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Entscheidungsstichwort (Thema)
Mi脽brauch von Gestaltungsm枚glichkeiten - Vorschaltung des Ehegatten bei Erwerb und Vermietung einer Arztpraxis
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Leitsatz (amtlich)
Die Anwendung des 搂 42 AO 1977 setzt die Umgehung des Steuergesetzes durch Mi脽brauch von Gestaltungsm枚glichkeiten des Rechts voraus. Ob eine solche Umgehung vorliegt; ist f眉r jede Steuerart gesondert nach den Wertungen des Gesetzgebers; die den jeweils ma脽geblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen; zu beurteilen.
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Orientierungssatz
NV: Erwirbt die Ehefrau eines Arztes ein u.a. mit Darlehen vom Ehemann finanziertes; mit einem Wohnhaus bebautes Grundst眉ck; auf dem sie einen Erweiterungsbau errichtet und diesen mit Praxism枚beln ausstattet; und vermietet sie die Praxis ihrem Ehemann; ist die "Vorschaltung" der Ehefrau als unangemessene Gestaltung zu beurteilen; wenn die Ehefrau in einem 眉berschaubaren Zeitraum vom Zeitpunkt der Vermietung an die laufenden Aufwendungen f眉r das Grundst眉ck und den Kapitaldienst nicht aus der Miete und sonstigem eigenen Einkommen decken kann und sich der Ehemann in nicht unwesentlichem Umfang an diesen Aufwendungen beteiligen mu脽 (vgl. BFH-Rechtsprechung).
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Normenkette
AO 1977 搂 42; UStG 1980 搂听4 Nr. 14, 搂听15 Abs. 2
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Tatbestand
I. Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin) erwarb im Zuge einer Erbauseinandersetzung das Eigentum an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundst眉ck; das sie zusammen mit ihrem Ehemann; einem Arzt; bewohnt. Das Grundst眉ck ist mit Grundschulden belastet; die zum 31.Oktober 1987 insgesamt mit 285 045 DM valutiert waren.
Zwischen Ende 1987 und Sommer 1988 errichtete die Kl盲gerin auf dem Grundst眉ck einen Erweiterungsbau und stattete diesen mit Praxism枚beln aus. Zur Finanzierung erhielt die Kl盲gerin von ihrem Ehemann ein Darlehen in H枚he von 376 000 DM.Die Kl盲gerin vermietete die eingerichtete Praxis sowie Garagen ab 1.Juli 1988 f眉r monatlich 1 800 DM zuz眉glich Umsatzsteuer an ihren Ehemann. F眉r den Fall; da脽 die Kostenmiete die vereinbarte Miete 眉bersteigt; kann die Kl盲gerin von ihrem Ehemann die Zahlung des Differenzbetrags zuz眉glich Umsatzsteuer verlangen. Sie erzielte im Jahr 1988 monatliche Eink眉nfte aus nichtselbst盲ndiger Arbeit in H枚he von 580 DM.
Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das Finanzamt 鈥旻A鈥) lehnte die von der Kl盲gerin f眉r das 3.Kalendervierteljahr 1988 begehrte Festsetzung negativer Umsatzsteuer ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Dem Vorsteuerabzug stehe 鈥晄o f眉hrte es aus鈥 搂 42 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht entgegen. Die gew盲hlte Gestaltung sei der Sachlage angemessen und nicht mi脽br盲uchlich. Die 脺bertragung eines Grundst眉cksanteils auf den Ehemann der Kl盲gerin sei nicht zumutbar gewesen. Die Errichtung des Anbaus durch den Ehemann auf einer von ihm gemieteten Teilfl盲che h盲tte schwerwiegende zivil- und einkommensteuerrechtliche Folgen gehabt.
Mit der Revision r眉gt das FA Verletzung des 搂 42 AO 1977. Nach seiner Auffassung weicht die Vorentscheidung vom Senatsurteil vom 16.Januar 1992 V R 1/91 (BFHE 167; 215; BStBl II 1992; 541) ab.
Das FA beantragt; unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Kl盲gerin beantragt; die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen. Sie legt hierzu ihre Einkommensverh盲ltnisse dar und verweist insbesondere darauf; da脽 ihr au脽er der Miete ab 1989 ein wesentlich h枚heres Gehalt als 1988 und zudem Kapitaleink眉nfte und eigenes Verm枚gen f眉r die Finanzierung zur Verf眉gung gestanden h盲tten.
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II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (搂 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung 鈥旻GO鈥).
1. Gegen die Zul盲ssigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Nach Aktenlage ist f眉r das Jahr 1988 bisher kein Umsatzsteuer- Jahresbescheid ergangen.
2. Die Feststellungen des FG erm枚glichen keine abschlie脽ende Entscheidung; ob der Kl盲gerin der begehrte Vorsteuerabzug zusteht.
a) Nach 搂 15 Abs.1 Nr.1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des 搂 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer f眉r Lieferungen und sonstige Leistungen; die von anderen Unternehmern f眉r sein Unternehmen ausgef眉hrt worden sind; als Vorsteuerbetr盲ge abziehen.
Die Kl盲gerin war Unternehmerin (搂 2 Abs.1 UStG 1980). Sie erbrachte durch die Vermietung der Praxis eine sonstige Leistung (搂 3 Abs.9 UStG 1980). Nach dem Willen der Kl盲gerin und ihres Ehemannes vollzog sich die Nutzungs眉berlassung der Praxis nicht auf familienrechtlicher Grundlage als Beitrag zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft; sondern durch entgeltliche Vermietung; also durch steuerbaren
Leistungsaustausch.
b) Dem Vorsteuerabzug steht m枚glicherweise 搂 42 AO 1977 entgegen.
aa) Nach dieser Vorschrift kann durch Mi脽brauch von Gestaltungsm枚glichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Mi脽brauch vor; so entsteht der Steueranspruch so; wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorg盲ngen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Ein Mi脽brauch von rechtlichen Gestaltungsm枚glichkeiten im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben; wenn eine rechtliche Gestaltung gew盲hlt wird; die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist; der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gr眉nde nicht zu rechtfertigen ist (Senatsurteil in BFHE 167; 215; BStBl II 1992; 541; m.w.N.).
Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen; wenn der Steuerpflichtige; dessen Steuerschuld zu beurteilen ist; die vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht; hierf眉r keine beachtlichen au脽ersteuerrechtlichen Gr眉nde vorliegen und er einen Erfolg zu erreichen versucht; der nach den Wertungen des Gesetzgebers auf diesem Weg nicht erreichbar sein soll (Senatsurteil in BFHE 167; 215; BStBl II 1992; 541).
Umgangen wird nach 搂 42 Satz 1 AO 1977 "das Steuergesetz". Darunter ist nicht die gesamte Steuerrechtsordnung zu verstehen. Vielmehr ist f眉r jede Steuerart zu fragen; welche steuerlichen Vorteile durch die gew盲hlte rechtliche Gestaltung des Sachverhalts erreicht werden sollen. Es ist zu beurteilen; ob diese Vorteile nach den Wertungen des Gesetzgebers; die den einschl盲gigen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen; durch die gew盲hlte Gestaltung erzielbar sein sollen. Den Einzelsteuergesetzen liegen vielfach unterschiedliche Wertungen zugrunde. H盲ufig wird eine bestimmte Gestaltung nur f眉r eine Steuerart zu Vorteilen f眉hren; w盲hrend sie f眉r andere Steuerrechtsgebiete zu Nachteilen f眉hrt oder ohne Auswirkungen bleibt.
bb) Wie der Senat im Urteil in BFHE 167; 215; BStBl II 1992; 541 n盲her dargelegt hat; ist es als unangemessene Gestaltung zu beurteilen; wenn ein Unternehmer; der einen Gegenstand f眉r sein Unternehmen ben枚tigt; die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel seinem Ehegatten zur Verf眉gung stellt; damit dieser den Gegenstand erwirbt; um ihn an den Unternehmer-Ehegatten zu vermieten. Der Vermieter-Ehegatte wird unter diesen Umst盲nden gewisserma脽en "vorgeschaltet"; um unter Vermeidung eigener Anschaffung das wirtschaftliche Ergebnis einer solchen zu erzielen; indem der Mieter-Ehegatte die Aufwendungen wirtschaftlich so tr盲gt; als w盲re er Grundst眉cksk盲ufer und Bauherr gewesen.
Eine derartige "Vorschaltung" liegt vor; wenn der Vermieter- Ehegatte in einem 眉berschaubaren Zeitraum vom Zeitpunkt der Vermietung an die Aufwendungen f眉r Zins und laufende Tilgung der aufgenommenen Fremdmittel und f眉r die Bewirtschaftung des Grundst眉cks nicht aus der Miete (einschlie脽lich Erstattung der Nebenkosten) und sonstigem eigenen Einkommen decken kann und sich der Mieter-Ehegatte deshalb 眉ber die Zahlung von Miete und ggf. Arbeitslohn hinaus in nicht unwesentlichem Umfang an diesen Aufwendungen beteiligen mu脽.
cc) Ob diese Voraussetzungen im Streitfall vorlagen; l盲脽t sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen.Bei der anzustellenden Berechnung wird insbesondere folgendes zu ber眉cksichtigen sein: Sollte die Kl盲gerin von der M枚glichkeit Gebrauch gemacht haben; den Unterschied zwischen der vereinbarten Miete und der Kostenmiete nachzufordern; sind insoweit ebenfalls Einnahmen gegeben.
Erh枚hungen der Nettobez眉ge aus nichtselbst盲ndiger Arbeit in dem ma脽gebenden 眉berschaubaren Zeitraum sind zu ber眉cksichtigen (Senatsurteil vom 10.September 1992 V R 100/90; zum Abdruck in BFH/NV vorgesehen). Das Kindergeld ist bei der Kl盲gerin als Einnahme zu erfassen; soweit sie Berechtigte i.S. des 搂 3 Abs.3 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) war (Senatsurteil vom 10.September 1992 V R 100/90).
Hat die Kl盲gerin eigenes Verm枚gen zur Deckung der bezeichneten Aufwendungen eingesetzt; ist dies wie die Verwendung von Einkommen zu beurteilen. Entscheidend ist nur; ob der Vermieter-Ehegatte auf Zuwendungen des Mieter-Ehegatten in nicht unwesentlichem Umfang angewiesen ist; um die genannten Belastungen tragen zu k枚nnen.
In die Aufwendungen sind nur diejenigen einzubeziehen; die der Praxisvermietung wirtschaftlich zuzurechnen sind. Aufwendungen; die der Nutzung des Grundst眉cks zu Wohnzwecken zuzuordnen sind; bleiben unber眉cksichtigt. Letztere betreffen nur die eheliche Lebensgemeinschaft der Kl盲gerin und ihres Ehemannes. Zinsen und Tilgungen; die die Kl盲gerin auf das von ihrem Mann gew盲hrte Darlehen zu entrichten hatte; sind wie die entsprechenden Leistungen bei Fremdmitteln anzusetzen.
dd) Sollten die vom FG nachzuholenden Feststellungen ergeben; da脽 die Kl盲gerin die bezeichneten Aufwendungen in dem ma脽gebenden 眉berschaubaren Zeitraum nicht aus eigener wirtschaftlicher Kraft tragen konnte; sondern hierf眉r auf eine Beteiligung ihres Ehemannes in nicht unwesentlichem Umfang angewiesen war; ist die gew盲hlte Gestaltung einer Nutzungs眉berlassung gegen Entgelt unangemessen. Eine verst盲ndige Partei h盲tte in einem solchen Fall angesichts der Verh盲ltnisse vom Abschlu脽 eines Mietvertrags abgesehen und es dem Arzt-Ehegatten 眉berlassen; entsprechend seiner wirtschaftlichen Stellung die entstehenden Aufwendungen als solche zu tragen; anstatt sie z.T. dem Eigent眉mer-Ehegatten verdeckt als Mietzins zuzuwenden.
Die vom FG angef眉hrten Erw盲gungen f眉hren bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zu keinem anderen Ergebnis. Das FG hat die M枚glichkeit einer unentgeltlichen 脺berlassung der Praxis nicht in seine Erw盲gungen einbezogen. Diese M枚glichkeit vermeidet die vom FG angenommenen zivilrechtlichen Schwierigkeiten bei einer anderen Gestaltung als der Errichtung des Anbaus durch die Kl盲gerin. Auch Bedenken aus ertragsteuerrechtlicher Sicht sind nicht begr眉ndet. Wie dargelegt (oben aa); liegen den einzelnen Steuergesetzen vielfach unterschiedliche Wertungen zugrunde. Es ist deshalb nicht zu pr眉fen; ob eine aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht unangemessene Gestaltung den ertragsteuerrechtlichen Interessen der Beteiligten gerecht wird. Insbesondere ist es f眉r die Anwendung des 搂 42 AO 1977 f眉r den Bereich der Umsatzsteuer nicht zwingend; da脽 die Vermietung auch aus einkommensteuerrechtlicher Sicht unber眉cksichtigt bleiben m眉脽te.
ee) Liegt eine unangemessene Gestaltung in diesem Sinn vor; widerspricht sie den Wertungen des Gesetzes; weil der Ehemann der Kl盲gerin als Arzt zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt ist (搂 15 Abs.2 Satz 1 Nr.1 i.V.m. 搂 4 Nr.14 Satz 1 UStG 1980; vgl. im einzelnen Senatsurteil in BFHE 167; 215; BStBl II 1992; 541).
ff) Sollten die weiteren Feststellungen des FG ergeben; da脽 die objektiven Voraussetzungen f眉r die Anwendung des 搂 42 AO 1977 gegeben sind; wird sich das FG ferner mit der Mi脽brauchsabsicht zu befassen haben (vgl. hierzu im einzelnen Senatsurteil vom 10.September 1992 V R 104/91; BFHE 169; 258).
gg) Das FG hat nicht gepr眉ft; ob die Miete niedriger als die sog. Mindestbemessungsgrundlage (搂 10 Abs.5 Nr.1 i.V.m. Abs.4 Satz 1 Nr.2 UStG 1980) ist. Auf den Vorlagebeschlu脽 des Senats vom 24.Juni 1992 V R 151/84 (BFHE 168; 477) wird verwiesen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 613334 |
BStBl II 1993, 700 |
BFHE 170, 299 |
BB 1993, 782 (Leitsatz) |
DB 1993, 868 (Leitsatz) |
HFR 1993, 589 (Kurzwiedergabe) |
StE 1993, 201 (Kurzwiedergabe) |