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Leitsatz (amtlich)
1. Die von jemand anderem als dem Steuerschuldner unterschriebene und dem FA eingereichte Einkommensteuererkl盲rung ist zumindest dann als Steuererkl盲rung i. S. des 搂 145 Abs. 2 Nr. 1 AO i. d. F. des AO脛G vom 15. September 1965 anzusehen, wenn das FA aus der Steuererkl盲rung die richtigen Schl眉sse auf den Steuerschuldner und die zu veranlagende Steuer ziehen kann und in Kenntnis des Umstandes, da脽 die Steuererkl盲rung von einem Dritten stammt, diese Steuererkl盲rung zur Grundlage der Veranlagung macht.
2. Die schriftliche Zahlungsaufforderung, die einem an eine bereits verstorbene Person gerichteten Steuerbescheid beigef眉gt ist, unterbricht nicht die gegen眉ber den Gesamtrechtsnachfolgern selbst laufende Verj盲hrungsfrist.
2. Durch die Anfechtung eines an eine verstorbene Person gerichteten Einkommensteuerbescheides wird der Ablauf der gegen die Gesamtrechtsnachfolger selbst laufenden Verj盲hrungsfrist nicht nach 搂 146 a Abs. 1 AO i. d. F. des AO脛G vom 15. September 1965 gehemmt (Anschlu脽 an Urteil des BFH vom 22. Mai 1974 I R 259/72, BFHE 113, 145, BStBl 1974, 722).
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Normenkette
AO i.d.F. des AO脛G vom 15. September 1965 搂 145 Abs. 2 Nr. 1; AO i.d.F. des AO脛G vom 15. September 1965 搂 146a Abs. 1 Nr. 1; AO i.d.F. des AO脛G vom 15. September 1965 搂 147 Abs. 1
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Tatbestand
Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind die Erben der am 6. Dezember 1967 verstorbenen A (Erblasserin). Testamentsvollstrecker ist der Steuerbevollm盲chtigte Dr. D, der Verm枚gensverwalter der Erblasserin war und diese auch in steuerlichen Angelegenheiten gegen眉ber dem Finanzamt (FA) vertreten hatte. Er reichte am 4. M盲rz 1968 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) eine von ihm unterzeichnete und auf den Namen der Erblasserin lautende Einkommensteuererkl盲rung f眉r die Zeit 1. Januar bis 6. Dezember 1967 ein. Unter dem Geburtsdatum der Erblasserin ist vermerkt "vst. 6.12.1967". In dem Begleitschreiben zur Steuererkl盲rung bat Dr. D, die Veranlagung wegen der Testamentsvollstreckung baldm枚glichst durchzuf眉hren.
Das FA setzte auf der Grundlage der eingereichten Steuererkl盲rung durch Steuerbescheid vom 3. M盲rz 1970, der an "A" gerichtet war, die Einkommensteuerschuld 1967 auf 41 812 DM fest und berechnete die verbleibende Einkommensteuerschuld nach Abzug von Steueranrechnungsbetr盲gen auf 34 959 DM. Die angeforderte Steuer wurde aus dem Nachla脽 gezahlt. Am 1. September 1972 erlie脽 das FA einen nach 搂 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) ge盲nderten, an "A, z. Hd. Herrn Dr. D ..." gerichteten Einkommensteuerbescheid 1967, indem es die Einkommensteuerschuld auf 368 953 DM heraufsetzte. In dem von Dr. D gegen den 脛nderungsbescheid angestrengten Klageverfahren nahm das FA diesen Bescheid am 7. Mai 1974 zur眉ck.
Sodann erlie脽 es den gegen die Kl盲ger als Erben der Erblasserin gerichteten Einkommensteuerbescheid 1967 vom 9. Mai 1974. Darin setzte es die Einkommensteuerschuld auf 41 812 DM fest und berechnete die verbleibende Einkommensteuerschuld auf 30 318 DM.
Gegen diesen Bescheid wenden die Kl盲ger Verj盲hrung ein. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, da die Verj盲hrungsfrist durch die vom Testamentsvollstrecker eingereichte Steuererkl盲rung nicht habe in Lauf gesetzt werden k枚nnen; denn der Testamentsvollstrecker sei zur Abgabe der Steuererkl盲rung anstelle der bekannten Erben nicht verpflichtet gewesen. Die Verj盲hrungsfrist habe somit erst mit Ablauf des Jahres 1970 begonnen.
Mit der Revision beantragen die Kl盲ger, den Einkommensteuerbescheid aufzuheben.
Das FA tritt der Revision mit den Gr眉nden der Vorentscheidung entgegen.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung vom 17. September 1974 sowie des Einkommensteuerbescheides 1967 vom 9. Mai 1974.
Entgegen der Auffassung des FG hat die am 4. M盲rz 1968 beim FA eingegangene Einkommensteuererkl盲rung bewirkt, da脽 die Verj盲hrung mit Ablauf des Jahres 1968 begann. Nach den f眉r den Einkommensteueranspruch 1967 geltenden Verj盲hrungsvorschriften der Reichsabgabenordnung i. d. F. des Gesetzes zur 脛nderung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15. September 1965 - AO脛G - (BGBl I, 1356, BStBl I 1965, 643) - AO - ist innerhalb der bis zum Ablauf des Jahres 1973 laufenden Verj盲hrungsfrist (搂 144 AO) weder die Verj盲hrung unterbrochen worden (搂 147 AO) noch eine Ablaufhemmung (搂 146 a Abs. 1 AO) eingetreten. Bei Ergehen des angefochtenen Einkommensteuerbescheids am 9. Mai 1974 war daher die Verj盲hrungsfrist abgelaufen, so da脽 das FA an der Steuerfestsetzung gehindert war.
1. Nach 搂 145 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Verj盲hrung bei den Steuern vom Einkommen mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererkl盲rung f眉r den jeweiligen Veranlagungszeitraum abgegeben wird, sp盲testens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf die Entstehung des Steueranspruchs folgt.
Die Kl盲ger waren als Erben Gesamtrechtsnachfolger der Erblasserin und damit Schuldner der in der Person der Erblasserin entstandenen oder schon begr眉ndeten Steueranspr眉che geworden (搂 8 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Sie waren zur Abgabe der Einkommensteuererkl盲rung 1. Januar bis 6. Dezember 1967 verpflichtet (搂 8 StAnpG, 搂 56 Abs. 1 Nr. 2 b der Einkommensteuer-Durchf眉hrungsverordnung 1967). Ob daneben auch der Testamentsvollstrecker wegen seiner aus 搂搂 104, 106 AO folgenden Pflichten zur Abgabe der Einkommensteuererkl盲rung verpflichtet oder zumindest berechtigt war, ist ebensowenig entscheidungserheblich wie die Frage, ob Dr. D die Steuererkl盲rung 眉berhaupt in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker oder als Steuerbevollm盲chtigter der Erblasserin abgegeben hatte. Denn ob eine nicht von dem Steuerschuldner abgegebene Einkommensteuererkl盲rung die Verj盲hrungsfrist in Lauf zu setzen vermag, beantwortet sich aus Sinn und Zweck des 搂 145 Abs. 2 Nr. 1 AO.
Diese Vorschrift, die keine Aussage dazu trifft, von wem die Einkommensteuererkl盲rung abgegeben worden sein mu脽, ist durch das AO脛ndG vom 15. September 1965 in die Reichsabgabenordnung eingef眉gt worden. Sie hat 搂 145 AO a. F. ersetzt, wonach auch f眉r die Steuern vom Einkommen die Verj盲hrung mit Ablauf des Kalenderjahres begann, in dem der Einkommensteueranspruch entstanden war. Dieser fr眉he Beginn der Verj盲hrung konnte wegen des weitgefa脽ten Katalogs der Unterbrechungsm枚glichkeiten des 搂 147 AO a. F. hingenommen werden. Durch 搂 147 AO in seiner neueren Fassung sind die Unterbrechungsm枚glichkeiten jedoch erheblich eingeschr盲nkt worden. So wird die Verj盲hrung nach dieser Vorschrift z. B. nicht mehr unterbrochen durch die Abgabe der Steuererkl盲rung oder die Aufforderung des FA zur Abgabe einer Steuererkl盲rung. Da ein Gro脽teil der Steuerpflichtigen die Steuererkl盲rung erst geraume Zeit nach Entstehen des Steueranspruchs abzugeben pflegt, w盲re dem FA unter der Herrschaft des 搂 145 AO a. F. bis zum Ablauf der Verj盲hrung nur eine geringe Zeitspanne zur Vornahme der Veranlagung verblieben. Daher war es im Interesse der Finanzverwaltung geboten, im Hinblick auf die einschr盲nkende Fassung des 搂 147 AO den Beginn der Verj盲hrung hinauszuschieben (Bundestags-Drucksache IV/2442 S. 11). Ein Hinausschieben des Beginns der Verj盲hrung um drei Kalenderjahre erschien dem Gesetzgeber allerdings dann nicht erforderlich, wenn dem FA vor Ablauf dieses Dreijahreszeitraums eine Steuererkl盲rung eingereicht wird, wenn und weil dadurch das FA in die Lage versetzt wird, die Veranlagung gegen眉ber dem Steuerschuldner durchzuf眉hren. Diese Voraussetzungen kann auch eine von einem Dritten eingereichte Steuererkl盲rung erf眉llen. Dies gilt zumindest dann, wenn das FA aus der Steuererkl盲rung die richtigen Schl眉sse auf den Steuerschuldner und die zu veranlagende Steuer ziehen kann und in Kenntnis des Umstandes, da脽 die Steuererkl盲rung von einem Dritten stammt, diese Steuererkl盲rung zur Grundlage der Veranlagung macht. In einem solchen Fall besteht ebenso, wie wenn die Steuererkl盲rung von dem Steuerschuldner abgegeben wird, kein schutzwertes Interesse des FA an einem weiteren Hinausschieben des Beginns der Verj盲hrung.
Die genannten Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Dr. D hat sowohl in der Einkommensteuererkl盲rung als auch in dem Begleitschreiben kenntlich gemacht, da脽 die ehemalige Steuerschuldnerin verstorben war. Aus seiner Unterschrift unter die Steuererkl盲rung war ersichtlich, da脽 die Erkl盲rung von ihm stammte. Schlie脽lich war es dem FA auch m枚glich, den Einkommensteuerbescheid gegen die Kl盲ger als die an die Stelle der Erblasserin getretenen Steuerschuldner zu richten. Daran 盲ndert nichts der Umstand, da脽 die Erben in der Steuererkl盲rung nicht namentlich benannt worden sind. Die Angaben in der Einkommensteuererkl盲rung h盲tten dem FA Veranlassung geben k枚nnen und m眉ssen, die Namen der Erben - wenn sie dem FA nicht schon bekannt waren - durch eine Anfrage beim Amtsgericht oder beim Testamentsvollstrecker zu ermitteln. Das FA hat die in ihren sonstigen Angaben zutreffende Einkommensteuererkl盲rung auch der Veranlagung zugrunde gelegt. Da脽 es dabei dem Rechtsirrtum erlegen war, auch gegen die Erblasserin einen Steuerbescheid erlassen zu k枚nnen, 盲ndert nichts daran, da脽 aufgrund der eingereichten Steuererkl盲rung gegen die Kl盲ger die zutreffende Steuer h盲tte festgesetzt werden k枚nnen, wie es letztlich auch in dem vorliegend zu beurteilenden Steuerbescheid geschehen ist.
2. Die mit Ablauf des Jahres 1968 in Lauf gesetzte Verj盲hrungsfrist endete mit Ablauf des Jahres 1973, da sie gegen眉ber den Kl盲gern oder mit Wirkung gegen diese weder unterbrochen noch in ihrem Ablauf gehemmt worden ist.
a) Die gegen眉ber den Kl盲gern laufende Verj盲hrungsfrist ist nicht durch eine dem Einkommensteuerbescheid vom 3. M盲rz 1970 beigef眉gte Zahlungsaufforderung - der einzigen vorliegend in Frage kommenden Ma脽nahme - unterbrochen worden. Die Unterbrechungshandlungen des 搂 147 AO sind grunds盲tzlich dadurch gekennzeichnet, da脽 sie der Durchsetzung eines bereits konkretisierten Steuerzahlungsanspruchs dienen. Daher k枚nnen die Unterbrechungshandlungen nur gegen die Personen wirken, denen gegen眉ber der Steueranspruch konkretisiert wurde und an die sich daher die Zahlungsaufforderung richtet (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Mai 1974 I R 259/72, BFHE 113, 145, 148 f., BStBl II 1974, 722).
Im Streitfall war der Steuerbescheid gegen die Erblasserin zu einem Zeitpunkt ergangen, als sie bereits verstorben war. Der Bescheid ging ins Leere (vgl. insbesondere Urteil des BFH vom 24. M盲rz 1970 I R 141/69, BFHE 98, 531, BStBl II 1970, 501 mit weiteren Nachweisen) und konnte somit keine Wirkungen gegen眉ber den Kl盲gern als den Gesamtrechtsnachfolgern der Erblasserin erzeugen. Das gleiche gilt auch f眉r die dem Steuerbescheid beigegebene Zahlungsaufforderung; denn diese ist in ihren Auswirkungen auf die in dem Steuerbescheid angesprochene Person beschr盲nkt.
b) Das gegen den 脛nderungsbescheid vom 1. September 1972 angestrengte Rechtsbehelfsverfahren hat den Ablauf der gegen die Kl盲ger laufenden Verj盲hrungsfrist nicht gehemmt. F眉r die Ablaufhemmung nach 搂 146 a Abs. 1 AO gelten die vorstehenden Ausf眉hrungen entsprechend. Die Ursache der Ablaufhemmung liegt in dem zur Abwehr des konkretisierten Steuerzahlungsanspruchs in Gang gesetzten Rechtsbehelfsverfahren. Daher kann das Rechtsbehelfsverfahren in seiner pers枚nlichen Wirkung nicht weiter reichen als die abgewehrte Ma脽nahme selbst (BFH-Urteil I R 259/72).
Der 脛nderungsbescheid war ebenfalls gegen die Erblasserin gerichtet. Er ging wie der urspr眉ngliche Bescheid ins Leere und konnte nicht gegen die Kl盲ger als Rechtsnachfolger der Erblasserin wirken. Daher f眉hrte die Anfechtung dieses Bescheides durch Dr. D nicht zu einer Ablaufhemmung der den Kl盲gern gegen眉ber laufenden Verj盲hrungsfrist.
Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, da脽 der 脛nderungsbescheid "z. Hd. Dr. Paul D" adressiert war. Wenn auch Dr. D Testamentsvollstrecker der Erblasserin war, so l盲脽t sich dem Bescheid nicht entnehmen, da脽 ihn das FA gegen Dr. D in dessen Eigenschaft als Testamentsvollstrecker erlassen hatte. H盲tte das FA Dr. D in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker in Anspruch nehmen wollen, so h盲tte es dies in dem Bescheid insbesondere deshalb zum Ausdruck bringen m眉ssen, weil Dr. D auch der Steuerbevollm盲chtigte der Erblasserin war. Da somit der 脛nderungsbescheid keinesfalls als Steuerbescheid gegen den Testamentsvollstrecker ergangen war, kann der Senat die bisher noch nicht abschlie脽end entschiedene Frage dahingestellt sein lassen, ob eine in der Person des Erblassers entstandene oder begr眉ndete Steuerschuld auch gegen den Testamentsvollstrecker festgesetzt werden kann (offengelassen im BFH-Urteil vom 15. Februar 1978 I R 36/77, BFHE 125, 112, 115 letzter Absatz, BStBl II 1978, 491; wohl ablehnend BFH-Urteil vom 16. Dezember 1977 III R 35/77, BFHE 124, 477, 478, BStBl II 1978, 383) und ob die Anfechtung eines solchen Steuerbescheides durch den Testamentsvollstrecker zur Ablaufhemmung gegen眉ber den Erben f眉hren kann.
3. Schlie脽lich kann der gegen die Kl盲ger ergangene Steuerbescheid auch nicht deshalb Bestand haben, weil die festgesetzte Steuer in unverj盲hrter Zeit entrichtet worden ist. Zahlungsvorg盲nge bleiben bei der Steuerfestsetzung au脽er Betracht, w盲hrend demgegen眉ber aber der Ablauf der Verj盲hrungsfrist bewirkt, da脽 die Steuerfestsetzung zumindest zum Nachteil des Steuerschuldners unterbleiben mu脽 (BFH-Urteil I R 259/72).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 73148 |
BStBl II 1979, 501 |
BFHE 1979, 497 |