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Entscheidungsstichwort (Thema)
Sch盲tzung von Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen
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Leitsatz (NV)
1. Aus dem Vorhandensein eines bestimmten Verm枚gens kann nicht ohne Weiteres mit der f眉r die Feststellung einer Steuerhinterziehung erforderlichen Sicherheit auf das Vorhandensein dieses Verm枚gens bereits zu einem fr眉heren Zeitpunkt --lediglich in abgezinster H枚he-- geschlossen werden. Dazu bedarf es vielmehr der weiteren Feststellung, dass ein zwischenzeitlicher Verm枚genszuwachs ausgeschlossen werden kann.
2. Das Vorhandensein eines Verm枚gens zu einem bestimmten Zeitpunkt reicht --selbst bei Annahme eines verminderten Beweisma脽es wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten-- nicht aus, um dem Steuerpflichtigen den entsprechenden Kapitalstamm auch in den Folgejahren unver盲ndert als Grundlage der Erzielung von Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen zuzurechnen, wenn Anhaltspunkte daf眉r vorhanden sind, dass das Depotkonto im betreffenden Zeitraum nicht mehr vorhanden war (Anschluss an Senatsurteil vom 09.05.2017 - VIII R 51/14, BFH/NV 2018, 5).
3. Der Grundsatz in dubio pro reo schlie脽t es aus, die --grunds盲tzlich zul盲ssige-- Sch盲tzung der H枚he der hinterzogenen Steuern auf ein reduziertes Beweisma脽 und blo脽e Wahrscheinlichkeitserw盲gungen zu st眉tzen und an der oberen Grenze des Sch盲tzungsrahmens auszurichten. Erforderlich ist vielmehr, dass das FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (搂 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. 搂 162 AO) von der H枚he der Steuerhinterziehung in jedem Jahr der Sch盲tzung 眉berzeugt ist (Anschluss an Senatsbeschluss vom 29.01.2002 - VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749).
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Normenkette
AO 搂听169 Abs. 2 S. 2, 搂听90 Abs. 2, 搂听162; FGO 搂 96 Abs. 1 S. 1
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Verfahrensgang
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Tenor
Auf die Revision der Kl盲ger wird das Urteil des Nieders盲chsischen Finanzgerichts vom 19.01.2016 - 15 K 155/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Nieders盲chsische Finanzgericht zur眉ckverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung 眉ber die Kosten des Verfahrens 眉bertragen.
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Tatbestand
Rz. 1
I. Die Kl盲ger und Revisionskl盲ger (Kl盲ger) sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 1997 bis 2007 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Rz. 2
In ihren Einkommensteuererkl盲rungen f眉r die Streitjahre gaben sie Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen ausschlie脽lich aus inl盲ndischen Quellen an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte den Angaben im Wesentlichen und ber眉cksichtigte in den bestandskr盲ftigen Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen in H枚he von (umgerechnet) insgesamt 14.509,62听鈧.
Rz. 3
Das Finanzamt f眉r Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A (Steuerfahndung) erlangte im Jahr 2007 von dem Informanten D einen Datentr盲ger mit Gesch盲ftsdaten der C-Bank, dessen ehemaliger Mitarbeiter er war, und der C-Treuhand. Auf dem Datentr盲ger befanden sich auch Abbildungen von Dokumenten, die auf Verm枚gensanlagen der Kl盲ger hinwiesen. Danach wurde ausweislich eines nicht datierten Dokuments bei der C-Treuhand unter der Mandatsnummer... die E-Stiftung mit Sitz in F gef眉hrt, die am...1995 gegr眉ndet wurde. Als Verwaltungs-/Stiftungsrat war u.a. die... angegeben. Letztere benannte, wie sich aus einem weiteren Datenblatt ergab, am 10.07.2001 die Kl盲ger unter Angabe ihres Geburtsdatums und ihres Wohnsitzes gegen眉ber der C-Bank als wirtschaftlich berechtigte Personen der E-Stiftung. F眉r den 01.01.2002 war ein Kontoauszug f眉r das Konto bzw. Depot der E-Stiftung bei der C-Bank vorhanden, der einen Gesamtbestand zum 01.01.2002 in H枚he von...听鈧 auswies. Die Unterlagen enthielten zudem einen Aktenvermerk vom 13.09.2002 einer Kundenbetreuerin 眉ber eine Besprechung mit dem Kl盲ger im Caf茅 L in F.
Rz. 4
Aufgrund dieser Unterlagen er枚ffnete die Steuerfahndung gegen die Kl盲ger im Jahr 2008 das Strafverfahren. Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Kl盲ger wurden keine Unterlagen 眉ber ausl盲ndische Konten gefunden. Die Kl盲ger bestritten die Zurechnung des Depots der E-Stiftung und den Bezug von Kapitaleink眉nften hieraus. Sie behaupteten, die Daten seien vom Informanten gef盲lscht worden. Die Steuerfahndung sch盲tzte daraufhin die Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen der Kl盲ger f眉r die Veranlagungszeitr盲ume 1997 bis 2007. Sie ging davon aus, dass die Kl盲ger von der C-Bank aufgelegte, in der Bundesrepublik Deutschland nicht registrierte, Fonds (sog. schwarze Fonds) in ihrem Depot gehalten hatten, und zwar entsprechend des durchschnittlichen prozentualen Verh盲ltnisses, das die Steuerfahndung in den 眉brigen Ermittlungsverfahren festgestellt hatte. Die Kapitalertr盲ge aus diesen Fonds nahm sie f眉r die Jahre 1997 bis 2003 entsprechend 搂听18 Abs.听3 des Auslandsinvestmentgesetzes in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (AuslInvestmG) in H枚he von 10听% und f眉r die Jahre 2004 bis 2007 entsprechend 搂听6 des Investmentsteuergesetzes in der in diesen Veranlagungszeitr盲umen geltenden Fassung (InvStG) in H枚he von 6听% an. Hinsichtlich der 眉brigen Kapitalanlagen sch盲tzte die Steuerfahndung die Kapitalertr盲ge anhand der Umlaufrendite f眉r inl盲ndische festverzinsliche Wertpapiere auf 3,1听% bis 5,4听%.
Rz. 5
Das FA erlie脽 daraufhin im Jahr 2011 gem盲脽 搂听173 Abs.听1 Nr.听1 der Abgabenordnung (AO) ge盲nderte Einkommensteuerbescheide f眉r s盲mtliche Streitjahre, in denen es nunmehr Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen in H枚he von (umgerechnet) insgesamt...听鈧 ber眉cksichtigte. Die hinzugesch盲tzten Betr盲ge rechnete es den Kl盲gern jeweils zur H盲lfte zu. Der Einspruch der Kl盲ger hatte keinen Erfolg.
Rz. 6
Im Strafverfahren wurde der Kl盲ger vom Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung in den (ausschlie脽lich angeklagten) Jahren 2004 bis 2007 in der Berufungsinstanz durch das Landgericht N (LG) freigesprochen. Das LG war zwar, wie bereits das vorinstanzliche Amtsgericht, zu der 脺berzeugung gelangt, dass den Kl盲gern das Verm枚gen der E-Stiftung zum 01.01.2002 unmittelbar als eigenes Verm枚gen zuzurechnen sei, die Dokumente nicht gef盲lscht seien und auch der Inhalt des Aktenvermerks der Kundenbetreuerin vom 13.09.2002 zutreffe. Es konnte aber nicht die f眉r eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche 脺berzeugung gewinnen, dass der Kl盲ger auch noch in den angeklagten Jahren 2004 bis 2007 Einnahmen aus Kapitalverm枚gen erzielt hatte. Die Staatsanwaltschaft nahm daraufhin auch den Strafbefehlsantrag gegen die Kl盲gerin zur眉ck.
Rz. 7
Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 2020 abgedruckt ist, gab der Klage insoweit statt, als es die zugerechneten Eink眉nfte aus Kapitalverm枚gen in geringem Umfang minderte. Im 脺brigen wies es die Klage ab.
Rz. 8
Mit der Revision r眉gen die Kl盲ger neben mehreren Verfahrensm盲ngeln eine fehlerhafte Sch盲tzung der Kapitalertr盲ge durch das FG. Es verkenne, dass die Kl盲ger ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen seien. Sie h盲tten aktiv versucht, den Sachverhalt durch Schreiben an die C-Bank und das Grundbuch- und 脰ffentlichkeitsregister in A aufzukl盲ren. Aus der vom Zeugen P vorgelegten Mandantenliste erg盲ben sich zweifelsfrei Endsalden zum 31.12.2000 in H枚he von...听CHF (=...听鈧) und zum 31.12.2001 in H枚he von...听CHF (=...听鈧). Daraus ergebe sich ein Wertzuwachs (im Jahr 2001) von (nur) 42.877听CHF. Das Gericht gehe dagegen von einem Kapitalstand zum 31.12.2001 in H枚he von...听鈧 aus. Au脽erdem rechne es diesen Betrag in Euro bis zum Jahr 1996 zur眉ck, obwohl dem Gericht habe bekannt sein m眉ssen, dass in diesem Zeitraum die Ertr盲ge in Schweizer Franken angefallen seien und zu den jeweiligen Stichtagen mit ver盲nderlichen Umrechnungskursen in听DM h盲tten umgerechnet werden m眉ssen. Des Weiteren gebe es keinerlei Beweise, dass die E-Stiftung 眉ber das Jahr 2002 hinaus bis ins Jahr 2007 existiert habe. Deshalb sei der Kl盲ger im Strafverfahren auch freigesprochen worden.
Rz. 9
Die Kl盲ger beantragen, das Urteil des Nieders盲chsischen FG vom 19.01.2016听- 15听K听155/12 aufzuheben und die Sache an das FG zur眉ckzuverweisen.
Rz. 10
Das FA beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
Rz. 11
Es f眉hrt im Wesentlichen aus, dass das FG zur Sch盲tzung befugt gewesen sei, weil die Kl盲ger ihre Mitwirkungspflicht verletzt und keine sonstigen Aufkl盲rungsm枚glichkeiten f眉r das FG bestanden h盲tten. Die Sch盲tzung des FG entspreche den allgemeinen Anforderungen. Sie sei detailliert und 眉berzeugend begr眉ndet worden.
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Rz. 12
II. Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Rz. 13
Die bisherigen tats盲chlichen Feststellungen des FG zu den von den Kl盲gern erzielten Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen i.S. von 搂听20 Abs.听1 Nr.听7 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) sowie 搂听17 Abs.听1 Satz听1 AuslInvestmG bzw. 搂听2 Abs.听1 Satz听1 InvStG i.V.m. 搂听20 Abs.听1 Nr.听1 EStG tragen nicht seine W眉rdigung, dass den Kl盲gern in den Streitjahren aus der E-Stiftung in F Kapitaleink眉nfte in der jeweils gesch盲tzten H枚he zugeflossen sind. Die erforderlichen tats盲chlichen Feststellungen hat das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Rz. 14
1. Auch wenn das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, dass den Kl盲gern das Verm枚gen der E-Stiftung zuzurechnen ist, kann die Sch盲tzung der Kapitaleink眉nfte mangels hinreichender Feststellungen zum Verm枚gen der E-Stiftung sowie zu den hieraus erzielten Einnahmen keinen Bestand haben.
Rz. 15
a) F眉r die Streitjahre 1997 bis 2000, f眉r die bei Erlass der angefochtenen Einkommensteuer盲nderungsbescheide die vierj盲hrige Festsetzungsfrist nach 搂听169 Abs.听2 Satz听1 Nr.听2 AO nach den bindenden Feststellungen des FG bereits abgelaufen war, beruht die 脺berzeugung des FG zu den von den Kl盲gern erzielten Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen zum einen auf der Tatsache der Gr眉ndung der E-Stiftung im Jahr 1995 und zum anderen auf dem zum 01.01.2002 auf der Daten-CD abgebildeten Kapitalstand des Depots der E-Stiftung. Dies h盲lt einer revisionsrechtlichen 脺berpr眉fung nicht stand.
Rz. 16
aa) Die H枚he der hinterzogenen Steuern kann zwar trotz der Geltung des Grundsatzes in dubio pro reo grunds盲tzlich im Sch盲tzwege ermittelt werden (Senatsurteile vom 09.05.2017听- VIII听R听51/14, BFH/NV 2018, 5, Rz听40听f., und vom 07.11.2006听- VIII听R听81/04, BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364, unter II.1.d; vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 06.04. 2016听- 1听StR听523/15, H枚chstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2016, 1025, Rz听15). Der Grundsatz in dubio pro reo schlie脽t es allerdings aus, die Sch盲tzung der hinterzogenen Steuern entsprechend den allgemeinen Grunds盲tzen im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten auf ein reduziertes Beweisma脽 und blo脽e Wahrscheinlichkeitserw盲gungen zu st眉tzen und an der oberen Grenze des Sch盲tzungsrahmens auszurichten (Senatsurteil in BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364, unter II.1.d). Erforderlich ist vielmehr, dass das FG auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens (搂听96 Abs.听1 Satz听1 FGO i.V.m. 搂听162 AO) von der H枚he der Steuerhinterziehung 眉berzeugt ist (Senatsbeschluss vom 29.01.2002听- VIII听B听91/01, BFH/NV 2002, 749, unter III.3.c听dd; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.08.1991听- X听R听86/88, BFHE 165, 458, BStBl II 1992, 128, unter 6.; BFH-Beschluss vom 31.01.2014听- X听B听52/13, BFH/NV 2014, 860, Rz听93). Im Zweifel hat sich das FG auf die Zusch盲tzung eines Mindestbetrags zu beschr盲nken (vgl. BGH-Beschl眉sse in HFR 2016, 1025, Rz听20, und vom 20.12.2016听- 1听StR听505/16, HFR 2017, 970, Rz听17; Peters in H眉bschmann/Hepp/Spitaler, 搂听370 AO Rz听337; Krumm in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂听370 AO Rz听84; Klein/R眉sken, AO, 14.听Aufl., 搂听162 Rz听19a).
Rz. 17
Zudem reicht allein der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger zu einem bestimmten Stichtag 眉ber Kapital verf眉gt hat, selbst unter Ber眉cksichtigung eines verminderten Beweisma脽es wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht f眉r die (pauschale) W眉rdigung aus, der Steuerpflichtige habe aus diesem Kapital auch in (teils lange vor dem Stichtag liegenden) Vorjahren Einnahmen aus Kapitalverm枚gen erzielt. Vielmehr muss sich das FG grunds盲tzlich auch in Bezug auf diese Jahre die 脺berzeugung bilden und begr眉nden, dass der Steuerpflichtige ein entsprechendes Guthaben zur Erzielung von Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen einsetzen konnte und eingesetzt hat (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2018, 5).
Rz. 18
bb) Nach diesen Grunds盲tzen ist die Annahme des FG, das zum 01.01.2002 vorhandene Kapital sei bereits in den Streitjahren 1997 bis 2000 in derselben --lediglich abgezinsten-- H枚he bei der E-Stiftung vorhanden gewesen, nicht durch hinreichende tats盲chliche Feststellungen gedeckt.
Rz. 19
Aus dem vom FG zur Begr眉ndung herangezogenen Umstand, dass die E-Stiftung bereits im Jahr 1995 gegr眉ndet worden war und hierzu Verm枚gen vorhanden gewesen sein muss, kann keine hinreichend sichere Schlussfolgerung auf die H枚he des Stiftungsverm枚gens in den Jahren 1997 bis 2000 und damit auf die H枚he der in diesem Zeitraum hieraus erzielten Ertr盲ge gezogen werden. Aus den Erkenntnissen des FG zur H枚he des am 01.01.2002 vorhandenen Verm枚gens kann ebenfalls nicht mit der f眉r die Feststellung einer Steuerhinterziehung erforderlichen Sicherheit auf das Vorhandensein eines entsprechenden Verm枚gens bereits am 01.01.1997 --lediglich in abgezinster H枚he-- geschlossen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 19.10.2011听- X听R听65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345, unter II.6.c). Insoweit bedarf es vielmehr weiterer Feststellungen, wie z.B., dass ein Verm枚genszuwachs erst zu einem sp盲teren Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (vgl. FG D眉sseldorf, Urteil vom 04.11.2004听- 11听K听2702/02听E, EFG 2005, 246 - nachfolgend Senatsurteil in BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364, unter II.2.). Das FG muss insoweit zwar nicht jede theoretische M枚glichkeit des Verm枚genszuwachses ausschlie脽en. Es muss aber jedenfalls naheliegende Alternativen pr眉fen und etwaigen plausiblen Einwendungen des Steuerpflichtigen nachgehen. Dazu verh盲lt sich das FG ebenso wenig wie zu der Frage, ob aus den dem FA bekannten Verm枚gensverh盲ltnissen der Kl盲ger im Jahr 1995 Schlussfolgerungen f眉r die Herkunft des bei der E-Stiftung angelegten Verm枚gens gezogen werden k枚nnen.
Rz. 20
b) Auch f眉r die Streitjahre 2001 und 2002, f眉r die nach den bindenden Feststellungen des FG bei Erlass der 脛nderungsbescheide ebenfalls die vierj盲hrige Festsetzungsfrist gem盲脽 搂听169 Abs.听2 Satz听1 Nr.听2 AO bereits abgelaufen war, h盲lt die Sch盲tzung der revisionsrechtlichen Pr眉fung nicht stand. F眉r diese Streitjahre hat das FG zwar anhand des Kontoauszugs vom 01.01.2002 die H枚he des Stiftungsverm枚gens zum Jahresende bzw. zum Jahresanfang festgestellt, nicht aber, welcher Art die im Depot f眉r die E-Stiftung gehaltenen Wertpapiere waren. Das FG f眉hrt aus, es sei 眉berzeugt, das FA habe (u.a.) die aus der E-Stiftung bezogenen Kapitaleink眉nfte f眉r das Jahr 2002 jedenfalls nicht zu hoch gesch盲tzt und es nimmt (u.a.) f眉r das Jahr 2001 eine eigene, niedrigere Sch盲tzung vor. Der Begr眉ndung des Urteils ist allerdings nicht zu entnehmen, welche 脺berzeugung sich das FG zur Zusammensetzung des Depots bei der E-Stiftung und den daraus vermeintlich erzielten Ertr盲gen gebildet hat. Das FG beschr盲nkt sich bei der (脺berpr眉fung der) Sch盲tzung der erzielten Ertr盲ge aus dem Kapitalstock in unzul盲ssiger Weise auf blo脽e Wahrscheinlichkeitserw盲gungen. Es st眉tzt sich zwar zutreffend nicht auf die durchschnittliche Depotzusammensetzung entsprechend den Erkenntnissen der Steuerfahndung in anderen Ermittlungsverfahren. Allerdings geht es stattdessen ohne Feststellungen zur tats盲chlichen Zusammensetzung des Depots "griffweise" davon aus, dass das Verm枚gen zu 50听% in sog. schwarzen Fonds angelegt war. Auch die H枚he der Ertr盲ge aus den 眉brigen Wertpapieranlagen st眉tzt es lediglich auf blo脽e Wahrscheinlichkeitserw盲gungen.
Rz. 21
c) Die Begr眉ndung des FG zur Sch盲tzung der Kapitaleink眉nfte f眉r die Streitjahre 2003 bis 2007 h盲lt der revisionsrechtlichen Pr眉fung ebenfalls nicht stand. Die vom FG getroffenen tats盲chlichen Feststellungen tragen nicht dessen Annahme, das am 01.01.2002 vorhandene Kapital sei auch noch in den Folgejahren 眉ber die E-Stiftung bei der C-Bank angelegt gewesen und daraus seien die gesch盲tzten Kapitalertr盲ge erzielt worden.
Rz. 22
aa) Nach den bindenden Feststellungen des FG hing die 脛nderung der Einkommensteuerfestsetzungen f眉r diese Streitjahre nicht von der verl盲ngerten Festsetzungsfrist des 搂听169 Abs.听2 Satz听2 AO und damit nicht vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung ab. Gilt der Grundsatz in dubio pro reo nicht, kann das FG nach der Rechtsprechung des BFH zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgehen, f眉r den unter Ber眉cksichtigung der Beweisn盲he des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung f眉r die Aufkl盲rung des Sachverhaltes (lediglich) eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht gem盲脽 搂听90 Abs.听2 AO verletzt und der Sachverhalt anderweitig nicht aufkl盲rbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mitwirkungspflicht sich auf Tatsachen und Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen bezieht. Unter diesen Voraussetzungen soll der Steuerpflichtige nach dem Sinn des 搂听90 Abs.听2 AO den Nachteil des insoweit nicht aufgekl盲rten und durch das FG allein nicht aufkl盲rbaren Sachverhalts tragen (BFH-Beschluss vom 19.12.2007听- X听B听34/07, BFH/NV 2008, 597, m.w.N.).
Rz. 23
bb) Das FG ist jedoch zu Unrecht von einem reduzierten Beweisma脽 aufgrund einer Mitwirkungspflichtverletzung der Kl盲ger ausgegangen.
Rz. 24
Zwar haben die Beteiligten nach 搂听90 Abs.听2 Satz听1 AO einen Sachverhalt, der sich auf Vorg盲nge im Ausland bezieht, aufzukl盲ren und die notwendigen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben alle zur Sachaufkl盲rung und zur Beweismittelbeschaffung bestehenden tats盲chlichen und rechtlichen M枚glichkeiten auszusch枚pfen (搂听90 Abs.听2 Satz听2 AO). Au脽erdem muss der Steuerpflichtige bereits bei der Gestaltung seiner Verh盲ltnisse Beweisvorsorge treffen (搂听90 Abs.听2 Satz听4 AO; BFH-Beschluss vom 15.12.2016听- VI听B听50/16, BFH/NV 2017, 598, Rz听4).
Rz. 25
Entgegen seiner Auffassung durfte das FG vorliegend jedoch nicht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgehen, ohne die Kl盲ger ausdr眉cklich aufzufordern, sich 眉ber das Verm枚gen der E-Stiftung, dessen Nutzung und Verbleib sowie eine etwaige Aufl枚sung der E-Stiftung zu erkl盲ren und geeignete Unterlagen vorzulegen. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht kann im Allgemeinen erst dann angenommen werden, wenn ein Beteiligter auf ausdr眉ckliche Aufforderung des FG (搂听79 Abs.听1 Satz听2 Nr.听2 FGO) eine ihm m枚gliche 脛u脽erung zu Tatsachen oder die Herausgabe von Unterlagen verweigert (BFH-Urteil in BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345, Rz听60). Jedenfalls aufgrund der hier vorliegenden besonderen Umst盲nde bedurfte es einer solchen ausdr眉cklichen Aufforderung zur Mitwirkung an der (weiteren) Aufkl盲rung des Sachverhalts. Denn Gegenstand der finanzgerichtlichen Auseinandersetzung und insbesondere der Beweisaufnahme in der m眉ndlichen Verhandlung war zun盲chst nur, ob die vom Informanten erworbenen Daten unverf盲lscht und inhaltlich zutreffend waren und ob den Kl盲gern das Verm枚gen der E-Stiftung dem Grunde nach zuzurechnen war. Beides haben die Kl盲ger bis zuletzt bestritten. Befasst sich das FG zun盲chst allein mit der Frage der Echtheit der der Sch盲tzung zugrunde liegenden Daten und gelangt es erst im Anschluss an die Beweisaufnahme zu der 脺berzeugung, die Daten seien unverf盲lscht und inhaltlich zutreffend sowie zu der 脺berzeugung, den Kl盲gern sei das Verm枚gen der E-Stiftung zuzurechnen, kann es nicht ohne Weiteres unterstellen, die Kl盲ger w眉rden an ihrer bisher vertretenen Auffassung festhalten und einer (im weiteren Verfahren erfolgenden) konkreten Aufforderung zur Mitwirkung an der Aufkl盲rung des Sachverhalts in Bezug auf die H枚he der in den Streitjahren 眉ber die E-Stiftung erzielten Kapitaleink眉nfte nicht nachkommen.
Rz. 26
cc) Aber selbst bei unterstellter Beweisma脽reduzierung tragen die bisherigen tats盲chlichen Feststellungen nicht die W眉rdigung des FG, die E-Stiftung habe in den Streitjahren 2003 bis 2007 fortbestanden und das vom FG zum 01.01.2002 festgestellte Kapital habe dort unver盲ndert zur Erzielung von Kapitalertr盲gen zur Verf眉gung gestanden.
Rz. 27
Diese Schlussfolgerungen des FG beruhen im Wesentlichen auf seinen Feststellungen 眉ber die Verh盲ltnisse am 01.01.2002. Allein der Umstand, in der Vergangenheit 眉ber Kapital verf眉gt zu haben, kann aber selbst unter Ber眉cksichtigung eines verminderten Beweisma脽es wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht f眉r eine pauschale W眉rdigung ausreichen, der Steuerpflichtige habe aus diesem Kapital auch in den Folgejahren unver盲ndert Einnahmen aus Kapitalverm枚gen erzielt. Vielmehr muss sich das FG f眉r jedes Folgejahr erneut die 脺berzeugung bilden und begr眉nden, dass der Steuerpflichtige das entsprechende Guthaben weiterhin zur Erzielung von Eink眉nften aus Kapitalverm枚gen einsetzen konnte und eingesetzt hat (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2018, 5, Rz听30听ff.).
Rz. 28
Im 脺brigen ist die Tatsachenw眉rdigung des FG l眉ckenhaft, weil sie das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht aussch枚pft (vgl. BFH-Urteil vom 19.08.2015听- X听R听30/12, BFH/NV 2016, 203, Rz听30). Das FG hat nicht ber眉cksichtigt, dass die von den Kl盲gern vorgelegte Auskunft des Grundbuch- und 脰ffentlichkeitsregisters darauf schlie脽en l盲sst, dass die E-Stiftung jedenfalls im Zeitpunkt der Auskunft am 17.11.2008 nicht mehr existierte und es vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen erscheint, dass die E-Stiftung m枚glicherweise bereits w盲hrend des Streitzeitraumes aufgel枚st wurde.
Rz. 29
Au脽erdem widerspricht die Annahme des FG, der Kl盲ger habe in den Streitjahren nicht mit einer Entdeckung des ausl盲ndischen Verm枚gens rechnen m眉ssen, den sich aus dem Aktenvermerk vom 13.09.2002 ergebenden Erkenntnissen. Dieser Vermerk, der nach den Feststellungen des FG inhaltlich zutreffend ist, zeichnet das Bild eines nerv枚sen Anlegers, der sich in F von Steuerfahndern beobachtet f眉hlte und Sorge vor einer Entdeckung hatte. Zu ber眉cksichtigen ist auch, dass die Kl盲ger nach Aktenlage bereits in fr眉heren Jahren ausl盲ndisches Verm枚gen bei (angenommener) Gefahr der Entdeckung verschoben hatten. Mit diesen Anhaltspunkten h盲tte sich das FG im Rahmen der Gesamtw眉rdigung (搂听96 Abs.听1 Satz听1 FGO) auseinandersetzen m眉ssen.
Rz. 30
dd) Dar眉ber hinaus weisen die Kl盲ger zu Recht auf die M枚glichkeit hin, dass Ertr盲ge in Schweizer Franken erzielt wurden und deshalb h盲tten in听DM bzw. (ab 01.01.2002) in Euro umgerechnet werden m眉ssen. Der Kontoauszug der E-Stiftung vom 01.01.2002 weist zwar einen Bestand in Euro aus und es d眉rften zumindest die --vom FG angenommenen-- Ertr盲ge aus dem Bertelsmann-Wertpapier in听DM bzw. Euro angefallen sein. Soweit das FG aber davon ausgeht, dass Ertr盲ge aus sog. schwarzen Fonds erzielt wurden, die von der C-Bank selbst aufgelegt worden waren, liegt es nahe, dass diese Fonds in Schweizer Franken notierten. Dies hat das FG nicht ber眉cksichtigt.
Rz. 31
2. Weil die Revision bereits mit der Sachr眉ge in vollem Umfang Erfolg hat, kommt es auf die erhobenen Verfahrensr眉gen nicht an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345, Rz听50, m.w.N.).
Rz. 32
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen (搂听126 Abs.听3 Satz听1 Nr.听2 FGO).
Rz. 33
Das FG wird nach den vorstehenden Ma脽gaben die notwendigen Feststellungen insbesondere zu dem in den Streitjahren vorhandenen Verm枚gen und der H枚he der daraus erzielten Kapitaleink眉nfte nachzuholen haben. Hierbei wird es insbesondere die Kl盲ger gem盲脽 搂听90 Abs.听2 AO zur Mitwirkung anzuhalten haben. Falls die Kl盲ger hierzu erforderliche Unterlagen tats盲chlich nicht mehr im Besitz haben sollten und auch nicht mehr beschaffen k枚nnen, kann sie das --soweit sie, wie vom FG festgestellt, einen Auslandssacherhalt verwirklicht haben-- gem盲脽 搂听90 Abs.听2 Satz听4 AO nicht entlasten. Hinsichtlich der Streitjahre 1997 bis 2002 hat das FG den Grundsatz in dubio pro reo zu beachten. Hinsichtlich der Streitjahre 2003 bis 2007 ist das FG, sofern die Kl盲ger ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen und der Sachverhalt anderweitig nicht aufkl盲rbar ist, zu einer Entscheidung zulasten der Kl盲ger aufgrund eines reduzierten Beweisma脽es und zur Sch盲tzung der Besteuerungsgrundlagen nach den allgemeinen Grunds盲tzen (搂听90 Abs.听2, 搂听162 Abs.听2 AO) befugt.
Rz. 34
4. Die Entscheidung 眉ber die Kosten folgt aus 搂听143 Abs.听2 FGO.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 13932892 |
BFH/NV 2020, 853 |
BB 2020, 1621 |
DStR 2020, 1677 |
DStRE 2020, 1014 |
HFR 2020, 1016 |