Milieuschutz Modernisierung Mietwohnung

Hänge-WCs, Handtuchheizungen und kleine Balkone sind in Milieuschutzgebieten genehmigungfähig, hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Das entspreche dem zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung.

Wandhängende WCs und Handtuchheizkörper in Standardausführung sowie Balkone mit einer Größe von vier Quadratmetern sind in Milieuschutzgebieten genehmigungsfähig, weil sie der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung dienen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden. 

(VG Berlin, Urteile v. 2.4.2025, VG 19 K 17/22 und VG 19 K 351/23)

Genehmigung für bauliche Änderungen

Geklagt hatten jeweils Eigentümerinnen von Wohngebäuden in Berlin-Mitte. Die Mietshäuser liegen in Gebieten mit sozialen Erhaltungsverordnungen umgangssprachlich Milieuschutzverordnungen, mit denen Mieter vor Verdrängung geschützt werden sollen. Bauliche Änderungen bedürfen hier grundsätzlich einer erhaltungsrechtlichen Genehmigung. Zuständig sind die Bezirke.

Eine Klägerin wollte im Badezimmer einer Wohnung ein Stand-WC durch eine wandhängende Toilette ersetzen und einen Handtuchheizkörper einbauen. Eine weitere Klägerin begehrte den Anbau von 13 Balkonen mit einer Fläche von jeweils vier Quadratmetern an die Wohnungen ihres Mehrfamilienhauses. Die Maßnahmen stellen nach Ansicht der Klägerinnen eine zeitgemäße Ausstattung dar.

Das Bezirksamt Berlin-Mitte versagte den Klägerinnen die erhaltungsrechtlichen Genehmigungen. Die Vorhaben der Vermieterinnen gingen über einen zeitgemäßen Ausstattungszustand hinaus und seien als wohnwerterhöhende bauliche Änderungen im Milieuschutzgebiet nicht zulässig.

Gentrifizierung: Keine erhöhte Gefahr

Das VG Berlin gab nun den Klagen statt und verpflichtete das Bezirksamt, die Genehmigungen zu erteilen.

Der Gesetzgeber habe im Baugesetzbuch geregelt, dass eine erhaltungsrechtliche Genehmigung zu erteilen sei, wenn die bauliche Maßnahme der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen diene, so das Gericht.

Der Genehmigungsanspruch sei nicht auf bauliche Maßnahmen beschränkt, die der Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dienten. Darüber hinaus könne auch in Milieuschutzgebieten eine "behutsame Anhebung des Ausstattungszustands auf den Standard mittlerer Wohnverhältnisse" erfolgen. Daran sei ein bundeseinheitlicher Maßstab anzulegen.

Bei wandhängenden WCs und Handtuchheizkörpern in einer Standardausführung sowie bei vier Quadratmeter großen Balkonen werde der Standard nicht überschritten. Dafür sprächen unter anderem die Verbreitung dieser Ausstattungsmerkmale bundesweit sowie der Umstand, dass die Mietspiegel der größeren deutschen Städte sie überwiegend nicht als wohnwerterhöhend einstuften.

Gegen die Urteile kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingelegt werden.


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