听
Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisibles Recht; zur Revisibilit盲t von Regelungen der Vereinten Nationen; Sachaufkl盲rungsr眉ge; Beweisantrag
听
Leitsatz (NV)
1. Die Revision kann nur darauf gest眉tzt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruht. Nicht revisibel ist u.a. ausl盲ndisches Recht, dessen Feststellung und Auslegung grunds盲tzlich dem FG obliegt.
2. Feststellungen des FG zum Inhalt irrevisiblen Rechts werden revisionsrechtlich wie die Feststellung von Tatsachen behandelt.
3. Da nicht jede Regelung der Vereinten Nationen unmittelbar (d.h. ohne Transformationsgesetz) Bestandteil des Bundesrechts wird, bedarf es zur Begr眉ndung einer Nichtzulassungsbeschwerde grunds盲tzlich n盲herer Darlegungen des Beschwerdef眉hrers zur Frage der Revisibilit盲t der einschl盲gigen Richtlinie der Vereinten Nationen.
4. Zur Frage des Verwendungszwecks steuerfreier Tagegelder, die von den Vereinten Nationen an Kriminalbeamte bezahlt wurden, die sich an einem Einsatz in Bosnien-Herzegowina im Rahmen der Aktion 鈥淏eteiligung von Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der L盲nder an einem multinationalen Polizeikontingent (International Police Task Force)鈥 beteiligt haben.
5. Eine Sachaufkl盲rungsr眉ge hat grunds盲tzlich nicht den Zweck, Beweisantr盲ge zu ersetzen, die eine fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise h盲tte stellen k枚nnen, aber zu stellen unterlassen hat.
听
Normenkette
FGO 搂听118 Abs. 1 S. 1, 搂听115 Abs. 2, 搂听116 Abs. 3, 搂听94; ZPO 搂 160 Abs. 3 Nr. 2; EStG 搂听3 Nr. 64, 搂听3c Abs. 1; UNOImm脺bk Art. V Abschn. 18 Buchst. b; UNOImm脺bkG
听
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 25.04.2006; Aktenzeichen 4 K 2929/03) |
听
Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger), ein Kriminalbeamter, beteiligte sich im Streitjahr 2001 an einem Einsatz der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina im Rahmen der Aktion "Beteiligung von Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der L盲nder an einem multinationalen Polizeikontingent der Vereinten Nationen (International Police Task Force)". Unterbringung und Verpflegung wurden von den Vereinten Nationen nicht (amtlich) zur Verf眉gung gestellt.
W盲hrend des Einsatzes erhielt der Kl盲ger neben seinem steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in H枚he von 76 057 DM u.a. einen nach 搂 3 Nr. 64 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Auslandsverwendungszuschlag (搂 58a des Bundesbesoldungsgesetzes --BBesG--) in H枚he von 28 300 DM. Von den Vereinten Nationen bezog der Kl盲ger zus盲tzlich ein steuerfreies Tagegeld mit der Bezeichnung "Mission Subsistence Allowance" (MSA) in H枚he von 56 700 DM (bzw. 75 US $ pro Tag).
Den Antrag des Kl盲gers, Aufwendungen (u.a. f眉r 脺bernachtung und Verpflegungsmehraufwendungen) in H枚he von 24 570 DM, die ihm anl盲sslich des Auslandseinsatzes entstanden waren, als Werbungskosten bei seinen steuerpflichtigen Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit anzuerkennen, lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ab.
Die Klage war 眉berwiegend erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat im Wesentlichen die Auffassung, das von den Vereinten Nationen steuerfrei ausbezahlte Tagegeld gelte ausdr眉cklich Aufwendungen f眉r Verpflegung, Unterkunft und Nebenausgaben am zugewiesenen Dienstort als Aufwandsentsch盲digung ab. Die einschl盲gigen Aufwendungen des Kl盲gers seien mit dem gew盲hrten Tagegeld zu verrechnen. Der diesbez眉glich angefallene Erwerbsaufwand k枚nne nicht als Werbungskosten bei den (steuerpflichtigen) Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit des Kl盲gers abgezogen werden (vgl. 搂 3c EStG). Soweit jedoch dar眉ber hinausgehende Aufwendungen (u.a. f眉r Heimfahrten, Telefonate) sowohl mit den steuerpflichtigen Eink眉nften aus nichtselbst盲ndiger Arbeit des Kl盲gers als auch mit dem steuerfreien Auslandsverwendungszuschlag nach 搂 58a BBesG im Zusammenhang st眉nden, sei die Klage teilweise erfolgreich. Der absetzbare Teil der Aufwendungen sei nach den Grunds盲tzen zu berechnen, die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26. M盲rz 2002 VI R 26/00 (BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823) aufgestellt habe (Hinweis auch auf den BFH-Beschluss vom 31. Mai 2005 VI B 93/04, BFH/NV 2005, 1555).
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kl盲ger geltend, der Rechtssache komme grunds盲tzliche Bedeutung zu (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es sei ferner eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich (搂 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Die vorrangige Verrechnung der Aufwendungen des Kl盲gers mit den von den Vereinten Nationen gew盲hrten Tagegeldern sei unzutreffend. Die Tagegelder dienten nicht, jedenfalls nicht ausschlie脽lich der Abdeckung materieller Aufwendungen, sondern h盲tten andere Funktionen (z.B. Anreizfunktion). Richtigerweise h盲tte das FG die am Einsatzort entstandenen Aufwendungen (ebenfalls) anteilig zum Werbungskostenabzug zulassen m眉ssen.
Dem FG sei ferner ein Verfahrensfehler unterlaufen (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
听
贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别
II. Die Beschwerde des Kl盲gers wegen Nichtzulassung der Revision ist --bei erheblichen Zweifeln an der Zul盲ssigkeit-- jedenfalls unbegr眉ndet. Die gesetzlichen Voraussetzungen des 搂 115 Abs. 2 FGO sind nicht hinreichend dargelegt (搂 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) bzw. nicht gegeben.
1. Grunds盲tzliche Bedeutung (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt einer Rechtssache zu, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer bisher ungekl盲rten Rechtsfrage abh盲ngt, deren Beantwortung aus Gr眉nden der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Die Rechtsfrage muss im angestrebten Revisionsverfahren auch kl盲rungsf盲hig sein (st盲ndige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juni 2007 VI B 14/07, BFH/NV 2007, 1626). Dies gilt auch f眉r den vom Kl盲ger geltend gemachten Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung nach 搂 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO (vgl. hierzu Gr盲ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., 搂 115 Rz 41, m.w.N.).
a) Nach 搂 118 Abs. 1 FGO kann die Revision nur darauf gest眉tzt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von听听 Bundesrecht beruht. Nicht revisibel ist u.a. ausl盲ndisches Recht, dessen Feststellung und Auslegung grunds盲tzlich dem FG obliegt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014, m.w.N.). Feststellungen des FG zum Inhalt irrevisiblen (auch ausl盲ndischen) Rechts werden revisionsrechtlich wie die Feststellung von Tatsachen behandelt (vgl. Gr盲ber/Ruban, a.a.O., 搂 118 Rz 14, m.w.N.; BFH-Urteil vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, BStBl II 2001, 822). An Tatsachenfeststellungen ist das Revisionsgericht jedoch grunds盲tzlich gebunden (搂 118 Abs. 2 FGO; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. M盲rz 2002 VI R 45/00, BFHE 198, 554, BStBl II 2002, 827).
b) Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Vorinstanz ihre Entscheidung darauf gest眉tzt, dass sich die Steuerfreiheit der Tagegelder aus Art. V Abschn. 18 Buchst. b des 脺bereinkommens 眉ber die Vorrechte und Immunit盲ten der Vereinten Nationen i.V.m. dem Gesetz zu dem 脺bereinkommen vom 13. Februar 1946 眉ber die Vorrechte und Immunit盲ten der Vereinten Nationen vom 16. August 1980 (BGBl II 1980, 941) ergebe. Nach einer vom FG angeforderten Auskunft des Bundesministeriums des Inneren stellen die Tagegelder eine t盲gliche Aufwandsentsch盲digung zur Begleichung der Lebenshaltungskosten der Teilnehmer der jeweiligen Mission der Vereinten Nationen dar und gleichen die durch den Auslandseinsatz angefallenen Aufwendungen aus. Das FG f眉hrte ferner aus, es handele sich --wie schon das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. Oktober 2002听 2 C 24.01, Die 脰ffentliche Verwaltung 2003, 467 ausgef眉hrt habe-- im Kern um eine pauschalierte Aufwandsentsch盲digung f眉r tats盲chlich entstandenen Erwerbsaufwand.
c) Angesichts dieses Befundes und --wie vom Kl盲ger in anderem Zusammenhang zutreffend hervorgehoben-- des Umstands, dass nur die zahlende Stelle bzw. der Hoheitstr盲ger des Tagegeldes, mithin die Vereinten Nationen befugt seien, den Verwendungszweck der Tagegelder zu bestimmen, h盲tte es nahegelegen, n盲here Ausf眉hrungen zur Frage der Revisibilit盲t der einschl盲gigen Richtlinie der Vereinten Nationen betreffend den Verwendungszweck der streitbefangenen Tagegelder zu machen. Dies ist indessen nicht geschehen. Ausf眉hrungen zu der Frage, dass die betreffende Richtlinie in dem vom Kl盲ger angestrebten Revisionsverfahren Pr眉fungsgegenstand h盲tte sein k枚nnen, waren auch deshalb angezeigt, weil nicht jede Regelung der Vereinten Nationen unmittelbar (d.h. ohne Transformationsgesetz) Bestandteil des Bundesrechts wird (vgl. hierzu auch Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 搂 118 FGO Rz 15; Beermann in Beermann/Gosch, FGO, 搂 118 Rz 30 ff.).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Kl盲ger hat nicht hinreichend dargelegt, dass dem FG bei seiner Entscheidung ein Verfahrensfehler (in Form mangelnder Sachaufkl盲rung) unterlaufen ist. Ein solcher Verfahrensmangel ist auch nicht ersichtlich.
In seiner Beschwerdeschrift hat der Kl盲ger vorgetragen, "trotz seines Antrags" habe das FG keine Auskunft direkt bei den Vereinten Nationen 眉ber die Qualifikation der Tagegelder eingeholt. Einen derartigen Antrag hat der Kl盲ger indessen nicht gestellt. Ausweislich der Niederschrift 眉ber die m眉ndliche Verhandlung vor dem FG hat die Prozessbevollm盲chtigte des Kl盲gers (nur) den Antrag "wie im Schriftsatz vom 15. Oktober 2004" gestellt. Insoweit handelte es sich aber nur um den Sachantrag (搂 94 FGO i.V.m. 搂 160 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung), wie ihn das FG im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegeben hat. Einen Beweisantrag des Kl盲gers hinsichtlich weiterer Sachaufkl盲rung enth盲lt das Sitzungsprotokoll nicht.
Die Beschwerde des Kl盲gers scheitert insoweit auch daran, dass eine Sachaufkl盲rungsr眉ge grunds盲tzlich nicht den Zweck hat, Beweisantr盲ge zu ersetzen, die eine --wie auch hier-- fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise h盲tte stellen k枚nnen, aber zu stellen unterlassen hat (st盲ndige Rechtsprechung; u.a. BFH-Beschl眉sse vom 6. Dezember 2004 VI B 143/04, n.v.; vom 1. April 2003 VI B 23/03, n.v.; vom 12. M盲rz 1996 VIII B 134/95, BFH/NV 1996, 691).
Im 脺brigen ist auch nicht zu erkennen, dass sich dem FG in Anbetracht seiner umfangreichen Bem眉hungen eine weitere Sachaufkl盲rung aufdr盲ngen musste.
听
Fundstellen
亿兆体育-Index 1976319 |
BFH/NV 2008, 977 |