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Leitsatz (amtlich)
Ein Fotograf, der in Museen Kunstwerke, und zwar haupts盲chlich Bilder, fotografiert, 眉bt keine k眉nstlerische T盲tigkeit im Sinne des 搂 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus.
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Normenkette
EStG 1961 搂 18 Abs. 1 Nr. 1
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Tatbestand
Der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtiger) ist Fotograf. Auf Grund eines Vertrages mit der Verwaltung der Staatlichen Museen und einer Gem盲ldegalerie stellt er Lichtbilder von den in den Museen, der Gem盲ldegalerie und einer Kunstbibliothek untergebrachten Kunstwerken her, und zwar 眉berwiegend im Auftrage der Museumsverwaltung, jedoch auch im Auftrage anderer Institute und Interessenten. Soweit er nicht f眉r die Museumsverwaltung t盲tig ist, bedarf er hierzu einer Genehmigung der Verwaltung. Das zun盲chst 枚rtlich zust盲ndige FA betrachtete die T盲tigkeit des Steuerpflichtigen als k眉nstlerische. Im Jahre 1961 siedelte der Steuerpflichtige in den Bezirk des Revisionskl盲gers (FA) 眉ber. Dieses FA war der Ansicht, der Steuerpflichtige 眉be keinen k眉nstlerischen Beruf aus, sondern er sei Gewerbetreibender. Es veranlagte ihn zur Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer f眉r das Jahr 1961.
Hiergegen richtete sich die Sprungberufung des Steuerpflichtigen, mit der er geltend machte, das Verhalten des FA versto脽e gegen Treu und Glauben. Nachdem er lange Jahre hindurch als K眉nstler anerkannt gewesen sei, habe er mit einer pl枚tzlichen Sinnes盲nderung der Finanzverwaltung nicht rechnen k枚nnen. Infolgedessen habe er die Steuererh枚hung nicht in seine Entgelte einkalkulieren k枚nnen. Er 眉be aber auch eine k眉nstlerische T盲tigkeit aus. Er m眉sse die abgebildeten Werke nachempfinden und bei den fotografischen Aufnahmen versuchen, die Besonderheiten des jeweiligen Kunstwerkes zur Geltung zu bringen. Da脽 er insoweit k眉nstlerisch t盲tig werde, werde auch durch die beiden Gutachten erh盲rtet, die er dem FA vorgelegt habe. Dar眉ber hinaus fehle es an einer f眉r die gewerbliche T盲tigkeit notwendigen Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da er allein f眉r die Museumsverwaltung direkt oder indirekt t盲tig sei.
Die Klage hatte Erfolg. Die Vorinstanz, die eine Stellungnahme der f眉r Wissenschaft und Kunst zust盲ndigen obersten Landesbeh枚rde zu der Frage eingeholt hatte, ob die T盲tigkeit des Steuerpflichtigen eine k眉nstlerische sei, hob den Gewerbesteuerbescheid auf und billigte dem Steuerpflichtigen bei der Umsatzsteuer und bei der Einkommensteuer die Freibetr盲ge des 搂 7a UStG 1961 und des 搂 18 Abs. 4 EStG 1961 zu. Sie f眉hrte zur Begr眉ndung aus, trotz erheblicher Bedenken sei sie zu der 脺berzeugung gelangt, da脽 die vom Steuerpflichtigen ausge眉bte T盲tigkeit der fotografischen Aufnahme von fl盲chigen und plastischen Kunstwerken alter Meister als k眉nstlerische T盲tigkeit anerkannt werden m眉sse. H盲tte der Steuerpflichtige 眉berwiegend plastische Kunstwerke fotografiert, so w盲re das Gericht von vornherein von einer k眉nstlerischen T盲tigkeit ausgegangen. Denn derartige Aufnahmen erlaubten ohne jeden Zweifel ein eigensch枚pferisches Nachschaffen des abgebildeten Kunstwerkes. Zu diesem Umstand m眉sse allerdings noch hinzutreten, da脽 die Lichtbildaufnahmen selbst k眉nstlerisches Gepr盲ge h盲tten, da脽 also der jeweilige Fotograf eines eigensch枚pferischen Einf眉hlungsverm枚gens f盲hig sei. Da脽 der Steuerpflichtige diese F盲higkeit besitze, k枚nne ohne weiteres der gutachtlichen Stellungnahme entnommen werden. Der Steuerpflichtige habe aber, wie er selbst angegeben habe, 眉berwiegend Kunstwerke fl盲chiger Art, also Gem盲lde, fotografiert. Bei dieser T盲tigkeit ein eigensch枚pferisches Nachempfinden zum Ausdruck zu bringen, sei nach Meinung des Gerichts wesentlich schwieriger. Der Hinweis der obersten Landesbeh枚rde, da脽 kein Gem盲lde eine ebene Fl盲che bilde, sei nicht stichhaltig. Denn die durch das Auftragen der 脰lfarbe verursachte Unebenheit rufe, jedenfalls bei den alten Meistern, in aller Regel keine gewollten besonderen Licht- und Schattenwirkungen hervor. Nur die Wiedergabe der von den Meistern gewollten Wirkung k枚nne die Aufgabe des Steuerpflichtigen gewesen sein, dem es obliege, das einzelne Werk so naturgetreu, wie nur irgend m枚glich, wiederzugeben. Denn an verzerrten Wiedergaben k枚nne weder die Museumsverwaltung noch ein Kunstverlag Interesse haben. Rein handwerklich sei auch das Vermeiden unerw眉nschter Lichteffekte. Trotz sehr kritischer W眉rdigung der gutachtlichen Stellungnahme der obersten Landesbeh枚rde folge jedoch das Gericht deren Ansicht, da脽 sich die T盲tigkeit des Steuerpflichtigen damit nicht ersch枚pfe. Er m眉sse auch in der Lage sein, das jeweilige Bild im g眉nstigsten Licht abzubilden und die Voraussetzungen hierf眉r zu schaffen. Hierin sei die k眉nstlerische T盲tigkeit des Steuerpflichtigen zu erblicken. Denn es bed眉rfe eines eigensch枚pferischen Einf眉hlungsverm枚gens, zu erkennen, bei welcher Beleuchtung das jeweilige Gem盲lde die gr枚脽te k眉nstlerische Wirkung entfalte, um auf diese Weise die Wiedergabe in der vom Maler gewollten Ausdrucksform zu erm枚glichen.
Das FA legte Revision ein. Es r眉gt, da脽 die Vorinstanz den Begriff des K眉nstlerischen verkannt habe. Aus ihrer Begr眉ndung, in der das Gericht von erheblichen eigenen Bedenken spreche, sei nicht erkennbar, weshalb es schlie脽lich zu der gegenteiligen Auffassung gelangt sei. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil IV 321/61 U vom 24. Januar 1963, BFH 76, 592, BStBl III 1963, 216) sei es zwar nicht ausgeschlossen, da脽 auch das durch die Zuhilfenahme fototechnischer Mittel und M枚glichkeiten zustande gekommene Bild ein Kunstwerk im Sinne der bildenden Kunst sei; das sei jedoch nur ein besonderer Ausnahmefall. Wenn das Gericht einen solchen Ausnahmefall hier als gegeben angesehen habe, so w盲re es um so mehr erforderlich gewesen, das besondere k眉nstlerische Element in der T盲tigkeit des Steuerpflichtigen im Gegensatz zum fotografischen Handwerk herauszustellen. Das sei nicht geschehen. Es erscheine dar眉ber hinaus widerspr眉chlich, wenn von der Vorinstanz ausgef眉hrt werde, die k眉nstlerische T盲tigkeit des Steuerpflichtigen sei darin zu erblicken, da脽 er in der Lage sei, das jeweilige Bild im g眉nstigsten Licht abzubilden, wenn das Gericht andererseits vorher zum Ausdruck gebracht habe, die hierzu haupts盲chlich erforderliche F盲higkeit der Vermeidung unerw眉nschter Lichteffekte habe als rein handwerklich zu gelten. Eine eigensch枚pferische T盲tigkeit entwickele der Steuerpflichtige nicht, es sei vielmehr gerade seine Aufgabe, das Sch枚pferische der alten Meister zum Ausdruck zu bringen und nicht noch zus盲tzlich etwas Pers枚nliches und Eigensch枚pferisches hinzuzuf眉gen, das seiner individuellen Gestaltungskraft entspringe. Die gutachtliche Stellungnahme der obersten Landesbeh枚rde gebe gleichfalls keinen Hinweis, woraus diese Dienststelle ihre 脺berzeugung gesch枚pft habe.
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Aus den Gr眉nden:
Die Revision ist begr眉ndet. Sie f眉hrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage des Steuerpflichtigen als unbegr眉ndet.
Eine gewerbliche T盲tigkeit wird nach 搂 1 GewStDV auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen einer solchen ausgeschlossen, wenn eine vom Gesetz als freiberuflich definierte T盲tigkeit vorliegt. Als solche kommt hier nur eine k眉nstlerische T盲tigkeit (搂 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Betracht. Dieses Merkmal des K眉nstlerischen ist auch entscheidend f眉r die Beantwortung der bei der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer streitigen Frage, ob die bereits erw盲hnten Freibetr盲ge zu gew盲hren sind.
Die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen rechtfertigen nicht ihren Schlu脽, der Steuerpflichtige habe sich k眉nstlerisch bet盲tigt.
Der BFH hat in st盲ndiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, da脽 das Wesen des K眉nstlerischen in der Hervorbringung eigensch枚pferischer Gestaltungen zu sehen sei, da脽 also der k眉nstlerischen Leistung eine Aussagekraft innewohnen m眉sse, die 眉ber die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehe (vgl. das BFH-Urteil I R 78/69 vom 25. November 1970, BFH 101, 211, BStBl II 1971, 267, mit 脺bersicht 眉ber die Rechtsprechung). Er hat ferner in st盲ndiger Rechtsprechung angenommen, da脽 die Fotografie in der Regel nur in begrenztem Umfange zu einer geistig eigensch枚pferischen Gestaltung des Dargestellten geeignet sei, da脽 sie vielmehr im allgemeinen nur eine Beherrschung gewisser technischer Mittel voraussetze, so da脽 die - wenn auch nicht ausgeschlossene - M枚glichkeit, da脽 durch sie ein Kunstwerk hervorgebracht werde, nur einen Ausnahmetatbestand bilde, an dessen Vorliegen ein strenger Pr眉fungsma脽stab anzulegen sei (vgl. die BFH-Urteile IV 321/61 U; IV 100/62 vom 20. Dezember 1966, BFH 88, 245, BStBl III 1967, 371; I R 78/69). Technische Brillanz, Beherrschung der Motivauswahl und der Motivgestaltung gen眉gten nicht, um einen derartigen Ausnahmefall annehmen zu k枚nnen (BFH-Urteil IV 321/61 U).
Der BFH steht allerdings auch auf dem Standpunkt, da脽 die Beurteilung, ob ein Kunstwerk vorliegt, im wesentlichen eine dem Tatsachengericht vorbehaltene Aufgabe der tats盲chlichen W眉rdigung sei, bei der sich die Tatsacheninstanz ggf. eines Sachverst盲ndigen bedienen m眉sse (vgl. z. B. die BFH-Urteile IV 43/64 vom 26. September 1968, BFH 94, 12, BStBl II 1969, 70, und I R 25/67 vom 19. Juni 1968, BFH 92, 336, BStBl II 1968, 543). Eine solche Tatsachenw眉rdigung ist, wenn sie einwandfrei zustande gekommen ist, f眉r das Revisionsgericht bindend (搂 118 Abs. 2 FGO).
Die Begr眉ndung, die die Vorinstanz hier ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, zeigt, da脽 sie bei der Subsumtion der von ihr ermittelten Tatsachen unter dem rechtlichen Begriff des K眉nstlerischen einen Rechtsfehler begangen hat. Sie hat ausgef眉hrt, ihre Bedenken seien durch das Gutachten der obersten Landesbeh枚rde zerstreut worden, deren Ausf眉hrungen sie sodann 眉bernommen hat. Aus diesem Gutachten ergibt sich indessen nicht, da脽 der Steuerpflichtige eine eigensch枚pferische T盲tigkeit vollbringt. Wenn dort ausgef眉hrt ist, da脽 "die verschiedenen Strukturen der Gem盲lde alter Meister mit ihren unberechenbaren Lichtreflexionen" "ein eigensch枚pferisches Einf眉hlungsverm枚gen" verlangten und da脽 die Aufnahmen als Unterlagen f眉r die wissenschaftliche Arbeit von Kunsthistorikern und Konservatoren diene, so ist damit lediglich gesagt, da脽 besondere Kenntnisse erforderlich seien, um die Bilder technisch einwandfrei wiederzugeben, nicht aber, da脽 der Steuerpflichtige hierbei etwas Eigenes schaffe. In dem zus盲tzlichen Gutachten hei脽t es dann, die Arbeit des Steuerpflichtigen verlange "vorherige geistige Arbeit, das Einf眉hlen in die k眉nstlerischen Absichten des betreffenden Meisters, wie auch das Erkennen der einzelnen Techniken, der Oberfl盲chenstruktur des Bildes etc.". Auch das besagt aber nichts anderes, als da脽 der Steuerpflichtige ein hervorragender Fotograf sein mu脽, nicht aber, da脽 er K眉nstler ist, soweit es sich um die Wiedergabe bereits vorhandener Kunstwerke handelt. Der Fall liegt insoweit anders als etwa bei der Herstellung von Portr盲taufnahmen, die unter Umst盲nden Kunstwerke sein k枚nnen. Bei derartigen Aufnahmen mu脽 der Fotograf sein Modell beobachten, sich in es hineindenken und einf眉hlen, das f眉r das Modell Charakteristische durch Gestaltung des Hintergrundes und der Beleuchtung herauszustellen versuchen, das Modell auf die Aufnahme vorbereiten oder auch von ihr ablenken und es so dann in dem Augenblick festhalten, in dem sein Wesen am typischsten in Erscheinung tritt. Insoweit gestaltet der Fotograf, er schafft erst etwas vorher nicht Vorhandenes. Bei der Wiedergabe von 眉berwiegend fl盲chigen Kunstwerken dagegen versucht er lediglich, das bereits Vorhandene und Gestaltete mit gr枚脽tm枚glicher Perfektion wiederzugeben, wobei je nach Verwendungszweck die Aufnahmetechnik verschieden sein kann.
Das Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat kann selbst entscheiden, da der Sachverhalt feststeht. Es sind, wie sich aus den vorstehenden Ausf眉hrungen ergibt, keine Umst盲nde erkennbar, die die T盲tigkeit des Steuerpflichtigen als eine k眉nstlerische erscheinen lassen k枚nnten.
Das FA hat deshalb zu Recht die einkommensteuerlichen und die umsatzsteuerlichen Verg眉nstigungen versagt.
Es hat aber auch den Gewerbesteuerbescheid zu Recht erlassen. Denn die Voraussetzungen einer gewerblichen Bet盲tigung nach 搂 1 GewStDV liegen vor. Der Steuerpflichtige bet盲tigt sich selbst盲ndig und nachhaltig, er handelt in der Absicht, Gewinn zu erzielen, und er beteiligt sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Er erh盲lt nach der unstreitigen Feststellung des Urteils nicht nur Auftr盲ge von den Museen, mit denen er durch die erw盲hnten Vertr盲ge unmittelbar zusammenarbeitet, sondern auch von anderen Instituten und weiteren Personen. Der Betrieb des Steuerpflichtigen tritt damit nach au脽en in Erscheinung; der Steuerpflichtige ist bereit, einem unbestimmten Kreis von Personen gegen眉ber Leistungen zu erbringen, mag dieser Kreis auch klein und seiner Natur nach begrenzt sein.
Das FA war auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, eine gewerbliche T盲tigkeit des Steuerpflichtigen anzunehmen. Es war nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, eine als falsch erkannte, den Steuerpflichtigen ohnehin also in ungerechtfertigter Weise bisher beg眉nstigende Regelung nicht auch f眉r die Zukunft aufrechtzuerhalten (vgl. die BFH-Urteile IV R 62/66 vom 16. Februar 1967, BFH 87, 531, BStBl III 1967, 222, und IV 194/64 vom 13. April 1967, BFH 88, 333, BStBl II 1967, 398, mit weiteren Nachweisen).
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Fundstellen
亿兆体育-Index 412999 |
BStBl II 1972, 335 |
BFHE 1972, 314 |