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Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde: Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgr眉nde
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Leitsatz (NV)
- Den Anforderungen an die Darlegung der Kl盲rungsbed眉rftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht gen眉gt, wenn lediglich auf eine entsprechende Textstelle in der Kommentarliteratur hingewiesen wird.
- Hat sich der BFH mit der als kl盲rungsbed眉rftig bezeichneten Rechtsfrage bereits befasst, bedarf es einer n盲heren Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung, um den Anforderungen des 搂 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gerecht zu werden.
- Zur schl眉ssigen R眉ge der Verletzung der Sachaufkl盲rungspflicht wegen unterlassener Zeugenvernehmung bedarf es beim anwaltlich vertretenen Kl盲ger der Darlegung, warum er nicht von sich aus entsprechende Beweisantr盲ge gestellt hat oder warum sich die unterlassene Beweisaufnahme dem FG 鈥 auch ohne entsprechenden Antrag 鈥 h盲tte aufdr盲ngen m眉ssen.
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Normenkette
FGO 搂听76 Abs. 1, 搂听115 Abs.听2 Nrn.听1, 3, Abs.听3 S. 3
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Tatbestand
I. Der Kl盲ger und Beschwerdef眉hrer (Kl盲ger) war Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Gesch盲ftsf眉hrer einer GmbH, welche zwischenzeitlich in Konkurs gefallen ist. Wegen angemeldeter und nicht entrichteter Lohn- und Kirchenlohnsteuern sowie entstandener S盲umniszuschl盲ge der GmbH ist der Kl盲ger von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt 鈥旻A鈥) in Haftung genommen worden. Mit seinem dagegen erfolglos eingelegten Einspruch berief der Kl盲ger sich auf eine Vereinbarung mit dem Finanzamt A. Inhalt dieser Vereinbarung sei die Entlassung aus der Gesch盲ftsf眉hrerhaftung gegen Zahlung von 100 000 DM gewesen. Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) f眉hrte nach Vernehmung des zust盲ndigen Sachgebietsleiters des FA A u.a. aus, dass die Vereinbarung (tats盲chliche Verst盲ndigung) zwischen dem FA A und dem Kl盲ger sich nur auf die Freistellung von der Haftung f眉r Umsatzsteuern bezogen habe und der Haftungsbescheid mithin rechtm盲脽ig sei.
Wegen Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kl盲ger Beschwerde erhoben. Der Rechtssache komme grunds盲tzliche Bedeutung zu. Nach herrschender Auffassung in der Literatur handele es sich bei der vorliegend vom FG angenommenen tats盲chlichen Verst盲ndigung um einen 枚ffentlich-rechtlichen Vertrag, auf den die vertragsrechtlichen Grunds盲tze anzuwenden seien. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zu der Rechtsqualit盲t der tats盲chlichen Verst盲ndigung und der hierf眉r geltenden Grunds盲tze noch nicht Stellung genommen. Die Frage der Vertragsauslegung sei aber von entscheidender Bedeutung. Nach herrschender Rechtsprechung komme es bei der Auslegung von Willenserkl盲rungen im Zusammenhang mit Vertr盲gen auf den Empf盲ngerhorizont gem盲脽 搂搂 133, 157 des B眉rgerliches Gesetzbuches (BGB) an. Unter Ber眉cksichtigung dieser Auslegung habe er (der Kl盲ger) davon ausgehen k枚nnen, dass die tats盲chliche Verst盲ndigung sich auch auf die Lohnsteuern erstreckt habe. Soweit die tats盲chliche Verst盲ndigung als 枚ffentlich-rechtlicher Vertrag anzusehen sei, st眉nde ihm zudem ein Anspruch auf Schadensersatz nach den in der Zivilrechtsprechung entwickelten Grunds盲tzen 眉ber vorvertragliches Verschulden (cic) zu. Denn das FA A sei gehalten gewesen, ihm einen Hinweis zu erteilen, dass wegen der anderweitigen Zust盲ndigkeit f眉r die Lohnsteuern das FA in die Verhandlungen 眉ber die Entlassung aus der Gesch盲ftsf眉hrerhaftung h盲tte miteinbezogen werden m眉ssen. Eine h枚chstrichterliche Rechtsprechung zu der Anwendung der cic bei 枚ffentlich-rechtlichen Vertr盲gen liege nicht vor. Soweit vertragliche Regelungen auf die tats盲chliche Verst盲ndigung nicht anzuwenden seien, weiche die Entscheidung des FG von der Entscheidung des BFH vom 18. Dezember 1985 I R 82/85 (BFH/NV 1986, 506) ab. Das FA habe die in dieser Entscheidung festgestellten Hinweispflichten gem盲脽 搂 89 der Abgabenordnung (AO 1977) verletzt. Schlie脽lich beruhe die Entscheidung des FG auf einem Verfahrensfehler. Das FG h盲tte sich nicht nur auf die Vernehmung des Zeugen X beschr盲nken d眉rfen. Zur hinreichenden Kl盲rung des Umfangs der Haftungsentlassung h盲tte es zudem der Vernehmung des zust盲ndigen Sachbearbeiters bedurft.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzul盲ssig, weil der Kl盲ger einen Zulassungsgrund i.S. des 搂 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur 脛nderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 insoweit noch anzuwendenden bisherigen Fassung (FGO a.F.) nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist in einer den Anforderungen entsprechenden Weise in der Beschwerdeschrift dargelegt bzw. bezeichnet hat (搂 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).
1. Wird eine Zulassung der Revision wegen grunds盲tzlicher Bedeutung der Rechtssache (搂 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begehrt, so ist es erforderlich, in der Beschwerdebegr眉ndung eine f眉r die Beurteilung des Streitfalls ma脽gebliche Rechtsfrage herauszuarbeiten und darzulegen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts kl盲rungsbed眉rftig ist. Hierzu ist auszuf眉hren, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gr眉nden die Rechtsfrage umstritten ist (Beschl眉sse des BFH vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; vom 14. M盲rz 2000 III B 6/00, BFH/NV 2000, 1121, st盲ndige Rechtsprechung). Des Weiteren bedarf es der Darlegung, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung 眉ber die Rechtssache abh盲ngt 鈥昁l盲rungsf盲higkeit鈥 (st盲ndige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 30. M盲rz 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).
Vorliegend fehlt es sowohl an der hinreichenden Darlegung der Kl盲rungsbed眉rftigkeit als auch der Kl盲rungsf盲higkeit.
Allein der Hinweis auf die in Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., 搂 85 AO 1977 Rdnr. 57) dargelegte Rechtsauffassung reicht zur Darlegung der Kl盲rungsbed眉rftigkeit nicht aus. Ebenso wenig reicht der Hinweis auf die allgemeine Relevanz von Vertragsauslegungsfragen f眉r die t盲gliche Praxis der Steuerbeh枚rden. Auch h盲tte es einer Auseinandersetzung mit den bereits vorliegenden h枚chstrichterlichen Entscheidungen bedurft. Der BFH hat sich in dem Urteil vom 12. August 1999 XI R 27/98 (BFH/NV 2000, 537) mit der Rechtsfrage der Auslegung von Erkl盲rungen der an der tats盲chlichen Verst盲ndigung Beteiligten bereits befasst. Anders als der Kl盲ger meint, ist diese Entscheidung auch f眉r den vorliegenden Fall von Bedeutung. Denn die in der Entscheidung aufgestellten Auslegungsgrunds盲tze sind allgemeiner Natur und nicht auf den Teilaspekt des Ob des Abschlusses einer tats盲chlichen Verst盲ndigung beschr盲nkt.
Ebenso wenig hat der Kl盲ger dargelegt, inwiefern die Frage der Rechtsnatur der tats盲chlichen Verst盲ndigung im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und mithin in einem k眉nftigen Revisionsverfahren 眉berhaupt kl盲rungsf盲hig sein k枚nnte. Der Kl盲ger geht offensichtlich davon aus, dass das FG bei Anwendung der zivilrechtlichen Grunds盲tze der Vertragsauslegung gem盲脽 搂搂 133, 157 BGB die tats盲chliche Verst盲ndigung zwingend dahin ausgelegt h盲tte, dass davon auch die Entlassung aus der Lohnsteuerhaftung erfasst sei. Dem liegt gleichzeitig die Annahme zugrunde, das FG habe die Erkl盲rung des FA nicht aus der Sicht des Empf盲ngers, also des Kl盲gers, ausgelegt. Diese Annahme ist aber angesichts der Ausf眉hrungen in dem Urteil nicht nachvollziehbar und h盲tte zudem einer n盲heren Auseinandersetzung mit den 贰苍迟蝉肠丑别颈诲耻苍驳蝉驳谤眉苍诲别n bedurft. So hat das FG im Rahmen der Auslegung der Erkl盲rung des FA A sehr wohl auch auf den Empf盲ngerhorizont abgestellt, wenn es ausf眉hrt, dem Kl盲ger sei die Haftungsfreistellung nur bez眉glich der Umsatzsteuer bewusst gewesen, zumal er als Gesch盲ftsf眉hrer die verschiedenen Zust盲ndigkeiten der Finanz盲mter gekannt habe. In Wirklichkeit will der Kl盲ger indes nach Auffassung des Senats im Grunde auch gar nicht die grunds盲tzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen, sondern, wie die Beschwerde unmissverst盲ndlich zum Ausdruck bringt, die fehlerhafte Gewichtung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das FG r眉gen. Die Grunds盲tze der Tatsachen- und Beweisw眉rdigung sind aber revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Pr眉fung des BFH entzogen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. November 1995 XI B 69/95, BFH/NV 1996, 421). Gleiches gilt, soweit der Kl盲ger die Anwendung der Schadensersatzhaftung aus cic auf die tats盲chliche Verst盲ndigung f眉r grunds盲tzlich bedeutsam erachtet. Im 脺brigen ist das Bestehen eines Schadensersatzanspruches des Kl盲gers aus einer m枚glichen Haftung des FA A nach den Grunds盲tzen der cic weder Gegenstand der vorliegenden Entscheidung 眉ber die Rechtm盲脽igkeit des Haftungsbescheides gewesen, noch h盲tte ein derartiger Schadensersatzanspruch in diesem Verfahren geltend gemacht werden k枚nnen.
2. Soweit der Kl盲ger die Abweichung des angefochtenen Urteils von der h枚chstrichterlichen Rechtsprechung r眉gt, gen眉gen seine Ausf眉hrungen nicht den Anforderungen des 搂 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. Bei einer auf Divergenz (搂 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) gest眉tzten Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdef眉hrer au脽er der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung des BFH auch dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der n盲her angef眉hrten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht 眉bereinstimmt. Dabei sind in der Beschwerdeschrift die abstrakten Rechtss盲tze des erstinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau zu bezeichnen, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschl眉sse in BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom 14. Dezember 1993 XI B 40/93, BFH/NV 1994, 569, und in BFH/NV 2000, 1121; st盲ndige Rechtsprechung). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Insoweit fehlt es bereits an der Darlegung und Gegen眉berstellung der abstrakten Rechtss盲tze, welche der BFH einerseits und das FG andererseits in den Entscheidungen zugrunde gelegt haben. Letztlich kann vorliegend eine Abweichung schon deshalb nicht bestehen, da die Frage der Verletzung der dem FA gem盲脽 搂 89 AO 1977 obliegenden Pflichten nicht Gegenstand der Entscheidung des FG-Urteils ist.
3. Ebenso wenig hat der Kl盲ger einen Verfahrensmangel ausreichend i.S. des 搂 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bezeichnet. Mit dem Vorbringen, das FG habe den Sachbearbeiter Y nicht zu der Frage des Vertrauensschutzes und den ihm obliegenden Pflichten angeh枚rt, r眉gt der Kl盲ger die Verletzung der gem盲脽 搂 76 Abs. 1 FGO bestehenden Sachaufkl盲rungspflicht des FG. Zu einer schl眉ssigen R眉ge der Verletzung der Pflicht zur Sachaufkl盲rung h盲tte der Kl盲ger jedoch, wenn er, wie im Streitfall, durch einen Prozessbevollm盲chtigten vertreten war, darlegen m眉ssen, warum er nicht von sich aus entsprechende Beweisantr盲ge gestellt hat oder warum sich die unterlassene Beweiserhebung dem FG 鈥昦uch ohne besonderen Antrag鈥 h盲tte aufdr盲ngen m眉ssen (BFH-Beschluss vom 22. Juli 1999 VII B 19/99, BFH/NV 1999, 1635). Derartige Ausf眉hrungen enth盲lt die Beschwerdeschrift nicht. Soweit der Kl盲ger in diesem Zusammenhang ausf眉hrt, das FG sei mit der W眉rdigung des Akteninhalts und der Zeugenvernehmung seiner Sachverhaltsaufkl盲rungspflicht nicht gerecht geworden, r眉gt er im Kern auch mit diesem Beschwerdevorbringen die Beweisw眉rdigung des FG. Er macht damit aber keinen Verfahrensmangel geltend, sondern wendet sich gegen die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung. Dies er枚ffnet jedoch nicht die Revision nach 搂 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.
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Fundstellen
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BFH/NV 2002, 33 |