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Leitsatz (amtlich)
Der Hersteller eines Films ist nur dann K眉nstler i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 S盲tze 2 und 3 EStG, wenn er an allen T盲tigkeiten, die f眉r den k眉nstlerischen Wert des einzelnen Films bestimmend sind, selbst mitwirkt und dabei den entscheidenden Einflu脽 auf die Gestaltung des Films aus眉bt.
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Normenkette
EStG 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 S盲tze听2-3; GewStG 搂 2 Abs. 1
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Verfahrensgang
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Tatbestand
Der Kl盲ger und Revisionsbeklagte (Kl盲ger) befa脽t sich seit 1947 berufsm盲脽ig mit der Herstellung von Kultur-, Lehr- und Wirtschaftsfilmen. In den Jahren 1957 bis 1971 hat der Kl盲ger mehrfach (27) Kulturfilmpreise und -pr盲mien erhalten; 28 seiner Filme sind von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden mit dem Pr盲dikat "wertvoll" oder "besonders wertvoll" ausgezeichnet worden.
Bis zum Veranlagungszeitraum 1957 hat der Kl盲ger seine Gewinne als Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb versteuert. Seit 1958 ist seine T盲tigkeit vom damals zust盲ndigen Finanzamt (FA) H als selbst盲ndige k眉nstlerische T盲tigkeit i. S. von 搂 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anerkannt und besteuert worden. Der Beklagte und Revisionskl盲ger (das FA) sah dagegen nach dem Ergebnis einer f眉r die Jahre 1967 bis 1969 durchgef眉hrten Betriebspr眉fung die Filmherstellung des Kl盲gers als gewerbliche T盲tigkeit an, da sie weder k眉nstlerisch sei noch die Merkmale der leitenden und eigenverantwortlichen T盲tigkeit erf眉lle.
Das Einspruchsverfahren gegen den Gewerbesteuerme脽bescheid 1969 blieb erfolglos. 1m Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) hat der Kl盲ger eine Aufstellung der in den Jahren 1967 bis 1969 hergestellten Filme eingereicht, in der f眉r die einzelnen Filme die jeweilige Auftragssumme, der Rohertrag (ohne und mit Ber眉cksichtigung der Gemeinkosten) und die verschiedenen Mitarbeiter (f眉r Drehbuch, idee, Musikauswahl, Regiebetreuung, Kamera) aufgef眉hrt waren. Die Aufstellung hat der Kl盲ger erg盲nzt mit Angaben 眉ber die Gesamtl盲nge der in den bezeichneten Jahren abgelieferten Filme und die L盲nge der Filmabschnitte, bei denen der Kl盲ger ausschlie脽lich pers枚nlich d. h. als Autor, Regisseur und Kameramann t盲tig war. Das FG hat sich die Besch盲ftigungsvertr盲ge der drei am h盲ufigsten genannten Mitarbeiter des Kl盲gers B, S und V vorlegen lassen und die Mitarbeiter selbst als Zeugen vernommen. Dar眉ber hinaus hat es ein Sachverst盲ndigengutachten dar眉ber erstellen lassen, ob und inwieweit die im Unternehmen des Kl盲gers hergestellten Filme i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Kunstwerke (k眉nstlerische Sch枚pfungen) anzusehen seien.
Das FG hob den Gewerbesteuerme脽bescheid 1969 mit folgender Begr眉ndung ersatzlos auf: Die T盲tigkeit des Kl盲gers sei als k眉nstlerische T盲tigkeit zu werten, weil der Kl盲ger 眉ber die entsprechenden F盲higkeiten verf眉ge und seine s盲mtlichen Filme als Kunstwerke anzusehen seien. Diese 脺berzeugung habe das Gericht aus den schl眉ssig vorgetragenen und belegten Darlegungen des beauftragten Sachverst盲ndigen gewonnen. Der Kl盲ger sei auch leitend und eigenverantwortlich i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG t盲tig geworden. An der leitenden T盲tigkeit des Kl盲gers habe bereits der Betriebspr眉fer keine Zweifel gehabt. Die Bekundungen der Zeugen B und V da脽 der Kl盲ger in jeder Hinsicht ma脽geblich den gesamten Gesch盲ftsverlauf in seinem Unternehmen bestimmt habe, w眉rden dies best盲tigen. Das Merkmal der eigenverantwortlichen T盲tigkeit setze voraus, da脽 ein Steuerpflichtiger aufgrund eigener Fachkenntnisse in ausreichendem Umfang pers枚nlich an der praktischen Arbeit teilnehme und falls er sich qualifizierter Mitarbeiter bediene die T盲tigkeit der Mitarbeiter den Stempel der Pers枚nlichkeit des Berufstr盲gers trage. Aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen B und V sei der Senat 眉berzeugt, da脽 diese Voraussetzungen freiberuflichen Schaffens beim Kl盲ger gegeben waren. Die technische und kaufm盲nnische Betriebspr眉fung habe den Kl盲ger nicht so stark in Anspruch genommen, da脽 er schon deswegen seinen freiberuflichen Arbeiten nicht mehr ausreichend habe nachkommen k枚nnen.
Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision, die es im wesentlichen wie folgt begr眉ndet: Das FG habe den Begriff der k眉nstlerischen T盲tigkeit verkannt, soweit er auf die Herstellung eines Films als Gesamtkunstwerk Anwendung finde. Die Herstellung eines Films, d. h. die Zusammenf眉hrung der einzelnen Beitr盲ge zu einem Gesamtwerk, k枚nne nur in dem Ausnahmefall, da脽 der ganze Film durch einen einzelnen Menschen erf眉llt werde, eine k眉nstlerische T盲tigkeit darstellen. Denn nur dann k枚nne das Gesamtwerk dem einzelnen auch als Kunstwerk zugeordnet werden. Die Herstellung eines Films, an dem wie im Streitfall mehrere Menschen k眉nstlerisch beteiligt seien, steile eine gewerbliche T盲tigkeit dar. Selbst wenn man unterstelle, der k眉nstlerische Wert der Filme beruhe allein oder 眉berwiegend auf den k眉nstlerischen Beitr盲gen des Kl盲gers, sei die Vorentscheidung aufzuheben, da das FG seine Aufkl盲rungspflicht verletzt habe. Es habe n盲mlich im Verlauf des Verfahrens nicht zu erkennen gegeben, da脽 es der klaren Aussage des Sachverst盲ndigen, die k眉nstlerische Ausgestaltung der Filme sei nicht allein aus der k眉nstlerischen T盲tigkeit des Kl盲gers entstanden, nicht folgen wolle. Das FA habe deshalb keine Gelegenheit zur Stellung sachdienlicher Antr盲ge, etwa der Zuziehung eines weiteren Sachverst盲ndigen, gehabt. Die T盲tigkeit des Kl盲gers erf眉lle auch nicht das Merkmal der Eigenverantwortlichkeit. Abgesehen davon, da脽 eine eigenverantwortliche k眉nstlerische T盲tigkeit an einem Gesamtkunstwerk schon grunds盲tzlich zu verneinen sei, versto脽e die diesbez眉gliche Feststellung des FG auch gegen die Lebenserfahrung. Lt. FG-Urteil sei der Kl盲ger bei einer aus 127 Filmen bestehenden Serie nur am Anfang bei den Dreharbeiten dabei gewesen und das Aufnahmeteam sp盲ter ohne ihn in der ganzen Welt herumgereist. Es sei aber schlechthin nicht vorstellbar, da脽 eine so umfangreiche Arbeit bei dauernder k枚rperlicher Abwesenheit eigenverantwortlich hergestellt werden k枚nne.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung an das FG zur眉ckzuverweisen.
Der Kl盲ger beantragt, die Revision als unbegr眉ndet zur眉ckzuweisen.
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Die Revision ist begr眉ndet; sie f眉hrt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zur眉ckverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (搂 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat den Begriff der k眉nstlerischen T盲tigkeit i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 S盲tze 2 und 3 EStG verkannt.
1. Die Firma des Kl盲gers ist im Handelsregister eingetragen. Die Eintragung setzt voraus, da脽 der Kl盲ger einen Gewerbebetrieb unterh盲lt (搂搂 1, 2 HGB). Die Aus眉bung der Kunst ist kein Gewerbe (Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 23. Dezember 1910 Rep. II 278/10, RGZ 75, 52). Daher spricht eine Vermutung daf眉r, da脽 der Kl盲ger in seiner Eigenschaft als Filmhersteller Gewerbetreibender und nicht K眉nstler ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Oktober 1977 IV R 176/74, BFHE 123, 470, BStBl II 1978, 54). Die T盲tigkeit des Kl盲gers als Filmhersteller tr盲gt auch Merkmale eines Gewerbebetriebs. Der Kl盲ger setzt Kapital und die Arbeit abh盲ngiger Angestellter oder freier Mitarbeiter ein, um Filme herzustellen und durch deren Verwertung Gewinn zu erzielen. Er steht dabei im Wettbewerb mit anderen Filmherstellern, die, wie allgemein bekannt ist (搂 291 der Zivilproze脽ordnung - ZPO -, 搂 155 FGO), h盲ufig in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft bestehen und damit keine Eink眉nfte aus k眉nstlerischer T盲tigkeit, sondern stets Eink眉nfte aus Gewerbebetrieb erzielen (BFH-Urteil vom 7. Juli 1971 I R 41/70, BFHE 103, 153, BStBl II 1971, 771). Gleichwohl ist der Kl盲ger in seiner Eigenschaft als Filmhersteller nicht Gewerbetreibender, sondern K眉nstler, wenn die Voraussetzungen einer k眉nstlerischen T盲tigkeit nach 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erf眉llt sind.
2. Eine k眉nstlerische T盲tigkeit 眉bt ein Steuerpflichtiger nach der st盲ndigen Rechtsprechung des BFH dann aus, wenn er eine eigensch枚pferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt, und die 眉ber eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine k眉nstlerische Gestaltungsh枚he erreicht (vgl. Urteile vom 7. Oktober 1971 IV R 139/66, BFHE 104, 314, BStBl II 1972, 335, und vom 14. Dezember 1976 VIII R 76/75, BFHE 121, 410, BStBl II 1977, 474).
Bedient sich ein K眉nstler bei der Herstellung eines Kunstwerks qualifizierter Mitarbeiter, so reicht es anders als in den vom BFH bisher entschiedenen F盲llen freiberuflicher T盲tigkeiten (vgl. Urteile vom 11. September 1968 I R 173/66, BFHE 93, 468, BStBl II 1968, 820, und vom 25. November 1975 VIII R 116/74, BFHE 117, 247, BStBl II 1976, 155) - nicht aus, da脽 er selbst in ausreichendem Umfang an der praktischen Arbeit teilnimmt und das mit Hilfe der Mitarbeiter geschaffene Werk den Stempel seiner Pers枚nlichkeit tr盲gt. Im Hinblick auf die Eigenart der k眉nstlerischen T盲tigkeit, die in besonderem Ma脽e pers枚nlichkeitsbezogen ist, ist vielmehr erforderlich, da脽 der K眉nstler auf s盲mtliche zur Herstellung eines Kunstwerks erforderlichen T盲tigkeiten, soweit sie nicht in k眉nstlerischer Hinsicht von untergeordneter Bedeutung sind, den entscheidenden gestaltenden Einflu脽 aus眉bt.
Wer darum einen Film, der als Kunstwerk angesehen werden kann, herstellt, ist in seiner Eigenschaft als Filmhersteller nur dann K眉nstler i. S. des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 S盲tze 2 und 3 EStG, wenn er an allen T盲tigkeiten, die f眉r den k眉nstlerischen Wert des einzelnen Films bestimmend sind (z. B. Drehbuch, Regie, Kameraf眉hrung, Schnitt, Vertonung), selbst mitwirkt und dabei den entscheidenden Einflu脽 auf die Gestaltung des Films aus眉bt. Anweisungen und Kontrollen, die einem Mitarbeiter noch eine eigene Gestaltungsfreiheit belassen, reichen dazu nicht aus.
Aus der W眉rdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, wie sie in den Gr眉nden des finanzgerichtlichen Urteils zum Ausdruck kommt, ergibt sich, da脽 das FG den Begriff der eigenverantwortlichen T盲tigkeit eines K眉nstlers nicht unter diesen engen Voraussetzungen gepr眉ft hat. Auch kann den Ausf眉hrungen des Sachverst盲ndigen in seinem schriftlichen Gutachten und in der m眉ndlichen Verhandlung vor dem FG nicht entnommen werden, da脽 die vom erkennenden Senat geforderten Voraussetzungen im Streitfall vorliegen.
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Fundstellen
亿兆体育-Index 413512 |
BStBl II 1981, 170 |
BFHE 1981, 77 |