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Entscheidungsstichwort (Thema)
R眉ckstellung f眉r Altersfreizeit
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Leitsatz (amtlich)
F眉r die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gew盲hrung von Altersfreizeit (von zwei Tagen pro Jahr der Betriebszugeh枚rigkeit), die unter den Bedingungen einer mindestens zehnj盲hrigen Betriebszugeh枚rigkeit des Arbeitsnehmers sowie der Vollendung dessen 60. Lebensjahres steht, ist eine R眉ckstellung f眉r ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden.
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Normenkette
EStG 搂听5 Abs. 1 S. 1, 搂听6 Abs. 1 Nr. 3a; HGB 搂 249 Abs. 1 S. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts K枚ln vom 10.11.2021 - 12 K 2486/20 wird als unbegr眉ndet zur眉ckgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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Tatbestand
I.
Rz. 1
Streitig ist die steuerliche Ber眉cksichtigungsf盲higkeit einer R眉ckstellung f眉r Altersfreizeit.
Rz. 2
Die Kl盲gerin und Revisionsbeklagte (Kl盲gerin), eine Personengesellschaft in der Rechtsform der OHG, betreibt eine 鈥
Rz. 3
Nach dem einheitlichen Manteltarifvertrag f眉r 鈥 vom xx.xx.1995 (EMTV) mit Zusatzvereinbarung vom xx.xx.2004 (zu 搂听3 Nr.听7 EMTV) stand den Arbeitnehmern der Kl盲gerin zus盲tzliche bezahlte Freizeit von zwei Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugeh枚rigkeit zu, soweit sie dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen zugeh枚rig waren und das 60.听Lebensjahr vollendet hatten. Die Regelung hatte verk眉rzt folgenden Wortlaut:
"Arbeitnehmer, die nach einer mindestens 10-j盲hrigen ununterbrochenen Betriebszugeh枚rigkeit das 60.听Lebensjahr vollendet haben, erhalten eine zus盲tzliche bezahlte Freizeit von 2听Arbeitstagen je vollem Jahr ihrer Betriebszugeh枚rigkeit. Bei Berechnung der Dauer der Betriebszugeh枚rigkeit werden Zeiten, die vor Vollendung des 25.听Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht ber眉cksichtigt. Ber眉cksichtigungsf盲hig sind nur die tats盲chlich zusammenh盲ngenden Jahre der Betriebszugeh枚rigkeit des Arbeitnehmers bis zum Bezug der gesetzlichen Altersrente. Die dem Arbeitnehmer zustehenden Freizeittage sind am Ende des laufenden Arbeitsverh盲ltnisses und nur vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente zu gew盲hren. Das gilt auch, wenn die Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente nach Arbeitslosigkeit im Anschluss an das bisherige Arbeitsverh盲ltnis erfolgt. Die dem Arbeitnehmer zustehenden Freizeittage sind in natura zu gew盲hren und zu nehmen. Nicht genommene Freizeittage verfallen, ein Abgeltungsanspruch besteht nicht."
Rz. 4
Vor diesem Hintergrund passivierte die Kl盲gerin in der Steuerbilanz zum 31.12.2016 eine R眉ckstellung f眉r Altersfreizeit in H枚he von 337.900听鈧.
Rz. 5
Hingegen vertrat das Finanzamt听A im Rahmen einer steuerlichen Au脽enpr眉fung f眉r die Jahre 2013 bis 2016 unter Hinweis auf das Urteil des Nieders盲chsischen Finanzgerichts (FG) vom 15.10.1987听- VI听59/85 sowie das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11.11.1999 (BStBl I 1999, 959, Rz听5) die Auffassung, dass die Voraussetzungen f眉r die Bildung einer R眉ckstellung f眉r ungewisse Verbindlichkeiten nicht erf眉llt seien. Insbesondere liege kein Erf眉llungsr眉ckstand seitens der Kl盲gerin gegen眉ber ihren Arbeitnehmern vor, da diese keine Mehrleistungen erbracht h盲tten, wie beispielsweise in der Ansparphase im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung.
Rz. 6
Auf der Grundlage der Pr眉fungsfeststellungen erlie脽 das Finanzamt听B am 03.09.2019 einen gem盲脽 搂听164 Abs.听2 der Abgabenordnung (AO) ge盲nderten Bescheid f眉r 2016 眉ber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid). Darin erh枚hte es den laufenden Gesamthandsgewinn der Kl盲gerin um 337.900听鈧. Der Vorbehalt der Nachpr眉fung wurde aufgehoben.
Rz. 7
Den dagegen gerichteten Einspruch der Kl盲gerin wies das Finanzamt听C mit Einspruchsentscheidung vom 02.10.2020 als unbegr眉ndet zur眉ck. Zur Begr眉ndung f眉hrte es aus, es fehle an der Verursachung der ungewissen Verbindlichkeit in der Vergangenheit (vor dem Bilanzstichtag). Die zwischen den Vertragsparteien getroffene Vereinbarung gelte nicht Vergangenes ab, sondern kn眉pfe nur an Vergangenes an. Dies reiche f眉r die R眉ckstellungsbildung nicht aus. Die wesentliche wirtschaftliche Verursachung liege in der Zukunft (Vollendung des 60.听Lebensjahres des Arbeitnehmers).
Rz. 8
W盲hrend des nachfolgenden Klageverfahrens kam es zu einem Zust盲ndigkeitswechsel vom Finanzamt听C zum Finanzamt听D. Der (neue) Beklagte und Revisionskl盲ger (Finanzamt --FA--) erlie脽 am 27.07.2021 einen aus nicht streitgegenst盲ndlichen Gr眉nden nach 搂听172 Abs.听1 Satz听1 Nr.听2 AO ge盲nderten Gewinnfeststellungsbescheid f眉r 2016.
Rz. 9
Mit Urteil vom 10.11.2021听- 12听K听2486/20 盲nderte das FG K枚ln den Gewinnfeststellungsbescheid f眉r 2016 antragsgem盲脽 dahin, dass der laufende Gesamthandsgewinn der Kl盲gerin um 349.000听鈧 reduziert wurde. Dies begr眉ndete es wie folgt:
Rz. 10
Die Klage sei zul盲ssig. Die Erweiterung des Klageantrags (von 337.900听鈧 auf 349.000听鈧) stelle keine von den Voraussetzungen des 搂听67 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abh盲ngige Klage盲nderung dar. Ein Erf眉llungsr眉ckstand liege vor. Zwar sei einzur盲umen, dass der Anspruch auf Altersfreizeit noch von sich k眉nftig realisierenden Bedingungen abh盲ngig sei. Erst eine Betriebszugeh枚rigkeit von mehr als zehn Jahren und das 脺berschreiten der Altersgrenze von 60听Jahren l枚sten die Verpflichtung zur Gew盲hrung der Altersfreizeit aus. Habe der Arbeitgeber aber schon Jahre zuvor Leistungen f眉r den zeitlich nachfolgenden Eintritt dieser Voraussetzungen rechtsverbindlich zugesagt und sei die Zusage an die vergangene Dienstzeit und an die Betriebstreue des einzelnen Arbeitnehmers gebunden, l盲gen die Dinge anders. Unter solchen Umst盲nden unterscheide sich eine derartige Zusage nicht von einer sonstigen dienstzeitabh盲ngigen Jubil盲umsverpflichtung. Hier wie dort orientiere sich die Zuwendung an der bisherigen Betriebszugeh枚rigkeit und verkn眉pfe das zuk眉nftige Ereignis mit den anteilig in der Vergangenheit erbrachten Diensten des einzelnen Arbeitnehmers (so zum Firmenjubil盲um Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.11.2000听- I听R听31/00, BFHE 194, 76, BStBl II 2004, 41). Infolgedessen werde ein entsprechender Erf眉llungsr眉ckstand aufgebaut, der die Bildung einer Verbindlichkeitsr眉ckstellung rechtfertige. 搂听5 Abs.听4a und 搂听6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien nicht einschl盲gig.
Rz. 11
Mit der Revision r眉gt das FA (sinngem盲脽) die Verletzung von (materiellem) Bundesrecht (搂听5 Abs.听1 EStG i.V.m. 搂听249 Abs.听1 Satz听1 des Handelsgesetzbuchs --HGB--). Ein Erf眉llungsr眉ckstand liege nicht vor, so dass keine R眉ckstellung f眉r ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden k枚nne. Es fehle an der erforderlichen Verursachung in der Vergangenheit. Ein Erf眉llungsr眉ckstand sei etwa gegeben, wenn der Arbeitnehmer w枚chentlich eine Stunde mehr arbeite und im Gegenzug fr眉her in den Ruhestand gehen k枚nne. So liege der Streitfall aber nicht. Nach dem BFH-Urteil vom 02.10.1997听- IV听R听82/96 (BFHE 184, 422, BStBl II 1998, 205) gelte f眉r Arbeitsverh盲ltnisse die Vermutung, dass Leistung und Gegenleistung ausgeglichen seien und ein Verpflichtungs眉berhang auch nicht durch verpflichtende Sozialleistungen entstehe.
Rz. 12
Mit der tarifvertraglichen Regelung, nach der dem Arbeitnehmer f眉r jedes volle Jahr der Betriebszugeh枚rigkeit zwei Tage Altersfreizeit ab dem Zeitpunkt der Erf眉llung der Voraussetzungen (mindestens zehnj盲hrige ununterbrochene Betriebszugeh枚rigkeit, Vollendung des 60.听Lebensjahres) zust眉nden, werde nichts Vergangenes abgegolten. Die Gew盲hrung von Altersfreizeit kn眉pfe nur an Vergangenes an, was f眉r eine R眉ckstellungsbildung nicht ausreiche. Es liege kein Aufwand der Vergangenheit vor, der zum Bilanzstichtag als R眉ckstellung zu passivieren sei. Die Arbeitnehmer m眉ssten f眉r zus盲tzliche Freizeittage keine Mehrarbeit leisten. Die zus盲tzliche Altersfreizeit stelle sich dementsprechend nicht als Entgelt f眉r in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistung dar. Ein solches Entgelt liege nur vor, wenn der Arbeitgeber die zus盲tzliche Freistellung im Alter in Aussicht stelle, um bereits in fr眉heren Jahren eine zus盲tzliche Leistung des Arbeitnehmers zu erhalten. Demgegen眉ber sei es nicht m枚glich, aus dem vorliegenden Vertrag eine Abgeltung von in der Vergangenheit erbrachter Arbeitsleistung abzuleiten. So profitiere etwa ein 58-j盲hriger Arbeitnehmer, der seit 30听Jahren im Betrieb arbeite, nicht von der Altersfreizeit, wenn der Betrieb eingestellt und das Arbeitsverh盲ltnis beendet werde. Von einer Abgeltung von Vergangenem k枚nne nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer zumindest einen anteiligen Anspruch auf Freizeit habe.
Rz. 13
Wie das Nieders盲chsische FG im Urteil vom 15.10.1987听- VI听59/85 zutreffend ausf眉hre, k枚nne aufgrund der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung im Hinblick auf die Vergangenheit nicht von einer Leistung des Arbeitnehmers ausgegangen werden. An dieser Argumentation 盲ndere sich --entgegen der Ansicht der Vorinstanz-- nichts dadurch, dass die Vereinbarung nicht auf die Branchen-, sondern auf die Betriebszugeh枚rigkeit der Arbeitnehmer abstelle. Dies werde insbesondere anhand des historischen Kontexts der Regelung des Manteltarifvertrags deutlich. Diese sei von der Arbeitsmarktlage motiviert gewesen und habe dazu gedient, den Arbeitsmarkt zu entlasten und die Jugendarbeitslosigkeit zu verringern. Arbeitsmarktpolitisch verhindere die Zehn-Jahres-Frist eine ungerechtfertigte Nutzung durch Branchenfremde. Diese Beweggr眉nde d眉rften noch immer ausschlaggebend sein, so dass der Entgeltcharakter der zus盲tzlichen Altersfreizeit abzulehnen sei.
Rz. 14
Der Streitfall sei auch nicht mit R眉ckstellungen wegen Jubil盲umsverpflichtungen zu vergleichen. Bei Jubil盲umszuwendungen gehe es um eine eigenst盲ndig neben dem Arbeitslohn geleistete Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Die Verpflichtung betreffe gerade nicht die Bewertung von Leistung und Gegenleistung aus dem Arbeitsverh盲ltnis, sondern resultiere aus der Betriebszugeh枚rigkeit und damit aus der Vergangenheit. Im Gegensatz dazu w眉rden im Fall der Freizeitleistung nur zuk眉nftige Leistungen ber眉hrt, da die Kl盲gerin im Jahr der Freizeitgew盲hrung keine zus盲tzliche Leistung zu erbringen habe. Die Auswirkungen auf Seiten der Kl盲gerin l盲gen ausschlie脽lich in einer gegebenenfalls geringeren Produktivit盲t im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Freizeit, so dass sie wirtschaftlich in der Zukunft l盲gen. Das Nieders盲chsische FG f眉hre zu Recht aus, dass es an der wirtschaftlichen Verursachung in der Vergangenheit fehle, wenn dem Arbeitnehmer nichts vorenthalten worden sei, worauf er unter Ber眉cksichtigung der arbeitsvertraglichen Leistungsbewertung in der Vergangenheit einen individuellen Anspruch gehabt habe. Dadurch unterscheide sich der Streitfall zudem wesentlich von der R眉ckstellung wegen r眉ckst盲ndigen Urlaubs (BFH-Urteil vom 26.06.1980听- IV听R听35/74, BFHE 130, 533, BStBl II 1980, 506). Diese W眉rdigung nehme die Vorinstanz gerade nicht vor, indem sie die Altersfreizeitzusage mit der Jubil盲umsverpflichtung gleichsetze. Dabei 眉bersehe das FG, dass es sich bei Jubil盲umszuwendungen um zus盲tzliche, neben dem Arbeitslohn stehende Zahlungen handele. Anders als bei Jubil盲umsr眉ckstellungen l盲gen im Streitfall keine konkretisierenden Vorleistungen vor. Daf眉r reiche die Nichtaus眉bung des K眉ndigungsrechts --mangels vertraglicher Grundlage-- nicht aus. Eine Abgeltung von Vergangenem impliziere, dass bei vorzeitiger Beendigung zumindest ein anteiliger Anspruch entstehe.
Rz. 15
Im Urteil vom 02.10.1997听- IV听R听82/96 (BFHE 184, 422, BStBl II 1998, 205) zur R眉ckstellung f眉r den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kn眉pfe auch der BFH an diese Grunds盲tze an. Die Beurteilung der arbeits- und sozialrechtlichen Folgelasten eines Arbeitsverh盲ltnisses, zu denen der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ebenso wie die Altersfreizeitverpflichtung geh枚rten, k枚nne einheitlichen Erw盲gungen folgen, da jeweils die Frage nach der Ausgeglichenheit der Leistung und des nicht vorliegenden Verpflichtungs眉berhangs zentral f眉r die Annahme eines Erf眉llungsr眉ckstands sei. Nach diesen Erw盲gungen entstehe in den F盲llen mangelnder Mehrarbeit zur Gew盲hrung zus盲tzlicher Leistungen kein Erf眉llungsr眉ckstand.
Rz. 16
Schlie脽lich l盲gen die Voraussetzungen f眉r eine R眉ckstellung f眉r drohende Verluste nicht vor; es fehle an einem Verpflichtungs眉berschuss.
Rz. 17
Das FA beantragt,
das Urteil des FG K枚ln vom 10.11.2021听- 12听K听2486/20 aufzuheben und die Klage als unbegr眉ndet abzuweisen.
Rz. 18
Die Kl盲gerin beantragt,
die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 19
Entgegen der Ansicht des FA liege ein in der Vergangenheit verursachter Erf眉llungsr眉ckstand des Arbeitgebers vor. Der Arbeitnehmer erdiene den Freizeitanspruch ratierlich durch seine Arbeitsleistung und Betriebstreue auf Basis eines in der Zusatzvereinbarung zum Manteltarifvertrag klar definierten zeitlichen Abh盲ngigkeitsverh盲ltnisses. Die Inanspruchnahme der Freizeittage sei erst zum Ende der T盲tigkeit m枚glich, so dass in der Zwischenzeit ein Erf眉llungsr眉ckstand bestehe.
Rz. 20
Zu Unrecht gehe das FA davon aus, dass kein Erf眉llungsr眉ckstand vorliege, da der Arbeitnehmer keine Mehrleistung erbringe. Im Fall der Altersfreizeitr眉ckstellung verpflichte sich der Arbeitgeber ex ante zu einer h枚heren Gegenleistung, die er aufgrund der getroffenen F盲lligkeitsabrede --Inanspruchnahme unmittelbar vor Renteneintritt-- erst zu einem sp盲teren Zeitpunkt erbringe (Minderleistung des Arbeitgebers). Aufgrund der Zusatzvereinbarung erh枚he sich der Verg眉tungsanspruch des Arbeitnehmers. Durch die laufende Arbeitsleistung werde der Schwebezustand insoweit beendet und der Arbeitgeber gerate in Erf眉llungsr眉ckstand.
Rz. 21
Die Altersfreizeitr眉ckstellung sei mit der Jubil盲umsr眉ckstellung vergleichbar. Zu Unrecht argumentiere das FA, dass die zehnj盲hrige Betriebszugeh枚rigkeit sowie das Erreichen der Altersgrenze wesentliche Tatbestandsmerkmale f眉r das Entstehen der Verpflichtung seien. Nach der BFH-Rechtsprechung zu Jubil盲umsr眉ckstellungen sei eine solche Unterscheidung nicht erforderlich, vielmehr werde die Passivierungsf盲higkeit (bereits vor Erreichen der erforderlichen Betriebszugeh枚rigkeit) insgesamt bejaht, obwohl die zugrunde liegenden Verpflichtungen ebenfalls nur dann zu erf眉llen seien, wenn der jeweilige Arbeitnehmer zum Jubil盲um noch f眉r das Unternehmen t盲tig sei (BFH-Urteil vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845). Auch bei der Jubil盲umsverpflichtung habe der Arbeitnehmer bei Ausscheiden unmittelbar vor dem Stichtag keinerlei Anspr眉che.
Rz. 22
Wenn nach Ansicht der Betriebspr眉fung nur an Vergangenes angekn眉pft werde, stelle sich die Frage, welche (zuk眉nftige) Leistung des Arbeitnehmers abgegolten werde. Als abzugeltende (vergangene) Leistung komme sowohl die erbrachte Arbeitsleistung als auch die Betriebstreue im Erdienenszeitraum in Betracht. Warum gerade bei einer Altersfreizeitr眉ckstellung ein K眉ndigungsverzicht erforderlich sein solle, bei der Jubil盲umsr眉ckstellung hingegen nicht, sei nicht ersichtlich.
Rz. 23
Das Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 15.10.1987听- VI听59/85 betreffe einen anderen Sachverhalt. Eine Bindung an ein einzelnes Unternehmen und eine Abh盲ngigkeit der Freizeittage von der konkreten Dauer der Unternehmens- oder Branchenzugeh枚rigkeit habe nicht bestanden. Das Nieders盲chsische FG habe die Passivierungsf盲higkeit im Wesentlichen mit der Begr眉ndung verneint, dass kein Entgelt f眉r eine vom Arbeitnehmer in der Vergangenheit erbrachte Leistung vorliege, da die zus盲tzliche Leistung nicht von der Dauer der Betriebszugeh枚rigkeit abh盲ngig sei, wodurch der Konnex zur Arbeitsleistung fehle und auch eine Betriebstreue als Arbeitnehmerleistung ausscheide. Im Streitfall sei dies jedoch gerade der Fall, da die Anzahl der Freizeittage von der Betriebszugeh枚rigkeit abh盲nge und damit ein eindeutiger Bezug zu vergangenen Leistungen des Arbeitnehmers f眉r den Arbeitgeber bestehe. Ebenso wenig k枚nne die Argumentation, die zus盲tzliche Freizeit werde zum Erhalt der Leistungsf盲higkeit 盲lterer Arbeitnehmer gew盲hrt und habe deshalb einen Bezug allein zur k眉nftigen Arbeitsleistung, auf die vorliegende Regelung 眉bertragen werden, denn die Freizeit werde erst unmittelbar vor Renteneintritt gew盲hrt. Es handele sich um eine F盲lligkeitsabrede f眉r die noch ausstehende Gegenleistung des Arbeitgebers.
Rz. 24
Schlie脽lich stehe die sogenannte Ausgeglichenheitsvermutung f眉r Arbeitsverh盲ltnisse der Entstehung eines zu passivierenden Erf眉llungsr眉ckstands nicht entgegen. Sie betreffe die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung aus dem Arbeitsverh盲ltnis insgesamt. Im Fall der Unausgeglichenheit zu Lasten des Arbeitgebers w盲re nach den Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung eine Drohverlustr眉ckstellung zu bilden. Die Altersfreizeitregelung f眉hre jedoch nicht zu einer Unausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung, sondern lediglich zu einem tempor盲ren Auseinanderfallen. Ein Erf眉llungsr眉ckstand unterscheide sich gerade dadurch von einem Drohverlust, dass Ersterer durch eine k眉nftige Mehrleistung der r眉ckst盲ndigen Partei ausgeglichen werde, was vorliegend durch die sp盲tere Freizeitgew盲hrung der Fall sei. Hierin liege der zentrale Unterschied zur R眉ckstellung f眉r den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, denn beim Eintritt in den Mutterschutz h盲tten Arbeitnehmerin und Arbeitgeber ihre Leistungspflichten in gleichem Umfang erf眉llt.
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贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II.
Rz. 25
Die Revision ist unbegr眉ndet und daher zur眉ckzuweisen (搂听126 Abs.听2 FGO). Zu Recht hat das FG entschieden, dass f眉r die Verpflichtung der Kl盲gerin zur Gew盲hrung von Altersfreizeit in der Steuerbilanz auf den 31.12.2016 eine --der H枚he nach unstreitige-- R眉ckstellung f眉r ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren ist.
Rz. 26
1. Bedenken gegen die Zul盲ssigkeit der Klage bestehen nicht. Insbesondere hat das FG in der Erweiterung des Klageantrags zutreffend keine Klage盲nderung im Sinne des 搂听67 FGO gesehen (z.B. BFH-Urteil vom 29.09.2022听- IV听R听20/19, BFHE 278, 301, BStBl II 2023, 435, Rz听26听f.).
Rz. 27
2. Gem盲脽 搂听249 Abs.听1 Satz听1 HGB sind in der Handelsbilanz R眉ckstellungen f眉r ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot f眉r R眉ckstellungen f眉r Verbindlichkeiten geh枚rt zu den Grunds盲tzen ordnungsm盲脽iger Buchf眉hrung und gilt nach 搂听5 Abs.听1 Satz听1 EStG auch f眉r die Steuerbilanz.
Rz. 28
a) Voraussetzung f眉r die Bildung einer R眉ckstellung f眉r ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer H枚he nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des k眉nftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren H枚he zudem ungewiss sein kann-- sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (z.B. BFH-Urteile vom 09.03.2023听- IV听R听24/19, BFHE 280, 118, BStBl II 2023, 698, Rz听19, m.w.N.; vom 26.07.2023听- IV听R听22/20, BFHE 281, 32, BStBl II 2023, 1091, Rz听35).
Rz. 29
b) Anspr眉che und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Gesch盲ft d眉rfen in der Bilanz grunds盲tzlich nicht ber眉cksichtigt werden, weil w盲hrend des Schwebezustands die (widerlegbare) Vermutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertm盲脽ig ausgleichen. Ein Bilanzausweis ist nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erf眉llungsr眉ckst盲nde eines Vertragspartners gest枚rt ist (Beschluss des Gro脽en Senats des BFH vom 23.06.1997听- GrS听2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, unter B.I.3. [Rz听37], m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 14.04.2022听- IV听R听32/19, BFHE 275, 543, BStBl II 2022, 832, Rz听27). Diese Bilanzierungsgrunds盲tze gelten nicht nur f眉r gegenseitige Vertr盲ge, die auf einen einmaligen Leistungsaustausch gerichtet sind, sondern auch f眉r Dauerschuldverh盲ltnisse (z.B. Beschluss des Gro脽en Senats des BFH vom 23.06.1997听- GrS听2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, unter B.I.3. [Rz听38], m.w.N.; BFH-Urteil vom 26.07.2023听- IV听R听22/20, BFHE 281, 32, BStBl II 2023, 1091, Rz听36) und damit auch f眉r Arbeitsverh盲ltnisse.
Rz. 30
Der --gesetzlich nicht definierte-- Begriff des Erf眉llungsr眉ckstands bildet Verpflichtungen zur Erbringung von --seitens des Vertragspartners durch dessen erbrachte Vorleistung erdienten und am Bilanzstichtag r眉ckst盲ndigen-- Gegenleistungen im synallagmatischen und zeitlichen Rahmen eines Dauerschuldverh盲ltnisses ab (BFH-Urteil vom 30.11.2005听- I听R听110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.3.d [Rz听43]; Tiedchen in Anzinger/Oser/Schlotter, Rechnungslegung und Pr眉fung der Unternehmen, 7.听Aufl., HGB 搂听249 Rz听143). Der Verpflichtete muss sich mit seinen Leistungen gegen眉ber dem Vertragspartner im R眉ckstand befinden, also weniger geleistet haben, als er nach dem Vertrag f眉r die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten h盲tte (BFH-Urteile vom 05.04.2006听- I听R听43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593, unter II.3. [Rz听16]; vom 25.05.2016听- I听R听17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930, Rz听14).
Rz. 31
Die Frage nach dem Vorliegen eines Erf眉llungsr眉ckstands ist nicht ausschlie脽lich nach b眉rgerlichem Recht zu beurteilen. Ausreichend ist vielmehr eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung. Auch davon ausgehend setzt das Vorliegen eines Erf眉llungsr眉ckstands jedoch voraus, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten zuk眉nftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angekn眉pft, sondern Vergangenes abgegolten wird. Da die Erf眉llung sich im Sinne einer "Abgeltung" als zus盲tzliches, lediglich wegen der besonderen Umst盲nde des Einzelfalls noch nicht entrichtetes Entgelt f眉r eine bereits fr眉her erbrachte Vorleistung darstellen muss, ist eine Verkn眉pfung in dem Sinne zu fordern, dass die r眉ckst盲ndige Gegenleistung der erbrachten Vorleistung synallagmatisch zweckgerichtet und bei zeitbezogenen Leistungen auch zeitlich zuordenbar ist. Die Beurteilung des Vorliegens dieser Voraussetzungen obliegt im jeweiligen Einzelfall dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteile vom 05.04.2006听- I听R听43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593, unter II.4. [Rz听18]; vom 25.05.2016听- I听R听17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930, Rz听15听f.).
Rz. 32
Besteht ein Erf眉llungsr眉ckstand und ist dessen H枚he sicher, ist dem durch Ausweis einer Verbindlichkeit Rechnung zu tragen. Ist die noch zu erf眉llende Leistung der H枚he nach ungewiss, ist eine R眉ckstellung zu bilden (BFH-Urteil vom 25.05.2016听- I听R听17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930, Rz听17; Tiedchen in Anzinger/Oser/Schlotter, Rechnungslegung und Pr眉fung der Unternehmen, 7.听Aufl., HGB 搂听249 Rz听142).
Rz. 33
c) Der H枚he nach sind R眉ckstellungen f眉r Sachleistungsverpflichtungen wie f眉r einen Erf眉llungsr眉ckstand nach 搂听5 Abs.听6, 搂听6 Abs.听1 Nr.听3a Buchst.听b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten, sofern die handelsrechtliche Bewertung nicht zu einem niedrigeren Wert f眉hrt (BFH-Urteil vom 11.10.2012听- I听R听66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz听14; zur Rechtslage nach Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25.05.2009 --BGBl I 2009, 1102-- im Jahr 2009 s. BFH-Urteil vom 09.03.2023听- IV听R听24/19, BFHE 280, 118, BStBl II 2023, 698, Rz听23听f.). Handelsrechtlicher Bewertungsma脽stab ist nach 搂听253 Abs.听1 Satz听2 HGB der nach vern眉nftiger kaufm盲nnischer Beurteilung notwendige Erf眉llungsbetrag (vgl. BFH-Urteile vom 11.10.2012听- I听R听66/11, BFHE 239, 315, BStBl II 2013, 676, Rz听15听ff.; vom 26.07.2023听- IV听R听22/20, BFHE 281, 32, BStBl II 2023, 1091, Rz听38).
Rz. 34
3. In Anwendung dieser Grunds盲tze hat das FG die R眉ckstellung wegen Altersfreizeit dem Grunde und der H枚he nach zu Recht anerkannt. Die Revision des FA hat daher keinen Erfolg.
Rz. 35
a) Im Streitfall besteht eine --nur der H枚he nach ungewisse-- Verbindlichkeit der Kl盲gerin auf Gew盲hrung von Altersfreizeit, soweit die betroffenen Arbeitnehmer bereits das Merkmal der mindestens zehnj盲hrigen Betriebszugeh枚rigkeit erf眉llt und das 60.听Lebensjahr vollendet haben. Die Verbindlichkeit beruht auf der (bindenden) Regelung des Manteltarifvertrags (搂听3 Nr.听7 EMTV). Auch f眉r eine erst in der Zukunft entstehende Verbindlichkeit muss eine R眉ckstellung gebildet werden (BFH-Urteile vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, unter 1.b [Rz听17], zur R眉ckstellung f眉r Zuwendungen aus Anlass eines Arbeitnehmerjubil盲ums; vom 29.11.2000听- I听R听31/00, BFHE 194, 76, BStBl II 2004, 41, unter II.2.a [Rz听13], zur R眉ckstellung f眉r Zuwendungen aus Anlass eines Firmenjubil盲ums).
Rz. 36
Soweit die beiden vorgenannten Bedingungen noch nicht erf眉llt sind, ist das k眉nftige Entstehen einer Verbindlichkeit auf Gew盲hrung von Altersfreizeit dem Grunde nach hinreichend wahrscheinlich. Denn es sprechen mehr Gr眉nde f眉r als gegen das Entstehen der Verbindlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2005听- I听R听110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.2.a [Rz听30], zu R眉ckstellungen f眉r Lohnfortzahlungen bei Altersteilzeit). Davon ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Der Fluktuation der Belegschaft wird bei der Bestimmung der R眉ckstellungsh枚he Rechnung getragen. Dies ist zwischen den Beteiligten letztlich nicht streitig.
Rz. 37
b) Entgegen der Ansicht des FA ist die wirtschaftliche Verursachung der zur眉ckgestellten (ungewissen) Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (31.12.2016) gegeben. Ein Erf眉llungsr眉ckstand liegt nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden W眉rdigung des FG vor (zustimmend Weppler in St枚ckler/Karst, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Aktuelles I/2023, Rz听10).
Rz. 38
aa) Der Anspruch der Arbeitnehmer (als Sachleistungsverpflichtete) ist durch ihre Arbeitsleistung --zum Teil aufschiebend bedingt durch eine mindestens zehnj盲hrige Betriebszugeh枚rigkeit und die Vollendung des 60.听Lebensjahres-- entstanden und damit erdient beziehungsweise "realisiert" (vgl. Tiedchen in Anzinger/Oser/Schlotter, Rechnungslegung und Pr眉fung der Unternehmen, 7.听Aufl., HGB 搂听249 Rz听144). Die Altersfreizeit gilt vergangene Arbeitsleistung ab und ist dieser synallagmatisch zweckgerichtet und zeitlich zuordenbar (vgl. dazu BFH-Urteile vom 05.04.2006听- I听R听43/05, BFHE 213, 332, BStBl II 2006, 593, unter II.4. [Rz听18]; vom 25.05.2016听- I听R听17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930, Rz听16). Dies gilt jedenfalls bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (dazu BFH-Urteil vom 25.05.2016听- I听R听17/15, BFHE 254, 228, BStBl II 2016, 930, Rz听23; Sievert in Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4.听Aufl., Rz听6203). Durch die Ankn眉pfung an die Dauer der Betriebszugeh枚rigkeit handelt sich bei der Altersfreizeit um ein Entgelt f眉r w盲hrend dieser Zeit erbrachte Arbeitsleistungen sowie f眉r die Nichtaus眉bung des K眉ndigungsrechts (BFH-Urteil vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, unter 1.c [Rz听19], zur R眉ckstellung f眉r Zuwendungen aus Anlass eines Arbeitnehmerjubil盲ums). Die Arbeitnehmer haben dadurch eine Vorleistung erbracht. Hingegen muss die Kl盲gerin ihre Gegenleistung in Gestalt der Altersfreizeit noch erbringen. Sie hat am Bilanzstichtag weniger geleistet, als sie nach dem Arbeitsvertrag und den Bestimmungen des Manteltarifvertrags zu leisten verpflichtet ist. Insofern befindet sie sich in einem Erf眉llungsr眉ckstand. Die entsprechende W眉rdigung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und bindet den BFH (搂听118 Abs.听2 FGO). Ein Versto脽 gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungss盲tze (vgl. BFH-Urteil vom 05.09.2023听- IV听R听24/20, BFHE 281, 374, Rz听34) ist nicht ersichtlich.
Rz. 39
bb) Der auf diese Weise entstandene Erf眉llungsr眉ckstand wird sukzessive mit jedem abgelaufenen Jahr der Betriebszugeh枚rigkeit der Arbeitnehmer aufgebaut (vgl. Lieb, Betriebs-Berater 2022, 2994; Prinz, Unternehmensteuern und Bilanzen --StuB-- 2022, 11, 13; Oser/Wirtz, StuB 2023, 105, 106). Denn die Arbeitnehmer erhalten zwei Arbeitstage Altersfreizeit f眉r jedes volle Jahr ihrer Betriebszugeh枚rigkeit (nach Vollendung des 25.听Lebensjahres). Werden die Voraussetzungen f眉r die Verpflichtung kontinuierlich aufgebaut, kommt es f眉r die R眉ckstellungsbildung nicht darauf an, ob der die Verpflichtung ausl枚sende Tatbestand im Wesentlichen bereits vor dem Bilanzstichtag erf眉llt ist. Vielmehr muss die R眉ckstellung kontinuierlich gebildet werden (vgl. BFH-Urteil vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, unter 1.c [Rz听20], zur R眉ckstellung f眉r Zuwendungen aus Anlass eines Arbeitnehmerjubil盲ums; Oser/Wirtz, StuB 2023, 105, 106). Dementsprechend steht es der R眉ckstellungsbildung hier nicht entgegen, wenn die Mindestbetriebszugeh枚rigkeit und/oder die Altersgrenze im Hinblick auf einzelne Arbeitnehmer noch nicht erreicht sind.
Rz. 40
Vor diesem Hintergrund f眉hrt auch der Einwand des FA, ein Arbeitnehmer, der seit 30听Jahren im Betrieb der Kl盲gerin arbeite, profitiere vor Vollendung des 60.听Lebensjahres nicht von der Altersfreizeit, wenn der Betrieb eingestellt und das Arbeitsverh盲ltnis beendet werde, nicht zu einer anderen Beurteilung. Auf die zivilrechtliche Beurteilung kommt es im Rahmen der anzustellenden wirtschaftlichen Betrachtung nicht an. Im 脺brigen hat die Kl盲gerin in diesem Zusammenhang zu Recht auf den Grundsatz der Unternehmensfortf眉hrung (搂听252 Abs.听1 Nr.听2 HGB) hingewiesen. Dieser gilt auch f眉r die steuerliche Gewinnermittlung (搂听5 Abs.听1 Satz听1 EStG), und zwar sowohl f眉r die Bewertung als auch f眉r die Bilanzierung dem Grunde nach (BFH-Urteil vom 27.06.2001听- I听R听45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.c [Rz听24], zur R眉ckstellung f眉r sogenannte Anpassungsverpflichtung; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, 搂听5 EStG Rz听366; wohl anders --ohne weitere Begr眉ndung-- BFH-Urteil vom 05.04.2017听- X听R听30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900, Rz听32, zur R眉ckstellung f眉r Zusatzbeitr盲ge zur Handwerkskammer; zustimmend BeckOK听EStG/Meinert, 18.听Ed. [15.03.2024], EStG 搂听5 Rz听626; Meyering/Gr枚ne in Anzinger/Oser/Schlotter, Rechnungslegung und Pr眉fung der Unternehmen, 7.听Aufl., HGB 搂听252 Rz听78). Dementsprechend sind alle Verpflichtungen, die bei der zum ma脽gebenden Stichtag unterstellten unver盲nderten Fortf眉hrung des Betriebs mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erf眉llen sein werden, bilanziell zu ber眉cksichtigen, wenn der Erf眉llung keine tats盲chlichen oder rechtlichen Gegebenheiten entgegenstehen (BFH-Urteil vom 27.06.2001听- I听R听45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.c [Rz听24]). Das ist hier nicht der Fall.
Rz. 41
cc) Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zusage einer Altersfreizeit mit der Zusage von Zuwendungen aus Anlass eines Arbeitnehmer- oder Firmenjubil盲ums (BFH-Urteile vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; vom 29.11.2000听- I听R听31/00, BFHE 194, 76, BStBl II 2004, 41) vergleichbar ist. In beiden F盲llen kommt es ma脽gebend auf die Dauer der Betriebszugeh枚rigkeit des Arbeitnehmers an, so dass die zuk眉nftige Leistung des Arbeitgebers mit den in der Vergangenheit erbrachten Diensten des Arbeitnehmers verkn眉pft und auf Seiten des Arbeitgebers ein Erf眉llungsr眉ckstand aufgebaut wird, der die Bildung einer R眉ckstellung gebietet.
Rz. 42
dd) Insofern unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 15.10.1987听- VI听59/85 zugrunde lag. Dort gew盲hrte das Unternehmen Arbeitnehmern nach Vollendung des 60.听Lebensjahres und unter der Voraussetzung einer mindestens zehnj盲hrigen Branchenzugeh枚rigkeit eine "Altersfreizeit" (in Gestalt von 28 zus盲tzlichen Urlaubstagen pro Jahr). Das Nieders盲chsische FG ging davon aus, dass eine R眉ckstellung weder unter dem Gesichtspunkt eines drohenden Verlusts aus schwebenden Gesch盲ften noch unter dem der ungewissen Verbindlichkeit gebildet werden k枚nne. Einen Erf眉llungsr眉ckstand verneinte es mit dem Argument, die zus盲tzliche Altersfreizeit stelle kein Entgelt f眉r eine in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers dar. Dabei verwies es insbesondere auf die fehlende Abh盲ngigkeit der Dauer des zus盲tzlichen Urlaubs von der Dauer des Besch盲ftigungsverh盲ltnisses und die Ankn眉pfung an die Branchenzugeh枚rigkeit der Arbeitnehmer.
Rz. 43
In beiden Gesichtspunkten unterscheidet sich der dem Urteil des Nieders盲chsischen FG zugrunde liegende Sachverhalt vom Streitfall. Vorliegend hing die Anzahl der Altersfreizeittage von der Dauer der Betriebszugeh枚rigkeit ab. Zudem stand die Altersfreizeit unter der Bedingung einer mindestens zehnj盲hrigen Zugeh枚rigkeit zum Betrieb der Kl盲gerin. Damit bestand der erforderliche Konnex zwischen der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und der Leistungspflicht des Arbeitsgebers (Oser/Wirtz, StuB 2023, 105, 106). Bei der Altersfreizeit handelt es sich um Entgelt f眉r erbrachte Arbeitsleistung.
Rz. 44
Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis des FA auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.11.1995听- 9听AZR听799/94, wonach der Anspruch auf Altersfreizeit im Jahr der Vollendung des 60.听Lebensjahres f眉r ein Jahr in voller H枚he und nicht lediglich anteilig entsteht, nicht zielf眉hrend. Diese Entscheidung betrifft den einheitlichen Manteltarifvertrag f眉r die Brauereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 08./09.10.1990 und damit wiederum eine nur an die Branchenzugeh枚rigkeit gekoppelte Altersfreizeit.
Rz. 45
4. Die R眉ckstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten in Gestalt eines Erf眉llungsr眉ckstands wegen Altersfreizeit ist der H枚he nach unstreitig. Insbesondere hat die Kl盲gerin die gebotene Abzinsung der R眉ckstellung (搂听6 Abs.听1 Nr.听3a Buchst.听e EStG) und den nach der Rechtsprechung erforderlichen Fluktuationsabschlag (BFH-Urteil vom 05.02.1987听- IV听R听81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845, unter 3.b [Rz听26]) ber眉cksichtigt. Der Senat sieht daher von weiteren Ausf眉hrungen zur Bewertung der R眉ckstellung ab.
Rz. 46
5. Die Entscheidung ergeht nach 搂听121 Satz听1 i.V.m. 搂听90 Abs.听2 FGO mit Einverst盲ndnis der Beteiligten ohne m眉ndliche Verhandlung. Die Kostenentscheidung folgt aus 搂听135 Abs.听2 FGO.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 16442978 |
BFH/NV 2024, 1085 |
BFH/PR 2024, 306 |
BB 2024, 1904 |
DB 2024, 1926 |
DB 2024, 2257 |
DStR 2024, 1695 |
DStRE 2024, 1010 |