听
Leitsatz (amtlich)
Ein bestandskr盲ftig durchgef眉hrter Lohnsteuer-Jahresausgleich steht einer Einkommensteuer-Veranlagung des Steuerpflichtigen f眉r dasselbe Jahr auch nach dem Inkrafttreten des 搂 42 Abs. 5 EStG 1975 sowie der AO 1977 nicht entgegen (Anschlu脽 an das BFH-Urteil vom 13. Februar 1976 VI R 100/74, BFHE 118, 219, BStBl II 1976, 425).
听
Normenkette
EStG 1975 搂搂听42, 46; AO 1977 搂 155
听
Verfahrensgang
听
Tatbestand
Die im Jahre 1928 geborene Kl盲gerin und Revisionskl盲gerin (Kl盲gerin) reichte am 31. Mai 1977 f眉r das Streitjahr 1976 einen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich ein. Darin gab sie auch an, sie beziehe seit 1968 eine Leibrente. Der Jahresbetrag habe im Streitjahr 2 596 DM ausgemacht.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) f眉hrte mit Bescheid vom 4. Oktober 1977 f眉r 1976 den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch. Die Renteneink眉nfte ber眉cksichtigte er dabei nicht. Am 27. Oktober 1978 zeichnete der zust盲ndige Sachbearbeiter des FA einen Eingabewertbogen f眉r die Einkommensteuer-Veranlagung des Streitjahres ab. Der Steuerberater und jetzige Proze脽vertreter der Kl盲gerin teilte dem FA am 25. Januar 1979 fernm眉ndlich mit, die Rente werde bereits seit 1965 gezahlt. Der Einkommensteuerbescheid erging am 9. M盲rz 1979. Darin wurde der Ertragsanteil der Leibrente mit 42 v. H. des Jahresbetrags (vgl. 搂 22 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes - EStG -) abz眉glich des Pauschbetrags gem盲脽 搂 9 a Satz 1 Nr. 3 EStG 产别谤眉肠办蝉颈肠丑迟颈驳迟.
Mit dem Einspruch begehrte die Kl盲gerin die Aufhebung des streitbefangenen Einkommensteuerbescheids, weil f眉r 1976 bereits ein bestandskr盲ftiger Steuerbescheid vorliege. Das FA lehnte dies ab. Seiner Einspruchsentscheidung legte es nach einem entsprechenden Hinweis an den Steuerberater der Kl盲gerin einen der H枚he nach unstreitigen Ertragsanteil der Leibrente von 45 v. H. zugrunde. Die Einkommensteuer erh枚hte sich entsprechend.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begr眉ndung seiner Entscheidung f眉hrte es im wesentlichen aus: Obwohl f眉r 1976 bereits ein Bescheid 眉ber Lohnsteuer-Jahresausgleich vorgelegen habe, sei das FA nicht gehindert gewesen, f眉r dasselbe Jahr eine Einkommensteuer-Veranlagung durchzuf眉hren. Das folge schon aus der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden selbst盲ndigen Verfahren. Die Einkommensteuer-Veranlagung diene der Steuerfestsetzung. Dagegen werde beim Lohnsteuer-Jahresausgleich der Erstattungsbetrag ermittelt.
Mit der Revision, die das FG zugelassen hat, r眉gt die Kl盲gerin Versto脽 der Vorentscheidung gegen 搂 42 Abs. 5 EStG, 搂 155 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Sie ist der Auffassung, das FA habe ihre steuerlichen Verh盲ltnisse beim Erla脽 des Bescheids 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1976 abschlie脽end gew眉rdigt. Da keine 脛nderungsgr眉nde ersichtlich seien, habe der angegriffene Einkommensteuerbescheid nicht ergehen d眉rfen.
Die Kl盲gerin beantragt sinngem盲脽, die Vorentscheidung und den Einkommensteuerbescheid 1976 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zur眉ckzuweisen.
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
Die Revision ist unbegr眉ndet. Der Einkommensteuerbescheid 1976 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. September 1980 ist rechtm盲脽ig.
1. Der Einkommensteuer-Veranlagung f眉r das Streitjahr 1976 stand nicht entgegen, da脽 das FA der Kl盲gerin f眉r dasselbe Jahr bereits einen Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich erteilt hatte.
a) Gem盲脽 搂 42 Abs. 1 EStG i. d. F. des Einkommensteuerreformgesetzes (EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530) wird einem unbeschr盲nkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer, der nicht zur Einkommensteuer veranlagt wird, die f眉r das abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) einbehaltene Lohnsteuer insoweit erstattet, als sie die auf den Jahresarbeitslohn entfallende Jahreslohnsteuer 眉bersteigt (Lohnsteuer-Jahresausgleich). Das FA erteilt 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich dem Antragsteller einen Steuerbescheid (vgl. 搂 42 Abs. 5 EStG, eingef眉gt durch Art. 1 EStRG). Nach altem Recht war dagegen allenfalls ein Bescheid 眉ber einen Erstattungsanspruch zu erteilen (vgl. 搂 4 Abs. 6 der Verordnung 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich - JAV - i. V. m. 搂 150 Abs. 2 und 搂 229 Nr. 7 der Reichsabgabenordnung - AO -).
Bezieht der Steuerpflichtige neben Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit weitere Eink眉nfte von insgesamt mehr als 800 DM, die nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen waren, so ist er grunds盲tzlich zur Einkommensteuer zu veranlagen (vgl. 搂 46 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG). In diesem Fall darf gem盲脽 搂 42 Abs. 1 Satz 1 EStG ein Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht durchgef眉hrt werden. Hat das FA gleichwohl einen Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich erlassen, so ist es hierdurch nicht gehindert, den Steuerpflichtigen sp盲ter f眉r dasselbe Jahr zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn die Voraussetzungen des 搂 46 EStG erf眉llt sind.
b) Dieses Ergebnis entspricht der st盲ndigen Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH), die noch zur fr眉heren Rechtslage nach der JAV und der AO ergangen ist (vgl. die Urteile vom 20. September 1963 VI 24/62 U, BFHE 77, 716, BStBl III 1963, 583, sowie vom 13. Februar 1976 VI R 100/74, BFHE 118, 219, BStBl II 1976, 425). Sie wurde im wesentlichen damit begr眉ndet, da脽 aus dem Lohnsteuer-Abzugsverfahren, wozu auch der Lohnsteuer-Jahresausgleich geh枚re, grunds盲tzlich keine Bindung f眉r das Veranlagungsverfahren erwachse. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich bedeute zwar im Verh盲ltnis zum Lohnsteuerabzug einen Abschlu脽, nicht aber auch im Verh盲ltnis zur veranlagten Steuer (vgl. BFHE 77, 716, BStBl III 1963, 583). Denn die nachfolgende Einkommensteuer-Veranlagung sei in bezug auf den Lohnsteuer-Jahresausgleich f眉r dasselbe Jahr ein selbst盲ndiges Verfahren mit abweichender Zielrichtung. Sie ende mit einem erstmaligen Veranlagungsbescheid, der den Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht 盲ndere, sondern ihn gegenstandslos mache (vgl. BFHE 118, 219, BStBl II 1976, 425).
In dieser Entscheidung wie auch im Urteil vom 10. September 1982 VI R 110/79 (BFHE 136, 419, BStBl II 1983, 58) hat der VI. Senat es offengelassen, ob er an dieser Rechtsprechung f眉r die Zeit ab 1975 noch festhalten w眉rde.
In der Literatur 眉berwiegt die Meinung, da脽 auch nach neuem Recht das Vorliegen eines bestandskr盲ftigen Bescheids 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich die nachfolgende Veranlagung f眉r dasselbe Jahr nicht ausschlie脽e (vgl. z. B. Baumdicker in Hartmann/B枚ttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Anm. 28 zu 搂 42; Fichtelmann in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Anm. 56 zu 搂 42; Hartz/Mee脽en/Wolf, ABC-F眉hrer Lohnsteuer, Stichwort: Veranlagung von Arbeitnehmern, Anm. E; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und K枚rperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, Erl. zu 搂 42 Abs. 5 EStG 1975 - auf gr眉nen Bl盲ttern -; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 搂 46 Anm. 2; Hein in Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1982, 426; Ke脽ler in Lexikon des Steuer- und Wirtschaftsrechts, Gruppe 4/184 S. 8; jeweils mit weiteren Nachweisen; a. A. insbesondere Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 搂 42 Anm. 5 f.; Buchheister, DStZ/A 1981, 456).
c) Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, da脽 sich nach Inkrafttreten des 搂 42 Abs. 5 EStG und der AO 1977 die in den Urteilen in BFHE 77, 716, BStBl III 1963, 583, sowie in BFHE 118, 219, BStBl II 1976, 425 dargestellte Rechtslage hinsichtlich des Streitpunkts jedenfalls im Ergebnis nicht ge盲ndert hat.
Zwar ist gem盲脽 搂 42 Abs. 5 EStG nunmehr auch im Verfahren 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich stets ein Steuerbescheid i. S. des 搂 155 AO 1977 zu erteilen. Hierbei handelt es sich nach dem Wortlaut und Wortsinn des 搂 42 Abs. 5 EStG jedoch um einen Steuerbescheid "眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich" und somit nicht - auch nicht partiell - um einen Einkommensteuerbescheid. Dieses Ergebnis wird auch der Systematik des EStG gerecht. Das Lohnsteuer-Verfahren ist in den 搂搂 38 bis 42 f EStG nicht nur gesetzestechnisch klar abgesetzt vom Veranlagungsverfahren nach 搂 46 EStG geregelt worden. Vielmehr hat es der Gesetzgeber verfahrensm盲脽ig als besondere Erhebungsform der Einkommensteuer verselbst盲ndigt, ihm insbesondere eine vom Veranlagungsverfahren abweichende Zielrichtung beigegeben. Denn anders als bei der Einkommensteuer-Veranlagung, die mit der Festsetzung der Jahressteuer abschlie脽t, wird beim Lohnsteuer-Jahresausgleich letztlich 眉ber die Erstattung der 眉berzahlten Lohnsteuer entschieden (vgl. 搂 42 Abs. 4 Satz 5 EStG). Folglich wird die geschuldete Jahreslohnsteuer hier nur zur Vorbereitung des Jahresausgleichs ermittelt. Dies gilt auch f眉r das neue Recht (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1981 VI R 24/79, BFHE 134, 418, BStBl II 1982, 215).
Da ein Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich seiner Rechtsnatur nach etwas anderes als ein Einkommensteuerbescheid und zudem kein Grundlagenbescheid (搂 171 Abs. 10 AO 1977) ist, geht von ihm auch im Geltungsbereich des 搂 42 Abs. 5 EStG und der AO 1977 f眉r das Veranlagungsverfahren grunds盲tzlich keine Bindungswirkung aus. Insbesondere h盲ngt in den oben n盲her beschriebenen F盲llen der Erla脽 eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids nicht davon ab, da脽 verfahrensrechtliche 脛nderungsm枚glichkeiten bestehen.
Diese Auffassung kann sich im Einzelfall nicht nur zum Nachteil des Steuerpflichtigen, sondern auch zu seinem Vorteil auswirken. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn das FA im ma脽gebenden Veranlagungszeitraum entstandene Verluste aus den anderen Einkunftsarten zun盲chst nicht ber眉cksichtigt hat.
d) Das hier gefundene Ergebnis steht nicht im Widerspruch zur Rechtsauffassung des VI. Senats, die dieser im Urteil in BFHE 136, 419, BStBl II 1983, 58 vertreten hat. Gem盲脽 dieser Entscheidung ist das Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren der Einkommensbesteuerung nach Inkrafttreten des 搂 42 Abs. 5 EStG in einem Ma脽e angeglichen worden, das es verbiete, einen bestandskr盲ftigen Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich etwa anders als einen bestandskr盲ftigen Einkommensteuerbescheid zu behandeln; durch beide werde die Besteuerung f眉r einen bestimmten Zeitabschnitt abschlie脽end festgelegt. Daraus sei zu folgern, da脽 nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich f眉r das betreffende Kalenderjahr ein weiterer Lohnsteuer-(Erg盲nzungs-)Antrag nicht mehr zul盲ssig sei.
Die f眉r den Streitfall bedeutsame Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach neuem Recht eine Einkommensteuer-Veranlagung trotz des Vorliegens eines bestandskr盲ftigen Bescheids 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich f眉r dasselbe Jahr durchzuf眉hren ist, hat der VI. Senat in diesem Urteil ausdr眉cklich offengelassen. Sie kann auch nicht aufgrund der rechtlichen Ausf眉hrungen in dieser Entscheidung als im Sinne des kl盲gerischen Vorbringens gekl盲rt angesehen werden. Dem Urteil ist vielmehr nur zu entnehmen, da脽 nunmehr grunds盲tzlich eine Bindung an einen bestandskr盲ftigen Bescheid 眉ber den Lohnsteuer-Jahresausgleich innerhalb des Lohnsteuer-Verfahrens besteht.
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrunds盲tze auf den Streitfall ergibt sich, da脽 das FA die Kl盲gerin zu Recht f眉r 1976 gem盲脽 搂 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG zur Einkommensteuer veranlagt hat. Denn ihre Eink眉nfte, die nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen waren, betrugen unstreitig mehr als 800 DM.
Das FA war auch befugt, den angegriffenen Einkommensteuerbescheid zum Nachteil der Kl盲gerin zu 盲ndern (vgl. dazu 搂 367 Abs. 2 Satz 2 AO 1977).
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 74969 |
BStBl II 1984, 416 |
BFHE 1984, 433 |