Durchf眉hrung des Vorverfahrens erhobene Klage, mit der der Kl盲ger die Aufhebung des Bescheids und der Einspruchsentscheidung begehrt, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das Urteil des FG D眉sseldorf ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 336 - EFG 1978, 336 - ver枚ffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kl盲ger sein Klagebegehren weiter. Er r眉gt Verletzung des 搂 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959.
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BdF) h盲lt die Steuerfestsetzung nach Grund und H枚he f眉r gerechtfertigt.
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Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO-).
1. Nach 搂 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959 unterliegen der Erbschaftsteuer die Schenkungen unter Lebenden, wobei als Schenkung nicht nur die Schenkung i. S. des b眉rgerlichen Rechts (搂 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1959), sondern auch jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden gilt, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (搂 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959).
a) Schenkung i. S. des b眉rgerlichen Rechts ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Verm枚gen einen anderen bereichert, wenn beide Teile dar眉ber einig sind, da脽 die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (搂 516 Abs. 1 BGB). Die Schenkung wird vom b眉rgerlichen Recht als Vertragsverh盲ltnis angesehen; au脽er der zu einer Bereicherung f眉hrenden Zuwendung ist die Willenseinigung 眉ber die Unentgeltlichkeit erforderlich, d. h. dar眉ber, da脽 die Zuwendung weder in rechtlichem Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) steht, noch zur Erf眉llung einer bestehenden Verbindlichkeit (sei es auch einer Naturalobligation) erfolgt.
Die Zuwendung mu脽 auf dem Verm枚gensgebiet liegen; sie mu脽 aus dem Verm枚gen des Schenkers stammen. Das bedeutet nicht, da脽 Gegenstand einer Schenkung lediglich Verm枚genssubstanz sein k枚nne (so aber Esser, Schuldrecht, Besonderer Teil, 4. Aufl., 搂 67 I 2 a; Irrgang, Betriebs-Berater 1973 S. 1256 - BB 1973, 1256 -; Crezelius, BB 1978, 621); auch die Gew盲hrung von Verm枚gensgebrauch ist ein Vorteil, der dem Verm枚gen des Zuwendenden entstammt, denn die Sache als Quelle von Gebrauchsvorteilen ist Gegenstand seines Verm枚gens (Kipp, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, Anm. 21 zu 搂 3). Die Minderung des Verm枚gens des Schenkers kann durch eine unentgeltliche Kapital眉berlassung eintreten, sofern sich der Schenker damit eines Ertrags begibt, den er bei verkehrs眉blichem Verhalten gezogen h盲tte (Kommentar von Reichsgerichtsr盲ten und Bundesrichtern zum BGB, 12. Aufl., Tz. 6 zu 搂 516). Eine derartige unentgeltliche Kapital眉berlassung kann nicht als Unterlassen eines Verm枚genserwerbs zum Vorteil eines anderen i. S. des 搂 517 BGB gewertet werden. Diese Vorschrift schlie脽t positiv-rechtlich aus dem Recht der Schenkung lediglich den Fall aus, da脽 eine Rechtslage nicht ausgenutzt wird, wie z. B. die Nichtannahme eines Vertragsantrages, die Unterlassung einer Anfechtung u. 盲., nicht aber den Entschlu脽, auf Nutzungen eigenen Verm枚gens zugunsten eines anderen zu verzichten, die b眉rgerlich-rechtlich Bestandteil des Vollrechts sind. Dabei ist es gleichg眉ltig, ob die Gebrauchs- und Nutzungs眉berlassung verdinglicht wird (Nie脽brauchseinr盲umung) oder ob auf Grund eines obligatorischen Verh盲ltnisses ein Verm枚genswert zeitweise zu dem seiner Natur entsprechenden Gebrauch 眉berlassen wird (Oertmann, Recht der Schuldverh盲ltnisse 搂 517 Anm. 3). Der Verzicht auf die zum Verm枚gen des Darlehensgebers geh枚rende Nutzungsm枚glichkeit ist eine Verm枚gensminderung. Deshalb liegt in ihm eine unentgeltliche Zuwendung, auch wenn formal nicht bereits gewonnenes Verm枚gen aufgegeben wird (Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 搂 120 II 2; siehe auch Larenz, Schuldrecht, Besonderer Teil, 11. Aufl., 搂 47 I). Entscheidend sind bei unentgeltlicher Kapital眉berlassung unter der Verpflichtung, das Kapital eines Tages zur眉ckzuzahlen (zinsloses Darlehen), Summe und Dauer, d. h. ob die zur Nutzung 眉berlassene Geldsumme nach den allgemeinen Verh盲ltnissen dem Zuwendenden die M枚glichkeit geboten h盲tte, das Kapital fruchtbringend f眉r sich anzulegen, er also auf einen zu erwartenden Ertrag verzichtet, sich einer geldwerten Nutzungsm枚glichkeit begibt.
Der Umstand, da脽 nach b眉rgerlichem Recht das Darlehen nur zu verzinsen ist, wenn dies vereinbart wird, steht der Annahme nicht entgegen, der Verzicht auf die M枚glichkeit, eine Kapitalsumme selbst zu nutzen, sei schenkungshalber erfolgt. Wird eine Einnahmem枚glichkeit, die verkehrs眉blicherweise regelm盲脽ig genutz wird, 眉ber l盲ngere Zeit eingeb眉脽t, weil die Einnahmequelle einem anderen unentgeltlich 眉berlassen wird, so qualifiziert sich das unentgeltliche Nutzungsverh盲ltnis als Schenkung der eingeb眉脽ten Nutzungsm枚glichkeit; das Darlehensverh盲ltnis wird schenkungsrechtlich 眉berlagert. Das zinslose Darlehen unterliegt in bezug auf die Zinslosigkeit dem Schenkungsrecht mit der Folge, da脽 selbst ein auf bestimmte Zeit hingegebenes zinsloses Darlehen aus den Gr眉nden, die den Schenker zur R眉ckforderung des Geschenkes bzw. zum Widerruf der Schenkung berechtigen w眉rden, vorzeitig gek眉ndigt werden k枚nnte mit dem Ziel, es in ein verzinsliches Darlehen umzuwandeln.
b) Was f眉r die Schenkung gilt, gilt in gleicher Weise f眉r die "andere freigebige Zuwendung" i. S. des 搂 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959. Das bedeutet, ein Lebensvorgang, der als Schenkung zu werten sein kann, kann bei einseitigem Willen zur Unentgeltlichkeit auf seiten des Zuwendenden als sonstige freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer unterliegen. Der Wille zur Freigebigkeit ist dabei auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umst盲nde nach den Ma脽st盲ben des allgemein Verkehrs眉blichen bestimmbar (vgl. Schulze/Osterloh, Steuer und Wirtschaft 1977 S. 122 [135] - StuW 1977, 122 [135] -).
c) Der Empf盲nger eines unverzinslichen Darlehens in H枚he von 200 000 DM ist auch objektiv bereichert, und zwar unabh盲ngig davon, ob er ohnehin einen Kredit in Anspruch genommen h盲tte, weil ihm dank des Verzichts des Zuwendenden auf die 眉bliche Nutzungsm枚glichkeit diese nunmehr zeitlich zusteht.
2 a) Gegenstand der Schenkung bzw. freigebigen Zuwendung ist nicht ein konkreter Ertrag, der dem Zuwendenden entgeht, sondern die dem Verzicht auf die eigene Nutzungsm枚glichkeit seitens des Zuwendenden korrespondierende Gew盲hrung der Nutzungsm枚glichkeit durch den Zuwendungsempf盲nger. Da es sich um die Nutzung einer Geldsumme handelt, ist - sofern kein anderer Wert feststeht - der einj盲hrige Betrag ihrer Nutzung gem盲脽 搂 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. 搂 15 Abs. 1 BewG mit 5,5 v. H. anzunehmen. Der gefundene Jahreswert ist - bezogen auf den Stichtag der Wertermittlung (搂 22 ErbStG 1959) - entsprechend der vereinbarten Zeitdauer nach 搂 13 bzw. 搂 14 BewG zu kapitalisieren.
b) Sind keine Vereinbarungen 眉ber die Laufzeit des Darlehens getroffen, so ist der Kapitalwert mit dem Neunfachen des Jahreswertes anzusetzen (搂 13 Abs. 2 BewG i. V. m. 搂 23 Abs. 1 ErbStG 1959). Die Nutzungsm枚glichkeit auf unbestimmte Zeit ist im Zeitpunkt der 脺berlassung des Kapitals gew盲hrt. Damit ist die Schenkung i. S. von 搂 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959 ausgef眉hrt, weil der Zuwendende keine weiteren Handlungen mehr vorzunehmen hat.
c) Die Dauer der gew盲hrten Nutzungsm枚glichkeit steht allerdings bei unbestimmter Zeit unter dem Vorbehalt der K眉ndigung (搂 609 BGB). Wenn auch der Kapitalwert wiederkehrender Nutzungen entsprechend 搂搂 13, 14 BewG auf den Stichtag (搂 22 ErbStG 1959) bezogen zu ermitteln ist, schlie脽t dies doch nicht aus, sp盲teren Ver盲nderungen der unterstellten Laufzeit, die sich aus den Besonderheiten der Laufzeitvereinbarungen ergeben, korrigierend zu ber眉cksichtigen. So ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern nach 搂 14 Abs. 3 BewG 1965 bzw. 搂 14 Abs. 2 BewG 1974 zu berichtigen, wenn der Festsetzung der nach 搂 14 Abs. 2 BewG 1965 bzw. 搂 14 Abs. 1 BewG 1974 ermittelte Kapitalwert zugrunde liegt und die Nutzung wegen des Todes des Berechtigten einen bestimmten Zeitraum nicht 眉berschritten hat. In diesem Fall wird die tats盲chliche Dauer der Nutzung wegen des nachtr盲glich eintretenden Ereignisses des Todes des Berechtigten auf den Bewertungsstichtag zur眉ckbezogen. Als ein derartiges Ereignis, das die tats盲chliche Dauer und damit den zutreffenden Kapitalisierungsfaktor r眉ckwirkend auf den Stichtag ver盲ndert, mu脽 auch die - einem Darlehensverh盲ltnis auf unbestimmte Zeit immanente - K眉ndigung und der damit verbundene Entzug der Gew盲hrung der unentgeltlichen Kapitalnutzung angesehen werden. Die K眉ndigung ist ein Ereignis, das f眉r die Bewertung der Schenkung i. S. des 搂 175 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung steuerliche Wirkung in die Vergangenheit (R眉ckbeziehung auf den Stichtag) hat und dementsprechend die 脛nderung der urspr眉nglichen Festsetzung nach sich zieht.
3. Das FG hat keine tats盲chlichen Feststellungen dar眉ber getroffen, was zwischen den Beteiligten urspr眉nglich vereinbart war. Sollte es zu der 脺berzeugung gelangen, da脽 das Darlehen urspr眉nglich auf unbestimmte Zeit hingegeben worden ist und sp盲ter - wof眉r die Bemerkung im angefochtenen Steuerbescheid spricht - durch eine "脛nderungsk眉ndigung" in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt worden ist, so wird es ggf. die tats盲chliche Dauer der unentgeltlichen Nutzungsgew盲hrung der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen haben.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 73208 |
BStBl II 1979, 631 |
BFHE 1979, 266 |